ISIS-Flagge, Terrorstaat, Dschihadisten
ISIS-Flagge

Der Anschlag von Berlin: Totalversagen der Behörden oder Billigung der Tat?

Wie kann es sein, dass der deutsche Staat dieses Jahr knapp 24.000 unschuldige Menschen verhaftete, in Abschiebegewahrsam nahm und abschob, während Anis Amri, der 24-jährige Attentäter von Berlin, problemlos seinen Anschlag vorbereiten konnte, obwohl die Behörden schon länger Bescheid wussten, dass dieser einen tödlichen Anschlag plante?
Die Beweislage ist jedenfalls erdrückend und es gibt keinen ersichtlichen Grund dafür warum Amri nicht vorher schon verhaftet wurde. Dafür kann es nur zwei mögliche Ursachen geben. Ein Totalversagen und grobe Schlampereien der Behörden oder eine stillschweigende Zulassung des Attentats.1 Es ist nach deutschem Recht zwar unzulässig Gefährder präventiv in Gewahrsam zu nehmen, aber laut Aufenthaltsgesetz (§ 62) kann in Abschiebehaft genommen werden, wer „eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eine terroristische Gefahr“ darstellt. Hierfür reicht eine Prognose und es muss keine Verurteilung geben. Ohne gültige Aufenthaltspapiere können Geflüchtete im Extremfall bis zu 18 Monaten in Abschiebehaft verbringen. Amri verbrachte am 30. Juli allerdings nur einen Tag in Abschiebegewahrsam. Die Behörden wussten jedenfalls, dass Amri eine kleinkriminelle Karriere hinter sich hatte; als Jugendlicher in Italien in Haft saß; in einer deutschen Asylunterkunft einen Diebstahl begangen haben soll; Kontakte zu einer radikal-islamistischen Zelle um den Prediger Abu Walaa pflegte; acht unterschiedliche Identitäten nutzte und ständig Wohn- und Aufenthaltsorte wechselte.
Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin beschäftigte sich zwischen Februar und November dieses Jahres mindestens siebenmal mit Amri. Die SZ schreibt heute (29.12) dazu: ‘‘Das Landeskriminalamt in Düsseldorf hielt Amri für einen Salafisten und radikalen Fundamentalisten. Das Polizeipräsidium Dortmund stufte ihn als Sympathisanten des „Islamischen Staates“ ein. Die Behörden wissen sogar, dass Amri im Internet nach Anleitungen für den Bau von Rohrbomben gesucht hat, dass er sich für die chemischen Prozesse interessiert, mit denen man Sprengstoff herstellen kann. Sie wissen von mindestens einem Chat im Februar dieses Jahres. Darin soll sich Amri mutmaßlich als Selbstmordattentäter angeboten haben, höchstwahrscheinlich im Gespräch mit einem IS-Mitglied.‘‘
In der Jungen Welt vom 27.12 steht zudem folgendes: ‘‘Nach Recherchen von „Report München“ waren mindestens zwei V-Männer in dem Netzwerk aktiv, dem er zugeordnet wurde.
ARD-„Brennpunkt“ zitierte dazu am Freitag abend aus Aktenvermerken, eine „Vertrauensperson“ (VP) des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts habe Kontakt zu Amri hergestellt – laut Aktenvermerk bereits Ende 2015: „Im Verlauf der nächsten Tage erklärte Amri, mittels Kriegswaffen (AK 47, Sprengstoff) Anschläge in Deutschland begehen zu wollen“.
Zwischen Februar und März 2016 sei Amri von einem „geheimen Informanten des Verfassungsschutzes“ von Dortmund nach Berlin gefahren worden und soll diesem genau erzählt haben, was er plane. Auch hierzu wurde im „Brennpunkt“ ein Originalvermerk gezeigt: „Er wird durch die VP gefahren und macht Angaben dazu, dass es sein Auftrag sei, im Sinne von Allah zu töten“.‘‘
Dafür, dass Amri sowohl Ausweis als auch Handy im LKW zurückließ und schließlich erschossen wurde, lassen sich genügend Erklärungen finden, die eine Verschwörung zumindest fraglich erscheinen lassen. Warum wurde er aber nicht schon längst festgenommen? Dass das Problem des Terrorismus mit Festnahmen und strengeren Sicherheitsvorkehrungen nicht gelöst werden kann, ist schwer zu bestreiten. Ganz im Gegenteil: Durch Verhaftungen werden nur die Symptome bekämpft und durch verschärfte Sicherheitsmaßnahmen lassen sich keine Anschläge verhindern. Die Wurzeln des Terrors, die der Westen unter anderem mitzuverantworten hat, bleiben dabei unangetastet. Dass aber Behörden und V-Männer so genau über Amris Vorhaben Bescheid wussten, ihn aber nicht verhafteten, ist äußerst seltsam und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, da nach deutscher Gesetzgebung terrorverdächtige Geflüchtete präventiv in Abschiebehaft genommen werden können ohne verurteilt worden zu sein.

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Eine Antwort

  1. Es wirft Fragen auf, dass der Attentäter angeblich Ausweis und Handy am Tatort zurückließ, um dann tagelang über mehrere europäische Länder mit der Bahn nach Italien zu flüchten. Zu diesem Zeitpunkt musste er längst davon ausgehen, von der Polizei gesucht zu werden.

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