Based on Rheinmetall Defence, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Geld ist genug da – Rüstung runter, Reiche besteuern

Bei diesem Artikel handelt es sich um den 3. Teil einer Beitragsreihe von Paul Michel. (Teil 1, Teil 2)

Im Text „Öffis statt SUVs!“ war die Rede von der Notwendigkeit eines großen Investitionsprogramms. Eine Billion ist zweifellos viel Geld. Da stellt sich natürlich die Frage, wo das Geld herkommen soll. Ein suchender Blick richtet sich zunächst auf jene Bereiche, in denen offensichtlich im großen Stil Geld für wenig sinnvolle Zwecke verschleudert wird.

Unsummen für Rüstung – Peanuts für den Rest

Hier sticht in erster Linie das Militär ins Auge. Beim Militär gilt die Devise: Mehr als genug geht immer. Als es darum ging, dass der Bund seine Zuschüsse zur Stabilisierung des 49-Euro-Tickets um 2 Milliarden erhöht, hieß es: Nix da. Kein Geld da. Für die Rüstung aber gilt spätestens seit der „Zeitenwende“-Rede von Bundeskanzler Scholz: Wünsch Dir was! Weil die Gier der Militärs nach neuen Waffen grenzenlos ist, gab es ab März 2022 eine sagenhafte Steigerung des Rüstungsetats. Einen weiteren Schub gab es, als im Spätherbst 2023, Militärminister Pistorius erklärte, Putin plane in den nächsten Jahren einen Angriff auf Deutschland. Das ist zwar rein faktisch völlig abwegig. Dank der Lufthoheit des Ressentiments, Putin sei ein Bösewicht, dem alles zuzutrauen sei, stellte in der veröffentlichten Meinung niemand die naheliegende Frage, wie das denn möglich sein soll, wenn die NATO Russland in allen wichtigen militärischen Disziplinen um den Faktor 3-5 überlegen ist. Jedenfalls wuchsen nach der Verkündung des neuen Bedrohungsnarrativs die Begehrlichkeiten der Militärs weiter an. Im März 2024 war im Wirtschaftsmagazin „Capital“ zu lesen: Die 100 Milliarden für die Bundeswehr werden nicht reichen. Prompt meldeten sich die notorischen Hardliner Roderich Kiesewetter von der CDU und die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl von der SPD, mit dem Vorschlag zu Wort, das „Sondervermögen Bundeswehr“ auf 300 Milliarden aufzustocken. Wie gesagt: Mehr als genug geht immer.

Die erfolgreiche Vernebelung der Gehirne durch gezielte Desinformation seitens der Herrschenden ändert nichts an der Tatsache, dass das 100 Milliarden Euro schwere Aufrüstungspaket unsinnig, überflüssig und zudem eine Geldverschwendung sondergleichen ist. Das so verschleuderte Geld sollte stattdessen für sinnvolle Dinge eingesetzt werden. Die 100 Milliarden könnten viel besser für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs eingesetzt werden: Mehr Verbindungen, bessere Taktung, mehr Personal – und der ÖPNV könnte kostenlos sein. Also Busse statt Panzer!

Die Reichen sollen zahlen

Die Politik der Ampel wird den historischen Aufgaben unserer Zeit nicht gerecht. Es reicht nicht aus, die Schuldenbremse abzuschaffen und dann darauf zu setzen, alle notwendigen Investitionen über Kredite finanzieren zu wollen. Naheliegend wäre eine stärkere Besteuerung der Reichen, deren Vermögen in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker angewachsen ist und die gleichzeitig immer mehr geschont wurden. So ist das Gesamtvermögen der fünf reichsten Deutschen seit 2020 inflationsbereinigt um rund drei Viertel von rund 89 auf rund 155 Milliarden US-Dollar gestiegen. Für die kleine Gruppe der Multimillionäre und Milliardäre ist Deutschland eine Steueroase. Das zeigt eine aktuelle Studie, die Oxfam gemeinsam mit dem österreichischen „Momentum Institut“ und dem „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ veröffentlicht hat. Die Reichen rechnen sich vor dem Fiskus künstlich arm. Würden die von Oxfam vorgeschlagenen Steuern hierzulande eingeführt, könnten allein in Deutschland jährlich rund 93,6 Milliarden US-Dollar an zusätzlichen Steuereinnahmen generiert werden.

In Deutschland ist der politische Wille, die Reichen zur Kasse zu bitten, allerdings nicht besonders ausgeprägt. Eine von der Linkspartei vorgeschlagene Vermögensabgabe für Multimillionäre wurde im November 2022 von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Weder Politik noch Justiz unternehmen große Anstrengungen, um die fast 30 Milliarden Euro zurückzuholen, um die der Fiskus bei den Cum/Cum- und Cum/Ex-Betrügereien betrogen wurde. 73 Milliarden Euro könnte die Bundesregierung allein an Mehreinnahmen generieren, wenn sie eine Vermögensabgabe nach Schweizer Vorbild einführen würde. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag von Oxfam. Zu Zeiten der Regierung Kohl waren der Spitzensteuersatz und die Steuern auf Unternehmensgewinne deutlich höher als heute. Lägen die Steuern auf dem Niveau der Kohl-Regierung, hätte der Fiskus jährlich 45 bis 50 Milliarden Euro mehr in der Kasse.

Durch staatlich begünstigte Steuerhinterziehung, wie die bewusste Unterbesetzung der Finanzämter mit Steuerfahndern und eine Politik der gezielten Verhinderung von Betriebsprüfungen, gehen nach Schätzungen von Sascha Adamek und Kim Otto in dem Buch „Schön reich – Steuern zahlen die anderen“ jährlich potenziell 70 Milliarden Euro an Steuern verloren. Leider scheint Oxfam derzeit die einzige international wirklich relevante Organisation zu sein, die lautstark und konsequent eine stärkere Besteuerung von Unternehmen und hohen Vermögen fordert. DIE LINKE hat viel Papier zum Thema Steuern für Reiche geschrieben. In der täglichen politischen Arbeit spielt das Thema Umverteilung in der Partei aber leider kaum noch eine Rolle.

Umverteilen! Von oben nach unten, vom Privatvermögen in die öffentliche Hand. So könnte der immense Reichtum der Superreichen, der auf der Suche nach Rendite über die Finanzplätze der Welt vagabundiert, sinnvoll verwendet werden. Dieses Geld muss umverteilt werden, um den dringend notwendigen ökosozialen Umbau der Gesellschaft zu finanzieren. Es ist schließlich der Reichtum, der von Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erwirtschaftet wurde.

Ein Beitrag von Paul Michel – aktiv im Netzwerkökosozialismus

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