Mord als Dienstleistung

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen möchte die Bundeswehr von ihrer rechten Tradition lösen. Das Ziel ist die Entwicklung der Bundeswehr von der Wehrmacht zur Armee 4.0.

Das Verhältnis zwischen der deutschen Generalität und ihrer politischen Führung ist zerrüttet. Ein rechtes Netzwerk um den Oberleutnant Franco Albrecht hatte Waffen gestohlen und politische Morde geplant. Das wäre allein noch nichts Neues gewesen, schließlich wurden bereits in den 90ern rechte NATO-Stay-behind-Organisationen („Gladio“) in Europa unter anderem durch einen Bericht aus dem Bundeskanzleramt bekannt. Im Falle eines sowjetischen Einmarsches sollten diese Gruppierungen aus Geheimdienstlern und Rechtsextremen Guerilla-Attentate durchführen. Neu sind allerdings die von höchster Ebene beschlossenen Gegenmaßnahmen und diese bringen die Generäle auf die Barrikaden: Ursula von der Leyen spricht von einem „Haltungsproblem“ der Truppe und will die „Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundeswehr“ – kurz: „Traditionserlass“ – überarbeiten lassen. Die Wehrmacht sei kein Vorbild für die Bundeswehr.

Gekappte Geschichte, schwelende Ideologie

Dieser Konflikt hat Geschichte: Zum Zeitpunkt ihrer Gründung bestand die Bundeswehr mehrheitlich aus ehemaligen Mitgliedern der faschistischen Wehrmacht und der Waffen-SS. Generäle, Admiräle und weitere Offiziere, die für Hitler gekämpft hatten, sollten 1955 gewonnen werden, da es kaum andere ausgebildete Soldaten in der BRD gab, man aber meinte, eine Armee gegen die UdSSR zu benötigen. Ihre Traditionen brachten sie mit.

Um in der Außendarstellung mit der Wehrmacht zu brechen, wurde 1982 nach öffentlichen Debatten über das Verhältnis von Soldaten zur Gesellschaft die Überarbeitung des Traditionserlasses von 1965 beschlossen. Dieser grenzte sich ursprünglich wenig gegen den Faschismus ab, um die ehemaligen Wehrmachtsangehörigen nicht zu verschrecken. Nach der Überarbeitung hieß es dann dort: „Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen.“ Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) knüpfte daran 1997 im Bundestag an: „Die Wehrmacht war als Organisation des Dritten Reiches, in ihrer Spitze, mit ihren Truppenteilen und mit Soldaten in Verbrechen des Nationalsozialismus verstrickt. Als Institution kann sie deshalb keine Tradition begründen.“

An Soldaten wie Franco Albrecht zeigt sich allerdings, dass die Ideologie des Dritten Reiches noch immer tief in der Bundeswehr verankert ist. Nun soll es eine erneute Überarbeitung des Traditionserlasses geben. Ob das den gewünschten Effekt haben wird, bleibt abzuwarten, da sich bereits zahlreiche Generäle gegen die Reformvorhaben des Verteidigungsministeriums stellen. Von der Leyen habe sich von der Truppe „entfremdet“, heißt es. In einigen Kasernen wurde ihr Bild umgedreht.

Sauberes automatisiertes Töten

Wie kommt es zu solch drastischem Verhalten, das innerhalb der Befehlsstrukturen der Bundeswehr an Befehlsverweigerung und Meuterei grenzt?

Dazu muss der letzte große Reformschritt nach 1990 beleuchtet werden. Er wurde eingeleitet, als die Verteidigungsaufgabe gegen die Staaten des Warschauer Paktes wegfiel. Um die neuen Kriege, die weltweit und zunehmend in Städten statt in der Fläche geführt werden, bewältigen zu können, wurden die Panzer von 5.000 auf 225 und die Soldaten von 500.000 auf 180.000 reduziert. Stattdessen wurden Drohnen, Cyberkommandos, neue Schiffe und Flugzeuge angeschafft. Der Wehretat soll bis 2024 auf 75 Milliarden Euro erhöht werden, da das neue Gerät gegenüber der alten Ausrüstung viel teurer in Entwicklung, Produktion und Instandhaltung ist. Damit haben sich auch die Anforderungen an die SoldatInnen geändert. Gesucht werden nun in Millionen kostenden Werbekampagnen vor allem karriereorientierte SpezialistInnen, welche Menschen mit unbemannten Waffensystemen und im Häuserkampf gezielt töten sollen. Mord soll in Zukunft eine Dienstleistung sein, die in jedem Land von Männern wie Frauen mit hochtechnologisierten Geräten ausgeführt werden kann: die Armee 4.0. Da haben die „alten Herren“ bald restlos ausgedient.

Deshalb sollten wir, bei aller angebrachten Kritik an völkischem Nationalismus und Sexismus in der Bundeswehr, nicht nur die Mannschaften und unteren Offiziere bedenken, sondern umso stärker auch das höhere Offizierskorps, welches gestützt durch diese Ideologien dazu neigt den Staat im Staate zu vertreten. Das ist auch der Grund, warum der Fall Albrecht so brisant ist: Zu einem Staatsstreich gehören, auch wenn es dafür aktuell hierzulande keine Anzeichen gibt, oft Attentate durch Militärangehörige auf politisch unliebsame Personen. Ein Grund mehr, bis zur notwendigen Abschaffung der Bundeswehr dort jedes Reformvorhaben gegen Rechts zu unterstützen.

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