Einstürzende und brennende Textilfabriken, die vorwiegend für Bekleidungsmarken des globalen Nordens produziert werden, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und Vertreibungen von zum Teil indigenen Volksgruppen, für den Ausbau von Produktionsstätten oder die Rodung von Wäldern sind allgegenwärtig mit all den verheerenden Folgen.
Menschenrechtsverletzungen sind Bestandteil des globalisierten Kapitalismus und seiner Produktionsweise. Während Freihandelsabkommen Unternehmen den Zugang zu Märkten und Rohstoffen ermöglichen und ihre Profitinteressen zu einem einklagenden Recht machen, sieht es für Angestellte eben dieser Unternehmen in den Ländern des Südens, düster aus. Sie bleiben gegenüber grundlegenden Menschenrechtsverletzungen seitens der Unternehmen schutzlos ausgeliefert.
Das soll sich nun ändern. Mit der sogenannten Binding Treaty Initiative auf UN Ebene sollen zukünftig Menschenrechte gegenüber Konzernen durchgesetzt werden können. Gegen die Stimmen der EU, den USA und anderer größerer Industriestaaten setzte der UN-Menschenrechtsrat bereits im Jahre 2014, auf Initiative von Ecuador und Südafrika, eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe ein, die die Aufgabe hat
ein UN-Abkommen für verbindliche und globale Unternehmensregeln zu erarbeiten.
Trotz des Widerstandes durch die Kapitalseite steigt die Beteiligung von Staaten und NGOs an der Erarbeitung solcher Regeln. Einen ersten Aufschlag hat Ecuador gemacht und ein konkretes Papier vorgelegt, das Vorschläge unterbreitet wie transnationale Konzerne zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet und Betroffenen Klagemöglichkeiten eröffnet werden sollen. Während sich an der ersten Verhandlungsrunde 60 Staaten beteiligten und an der zweiten 80, waren es in der dritten Verhandlungsrunde bereits mehr als 100 Staaten. Auch die Treaty Alliance, ein weltweites Netzwerk aus 700 NGOs und mehr als 1000 Einzelpersonen waren mit 200 Personen vertreten.
Was die Bundesregierung von den Verhandlungen hält machte sie dadurch deutlich, dass die einzige Vertreterin des Auswärtigen Amtes bereits am ersten Tag der Verhandlungen abgereist.
Bezeichnend ist auch die Offenheit der Kapitalseite. Der internationale Arbeitgeberverband (IOE) drohte während der Verhandlungen in einem Bericht denjenigen Staaten mit wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen, die das Abkommen unterzeichnen sollten.
Dennoch die Verhandlungen haben Fahrt aufgenommen und eine Dynamik entfacht, die es tatsächlich möglich macht, dass Unternehmen nicht mehr in Wild West Manier sich gegenüber den Menschen und den Staaten des globalen Südens verhalten können.
Es besteht also die historische Gelegenheit, Gerechtigkeit für Opfer von Verbrechen durch Konzerne einfordern zu können. Die Haltung sowohl der Konzerne als auch der Staaten, die sich eines solchen Regelwerks verweigern, zeugt von einer neokolonialistischen Arroganz und verdeutlicht erneut, wie mächtig die Kapitalinteressen sind. Es wäre also deshalb ziemlich naiv darauf zu hoffen, dass diese zur „Vernunft“ kommen. Vielmehr ist diese Haltung im Sinne des Geschäftsmodells Kapitalismus zu erwarten gewesen.
Um die Menschenrechte justiziabel zu machen und dafür Instrumente zu erarbeiten, muss auf allen politischen Ebenen auf die Akteure eingewirkt werden. Es Bedarf Druck von unten aber auch von links um Menschen- und Arbeitnehmerrechte als universelle Rechte geltend machen zu können. Es ist allerhöchste Zeit.