Jair Bolsonaros Sieg bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien ist die größte Bedrohung für indigene Völker seit Jahrzehnten. Es heißt immer, man soll Menschen nach ihren Taten und nicht nach ihren Worten beurteilen. Doch es fällt schwer sich von Jair Bolsonaro, der im Oktober die Stichwahl zum nächsten Präsidenten Brasiliens gewonnen hat, etwas Gutes zu erhoffen.
Zu den vielen Minderheiten, auf deren Rücken und Rechten er Wahlkampf betrieben hat, gehören auch rund 900.000 Angehörige indigener Völker. Den Schutz des größten indigenen Gebietes im Amazonasregenwald nannte Bolsonaro „Hochverrat“ und er hat bedauert, dass „die brasilianische Kavallerie nicht so effektiv war wie die Amerikaner, die ihre Indianer ausgerottet haben.“
Bolsonaro ist ein rechtsextremer Nationalist mit autoritären und faschistischen Tendenzen. Seine Präsidentschaft ist für indigene Völker eine Katastrophe, die für manche von ihnen tödlich enden wird.
Schon heute ist das Klima der Gewalt in Brasilien deutlich spürbar. Landkonflikte zwischen Indigenen auf der einen und Farmern, Goldgräbern und Viehzüchtern auf der anderen Seite nehmen zu. Schätzungen zufolge wurden in Brasilien allein im vergangenen Jahr etwa 110 Indigene ermordet, mindestens nochmal so viele nahmen sich aus Verzweiflung das Leben. Mit seiner Hassrede schürt Bolsonaro weiter die Überzeugung, dass ungestraftes Morden möglich und geduldet ist.
Schon 2017 wurde kein einziges indigenes Gebiet in Brasilien unter Schutz gestellt ¬– obwohl die Warteliste lang ist. Indigene Völker wie die Guarani, die oft in Lagern und Hütten am Rand von Autobahnen leben müssen, können nicht viel länger warten.
In den 50er- und 60er-Jahren drangen Siedler und Rancher in ihr Gebiet ein. Sie machten den Wald dem Erdboden gleich, um erst Platz für Vieh und später Soja, Mais und Zuckerrohr zu schaffen. Tausende Guarani leben heute in überfüllten Reservaten und in behelfsmäßigen Lagern – Orte an denen die Raten für Unterernährung, Krankheiten, Alkoholismus und Selbsttötung in den Himmel steigen und an denen die Anführerinnen und Anführer der Guarani Ziel und Opfer der bewaffneten Einheiten der Rancher sind. Diese Orte sind Schauplatz einer der dringendsten humanitären Krisen unserer Zeit.
Nach brasilianischem Recht hätte Brasilien das Land der Guarani schon vor Jahrzehnten demarkieren und beschützen sollen. Doch das Verfahren steht still. Politiker in mächtigen Positionen und die anti-indigene Agrarlobby im Kongress versuchen es ganz einzustellen, indem sie eine Reihe von Gesetzesentwürfen und Verfassungsänderungen fordern. „Inzwischen versuchen sie uns mit ihren Waffen und dem Gesetz zu töten,“ warnte Genito Guarani.
Unter tobendem Applaus versprach Bolsonaro im Wahlkampf, dass „es keinen Zentimeter indigenes Land mehr geben werde“, falls er der nächste Präsident werde. Tatsächlich hat er diese Aussage inzwischen korrigiert: Er meinte keinen Millimeter.
Was also können wir von Bolsonaro erwarten? Wahrscheinlich nicht weniger als den schwierigsten Kampf um Menschen- und Landrechte, den Brasilien seit Jahrzehnten erlebt hat. Mehr denn je brauchen sie unsere Unterstützung und internationale Solidarität.
Über die Autorin
Linda Poppe arbeitet bei Survival International, SI ist die globale Bewegung für indigene Völker (www.survivalinternational.de). Vor knapp 50 Jahren begann Survival seine Arbeit mit indigenen Völkern in Brasilien uns steht seither an ihrer Seite.
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