Der spanische Staat hat eine essenziell wichtige Schlacht verloren. Es wird nach diesem 1. Oktober in der Beziehung zwischen Spanien und Katalonien nichts mehr so sein wie es mal war. Mehr als zwei Millionen Menschen nahmen am Referendum teil und das obwohl die PP (Konservative Partei in Spanien, Erben des Franquismus) und PSOE (sozialdemokratische Partei) alles mögliche taten, um gegen Katalonien und den Willen der Mehrheit vorzugehen: Richter ordneten Verhaftungen an, Geldstrafen und tausende Polizisten, sowie die Militärpolizei Guardia Civil kamen zum Einsatz. Es fehlte nur noch das Heer bei diesem Festspiel. (Angespielt wird hier auf den Einsatz des Heeres beim Niederschlagen eines Streiks im Jahr 2010 a.d.R.).
Wenn die Kräfte der Zentralregierung sich trauen würden, diese letzte Hürde zu nehmen, dann wäre es nicht nur kriminell, sondern auch politischer Selbstmord für alle, die sich nicht gegen dieses vorgehen stellen und ihre Solidarität mit denen bekunden, die für die Zukunft ihres Landes kämpfen.
Die Aussetzung der katalanischen Autonomie, die polizeiliche Besetzung von Städten und Dörfern, die Überheblichkeit und Verachtung der Zentralisten allem katalanischem gegenüber, die Brutalität und die Rohheit der polizeilichen Kräfte, die Aura des Hasses, die über mehrere Wochen kreiert wurde, konnten nicht den politischen Willen von millionen Menschen beenden, die sich diesem Staat in den Weg stellten, der ihnen die kleinste demokratische Beteiligung verwehrte wollte.
Das katalanische Volk plante seit Wochen, es organisierte sich in verschiedenen Formen (angesprochen wird die Organisation von Streiks ganz ohne Gewerkschaften und das Einrichten von Räten) und schaffte das, was jeder für unmöglich hielt. In diesem Kampf vereinten sich verschiedene Sektoren: Hafenarbeiter, Landwirte, Feuerwehrmänner, Studenten, Bildungsbürger, feministische Organisationen, der Linke-Flügel der Regierung, radikale Linke und sogar 400 katholische Priester, die sich im Sog des Todes von Xirinachs (ein katalanischer Freiheitskämpfer und Theologe) organisierten, dieser treue, antifranquistische Mitstreiter, der in unseren Gedanken weiterlebt.
Es gab definitiv eine Bündelungen der Meinungen und der unaufhaltbaren Potenzialen. Wir möchten nicht einfach wieder die Daten aufzählen, noch die Szenen wiedergeben, die sich in unser Gedächtnis eingebrannt haben, sondern wir glauben, dass eine Reflexion der Rolle der Linken in den Ereignissen nötig ist.
Dieses Thema zeichnete sich schon in einem anderen Artikel ab, wo die Autoren über die Hausaufgaben der Linken, die sich nicht für die Unabhängigkeit aussprechen, schrieben, aber die zurückhaltende Haltung der Linken aus Burgos (Stadt in Kastilien, sinnbildlich für die Linke außerhalb Kataloniens) sollte uns sorgen machen, denn weder Podemos noch IU (Izquierda Unida) haben etwas für die Unabhängigkeit getan: Sie haben sogar ihr eigenes Referendum boykottiert (das in den jeweiligen Parteisektionen abgehalten wurde a.d.R.) und machten es zu einer Farce ohne irgendwelche Garantien und so schlossen sie sich auch dem Chor der Anhänger der spanischen Union an, die dem Referendum die Legitimation absprachen und das gegen die Beschlüsse der eigenen katalanischen Organe. So wurde eine riesige Chance ausgeschlagen, um dem Regime von 1978 zusammen effektiv zu schaden.
Eine Kette ist nur so stark wie das schäwchste Glied und man kann den spanische Staat, das kapitalistische Regime, die Erben des Franquismus in Katalonien, als das schäwchste Glied bezeichnen. Ein Land, dass bereits seinen Wunsch zum Ausdruck brachte sich von diesem Staat zu trennen, dessen Straßen mit faschistischen Ideen von Fanco gefüllt sind und in dem der Hass gegen Katalonien geschürt wird. So haben wir es in unserer Stadt erlebt: Mit hunderten Menschen auf der Plaza Mayor (großer Platz in Madrid), die ein Ende der katalanischen Autonomie forderten und die die Katalanen beleidigten und dieselben Phrasen benutzen wie während der faschistischen Diktatur. Dort sahen wir auch Mitglieder der Regierungspartei PP.
Die Linke aus Burgos hat es bis zu diesem Moment nicht geschafft sich auf Augenhöhe mit der Linken in Katalonien zu diskutieren und zu organisieren. Es müsste ein Prozess eingeleitet werden, der die Menschen mobilisiert und eine Debatte beginnt, der sich mit dem franquistischen Erbe und Nationalismus auseinandersetzt und das katalanische Selbstbestimmungsrecht anerkennt. Die Nichtbefolgung einiger Gesetze, die Katalonien das Recht nehmen ihre Beziehung zum spanischen Zentralstaat zu gestalten und die die Arbeits-und Sozialrechte auf Kosten der Arbeiterklasse zu Gunsten des Gewinns einer Minderheit verengen, zeigt das eine progressive nach vorne orientierte Lösung der katalanischen Frage möglich ist. Egal wie wir zur Frage der Unabhängigkeit stehen, stehen wir in der Pflicht ihr Recht auf Selbstbestimmung zu respektieren und uns dafür stark zu machen dieses Recht vor den Attacken der PP-Regierung zu schützen und zu verlangen, dass der demokratische Wille der Katalanen durchgetzt wird.
Aus dem Spanischen übersetzt von Robert Koch. Zuerst erschienen auf marx21.net.