Linke: Ignoranz statt Unterstützung von israelischen und palästinensischen Friedensaktivisten

Seit Samstag dem 07.10 ist im Nahen Osten nichts mehr, wie es war. Die ohnehin schon schreckliche Situation vor Ort ist noch viel schlimmer geworden. Der furchtbare Angriff der Hamas, der alleine am Samstag mehr 1.000 Zivilisten das Leben gekostet hat, und die darauf folgenden, schrecklichen israelischen Bombardierungen Gazas, die mehr als 4000 Zivilisten das Leben kosteten, haben die ganze Region, insbesondere in Israel und Palästina, in Angst und Schrecken versetzt. Menschen wie mich, die Familie vor Ort, sowohl in Israel als auch in Gaza, haben, lassen die Ereignisse in einer Situation der Verzweiflung und Trauer zurück.

In diesen Tagen sind Momente der Hoffnung und Stimmen des Friedens rar gesät, doch es gibt sie. Es sind vor allem die Stimmen von Menschen aus der Region. Es sind Stimmen wie jene von Noy Katsman, dessen Bruder, der israelische Friedensaktivist Haim, am vergangenen Samstag von der Hamas umgebracht wurde. Noy Katsman sagt: „Das Wichtigste für mich und auch für meinen Bruder wäre, dass sein Tod nicht als Rechtfertigung für die Tötung unschuldiger Palästinenser genutzt wird. Das Töten von Palästinensern wird keine Sicherheit bringen.“

Oder die Aussagen des Vaters eines entführten Mädchens, der im israelischen Fernsehen sagte: „Auch in Gaza gibt es Opfer – Mütter, die weinen, lasst uns diese Emotion nutzen, wir sind zwei Nationen von einem Vater, lasst uns Frieden schaffen, einen echten Frieden“. Oder die Worte von Husam Zomlot, der mehrere Familienmitglieder bei den Bombardements auf Gaza verlor: „Kein Zivilist darf irgendwo zu Schaden kommen. Mein Mitgefühl gilt allen Familien, die ihre Angehörigen verloren haben. Ich bin einer von denen. Der Weg nach vorne erfordert Gerechtigkeit statt Rache, Mut statt Vorurteile und Frieden statt Krieg.“

Israelische und palästinensische Stimmen finden Worte für alle Opfer – Die Linke schweigt

Die politische Linke in Deutschland dagegen versagt bei der Einnahme eines humanistischen Standpunkts. das heißt: Sie versagt darin, sich für alle Opfer der Gewalt, also auch die palästinensischen Opfer, einzusetzen. Stattdessen schweigt die deutsche Linke größtenteils, wenn es um die Situation der Palästinenser geht. Und das nicht erst seit 8 Tagen.

Dabei bedürfte es insbesondere jetzt lauter Stimmen des Friedens und der Menschlichkeit. Stimmen, die deutlich machen: „Wir lehnen jegliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung ab, ob in Gaza oder in Israel, wir lehnen die Blockade von Strom und Wasser für den seit 16 Jahren abgeriegelten Gazastreifen ab, wir lehnen es ab, uns in den Chor jener einzureihen, die Gewalt oder Attentate begrüßen, die Bombardierungen von Wohngebieten oder Krankenhäusern befürworten.“

Statt einer klaren Positionierung für den Schutz menschlichen Lebens ohne Wenn und Aber, in Israel und Palästina, wurden im Bundestag viele Reden gehalten, die zwar die Gewalt durch die Hamas verurteilten, aber keinerlei Empathie für die getöteten Palästinenser oder gar Kritik an den Luftschlägen der IDF auf den Gazastreifen offenbarten. Die zu dem Zeitpunkt aber schon mehr als 1.500 getöteten Palästinenser in Gaza waren nicht einmal dem Redner der Linksfraktion einen Nebensatz wert, ebenso wenig wie Israels Siedlungspolitik im Westjordanland, welche die Lebensbedingungen für Palästinenser Jahr für Jahr verschlechtert, oder die Blockade Gazas.

Die Friedensbewegung in Israel/Palästina ist da viel weiter: Warum lässt die Linke sie im Stich?

Die Partei Die Linke verhält sich in der Frage kaum anders als die Redner im Bundestag. Sie gab zum jüngsten Krieg im Nahen Osten eine Presseerklärung raus, in deren Zentrum ein Ende des Gas-Deals mit Katar steht – eine nachvollziehbare Position, die allerdings eine absurde Prioritätensetzung offenbart. Statt in Erklärungen und Reden deutlich die Gewalt und die Blockade humanitärer Güter zu verurteilen, wird hier ein Thema in den Mittelpunkt gerückt, das die Menschen in Israel und Palästina grade kaum weniger interessieren könnte.

Das Versagen der deutschen Linken, eine Position an der Seite der Menschen in Israel und Palästina einzunehmen, und eine Position zu vertreten, die die israelische und palästinensische Friedensbewegung stützt, verwundert leider kaum. Das Jahr 2023 war bereits vor dem Krieg eins der tödlichsten Jahre für die Menschen vor Ort, fast 300 Palästinenser wurden durch die israelische Armee oder durch rechtsradikale Siedler getötet, 30 Israelis durch Palästinenser, tausende Palästinenser durch Siedler vertrieben. Für all dies hatte die deutsche Linke nur Schweigen übrig. Während die Linke in anderen Ländern gemeinsam mit Israelis, Juden und Palästinensern Aktionen und Proteste organisierte, um auf das Leid der Palästinenser aufmerksam zu machen und sich für einen gerechten Frieden und Sicherheit für alle Menschen im Nahen Osten einzusetzen, herrschte in Deutschland: Schweigen.

Palästinensische und israelische Linke teilen in diesen Stunden ein gemeinsames Schicksal. Sie trauern um verlorene Familienmitglieder und Freunde, sie sorgen sich, dass die Menschen in Gaza bald verdursten und das eine friedliche Perspektive immer unwahrscheinlicher wird. In diesen Stunden der Angst und Sorge haben sie in der deutschen Linken keinen Partner.

Noch hat die deutsche Linke die Möglichkeit, eine klare Positionierung nicht nur gegen Gewalt an Israelis einzunehmen, sondern auch gegen die drohende Vertreibung von 1,1 Millionen Menschen im Norden des Gazastreifens sowie die schrecklichen Folgen, die die Abstellung der Wasserzufuhr durch Israel und das Einfuhrverbot von Lebensmitteln mit sich bringen. Und natürlich gegen die Bombardierungen Gazas, die zwangsläufig zivile Opfer nach sich zieht.

Mit jeder Stunde, die vergeht, wird nicht nur die Situation vor Ort im Gazastreifen schlimmer, sondern auch die Distanz zwischen palästinensischen und israelischen Friedensaktivisten und der Linken hierzulande größer. Falls sie auf dem Weg zu einer humanistischen Positionierung Orientierung braucht, kann ihr die Friedensbewegung im Nahen Osten den Weg weisen. Sie hält in dieser schwierigen Stunde die Fahne des Humanismus hoch.

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Eine Antwort

  1. genau auch dein Text beweist doch, dass, wie die deutsche Gesellschaft als auch du, Faschismus als solches nur Wahlweise anerkennen

    ich meine du beklagst die mangelnde Solidarität der Linken, der Linken, die vor 23 Jahren Slobodan Miloshevic verteidigt und unterstützt hatten, die seit 23 Jahren ihn und sein genozidales Regime ein Opfer nennen, Völkermorde und ethnische Säuberung leugnen, massive Falschinformationen verbreiten, den Abzug der Nato aus Bosnien und Kosovo verlangen, bis heute quasi den Einmarsch Serbiens in den Kosovo verlangen

    das hat dich, und die deutsche Gesellschaft nie gestört, nein, im Gegenteil, seht ihr sie noch heute als einen Partner auf Augenhöhe und Hoffnungsträger, weil euch das einfach egal ist

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