4,8 Prozent mehr Gehalt hatte die IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) für die Beschäftigten in der Chemieindustrie gefordert und gleichzeitig zu Warnstreiks aufgerufen an denen sich 100.000 GewerkschafterInnen beteiligten. Sie hatte damit ein Zeichen gesetzt und sogar die Drohung des ersten Streiks seit 44 Jahren stand im Raum. Der aktuelle Tarifabschluss zeigt allerdings das Einknicken vor den Arbeitgebern, auch wenn es den Beschäftigten als Sieg verkauft wird.
Die Forderungen der Gewerkschaft und die der Arbeitgeber zeigten ungewöhnlich große Unterschiede für den Chemiebereich, während die Gewerkschaft 4,8 Prozent Lohnsteigerung für 12 Monate forderte, wollten die Arbeitgeber die Entgelte nach zwei Leermonaten für fünfzehn Monate um 1,6 Prozent erhöhen. Das Ergebnis hat allerdings wenig mit einem Kompromiss zu tun, obwohl die Zahlen auf den ersten Blick so wirken: 2,8 Prozent mehr bei 17 Monaten laufzeit, die in zwei Monaten eintreten soll. Real bedeuten 2,8 Prozent Erhöhung ab dem dritten Monat bei anschließenden 17 Monaten Laufzeit eine Erhöhung von 2,5 Prozent pro Monat was bei der Laufzeit nur einen Unterschied von weniger als einem halben Prozent zu dem von den Arbeitgebern angebotenen 1,6 Prozent auf 15 Monate, darstellt.
Kein Sieg der Gewerkschaft
Nach der Unterzeichnung des Abschlusses verkündetet der Vorsitzende der Chemiegewerkschaft, Michael Vassiliadis: „Wir haben in der chemischen Industrie wieder einmal gezeigt, dass eine starke Gewerkschaft tragfähige Ergebnisse für die Beschäftigten erzielt.“ Im Anschluss erklärte er noch „die Sozialpartnerschaft in der Chemie ist stark, das zeigt sich heute erneut.“ Mit zweiterem dürfte er dabei vollkommen Recht haben, das Ergebnis zeigt die Stärke der Sozialpartnerschaft, die über die Streikbereitschaft der Beschäftigten hinweg sieht und ein solches Angebot akzeptiert. Von einem tragfähigen oder sogar guten Ergebnis kann allerdings keine Rede sein, es wäre deutlich mehr drin gewesen, wenn die Gewerkschaft tatsächlich gestreikt und die KollegInnen somit ihre wirtschaftliche Macht unter Beweis gestellt hätten, die grade in einer solch starken Branche wie der Chemieindustrie enorm ist. Die IG BCE täte gut daran bei ihren europäischen Schwesterorganisationen zu schauen, die durch mutige Streiks deutlich höhere Ergebnisse erzielen oder auch von anderen deutschen Gewerkschaften, die durch entschiedene Streiks gute Ergebnisse erzielen und ihre Mitgliederzahlen steigern konnten.
9 Antworten
Die geforderten 4,8 % waren ohnehin jenseits von gut und böse!
Ich bin selbständiger Handwerksmeister und meine Leute bekommen für 2015 eine monatliche Erhöhung von € 30,00 als psychologischen Trost.
Denn ich bin kein Bergbaubetrieb, wir leben vom Kundendienst und wenn ich, um beim Beispiel zu bleiben, meine Preise um 4,8 oder 3 % erhöhe, bin ich schnell weg vom Fenster.
Soll heißen: Viele Aufträge gehen dann verloren.
Blödsinn, die Chemieindustrie mit Milliarden Gewinne mit einem Handwerksbetrieb zu vergleichen .
@ Sugar
Hierbei geht es ums Prinzip!
Wohin soll das denn führen, wenn Löhne und Gehäter dann immer weiter auseinander klaffen?
Zudem: die Milliardengewinne in diesem Jahr können bereits im nächsten Jahr durch Milliardenverluste abgelöst werden. Sind Sie dann auch so fix, die Löhne und Gehälter um den gleichen Betrag zu kürzen? Schon mal was von Vorsorge und internationalem Wettbewerb gehört?
Mann muss kein Hellseher sein wohin das noch führt-Banken werden saniert Aktionäre bekommen fürs Nichtstun Geld – Politiker bereichern sich – und die Gewerkschaften sind keine Arbeitnehmervertretern mehr – aber eines weis ich genau , wenn das soweitergeht wird es in Deutschland bald Französische Verhältnisse geben – dann stehen in Deutschland alle Räder still…,
@ Hans Epple
Seit wann ist das Einstreichen zu versteuernder Zinsen (oder Dividenden bei Aktien) leistungsloses Einkommen?
Das ist doch ein reines anarchistisches Wirtschaftsverständnis.
Gut, dann kriminalisieren Sie halt den Kauf von Aktien aus Ersparnissen! Dann kauft eben keiner mehr Anteile an den Betrieben, womit den Aktiengesellschaften die Finanzierung, quasi das Blut, ausgeht.
Ist es das, was Sie anstreben? Und was machen dann die Sparer, wenn eine Beteiligung am Produktivkapital nicht mehr gewünscht wird?
Die Sparer gehen in ein Land, wo Marktwirtschaft und nicht die Neuauflage des Sozialismus auf der Agenda stehen! Ganz abgesehen davon, dass, wenn der Aktienmarkt wegfiele, die Betriebe in wenigen Jahren entweder pleite sind, oder von ausländischen AG aufgekauft werden.
Apropo aufkaufen! Wie soll denn aufgekauft werden, wenn es keine Aktien mehr gibt?
Glauben Sie den Stuss, den Sie da schreiben tatsächlich?
In diesem Land herrscht das Kapital und nichts anderes. Wir haben in diesem Land Lohnstückkosten, die in keiner Weise mhr gerechtfertigt sind. Wir bekommen seit Jahrzehnten ein Drohszenario nach dem anderen vorgesetzt. Erst waren es die Japaner, dann die Korenaer, nun die Chinesen. Alles Blödsinn!!!
Wir machen mit dieser Lohnenthaltungspolitik den eurpoäischen Markt kaputt, nichts anderes. Wo werden denn die deutschen Produkte verkauft? Wer ist denn immer wieder Exportweltmeister? Wo bleibt denn der Binnenmarkt? Wie alt ist das deutsche Durchschnittsauto 2015? Und wie alt war es vor 25 Jahren?
Wir brauchen eine Inflation in den EURO-Ländern, die angepasst ist – nur dann kann der EURO bestehen. Wenn 2% Inflation, dann alle und nicht Deutschland nur 0,9%. Das passt hinten und vorne nicht und das schon seit mehr als 10 Jahren.
Die Industrie hat soviel Kapital angehäuft (die zahlen ja auch praktisch keine Steuer und die Umweltauflagen zahlt im Großen und Ganzen auch nur der Bürger), die brauchen gar keine Banken und Kredite mehr, die sind ihre eigene Bank.
Es läuft gewaltig was schief und die Mehrheit wählt immer wieder das Merkel – wo soll das enden?
@ Silbador
Wer redet denn Stuss? Gilt das mir? Ist auch egal, irgeneiner wird schon gemeint sein.
Aber zur Sache: es gibt keine „deutschen Produkte“. Wenn Sie einen Audi kaufen, egal welchen, dann kommen die Teile, auch die Motoren, überwiegend aus Ungarn. Bei anderen Produkten ist es ähnlich. Das nennt man Mischkalkulation und das sichert Arbeitsplätze. Denn sonst würden deutsche Produkte, nicht immer, aber immer öfter, von preiswerteren Herstellern weltweit verdrängt.
Das nennt man Globalisierung und wurde von Gewerkschaften und Linken aller Reußen beklatscht. Mittlerweile beklagen diese gleichen Leute die Folgen ihres eigenen Tuns und wollen vergessen machen, das sie selbst genau das gewollt hatten. Aber eben nicht verstanden hatten.
Und genau deswegen bin ich aus dieser Gewerkschaft ausgetreten…. Und habe mir somit meine eigene Lohnerhöhung gemacht….
Streiken tun die sowieso niemals uns die Ergebnisse sind immer unterirdisch….
Auch wenns drauf ankommt hilft dir jede Rechtsschutzversicherung mehr wie die Gewerkschaft…
In diesem Sinne
Weiterhin gutes Gelingen
Lieber Herr Jamal,
Leider ist Ihnen bereits am Anfang des Berichts ein kleiner, wenn nicht unbedeutender Fehler unterlaufen, denn ich wüsste nicht, dass zu Warnstreiks aufgerufen wurde und ich weiß auch nichts, davon, dass sich daran 100.000 Mitarbeiter beteiligt hätten. Richtig ist, dass 100.000 Menschen auf der Straße waren um für eine Mehrung des Entgelts zu demonstrieren. Bei einem Warnstreik handelt es sich um die Niederlegung der Arbeit für einen kurzen Zeitraum. Dazu kam es nicht.
Ebenso gilt die Erhöhung nicht flächendeckend ab dem 3. Monat, sondern beinhaltet eine Leermonat.
Außerdem fehlt bei der Darstellung der Forderung des weiteren Ausbaus der Demografiebeiträge, der sich nun von 338€ über 500€ zu einem Arbeitgeberseitigen Beitrag von 750€ steigert.
Ich persönlich Beurteile diesen Abschluss auch nicht als gut, da hätte man schon noch was machen können, aber wenn man Meinung machen möchte sollte dies schon auf einer solide recherchierten Grundlage stehen, bei der alle Fakten richtig auf dem Tisch liegen.