Maduro (Pic: PresidenciaRD / Flickr)

Maduros halber Sieg und die Aufgabe der Linken

Nicolás Maduro gewann die Wahlen in Venezuela mit einer auf den ersten Blick beeindruckenden Mehrheit von 68% der abgegebenen Stimmen, weit vor dem zweitplatzierten Henri Falcón mit 21%. Die PSUV feiert dieses Ergebnis und sieht es als einen gelungenen Abschluss der gewonnen Wahlen seit Juli 2017, wo auf jeder politischen Ebene, als Ergebnis des Dialogs zwischen Opposition und Regierung, neu gewählt wurde.

Der zweite Blick zeigt aber, dass dies für den ersten chavistischen Präsidenten Maduro ein herber Schlag ist. In totalen Stimmen hat er 1,7 Millionen Stimmen weniger als bei seinem knappen Sieg über Henrique Capriles im Jahre 2013. Es haben also weniger Menschen ihr Wahlrecht genutzt, so wenig wie seit den 50ern nicht mehr und es gingen kaum mehr Menschen bei mehr Kandidaten und Alternativen zur Wahl als im Juli 2017, als die verfassungsgebende Versammlung (ANC) gewählt wurde. In einigen Umfragen besitzt der Präsident eine Ablehnungsrate von bis zu 80%. Man kann jetzt Argumentieren, dass viele Anhänger wegen des sich abzeichnenden Sieges von Maduro zuhause blieben, doch dafür ist die Lage zu ernst.

Trotz der Wahlsiege der Chavisten auf allen Ebenen und der Unterstützung der kommunistischen Partei konnte Maduro keinen Sieg verzeichnen, der ihn auch bei einer Beteiligung des MUD, dem größten Oppositionsbündnis, zum Präsidenten gemacht hätte. Das Vertrauen der Bevölkerung in den Chavismus ist noch da, doch Maduro muss sich das noch erarbeiten. Seit seiner Wahl im Jahr 2013 gab es kaum gute Nachrichten für Venezuela und er musste sich als Krisenverwalter versuchen. Ein Ölpreis auf Rekordtief, Sanktionen und verdeckte Sabotageaktionen der USA und der Opposition, Gewalt auf den Straßen, politische Krisen und internationale Isolation.

Der Chavismus kontrolliert nun das Parlament bzw. die verfassungsgebende Versammlung, die große Mehrheit der Posten in der Verwaltung und hat nun 6 Jahre Zeit, das in konkrete Verbesserungen für die Bevölkerung zu verwandeln.

Bisherige Maßnahmen gegen die Krise haben aus Zeitmangel noch nicht funktionieren können, ob alles wie geplant gelingt wird sich zeigen. Der Petro, eine Kryptowährung, gedeckt durch die natürlichen Ressourcen, der Venezuela die Möglichkeit geben soll, unabhängig von den Finanzmärkten an Geld zu kommen zu können und der Millionen Menschen die Möglichkeit von einem eigenen „Konto“ und Transaktionen bietet, hatte einen vielversprechenden Start. Zusammenarbeit mit Palästina, Bolivien und Ecuador sind schon abgekündigt. Des Weiteren hat Maduro die Enteignung von 44 Tausend Hektar Land von Großgrundbesitzern zur besseren Versorgung Venezuelas versprochen und Abkommen mit Vertretern der Bauern unterzeichnet. Die Krise hat neue Basisorganisationen, ursprünglich zur Verwaltung der Versorgung gedacht, hervorgebracht, die für die Zukunft Potential in sich führen und die Unterstützung der kommunistischen Partei bei der Wahl ließ zwischen der PSUV und der PCV ein Abkommen entstehen, das mehr Arbeiterkontrolle, eine Ausweitung der Arbeiterrechte und ein Ende der Krise des Kapitalismus verspricht. Außerdem wurde eine Reform gegen Korruption eingeleitet und hunderte Beamte, vor allem aus der PSUV, wurden aus ihren Ämtern entfernt, ähnlich sieht es mit der PDVSA dem staatlichen Ölkonzern aus, wo Mitarbeiter aus den Chefetagen nun wegen Geldwäsche und Korruption vor Gericht stehen.

Venezuela darf aber nicht außerhalb des internationalen Systems gesehen werden, nicht nur, weil der US-Imperialismus seit der Wahl von Hugo Chávez 1999 versucht das Land zu destabilisieren und vor Putschs, wie im Jahr 2002, nicht zurückschreckt, sondern auch weil Venezuela als isolierter Staat kaum Handlungsspielraum besitzt.

Das Jahr 2018 ist das Superwahljahr in Südamerika und dies für den Chavismus sowie den ganzen Kontinent wegweißend ist. Seit der Wahl von Chávez um die Jahrtausendwende befinden sich Lateinamerika und die Karibik im Wandel, viele linke Regierungen, wie Lula in Brasilien, Morales in Bolivien oder Correa in Ecuador haben diesen eingeleitet. Seit 2012 schlagen ihre Gegner zurück Morales verliert die Wahlen zur Verfassungsänderung, Maduro gewinnt nur knapp die Wahlen und die Nachfolgerin von Lula, Dilma Rousseff, wird durch einen parlamentarischen Putsch aus dem Amt gejagt. Aus diesem Grund sind die Wahlen in Paraguay, Mexiko, Kolumbien und Brasilien so wichtig, denn sie werden zeigen, ob Venezuela weiter von rechten Regierungen umzingelt bleibt oder ob die USA weitere linke Regierungen in ihrem Hinterhof erdulden müssen. Die Verhaftung des Kandidaten Lula da Silva in Brasilien stellt gut die aufgeheizte Stimmung im Kontext des Klassenkampfes in Lateinamerika dar.

Wird Maduro die angekündigten Reformen umsetzen? Wie werden die Wahlen ausgehen? Es gibt hier keine verlässliche Analyse. Die zwei Millionen Wohnungen, die die Regierung selbst im Krisenjahr 2017 an die Bevölkerung übergab und die 5,2 Millionen Laptops, die seit 2013 an Studenten verteilt wurden, stehen im krassen Kontrast zu den Verhaftungen von Gewerkschaftern durch den bürokratischen Apparat.

Als Linke sollten wir einen scharfen Blick auf Venezuela und die zukünftigen Entwicklungen der bolivarischen Revolution richten, die Unterstützung Maduros und der PSUV sollte für jeden Sozialisten außer Frage stehen, die einseitige Kritik an der Regierung, ohne die äußeren Einschränkungen zu beachten, zeugt von politischen Unwissen, genauso, wie die kritiklose Unterstützung einer erlahmenden Revolution. Ein Sturz der Regierung in Venezuela wäre nicht nur für die Bevölkerung und den Kampf gegen den Imperialismus fatal, die Ergebnisse einer neoliberalen Wende lassen sich momentan in Brasilien und Argentinien beobachten, sondern auch für die Linke in Südamerika, allen voran den Genossinnen und Genossen auf Kuba.

Ein Artikel von Robert Kohl, geboren in Chile, Aktivist, Instagrammblogger

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