Es war einmal ein Land, dann war es nicht mehr… Wenn Danijela Plilic auf einer Party gefragt wird woher sie kommt, lautet die Antwort ganz eindeutig: Jugoslawien – von „Ehemaliges“ keine Spur. Denn das ist das Land, in dem sie Anfang der Siebzigerjahre geboren wurde und aufwuchs und „was daraus wurde, ist nicht das, woher ich kam“. Im Alter von zehn Jahren zog sie mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder von Split nach München. Auf ihrem weiteren Lebensweg sammelte sie immer mehr „Koordinaten“, an denen sie sich zeitweise niederließ, doch ihre Wurzeln blieben gleich.
Sind ihre „Ursprungskoordinaten“ für den Gesprächspartner zufriedenstellend geklärt – was meist erst dann der Fall ist, wenn sie sagt: „Mutter Serbin, Vater Kroate“ – kommt meist die unweigerliche Frage: „Was ist da eigentlich auf dem Balkan los? Erklär doch mal…“ Dass der Zerfall ihrer Heimat kein belangloses Partythema ist und nicht in zwei Sätzen zusammengefasst werden kann, kommt den wenigsten in den Sinn. In ihrem Buch „Sommer vorm Balkan“ jedoch malt Danijela Pilic ein facettenreiches Bild von der Geschichte ihres ersten Zuhauses, seiner Kultur und seiner Seele. Das tut sie auf sehr lebendige, sympathische und lebensnahe Art und Weise. Komplex und doch kurzweilig vermischt sie Erzählungen über historische Ereignisse, bekannte und weniger bekannte Personen und ihre eigene Familie und schafft so ein lückenloses Bild von ihrem Jugoslawien. Sie schreibt über Bräuche, Sprichwörter, die Eigenheiten der Sprache und erklärt, wieso das Meer und der Wind Teil ihres Glücks sind. Dabei spart sie nicht an wichtigen Weisheiten wie „Knoblauch halte ich für allmächtig“, „Tod dem Faschismus kann man nicht früh genug brüllen“ oder auch „Zugluft ist das schlimmste und gefährlichste aller Übel“.
Auch wenn ihre Perspektive durch und durch subjektiv gewählt ist verzichtet Sie auf emotionale Schuldzuweisungen, wie sie seit dem Krieg der neunziger Jahren so oft zwischen „Serben“, „Kroaten“, „Bosniern“ und „Slowenen“ herrschen. Sie sieht sich selbst immer auf der Seite des Friedens – sie schreibt: „Von mir aus hätte jedes Kuhkaff in Jugoslawien sein eigenes Königreich ausrufen können, wenn es dabei friedlich vorgegangen wäre“. Bei ihrer Beschreibung des Krieges geht Danijela Pilic auf die Rollen westlicher Politiker und der NATO ein, was sicherlich von dem abweicht, was viele Europäer gerne hören möchten. Sie sucht die Schuld für das Geschehene aber nicht nur außerhalb Jugoslawiens – im Gegenteil. Sie wiederholt mehrfach in ihrem Buch, „dass wir schuld sind. Wir alle…“ Und ich persönlich gehe davon aus, dass sie mit „alle“ tatsächlich alle meint, denn sie schreibt weiter: „…Selbst die Guten, die sich nicht gegen die Schlechten durchsetzen konnten. Der Mensch ist des Menschen Wolf. So sagt man auch bei uns.“
„Sommer vorm Balkan. Mein Leben zwischen Alpen und Adria“ ist eine autobiografische Geschichte, die es schafft, mit viel Gefühl, Ironie und einer großen Portion Charisma, Einblick in einen Teil europäischer Geschichte zu geben, der vielen Menschen in seiner Tragweite und Tragik nicht bewusst ist. Gleichzeitig öffnet das Buch ein Fenster zu einer Kultur, die von Leidenschaft, Lautstärke, Übertreibungen und viel – sehr viel – Essen lebt.
Als Freundin eines Deutschen, dessen Vater halb Serbe halb Ungar und dessen Mutter Kroatin ist (also beide Jugoslawen) hatte ich große Freude daran, dieses Buch zu lesen. Ich musste sehr oft lachen und habe Vieles wiedererkannt, was ich aus der Familie meines Freundes kenne (vor allem was die Versorgung von Gästen mit Essen angeht). Ich habe aber auch viel gelernt und sehe nun einiges mit anderen Augen. Ich empfehle das Buch jedem, der mehr über die Geschichte, Kultur und das Lebensgefühl der Südslawen erfahren möchte – und jedem, der schon einmal auf einer Party gesagt hat: „Ach, du kommst aus dem ehemaligen Jugoslawien? Erklär mir doch mal, warum das Land auseinander fiel.“
„Sommer vorm Balkan. Mein Leben zwischen Alpen und Adria“ kann hier bestellt werden!
Eine Antwort
Zu dem Reich oder Arm-Thema:
Jeder, der mehr als 1milion€ besitzt,
Sollte, müßte den Betrag in mg Salz
Täglich essen ! (15mil.€ Besitz , hieße
täglich 15 g Salz essen zu „müssen“ )
…Gier kann tödlich sein……
‚fan M1er+ 12sept.2015