Am vergangenen Sonntag gingen allein in São Paulo nach Schätzungen der Behörden über eine Millionen Menschen auf die Straße. Grund für die Proteste: Der Korruptionsskandal rund um den staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobas.
Laut der NZZ dominierten gestern die Nationalfarben Gelb, Blau und Grün die Avenida Paulista in São Paolo. Schilder mit Parolen wie „Amtshebung jetzt – KorruPTe raus!“ oder „Brasilien wird kein zweites Kuba“ waren zu sehen. Der Protest gilt der Arbeiterpartei PT, die in den Korruptionsskandal verwickelt ist. In dem geht es darum, dass laut der Anklage der brasilianischen Staatsanwaltschaft sechs große brasilianische Baufirmen zusammen mit Managern und Politikern überteuerte Bauverträge mit Petrobas abschlossen, zum Beispiel für Raffinerien und für Schiffe. Von dem Geld soll der Wahlkamp verschiedener Parteien, darunter auch die regierende Arbeiterpartei PT, finanziert worden sein. Die aktuelle Staatspräsidentin Dilma Rousseff beteuert zwar, nichts von der Korruption gewusst zu haben. Sie war jedoch zwischen 2003 und 2010 Aufsichtsratchefin des halbstaatlichen Unternehmens. In einer Zeit, in der schon Gelder flossen. Drei von Vier Brasilianer glauben daher laut eine Umfrage vom Februar, dass sie von der Korruption wusste.
„Weg mit der Präsidentin“
723 Millionen Dollar Schmiergeld konnte nachgewiesen werden. Der tatsächliche Wert dürfte deutlich höher liegen. Es wurden bisher nur die Personen angeklagt, die nicht den Sonderstatus eines Politikers innehaben. Doch das könnte sich bald ändern: Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot beantragte Ermittlungen gegen 54 weitere Personen, darunter hochrangige Politiker.
Währenddessen rufen die Demonstranten in ganz Brasilien „Fora Dilma“, was so viel bedeutet wie „Weg mit der Präsidentin“. Brasilien kommt nicht zur Ruhe. Nach den Krawallen und den Straßenschlachten 2013 sind es nun konkrete Forderungen, die die Demonstranten stellen. Doch viele Regierungskritiker sind sich einig: So einfach ist das nicht. Zuerst müssten Rousseff kriminelle Machenschaften nachgewiesen werden. Außerdem müsste eine Zwei-Drittel Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat erreicht werden. Beides scheint aktuell unerreichbar.