Steht das Studium der religiösen Schriften nicht mehr über der allgemeinen Wehrpflicht in Israel?

Seit der Staatsgründung Israels im Jahre 1948 steht es ultra-orthodoxen Juden frei sich in den Wehrdienst einzubringen, so lange sie für die „größere Sache“ Arbeiten verrichten.

Das soll sich jetzt seit Dienstag, 25.06.2024 ändern. Die Knesset hat beschlossen, dass in Zeiten besonderer Notlagen die Wehrpflicht auf orthodoxe Juden ausgeweitet werden kann.

Diese Debatte wurde in Israel bereits seit Jahren geführt, ob die Ausübung des Studium jüdischer Schriften mit all seinen Regeln, von so einer Pflicht befreien darf, wenn es um die Verteidigung des Landes geht.

Gerade aus säkularen Ebenen war die Kritik groß, dass Religiosität nicht vor der Gleichstellung vorm Gesetz Vorrang haben darf, vor allem wenn es um die sogenannte „Verteidigung“ geht.

Die allgemeine Annahme, warum dies in Ordnung ist liegt darin, weil ein Großteil der Bevölkerung bei Staatsgründung der Annahme war, dass das ultra-Orthodoxe Studium der Torah für die höhere Sache diene, daher war es wichtig, dass sich orthodoxe Juden nur dieser Aufgabe widmen sollten. Sie sind in Israel von so ziemlich vielem befreit.

Von der Arbeitspflicht, der Steuerpflicht, ja auch von der Wehrpflicht befreit. Sie haben eine Aufgabe „das Studium der religiösen Schriften.“, damit das Wissen nicht verloren gehen kann. Es gewährleistet den Erhalt von religiösem Wissen.

Diese Menschen fühlen sich der höheren Sache zugeschrieben. Das Weltbild wird staatlich unterstützt und finanziell gefördert.

Dies soll sich nun seit Dienstag ändern. Der Israelische Generalstaatsanwalt forderte die sofortige Rekrutierung von 3000 ultra-orthodoxen Männern in die IDF.

Diese sollen in Anbetracht der Lage an den verschiedenen Orten, an denen die israelischen Streitkräfte derzeit tätig sind, unterstützen.

Auch sollen Studenten an Yeshivas nicht mehr staatlich unterstützt werden, sollten diese sich nicht gemeldet haben, obwohl sie nicht vom Staatsdienst befreit sind.

Yeshiva sind religiöse Hochschulen in Israel, die zum Studium der Torah-Schriften installiert wurden. Diese werden ausschließlich von männlichen ultra-orthodoxen besucht.

Die Debatte wurde im Rahmen der andauernden Konflikte wieder erhitzt, da sich säkulare Juden und Jüdinnen in Anbetracht dessen, ihr Leben im Militärdienste aufs Spiel zu setzen, ungerecht und ungleich behandelt fühlen.

Dies führt auch im Kreise der Ultra-Orthodoxen Juden und in der Koalition von Netanyahu zu großen Diskursen.

Ultra-Orthodoxe Juden protestieren seit dem Urteil vehement gegen dieses.

Die Richter begründen dieses Urteil auch genau mit dieser Argumentation.

Auf der einen Seite haben wir die ultra-orthodoxen Juden und ihre Unterstützer:innen in der säkularen Gesellschaft, die das Studium der Torah und damit den einhergehenden spirituellen Schutz, den diese Arbeit bietet nicht missen möchte.

So seltsam das auch klingen mag, muss man an dieser Stelle erklären, dass es zur jüdischen Glaubensidentität gehört, dass es Menschen in einer Gemeinschaft gibt, die sich genau um diese Ebene dieser Gemeinschaft kümmern.

In vielen Glaubensrichtungen gibt es diese Art der Bewegung, im katholischen Christentum wäre dies zum Beispiel mit Nonnen zu vergleichen, die sich von weltlichen Gegebenheiten trennen, um dem Sohn Gottes zu folgen, auch dies wird im Sinne der Allgemeinheit getan.

Es ist für gläubige Menschen ein Kampf, der in einer anderen Ebene ausgetragen wird, anders als die der weltlichen.

So befremdlich das für uns klingen mag, aber die meisten Bewohner dieser Erde sind gläubig und gehören einer religiösen Gemeinschaft an und das sind für sie elementare Bestandteile ihrer Identität.

Auf der anderen Seite haben wir die säkulare israelische Bevölkerung, die die Ungleichheit dessen, dass ihre eigenen Kinder in der Armee dienen müssen, während es den ultra-Orthodoxen freiwillig obliegt, nicht ertragen können.

Hier entsteht aus Sicht der Kritiker:innen eine große Ungleichheit dem Leben derer gegenüber, die dieses im Kampf aufs Spiel setzen.

Auch darf man nicht vergessen, dass es den ultra-Orthodoxen Juden nicht verboten ist im Militär zu dienen, sie sind lediglich nur nicht dazu verpflichtet. Schon heute dienen viele freiwillige orthodoxe Juden.

Es bleibt abzuwarten wie sich diese Debatte noch ausweiten wird, aber in Anbetracht der Ausweitung der Kämpfe wird der Israelischen Regierung nicht viel anderes übrig bleiben, auch wenn die Koalition bei dieser Idee zweigeteilt ist.

Generalstaatsanwältin Bahrav-Miara gab an, dass 3000 nur eine initiale Angabe sein und nicht den tatsächlichen Bedarf der IDF widerspiegle. Dieser könne in der Realität viel höher ausfallen.

Währenddessen gehen die Kämpfe in Gaza und auf unzähligen Flüchtlingscamps weiter, auch die Angriffsoperationen auf Libanon und Syrien macht die Region zu einer tickenden Zeitbombe. Dieser Wahnsinn muss ein Ende finden, es sind genug Zivilisten getötet worden.

Der internationale Strafgerichtshof hat entschieden, dass Israel Kriegsverbrechen begeht, zeitgleich beteuert die Deutsche Regierung hierzulande die Demokratiebezogenheit Israels mit einer vergleichslosen Loyalität.

Pro-Palästinensische Beiträge oder gar ein Like dazu kann inzwischen in Deutschland zu einer Abschiebung wegen „terroristischer Gefahr“ führen.

Bedeutet Menschen, die sich für Frieden und für die Freiheit von Palästinensichem Leben einsetzen, können dafür massiv belangt werden.

Das ist weit von dem entfernt, von dem ich denken würde, dass Deutschland jemals wieder so weit kommen könnte und das nicht unter einer AfD geführten Regierung, sondern von den sogenannten mitte/links/grünen. Rechtes Gedankengut in die Mitte der Bevölkerung zu bringen, ändert nichts daran, dass es falsch bleibt. Es wird nicht richtiger wenn SPD Politiker Dinge sagen, die man auch der AfD zuschreiben könnte, dadurch wird die Meinung nicht valider.

Meine Freunde, das ist weit weg vom Freiheitsdenken und reflektiertem Handeln.

Man kann nicht Meinungen und Tatsachen verbieten und hoffen, dass die drohenden Konsequenzen Menschen zum Schweigen bringen.

Nichts destotrotz sollte es uns nicht aufgeben lassen, vielleicht können wir ja wieder eines Tages einander aufweichen und aufeinander zugehen.

Um zu reden, zuzuhören, zu verstehen, zu begreifen, dass unsere Basiswünsche sich gar nicht so weit voneinander unterscheiden….

Ein Beitrag von Selma Dokumaci

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