Das Coronavirus verbreitet sich weiter in Deutschland und macht auch vor Flüchtlingsunterkünften nicht halt. In den Massenunterkünften, in denen hunderte Flüchtlinge auf kleinem Raum untergebracht sind, herrscht ebenfalls eine große Verunsicherung. Bewohnerinnen, Bewohner, Sicherheitskräfte und das Betreuungspersonal stehen vor der Frage, wie mit dem Coronavirus umzugehen ist.
Wie der MDR am 15.03.2020 berichtete, stehe eine Erstaufnahmeeinrichtung im thüringischen Suhl mit 533 Menschen bereits unter Quarantäne, weil ein Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Zusätzlich bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums gegenüber dem ND am 18.03.2020 13 Coronainfektionen in sechs Flüchtlingsunterkünften in vier Bundesländern. Außerdem gebe es 31 weitere Verdachtsfälle von Infektionen an vier Standorten in drei Bundesländern.
Gerade in Massenunterkünften kann sich das Virus gut verbreiten. Die Menschen leben oft eng beieinander und teilen sich sogar häufig ein Zimmer zu mehreren Personen. Die Verpflegung findet in großen Kantinen statt. Die medizinische Versorgung sowie die hygienischen Bedingungen sind zusätzlich häufig schwierig, das Reinigungspersonal ist sowieso schon überlastet.
Doch die Unterbringungseinrichtungen reagieren bereits auf das erhöhte Infektionsrisiko mit verschiedenen Maßnahmen. In einem Gespräch berichtete eine Betreuungsmitarbeiterin einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Nordrhein-Westfalen, in der aktuell circa 200 Personen untergebracht sind, dass beispielsweise versucht wird die Verpflegung in der Kantine zu verteilen. So dürfen sich nur noch höchstens 30 Personen in der Kantine aufhalten. Die Verpflegung wurde Flurweise aufgeteilt. Den Menschen bleibt jedoch nur noch 20 Minuten, bis die nächste Gruppe an der Reihe ist. Außerdem wurden in der Einrichtung die Schulen und die Kita geschlossen. Sozialangebote wie eine Disko, die Bücherei oder Tischtennisturniere finden ebenfalls nicht mehr statt. Beratungsgespräche bei der zuständigen Bezirksregierung und der Asylverfahrensberatung finden nur noch eingeschränkt und in wichtigen Fällen statt. Auch leere Zimmer sind nach Angaben der Mitarbeiterin nun geöffnet worden, um auch hier die Belegung zu entzerren und die Einhaltung des Sicherheitsabstandes zu ermöglichen. „Die Bewohnerinnen und Bewohner meiden von sich aus die Kontakte und verbringen die meiste Zeit in ihren Zimmern“, so die Mitarbeiterin. Auch das Empfangen von Besuchen in den Einrichtungen ist den Bewohnerinnen und Bewohnern derzeit nicht gestattet. Allgemeine Besuchsverbote in den Unterkünften sind jedoch fraglich, solange es noch keine allgemeinen Kontaktsperren und Ausgangsverbote gibt, die für alle gelten.
Fraglich ist zudem, ob die Maßnahmen wirklich ausreichend sind. So könnten die Bundesländer zusätzlich gemeinsam mit den Kommunen die Anzahl der Menschen in den Unterkünften reduzieren, indem sie freie Kapazitäten wie Wohnräume, Hostels und Hotels einbeziehen. Außerdem sollten besonders gefährdete Personen (Risikogruppen) schnellstmöglich aus den Unterkünften dezentral untergebracht werden. Sollten in Unterkünften Bewohnerinnen und Bewohner positiv getestet worden sein, so sollten die nicht Betroffenen schnellstmöglich verlegt werden, um so eine angemessene Betreuung der Erkrankten in der Einrichtung zu gewährleisten.
Die fehlende Schulpflicht für Kinder und Jugendliche in Massenunterkünften ist nicht nur in Zeiten des Coronavirus problematisch. Aber da jetzt auch die wenigen Bildungsangebote eingestellt wurden, haben die Kinder und Jugendlichen noch weniger Zugänge zur schulischen Bildung und werden für eine noch längere Zeit von Bildungsangeboten ausgeschlossen. Aufgrund der fehlenden technischen Ausstattung, des schlechten Internetzugangs und der sprachlichen Barrieren, stehen den Betroffenen die Online-Bildungsangebote nur sehr eingeschränkt zur Verfügung.
Nicht nur die Flüchtlinge in den Massenunterkünften sollten durch diese Maßnahmen geschützt werden, sondern auch das Personal muss durch entsprechende Maßnahmen umfänglich geschützt werden.