Hinter den Angriffen auf Greta Thunberg steckt vor allem die Angst der Herrschenden, dass ihre Ordnung zerstört wird. Der Platz der Linken ist an Thunbergs Seite, schreibt Daniel Tanuro, Sozialist aus Belgien und Autor von Green Capitalism: Why It Can’t Work. Der Artikel erschien zuerst in der Zeitung Contremps.
Die junge Schwedin Greta Thunberg wurde mit beispiellosem Hass konfrontiert, der sich in abscheulichsten Macho-Attacken, Unterstellungen über ihre geistige Gesundheit, Verleumdungen ihrer Selbstständigkeit und sogar wenig verhüllten Morddrohungen äußerte. Die Quelle dieses Hasses muss man nicht lange suchen. Er geht von der national-populistischen, sexistischen, rassistischen und antisemitischen, den Klimawandel leugnenden extremen Rechten aus. Vor allem seit der Wahl Trumps und den Erfolgen von AfD, Rassemblement National usw. Foto-Montagen, die Greta neben George Soros oder einem IS-Kämpfer abbilden, zeigen deutlich deren antisemitische und islamfeindliche Gesinnung.
Die Verbindungen der extremen Rechten mit dem fossilen Kapital sind offensichtlich, besonders beim Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE), das mit dem Heartland Institute (ein US-Thinktank von Klimaleugnern aus dem Erdöl-Sektor) und der Koch Group (der mächtigste Privatkonzern in den USA, aktiv in den Sektoren fossile Brennstoffe und Chemie), zusammenarbeitet.
Angst vor starken Frauen
Die Hauptthemen der Attacken auf Thunberg sind immer die gleichen: sie solle zur Schule zurückkehren; sie sei eine Marionette des Grünen Kapitalismus; diejenigen, die die Strippen ziehen, würden ein behindertes Kind benutzen um emotionalen Druck aufzubauen; ihr Aufruf zum Streik sei totalitaristisch; das Mädchen sei fanatisch etc. Aber nur das Leugnen des Klimawandels erklärt längst nicht alles. Der Hass auf Thunberg ist umso bösartiger, da das Ziel eine junge Frau ist. Eine mutige, entschlossene, intelligente, einfühlsame junge Frau, die weiß, worüber sie spricht. Eine Frau, die nicht zögert, den Mächtigen entgegenzutreten.
Erst konzentrierten sich die Repräsentanten des Kapitals darauf, Thunberg zu vereinnahmen um die Jugend zu besänftigen. Daher die Einladungen nach Davos, ins Europäische Parlament und zu vielen anderen Veranstaltungen. Aber Thunberg ließ sich nicht täuschen. Im Europäischen Parlament sagte sie: „Wir wissen, dass die meisten Politiker nicht mit uns reden wollen. Gut. Wir wollen auch nicht mit ihnen sprechen.“
Ein erheblicher Teil der Linken und der ökologischen Bewegung heult mit den Wölfen – unter den unterschiedlichsten Vorwänden: „Greta ist nicht antikapitalistisch“, „Es ist kein Zufall, dass sie überallhin eingeladen wird“ etc. Ganz zu schweigen von den billigen psychiatrischen Analysen. Was sie nicht erwähnen: sie sind außer sich, dass sie von einem 16-jährigen Mädchen vorgeführt werden, das in einem Jahr mehr geschafft hat, als viele anerkannte Organisationen in dreißig Jahren.
Sorge der Mächtigen
Nach Gretas Auftritt beim UN veränderten die Herrschenden ihre Taktik. Sie prangerte sie alle ohne zu zögern an („Wie könnt ihr es wagen? Ihr redet nur über Geld!“), und ihre Botschaft zeigte weltweit Wirkung. Nachdem der UN-Gipfel gescheitert war, rief sie erneut zu Streiks auf. Infolgedessen sind die Versuche, sie zu vereinnahmen, vorbei.
Der Wendepunkt wird in Frankreich deutlich: Macron wirft Thunberg vor, „unsere Gesellschaft zu polarisieren“ und rät jungen Menschen, sich lieber als „Bürger“ zu benehmen, als zu streiken. So unglaublich es scheint – die Mächtigen sind besorgt. Sie fürchten einen totalen Bruch zwischen Jugend und alter Welt. Ihrer Welt der Politik im Dienste der Reichen, des Wettbewerbs zwischen den Nationen, des Natur und Leben zerstörenden Kapitalismus.
Sie befürchten, dass die globale Jugendbewegung andere Schichten mitreißt: Bauern, die Ausgebeuteten, Ureinwohner, deren Wälder geplündert wurden, die Unterdrückten im Allgemeinen. Der Ruf der Greta-Generation findet großen Anklang. Da sich die Jugend weigert, sich anzupassen, werden diejenigen, die für die Katastrophe verantwortlich sind, alles versuchen, um Greta Thunberg als Symbol der Bewegung zu diskreditieren. Die Medien, die sie an die Spitze trugen, werden sie durch den Dreck ziehen, die Politiker, die sie benutzen wollten, werden sie der Inquisition übergeben, und die äußerste Rechte wird anbieten, diese Arbeit zu erledigen.
Der Hass auf diese junge Frau ist Ausdruck des Kampfs der Herrschenden, ihre Herrschaft zu behalten. Sie kämpfen gegen die Jugend und – natürlich – gegen Frauen. Aber auch gegen Arbeiter_innen, Bauern, die von Rassismus Betroffenen, indigene Menschen, das Leben im Allgemeinen. Das ist Klassenkampf im Anthropozän. Was auch immer Greta Thunbergs Grenzen sein mögen, unser Platz ist an ihrer Seite, in dem Kampf, den sie ständig vorangetrieben hat und der jetzt eine Sache der demokratischen Organisation ist.
Übersetzung aus dem Englischen von Katharina Anetzberger für dieLinkswende.
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