Der Niedergang der Linken in Deutschland

Bis in die späten 1960er gab es eine über 100 Jahre andauernde Phase, in der deutsche Kommunist*innen zu den globalen Vorreitern in der Produktion emanzipatorischen Gedankenguts zählten, bahnbrechende Ideen formulierten, sich unter Lebensgefahr für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzten und dabei einen bedeutenden gesellschaftlichen Einfluss ausübten. Diese Tradition reicht von Karl Marx, Rosa Luxemburg und Clara Zetkin bis zur Frankfurter Schule, Bertolt Brecht und Rudi Dutschke. Doch in den letzten 45 Jahren hat dieser Einfluss immer mehr abgenommen.

In den letzten 15 Jahren haben wir in Deutschland lediglich zwei große zivilgesellschaftliche Proteste erlebt, und zwar gegen den Irak-Krieg (2003), wo am 15.02.2003 weltweit ca. neun Millionen Menschen in der größten Friedensdemonstration der Geschichte demonstrierten. Und die Proteste gegen TTIP am 10.10.2015, wo bis zu 250.000 Menschen in Berlin auf die Straße gingen. Hinzu kommen kleinere jährliche Demos wie zum 1. Mai oder Blockupy. Bei den beiden großen Massenprotesten gab es einflussreiche Linke, die sich für den Irak-Krieg aussprachen oder jüngst die TTIP-Demo als rechts bezeichneten. Dies spiegelt die anti-emanzipatorischen Züge von gewissen linken Personen des öffentlichen Lebens in Deutschland wider.
Historisch betrachtet wurde der Niedergang der links-emanzipatorischen Vorreiterrolle besonders in den 1990er Jahren deutlich als von den bekannten linken deutschen Philosophen nur noch Jürgen Habermas übrig war. Ein Intellektueller, der den NATO-Krieg gegen Serbien (1999) rechtfertigte und bis heute das liberale Projekt der EU befürwortet. Der wohl einflussreichste linke Politiker der späten 90er Jahre, Joschka Fischer, wurde mit der Bombardierung Serbiens zum Kriegstreiber par excellence. Einer der renommiertesten linken Literaten, Hans Magnus Enzensberger, rührte ebenfalls die Kriegstrommel als er sich für den Irak-Krieg (2003) aussprach. Diese Kriegslüsternheit von Grünen und Sozialdemokraten sowie die zunehmende Unterwanderung der radikalen Linken mit neokonservativem Gedankengut durch „Antideutsche“, insbesondere seit der Wiedervereinigung, haben unter anderem den Weg dafür geebnet, dass Publizisten, die nicht der klassischen Linken angehören, wie Jürgen Todenhöfer und Ken Jebsen, zum Teil die Rolle übernommen haben, die traditionell der Linken zukam.
In Deutschland gewinnt die Vorstellung, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit abgeschafft gehört – außer in Bezug auf Geflüchtete ohne Aufenthaltsgenehmigung – immer mehr an Zustimmung. Sie hat auch schon längst den liberalen Mainstream, die Massenmedien und die gesellschaftliche Mitte erreicht. Die Diskriminierung nichtweißer deutscher Staatbürger*innen und Menschen mit uneingeschränkter Aufenthaltserlaubnis ist zumindest rechtlich gesehen unzulässig, auch wenn es in der Praxis natürlich anders aussieht. Während Islamophobie und Rassismus gegenüber nichtweißen Menschen immer noch sehr weit verbreitet sind und sogar in den letzten Jahren stark zugenommen haben, hat die Diskriminierung gegen LGBTQS und Behinderte in den letzten Jahrzehnten allmählich abgenommen. Darüber hinaus gab es vor allem Fortschritte was LGBTQ- und Behindertenrechte angeht. Dies sind wichtige Erfolge, sie ändern aber weder etwas an den Herrschaftsverhältnissen, die überwiegend von älteren weißen heterosexuellen Männern bestimmt werden noch an den allgegenwärtigen kapitalistischen Strukturen. Angesichts der Tatsache, dass sich mittlerweile fast alle linken und liberalen Strömungen gegen die Diskriminierung von LGBTQS und Behinderten aussprechen, sollten radikale linke Positionen sich meines Erachtens vor allem daran messen, wie man sich gegenüber den Auswüchsen des Kapitalismus, Imperialismus und Neokolonialismus positioniert und verhält, aber auch inwiefern man sich für die Rechte und den Schutz von Asylsuchenden einsetzt und dem anti-muslimischen Rassismus sowie der Blut- und-Boden-Ideologie entgegenwirkt.

Dass eine genuin sozialdemokratische Partei wie die Linkspartei heute als einzige linke Kraft – mit nicht einmal 9% Wählerstimmen – im Bundestag sitzt, sagt viel über den desolaten Zustand der Linken in der BRD aus. Die bekanntesten linken deutschen Politiker, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, sind zwar gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr und leisten wichtige Oppositionsarbeit, z.B. in Bezug auf Arbeitnehmer*innen- und Bürgerrechte. Aber auch sie vertreten Positionen, die in Teilen nicht viel mit Emanzipation zu tun haben, sondern in gewisser Hinsicht sogar klare Doppelstandards widerspiegeln, ganz zu schweigen von ihrem äußerst zahmen Antikapitalismus. Gysi etwa vertritt pro-israelische Positionen. Zuletzt wurde das bei der „Toiletten-Gate-Affäre“ deutlich, wo er das Redeverbot, welches den jüdischen Autoren David Sheen und Max Blumenthal erteilt wurde, unterstützte, während er sich auch schon öffentlich gegen eine Einstaatenlösung in Israel/Palästina und die Gaza-Flotille ausgesprochen hat. Oskar Lafontaine wiederum denkt bereits laut über die Begrenzung des Nachzugs von Familienmitgliedern von Asylsuchenden nach. Dieses Messen mit zweierlei Maß, wenn es um Palästinenser*innen (siehe auch die Positionen von Jutta Ditfurth) oder Geflüchtete geht, ist innerhalb verschiedener Strömungen des linken Spektrums in Deutschland weit verbreitet.

Einer der beliebtesten radikalen linken Journalisten in Deutschland, Marcus Staiger, ist ebenfalls ein Meister der Doppelstandards und kann sich ausgezeichnet in eine Reihe mit den mit zweierlei Maß hantierenden linken Politikern stellen, die ich oben erwähnt habe. Zwar vertritt er in der Theorie eine Reihe von fortschrittlichen Ansätzen. In der Arbeitspraxis jedoch, wird die Analyse nur äußerst inkonsequent umgesetzt. Denn er schafft es kaum über seinen deutschen Tellerrand zu schauen. So kommt es, dass er schon öfters Rapper und deren Songs zerrissen hat, die Verschwörungstheorien propagieren sowie Israel und die USA kritisieren, während er gleichzeitig homophobe, sexistische und gewaltverherrlichende Alben, Songs und Statements unkommentiert lässt, Rapper nicht selten unkritisch interviewt bzw. rezensiert und ihnen eine Plattform bietet.
Bei dem desolaten geistigen Zustand des Mainstreams der radikalen Linken in Deutschland, ist es kaum verwunderlich, dass bundesweit ein Großteil der Antifa-Gruppen und mit Ums Ganze eines der einflussreichsten Bündnisse der radikalen Linken zu einem nicht unerheblichen Teil aus „Antideutschen“ bestehen. Die beliebtesten Rap-Gruppen innerhalb der „radikalen Linken“ – die Antilopen Gang und Teile der TickTickBoom-Combo um die Labels Audiolith und Springstoff – sind ebenfalls pro-israelisch und pro-USA.

Die Tatsache, dass die oben genannten Personen und Gruppen innerhalb der „radikalen Linken“ dermaßen breite Zustimmung erfahren und ihre fragwürdigen politischen Positionen und Praktiken unhinterfragt akzeptiert oder sogar befürwortet werden, sagt auch viel über die Doppelstandards und mangelnde Radikalität linksradikaler Strukturen und Individuen aus. Vor allem die Doppelstandards in Bezug auf Israel/Palästina, die pro-US-Haltung, der anti-muslimische Rassismus und die eurozentrische Überheblichkeit von Teilen der Linken führen dazu, dass linke Kräfte besonders für Menschen mit „Migrationshintergrund“ nicht so attraktiv sind, wie sie es sein könnten.

Der weit reichende Einfluss der „Antideutschen“ ist unter anderem eine Konsequenz der Schwäche anti-imperialistischer Strömungen innerhalb der radikalen Linken. Gleichzeitig wird die die Attraktivität der radikalen Linken durch die Verbreitung der „antideutschen“ Ideologie geschwächt.

Während die antideutsche Linke lediglich die abstrakten Bewegungsgesetze des Kapitals für die Missstände im Kapitalismus verantwortlich macht und daher die personalisierte Kapitalismuskritik und den Klassenkampf ablehnt, ist es beim Mainstream der anti-imperialistischen Linken und der neuen Friedensbewegung – mit einer Reihe von Ausnahmen wie Reiner Braun und Pedram Shahyar – oftmals umgekehrt. Diese Kräfte sehen in Russland und den BRICS-Staaten eine Alternative zum US-Imperialismus. Es stimmt zwar, dass die BRICS ein Gegengewicht zur expansiven NATO-Politik darstellen und in Zukunft durch ein Gleichgewicht der Kräfte den US-Imperialismus eindämmen könnten. Die Kapitalismuskritik der BRICS-Befürworter ist allerdings häufig verkürzt, da sie sich oft auf Bank- und Zinskritik und die Schelte finanzkapitalistischer Spekulationen beschränkt, ohne auch die Ausbeutungsmechanismen des kapitalistischen Systems als Ganzes zu erkennen, die sowohl beim produktiven als auch beim spekulativen Kapital zum Tragen kommen. Sie verschließen oftmals die Augen vor dem russischen und chinesischen Imperialismus sowie den massiven Menschenrechtsverletzungen und dem antidemokratischen Charakter dieser Staaten. Die Bourgeoisie dieser Länder wird als kleineres Übel betrachtet. Die BRICS-Staaten und deren Neue Entwicklungsbank (NED) werden zur Alternative zum Dollar-Imperialismus hochstilisiert, während die Auflösung des Antagonismus zwischen Kapitalist*innen bzw. Staat und Lohnarbeiter*innen bestenfalls in den Hintergrund gerät. Es wird beinahe komplett ausgeblendet, dass eine neue Weltordnung unter der Ägide von China, Russland und Indien lediglich eine Machtverschiebung innerhalb derselben Logik der Kapitalverwertung und keine Befreiung der Unterdrückten bedeuten würde. Daher tragen diese Positionen bis zu einem gewissen Grad auch anti-amerikanische Züge.

Aber nicht nur in Deutschland ist es schwierig öffentliche Intellektuelle oder eine breite soziale Bewegung mit Massenanreiz zu finden, die sowohl emanzipatorisch und fortschrittlich in Bezug auf Kapitalismus- und Imperialismuskritik, Israel/Palästina als auch in Sachen Geflüchtete und Rassismus sind. Der weltweit bekannteste kommunistische Intellektuelle des 21. Jahrhunderts ist der slowenische Philosoph, Kulturkritiker und Theoretiker Slavoj Žižek. Er bildet zwar einen systemkritischen Gegenpol zum liberalen Mainstream und hat wichtige theoretische Werke verfasst, die zum besseren Verständnis des sozio-ökonomischen, politischen und kulturellen Weltgeschehens beitragen. Dennoch sprach er sich zuletzt für die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Geflüchteten aus und hat in ahistorischer und essentialistischer Manier behauptet, dass die Kultur der Asylsuchenden mit westlichen Werten der Menschenrechte nichts gemein hätte. Žižek propagiert zwar den Klassenkampf, aber leider auf Kosten der Geflüchteten, die er auf übertriebene Art und Weise als das „Andere“ brandmarkt. Kulturelle Differenzen von Menschen aus ein- und demselben Kulturraum und Gemeinsamkeiten sowie geteilte Wertevorstellungen von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen werden dabei einfach ausgeblendet. Die Beliebtheit dieser eurozentrischen Popfigur der radikalen Linken ist unter anderem ein Zeugnis ihres aktivistischen und intellektuellen Verfalls, besonders wenn man ihn mit radikalen linken Aktivisten und Intellektuellen des 20. Jahrhunderts vergleicht, wie z. B. Che Guevara, Jean-Paul Sartre, Malcolm X, Frantz Fanon, Antonio Gramsci und Edward Said.

Im Großen und Ganzen ziehen Deutschland und Europa im Vergleich zu den USA wohl den Kürzeren, wenn es um die intellektuelle Dynamik innerhalb der radikalen Linken geht. Die besseren akademischen Berufschancen, die rückschrittlichere politische Landschaft und die stärkeren wirtschaftlichen Zwänge der unteren Klassen in den USA spielen dabei mit Sicherheit eine gewisse Rolle. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie dem britisch-pakistanischen Autor, Filmemacher und Journalisten Tariq Ali sucht man hier jedoch vergeblich nach bekannteren europäischen Aktivist*innen und Intellektuellen mit dem Kaliber von Noam Chomsky, Judith Butler, Cornel West, David Harvey, David Graeber, Naomi Klein oder Fredric Jameson. Dass Englisch als internationale Lingua Franca fungiert, kommt diesen öffentlichen Intellektuellen natürlich zugute und es gibt durchaus auch andernorts Intellektuelle von diesem Schlage, nur dass sie deutlich weniger bekannt sind. Viel eher wird man in Deutschland fündig, wenn man in die Kunst- und Kulturszene schaut. Satiresendungen wie Die Anstalt, Kabarettisten wie Volker Pispers und Musiker wie Konstantin Wecker sind wohl – mit wenigen Ausnahmen wie Jakob Augstein und Sahra Wagenknecht – fortschrittlicher als ihre namhaften Pendants in Presse, Politik und Wissenschaft. Während also das US-Imperium die Welt mit Kriegen übersät, wären amerikanische (und selbst britische) Verhältnisse, was den Zustand der radikalen Linken Intelligenz in Deutschland angeht, sicherlich erstrebenswert.

Bezüglich sozialer Bewegungen, könnte der Westen wiederum von den Erfahrungen des globalen Südens profitieren. Der Arabische Frühling hatte damals die Occupy-Bewegungen in den USA und Europa stark beeinflusst. Wünschenswert wäre es, wenn linksradikale Strukturen den Internationalismus ernster nehmen und sich vermehrt mit den Kämpfen von Bewegungen wie den Zapatistas (Mexiko), den Kräften in Rojava (Syrien) oder den Naxalit*innen (Indien) solidarisieren und vernetzen bzw. sich von ihnen inspirieren lassen würden. Denn letztendlich kann der Kapitalismus nur global überwunden werden. Der Aufbau des Sozialismus in einem Land ist auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt. Insbesondere, wenn er nicht in den wirtschaftlich fortgeschrittenen Industrienationen stattfindet, wie uns die Geschichte des realexistierenden Sozialismus gezeigt hat.
Quelle: https://www.facebook.com/kavehtracks/?fref=ts

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10 Antworten

  1. Kaveh

    Ich glaube, du unterschätzt die globale Hegemonie der USA, einschließlich der der sogenannten Israel-Lobby.

    Die Machthaber der USA beherrschen beinahe die gesamte Welt, und versuchen gegenwärtig auch noch den Rest der Welt unter ihre Kontrolle zu bringen. Wo auch immer in der Welt eine Regierung entsteht, die den USA – oder Israel – nicht genehm ist, versuchen die USA Regime Changes zu organisieren, durch offenen Krieg wie im Irak und in Libyen, durch Unterstützung von den USA genehmen Kräften in demokratischen Strukturen wie in Argentinien und Venezuela, durch das Anzetteln von „bunten Revolutionen“ wie in Georgien oder durch das Anzetteln von Bürgerkrieg wie in Syrien. Um das Ausmaß der Dominanz der USA in der Ära der sogenannten „Pax Americana“ zu erkennen, reicht ein kurzer Blick auf die globalen Daten zu Wirtschaftsleistung und Rüstungsausgaben der USA und ihrer Vasallen im Vergleich zum Rest der Welt. Die von den USA dominierte Militärorganisation NATO postuliert ihr Ziel der Unterjochung der ganzen Welt auch ganz offen, bloß dass sie es offiziell nicht Unterjochung der Welt, sondern globale „Full Spectrum Dominance“ nennt. Je nach Zählweise und Machtindikator (etwa BIP, Militärausgaben, Militärbasen im Ausland, Reichweite der Propaganda) kann man sagen, dass die USA im Jahr 2000 bereits einen Stand von bis zu 90% Dominanz über die Welt erreicht hatten.

    Durch den aufgrund des Widerstandes gegen die US-geführten Kriege gegen Irak und Afghanistan ermöglichten wirtschaftlichen Aufstieg der Volksrepublik China und der BRICS besteht nun eine reelle Chance, die globale Dominanz der USA zu brechen. Das Ziel des gemeinsamen Kampfes der BRICS und ihrer Partner besteht darin, anstatt einer von den USA dominierten Welt eine multipolare Welt zu schaffen, in der die Bevölkerung eines jeden Landes selbst bestimmen kann, welche Staatsform sie gern hätte, beispielsweise real existierenden Sozialismus wie in China, Kuba oder Korea, real existierenden demokratischen Kapitalismus wie in anderen BRICS-Staaten, eine mit demokratischen Elementen angereicherte Theokratie wie im Iran oder was auch immer. Ohne dass der Kampf gegen den US-Imperialismus um eine multipolare Welt gewonnen wird, kann keine real-existierende tragfähige Alternative zum US-Kapitalismus entstehen, nirgendwo auf der Welt, denn sobald in der Ära der US-Hegemonie irgendwo eine Alternative entsteht, wird sie von den USA mit allen Mitteln, einschließlich Angriffskrieg, vernichtet. Darum geht es beim anti-imperialistischen Kampf, um den Menschen in den Staaten der Welt die Chance zu eröffnen, selbst entscheiden zu können, in was für einem politischen System sie leben wollen. Solange die USA die Welt beherrschen, kann es auch kein anti-kapitalistisches System dauerhaft existieren, denn wenn es existiert und funktioniert, wird es von den USA attackiert, was dazu führt, dass die Vorzüge eines anti-kapitalistischen Systems grundsätzlich von der Nebenfolge US-Attacken begleitet sind. Und solange die USA die Welt beherrschen und die Israel-Lobby in den USA so mächtig ist, wie sie ist, wird es auch mit der Befreiung von Palästina schlecht klappen. Selbst wenn die Bevölkerung wie in Gaza den lokalen Kampf gegen das zionistische Besatzerregime gewinnt, so sorgt die von den USA hergestellte militärische Dominanz des zionistischen Besatzungsregimes dafür, dass es der Bevölkerung trotzdem schlecht geht. Verlieren die USA die Herrschaft über die Welt, oder gewinnen wir den Kampf in den USA gegen die Imperialisten und die Israel-Lobby, dann ist die Befreiung nicht nur von Palästina, sondern auch von vielen weiteren Teilen der Welt möglich. Ich hoffe das ist soweit verständlich, und beantwortet die von dir aufgeworfenen Fragen zur, wie es die antideutschen „Neocon-Imperialisten“ nennen, „verkürzten Kapitalismuskritik“ der Anti-Imperialisten, oder dem angeblichen russischen und chinesischen Imperialismus, oder der Sinnhaftigkeit des Vorhabens, den BRICS-Staat Indien durch Unterstützung von Naxaliten zu schwächen.

    1. Bandolero hat die wichtige positive Rolle des Erstarkens der BRICS-Staaten gut analysiert. Gerade in Syrien sieht man, wie notwendig ein auch militärisch starker Gegenpol zum US-Imperialismus ist.
      Kaveh hat keine Alternative zum Aufbau einer multipolaren Welt, der „Klassenkampf“ in einzelnen Ländern wird unter der aktuellen Dominanz des zionistisch geprägten US-Imperialismus keine Chance haben, siehe z.B. Lateinamerika oder arabischer „Frühling“.
      Wir haben keine Alternative zur Unterstützung der Kampfes der BRICS-Staaten zum Brechen der US-imperialistischen Dominanz!

  2. Staiger ist ein Depp!

    Wer Mitbegründer einer eigenen, neuen Jugendkultur mitsamt Label war, die sich durch Musik auszeichnete, die gewaltverherrlichend, materialistisch, frauenfeindlich, homophob, Kriminalität verherrlichend und antisolidarisch („Wir gegen Euch“) war und immer noch ist, kann NICHT links sein. Er hat damit, ganz im Gegenteil, die dunkelste und gierigste Seite des Kapitalismus in vielen jungen Herzen entfacht. Purer Egoismus ohne Rücksicht auf Verluste.

    Ansonsten ist der Artikel recht gut geschrieben.

    Was man vielleicht noch stärker hätte herausarbeiten können, ist die Rolle des Internets mit Blogs, Watch-Blogs etc. die sich die Anti-Deutschen zunutze gemacht haben um die Hegemonie darüber, was „links“ ist, zu erobern. Die Nutzung der neuen Medien wurde nämlich von Seiten der eigentlichen Linken leider versäumt.

    1. „Wer … antisolidarisch („Wir gegen Euch“) war und immer noch ist, kann NICHT links sein“
      Gehen Sie mal nach Leipzig oder Dresden und sagen Sie auf Veranbstaltungen etwas hinterfragendes, kritisches zur Asylproblematik! Mal schauen, was die „solidarischen“ Linken und ihre Prügeltruppe, die Antifa mit Ihnen dann macht!
      Sie denken in Links=gut; rechts = böse Schubladen. Typisch Links.

      1. Hallo Anonym5677,

        Ich möchte Ihnen zustimmen und gleichzeitig widersprechen.

        Ich sehe die gewaltbereiten, eingefahrenen Betonköpfe der Antifa u.a. ebenfalls kritisch. Wer einen offenen politischen Diskurs mit Gewalt verhindern – und andere, abweichende Meinungen unterdrücken will, ist in meinen Augen nicht links, da ich linkssein auch immer mit selbstkritischer Reflektion verbinde.

        Widersprechen würde ich, dass ich in typischen Schubladen denke. Die Afd z.B. ist nicht böse und auch nicht rechtsradikal, sie ist ein Teil unserer Gesellschaft und hat auch in gewissem Maße eine wichtige Funktion. Und das sage ich, obwohl ich in nahezu allen Bereichen der AfD widersprechen würde.

  3. die deutsche ‚Linke‘, gerade die ‚Antideutschen‘, ist ebenso lächerlich wie gemeingefährlich, ganz so wie ihre Naziahnen, gewaltbereite Psychopathen, welche, im ewigen symbolischen Kampf mit ihren Naziahnen verstrickt, praktisch das hegemoniale Projekt eines deutschen Europas mit umsetzen.

  4. Die Analyse selbst ist sicher richtig. Wenn ich die alten Texte von Horkheimer, Marcuse oder Fromm lese, gerate ich unweigerlich in Sentimentalität und Trauer angesichts dessen, dass diese Zeit lange vorbei und außerdem weit vor meiner Geburt war. Aber auch die großen Liberalen sind schon gestorben, die sich als Verbündete immer geeignet hätten, wenn nicht, wie allzu oft geschehen, persönliche Abneigungen und Missverständnisse im Weg stünden: Popper (1994), Rawls (2002) und Rorty (2007). Eine Ausnahme bildet die Auseinandersetzung zwischen Nussbaum, Rawls und Rorty in den 1990ern über Fragen der Grundlagen von Ethik und Staatstheorie, die sowohl fruchtbar als auch freundschaftlich war. Nicht nur die Linken leiden an einem Schwund an Intellektuellen, auch die Liberalen. Das ist nicht minder schade und schädlich für unsere Gesellschaft.

    Doch sterben die Gedanken glücklicherweise nicht mit ihren Urhebern, deswegen kann es gut sein, dass wir bald neue Gesichter sehen werden. Vielleicht gibt es sie auch schon längst, aber wir haben sie nur noch nicht so recht wahrgenommen. Sobald sie da sind, ist eines aber am wichtigsten: keine Schubladen als Mittel der Abgrenzung, keine Anfeindungen, keine unterlassenen Versuche des Verständnisses.

    In diesen Aspekten lehne ich diesen Artikel ab. Es wird in hundert Jahren nicht zu einer starken Linken führen, jeden potenziellen Verbündeten als Gegner zu betrachten. Und wie sollen sich Menschen in dieser Atmosphäre wohlfühlen? Unter solchen Bedingungen entsteht zu wenig Positives. Es wird keine Gleichheit der Sichtweisen und Überzeugungen geben, deswegen sind wir gezwungen, uns auf das Gemeinsame zu konzentrieren und das Verschiedene notfalls beiseite zu legen. Man muss nicht immer einer Meinung sein.

    Wenn gar keine Zusammenarbeit mehr möglich ist, gibt es schließlich eine ganz einfache Lösung: ignorieren. Wie schön wäre es doch, wenn die Linken das endlich lernten!

  5. Erst einmal Danke an Kaveh für diesen wichtigen Beitrag. Dem meisten stimme ich uneingeschränkt zu. Ich würde die Kritik noch pointieren: die „Antideutschen“ und andere unter dem linken Ticket fahrenden Neocons sind Rechtsradikale, Querfrontler mit der rechtsextremen atlantischen Neoconriege. Sie haben mit Emanzipation und Linkssein nicht mehr das Geringste zu tun. Das zeigt sich schon am Schulterschluss eines nicht unerheblichen Teils dieser Fraktion mit den ukrainischen Faschisten. Auch Mussolini war mit seinem Übergang zum fascio kein Linker mehr, und Pilsudski auch nicht. Man sollte sich von diesen braunen im grünen oder roten Tarnfleck radikal trennen.

    Ferner: Natürlich ist es kurzsichtig und illusorisch, Russland oder die BRICS insgesamt zur antiimperialistischen Perspektive zu stilisieren. Die grössten fortschrittlichen Impulse auf gesellschaftlicher Ebene finden sich bei allen Widersprüchen in China, das sich nach wie vor zu einem sozialistischen Gesellschaftsmodell bekennt – wofür die Mehrzahl der europäischen Linken zu feige ist. Bei uns wird schon ein Linker, der die Sozialisierung der Banken vorschlägt, in der Linkspartei abgewatscht, für den Rest des politischen Spektrums gilt er als Extremist. Russland hat eine zwiespältige Rolle. Innergesellschaftlich erlebt es einen Rückgriff auf zaristische Nostalgie und orthodoxe Religiosität. Andererseits sind die Ideale der Oktoberrevolution nicht begraben, geschweige denn unterdrückt und verfolgt wie in der ukrainischen faschistischen Diktatur. Im russischen Fernsehen gibt es sieben Stunden lange Sendungen über Nestor Machno (auch über Budjonny und Denikin), die dortige Geschichtspolitik ist von einer Differenziertheit und Pluralität, wie es sie im Westen in Jahrzehnten nicht gegeben hat.

    Das Schielen auf die Exotik, egal ob Peking, Moskau, Sandinisten oder Chavisten, war immer schon eine der Schwächen der Linken in Deutschland. Russland und die BRICS sind gewiss ein noch schwächerer Rettungsanker. Dennoch ist Antiimperialismus nicht teilbar. Der Sepoy-Aufstand, die Mahdi-Bewegung, gar die Taipingrebellion oder der Boxeraufstand waren keine reifen oder fortschrittlichen Bewegungen (die Taipingrebellion teilweise christlich-barbarisch und der Boxeraufstand stockreaktionär), aber sie waren legitime Auflehnungen gegen imperialistische Verbrechen und verdienten und erhielten (etwa von Marx und Lenin) auch Solidarität. Solche Solidarität verweigern antideutsche und „anarchistische“ (aus dem Kindergarten linksunten) „Linke“ etwa dem Aufstand in der Ostukraine oder der Volksbewegung auf der Krim.

    Antiimperialismus muss kritisch, darf aber nicht beliebig sein. Er kann mit Assad und mit Teheran auf einer Seite stehen, ohne sich mit denen gemein zu machen oder zu identifizieren, aber nicht mit dem Drohnenmörder Obama. Die NATO ist heute die Bedrohung des Weltfriedens und des Überlebens der Menschheit, die der faschistische Block der dreissiger Jahre war. Das heisst nicht, dass es einen Weltkrieg gegen diese mörderische Kraft geben kann oder darf. Geschichte wiederholt sich nicht schematisch. Aber es kommt darauf an, die Kräfte der Demokratie und des Fortschritts gegen die Mordmaschine NATO innerhalb ihrer Länder zu mobilisieren. Dafür sind grüne (grünbraune) und antideutsche Mordkomplizen nicht brauchbar, sie müssen aus einer linken Bewegung entfernt und isoliert werden.

    Der Niedergang der Linken ist leider kein ausschliesslich deutsches Phänomen. Hier war die Linke nie stark. Schlimmer ist das in Frankreich, wo der PC praktisch verschwunden ist und sein Potenzial zu grossen Teilen vom FN absorbiert wurde. Diese Entwicklung, die Vereinnahmung des Protestpotenzials durch rechte Nationalisten, ist erschreckend und beunruhigend. Mit einer Linken, die sich auf Wohlfühlthemen wie Homoehe zurückzieht und rechtsradikale Militaristen und Rassisten in den eigenen Reihen duldet , wird es eine neue linke Volks- und Massenbewegung nicht geben.

  6. Sehr geehrter Herr Kaveh Ahangar,
    bezugnehmend auf Ihren Artikel über den Niedergang DER LINKEN in Deutschland:
    Es ist schon bedauerlich, dass Sie den Einfluss „DER LINKEN“ in Deutschland in Ihrem Artikel dann enden lassen wollen, als die ‚APO‘ 1969 mit Rudi Dutschke gerade ihren Anfang nahm und diese Bewegung das politische System Deutschlands entscheidend ‚modernisierte‘ ebenso wie es alsbald die grüne Partei im Jahr 1979 (‚Deutschland im Herbst‘!) tat oder die von Oskar Lafontaine nach 2000 „links“ angestossene Diskussion um den „Mindestlohn“. So wird Ihr Artikel Ausdruck Ihrer eigenen Biographie, Ihrer eigenen Wahrnehmung, gezeichnet durch diesbezügliches UN-„Wissen“. Großes Defizit Ihres Artikels ist auch das Fehlen dessen, was sie überhaupt als ‚LINKS‘ verstehen wollen oder was sie mit dem Schlagwort „Kommunismus“ begreifen. Für DIE GRÜNEN formulierte es Gründungsvater Herbert Gruhl übergreifend: „Wir sind nicht rechts, wir sind nicht links, wir sind vorne! So müssten Sie weiter auch nicht nur 100 Jahre, sondern eher auf 1000 Jahre westeuropäischer Geschichte und nicht nur die von Deutschland zurückgreifen, um ‚LINKSSEIN‘ überhaupt zu verstehen… Stichwort: Frühsozialismus….
    Ihr Artikel wird so zu einem bewußt verfassten ‚Konvolut‘ mit vielen richtigen „Schlüsselwörtern“, wobei Sie jedoch nicht einmal „linkes Denken“ und linke Parteirealität (auch SPD, KPD, DKP, USPD, SED, MLPD, DS usw.) differenzieren und in der Massendemokratie der BRD zeigen, welche Prozentzahlen „Linke“ Parteien jemals auf sich fokussieren konnten, um „Linkes Denken“ in real-praktische Politik umzusetzen!
    Na denn, Papier ist immer geduldig, zumal wenn man es so dreht, wie es gebraucht wird. Ihr Artikel gibt jedoch wunderbar Anreiz, als Diskussionsgrundlage über ‚LINKS heute‘ genommen zu werden.
    Mit freundlichen Grüßen zur ‚friedlichen‘ Weihnachtszeit
    Nikolaus Götz, Saarbrücken

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