Bürgergeld: Eine fatale Debatte

Die Ampelregierung hat sich auf eine Erhöhung von Hartz 4 um 53 Euro auf 502 Euro geeinigt und plant Hartz 4 in Bürgergeld umzubenennen. Sowohl in Medien als auch bei Teilen der Politik, wie auch von Arbeitgebern wird diese Erhöhung als zu hoch kritisiert und die Sorge geäußert: Arbeit könne unattraktiv werden. Die Debatte zeigt dabei sehr deutlich, was falsch läuft im deutschen Diskurs.

„Es sorgt für Demotivation bei denjenigen, die mit einem geringen Gehalt regulär arbeiten. Am unteren Ende verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen regulärer Arbeit und dem Bürgergeld“, erklärt der Präsident des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, gegenüber der Rheinischen Post.

Die Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der CDU, Gitte Connemann , erklärt: „Für Geringverdiener wird reguläre Arbeit unattraktiver – und das bei fast 900.000 unbesetzten Stellen. Es darf nicht der Eindruck entstehen: Wer arbeitet, ist der Dumme. Aber dieses fatale Signal sendet die Ampel.“
Ähnliche Aussagen finden sich auch von weiteren Politikerinnen und Politikern von AfD und Union, sowie Arbeitgeberverbänden und auch Teile der konservativen Presse argumentieren in eine ähnliche Richtung.

Erhöhung zu niedrig

Laut Sozialverbänden ist der neue Satz von 502 auch weiterhin deutlich unter dem was es zum Leben bräuchte. Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier erklärt: „Hier bleiben wir bei unserer Forderung: 650 Euro ab dem 1. Januar und 100 Euro sofort für den Übergang.“ Der Paritätische Wohlfahrtsverband wie auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) haben sogar eine Höhe von 678 Euro berechnet bei der Hartz 4 liegen müsste.

Die Erhöhung von Hartz 4 um etwas mehr als 10% ist angesichts der Lebensmittelpreise um fast 15% und einer noch höheren Inflation bei Gas und Strom gleicht also nicht einmal die Inflation im Bereich des Grundbedarfs aus.

Debatte über Löhne und Superreiche statt die Ärmsten

Die Arbeitgeber, Handwerksverbände wie auch Politik, die in der 50 Euro Erhöhung ein Problem für die Beteiligung am Arbeitsmarkt sehen wollen, täuschen bewusst darüber hinweg, dass das Problem die niedrigen Löhne sind, die auch im Handwerk, trotz sehr voller Auftragsbücher, gezahlt werden. Die Antwort auf die vermeintlich vorgetragene Sorge, wären höhere Löhne und nicht das Treten nach unten.

Das die gleichen Akteure sich über eine Erhöhung von 50 Euro empören, aber zu den immensen Vermögenssteigerung der Superreichen schweigen, sehr sehr deutlich, dass ihre Antwort auf aktuelle Probleme Sozialchauvinismus und nicht der Einsatz für eine gerechtere Gesellschaft, die man durch Umverteilung und höhere Löhne erreichen könnte. Das aber eine eben solche Debatte nicht geführt wird, sondern nur nach unten getretten wird, zeigt was an der deutschen Debattenkultur falsch läuft.

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