Cannabis gilt als eine der meistkonsumiertesten Drogen und diejenige, die am ehesten bald legalisiert werden könnte. Wir haben mit dem Geschäftsführer des deutschen Hanfverbands, Georg Wurth, über die Legalisierungsdebatte in Deutschland, die Kriminalisierung von Konsumenten und die Legalisierungsoptionen gesprochen.
Die Freiheitsliebe: Es gibt in Deutschland immer wieder Vorschläge aus Städten oder Bundesländern Cannabis zu legalisieren. Hälst du das für sinnvoll oder braucht es erst eine Veränderung auf der Bundesebene?
Georg Wurth: Bei einer so großen gesellschaftlichen Verschiebung ist es immer so, dass die Verschiebung erst nach und nach kommt, teilweise von unten. Das sehen wir aktuell auch in den USA. Dort haben die einzelnen Bundesstaaten auch nicht gesagt wir warten bis die Regierung die Legalisierung beschließt, sondern sie haben selbst legalisiert, wobei sie auch mehr Möglichkeiten haben als in Deutschland. Ähnliches geschieht auch hier, einzelne Bundesländer gehen voran.
Die Freiheitsliebe: In der aktuellen Debatte stehen verschiedene Modelle zur Auswahl, wie z.B. Cannabis Social Clubs, Coffeeshops oder andere. Habt ihr ein bevorzugtes Modell?
Georg Wurth: Die volle Legalisierung läuft schon auf einen freien Verkauf an Erwachsene hinaus. Wir würden Fachgeschäfte bevorzugen, ähnlich dem Modell in Colorado, statt dem Verkauf in Supermärkten, Kiosks oder Tankstellen, damit der Verkauf auch reguliert bleibt. Andererseits sollte natürlich auch der Anbau geringer Mengen zum Eigenverbrauch erlaubt sein, denn es gibt keinen Grund warum man einem erwachsenen Menschen den Anbau verbieten sollte, denn für Tabak ist dies auch möglich. Es sollte auch die Möglichkeit geben gemeinsam mit anderen anzubauen.
Die Freiheitsliebe: Was glaubst du denn ist der Grund, dass sich die Politik so schwer tut mit der Legalisierung, denn rationale Gründe für ein Verbot gibt es kaum?
Georg Wurth: Das zieht sich durch die ganze Debatte. Die rationalen Argumente sprechen für Legalisierung, aber Emotionen darf man nicht ignorieren. Viele haben Angst, dass Jugendliche mehr konsumieren. Dies ist ein Argument sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik. Insbesondere bei der CDU kommt noch der Markenkern „Recht, Sicherheit, Ordnung“ hinzu, einer ihrer letzten Markenkerne. Sie würde sich also sehr schwer damit tun, wenn es hieße die Law-and-order-Partei legalisiert Cannabis.
Die Freiheitsliebe: In Europa sind die Niederlande der Staat, der am wenigsten restriktiv ist. Allerdings gibt es auch dort Rückschritte, wie Verbot von Verkauf an im Ausland Wohnende. Ist das nur ein niederländisches Problem oder gibt es auch in Deutschland Rückschritte?
Georg Wurth: Die Niederlande waren jahrzehntelang der Vorreiter und sie waren sehr weit voraus. Sie haben nicht nur den Konsumenten entkriminalisiert, sondern auch den Verkauf erlaubt, wenn auch nicht alles richtig ist, da der Handel nicht reguliert wird und Kriminielle beteiligt sind. Die Niederlande haben immer den Druck anderer Staaten abbekommen und dennoch gehofft das Nachbarländer nachziehen. Nun haben sie gesagt, wenn ihr nicht legalisieren wollt und verhindert, dass eure Bevölkerung Cannabis legal erhält, wollen wir es nur noch für unsere Einwohner. Das Hauptproblem ist nicht die Niederlande, sondern die anderen Staaten.
In Deutschland sehe ich keine Rückschritte, vor allem was die Praxis betrifft, da es nicht mehr viel schlimmer werden kann, wenn wir uns den Verfolgungsdruck anschauen. Aber auch im Bezug auf die gesellschaftliche Debatte gibt es keinen Rückschritt, eher das Gegenteil. Die Debatte schreitet mit großen Schritten voran, wie auch die Zustimmung. Wir erreichen bald die Mehrheit in der Bevölkerung und auch immer mehr Städte und Bundesländer positionieren sich positiv zur Legalisierung.
Die Freiheitsliebe: Was plant ihr als Hanfverband um die Debatte weiter zu verbessern?
Georg Wurth: Wir planen grade eine Führerschein-Kampagne, da dies für Konsumenten ein großes Problem ist. Kleine Strafen kann man noch leicht zahlen, wenn man aber seinen Führerschein verliert, kann man auch leicht den Job verlieren, selbst wenn man nicht berauscht gefahren ist. Das ist ein Unding, eine Diskriminierung im Straßenverkehr. Wir wollen das in der Öffentlichkeit verbreiten und sensibilisieren.
In Richtung Bundestagswahlen denken wir über eine Petitionskampagne nach um im neuen Bundestag das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Je nachdem wie die Wahlen ausfallen, werden wir auch wieder mehr Lobbyarbeit machen. In der aktuellen Wahlperiode haben wir uns auf Öffentlichkeitsarbeit konzentriert, da wir wussten, dass Merkel nicht legalisieren wird.
Die Freiheitsliebe: Cannabis wird nicht mehr als großes Problem wahrgenommen.Wie steht ihr denn zu anderen Drogen oder beschränkt ihr euch auf Cannabis?
Georg Wurth: Als Hanfverband beschränken wir uns schon auf Cannabis. Ab und an gehen wir auch auf andere Themen ein. Grundsätzlich finden wir die Kriminalisierung von Konsumenten falsch. Ich bin auch der Meinung, dass die Prohibition in Gänze gescheitert ist. Als Hanfverband geht es uns aber vor allem um Cannabis.
Die Freiheitsliebe: Danke dir für das Gespräch.