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Wird Donald Trump am 3. November endlich abgewählt?

Am 3. November 2020 wird in den USA darüber abgestimmt, ob der Republikaner Donald Trump Präsident bleibt oder durch den Herausforderer Joe Biden von der Demokratischen Partei abgelöst wird. Oliver Völckers beschreibt Hintergründe und Perspektiven.

Das Jahr 2020 begann vielversprechend: Der populäre Sozialist Bernie Sanders hatte am 3., 11. und 22. Februar alle drei ersten Vorwahlen der Demokratischen Partei in Iowa, New Hampshire und Nevada für sich entschieden. So etwas hatte es in der Geschichte der USA noch nie gegeben. Bernie Sanders wurde zum Favoriten. Seine Kampagne mobilisierte Hunderttausende Aktivistinnen und Aktivisten weltweit. Sanders Wahlkampfkasse bekam über zehn Millionen US-Dollar monatlich von Kleinspendern, Durchschnittsbetrag 18 Dollar; von Millionärinnen und Millionären nahm er nichts.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten bekam die US-Öffentlichkeit vermeintlich radikale Forderungen zu hören, die offensichtlich von einer Mehrheit unterstützt wurden: Allgemeine Krankenversicherung, 15 Dollar Mindestlohn, gebührenfreies Studium, Green New Deal, Reform der rassistischen Polizei- und Gefängnisstrukturen, Freigabe von Marihuana. Als einziger Kandidat der Demokratischen Partei konnte Bernie Sanders im Wochentakt Tausende begeisterter Anhängerinnen und Anhänger zu Kundgebungen bewegen. Angesichts der Dynamik dieser Massenbewegung und der Schwäche der vielen blassen Gegenkandidatinnen und Gegenkandidaten schien im Februar klar, dass Bernie Sanders gegen Donald Trump aufgestellt werden und diesen besiegen würde. Doch es kam anders.

Am 29. Februar gewann Joe Biden den vergleichsweise unwichtigen Südstaat South Carolina. Als ehemaliger Vizepräsident unter Barack Obama genoss er einen hohen Bekanntheitsgrad unter den dort entscheidenden Afroamerikanerinnen und Afroamerikanern. Seine dreiste und plumpe Wahlkampflüge, er hätte gemeinsam mit Nelson Mandela gegen die Apartheid protestiert, blieb in der Öffentlichkeit unwidersprochen. Fernsehen, Zeitungen, auch Bernie Sanders schwiegen dazu. Der bei Wahlkämpfen chronisch erfolglose Biden hatte mit South Carolina zum ersten Mal einen Bundesstaat bei Vorwahlen gewonnen. Prompt feierten ihn die Massenmedien einhellig als großen Überraschungssieger.

Super Tuesday

Hinter den Kulissen heckte die Parteiführung der Demokratischen Partei ein brillantes, bösartiges Manöver aus: Sämtliche Konkurrenten von Joe Biden wurden massiv unter Druck gesetzt. Alle zogen nacheinander ihre Kandidaturen zurück und riefen stattdessen zur Wahl von Joe Biden gegen Bernie Sanders auf: Pete Buttigieg, Amy Klobuchar, Tom Steyer, Andrew Yang, Michael Bloomberg, Elizabeth Warren und zuletzt noch Tulsi Gabbard. Dieses Manöver begann rechtzeitig vor dem sogenannten Super Tuesday am 3. März, an dem fünfzehn Bundesstaaten gleichzeitig wählten. Am Super Tuesday wurde dann Joe Biden nach fragwürdigen Auszählungen als großer Sieger präsentiert, obwohl es einen Gleichstand mit Bernie Sanders gab. Dabei wurde Sanders’ überwältigender Wahlsieg im riesigen Staat Kalifornien einfach verschwiegen, indem die Stimmenauszählung mehr als eine Woche verzögert wurde. Die offensichtlichen Manipulationen, der völlig überraschende Ausfall aller Gegenkandidatinnen und Gegenkandidaten außer Biden zusammen mit einer einseitigen Berichterstattung demoralisierten die zuerst so starke Bernie-Kampagne.

Ein Beispiel für die betrügerischen Tricks des Establishments der Demokratischen Partei ist die Zuordnung der Parteitags-Delegierten: Im Bundesstaat Iowa holte Bernie Sanders 26,5 Prozent der Stimmen, der zweitplatzierte Pete Buttigieg 25,1 Prozent und Joe Biden nur 13,7 Prozent. Dafür bekam Sanders neun Delegierte, Buttigieg zwölf und Joe Biden 14! Solche „Wahlergebnisse” sind eine Schande für eine Demokratie und die Medien hätten Alarm schlagen müssen. Doch sie schwiegen, in den USA ebenso wie in Deutschland.

Anfang März breitete sich dann das Coronavirus auch in den USA aus. Öffentliche Versammlungen, ein zentrales Element der Bernie-Kampagne, gerieten zum Gesundheitsrisiko und mussten aufgegeben werden. Der Unterschied zwischen dem populären Bernie Sanders und dem langweiligen Joe Biden wurde ohne Großveranstaltungen unsichtbar. Schlimmer noch: Bei den folgenden Vorwahlen rief die Biden-Kampagne ungerührt dazu auf, persönlich ins Wahllokal zu kommen, obwohl dies eine Infektionsgefahr darstellte. Gleichzeitig blockierte sie Briefwahloptionen und weigerte sich, für genügend sichere Wahllokale zu sorgen. Bernie Sanders geriet in einen Zwiespalt: Durfte er seine Unterstützerinnen und Unterstützer in Gefahr bringen? Er entschied sich für die anständige Antwort und rief dazu auf, nur dort persönlich zu wählen, wo es sicher wäre. Es gibt Schätzungen, wonach die skrupellose Methode der Biden-Kampagne im Staat Michigan durch Corona-Ansteckungen in Wahllokalen zu Hunderten von Toten geführt hat.

Joe Biden wird zum Sieger erklärt

In den Folgemonaten porträtierten die Massenmedien einhellig Joe Biden als einzigen Kandidaten mit Chancen gegen Trump, Bernie Sanders dagegen als hoffnungslosen Verlierer. Da zu den Hochzeiten der Corona Massenveranstaltungen unmöglich waren, blieb dieser Eindruck unwidersprochen. Auch wurde es unmöglich, die Wahlergebnisse, die vom Partei-Establishment verkündet wurden, unabhängig zu kontrollieren. Merkwürdig war es schon, dass Joe Biden Staaten wie Michigan oder Washington gewonnen haben wollte, ohne eine Schar von aktiven Unterstützerinnen und Unterstütztern vor Ort zu haben. Auf diese Weise wurde Joe Biden zum Präsidentschaftskandidaten gekürt, ohne eine nennenswerte Kampagne geführt zu haben. Niemand kann sagen, wofür er eigentlich steht. Er fordert nicht einmal eine Allgemeine Krankenversicherung und hat im Gegenteil versprochen, eine solche zu blockieren. Sein entscheidendes Argument lautet, dass er nicht Donald Trump ist.

Die Bernie-Kampagne und die progressiven Aktivistinnen und Aktivisten waren damit weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden, abgesehen von den Black-Lives-Matter-Protesten nach der Ermordung George Floyds am 25. Mai. Denkmäler von Südstaaten-Generälen, von Sklavenhändlern und von Christoph Columbus wurden gestürzt. In Seattle wurde ein ganzer Stadtteil besetzt, in vielen Städten gab es wie in Portland, Oregon, schwere Unruhen nach rassistischen Polizeiübergriffen.

Der katastrophale Umgang der Trump-Regierung mit der Corona-Pandemie hat über 225.000 Tote gefordert. Das sind für die USA mehr Opfer als die des 1. Weltkrieges, es könnte ein Promille der Bevölkerung werden. Im Juni stieg die Arbeitslosigkeit auf über 30 Millionen, eine unglaubliche Zahl. Zusätzlich haben die exorbitanten Kosten für medizinische Behandlungen Hunderttausende finanziell ruiniert. Ein Viertel aller Mieterinnen und Mieter kann ihre Miete durch die coronabedingte Wirtschaftskrise nicht mehr zahlen, außerdem sind ein Viertel aller Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer mit ihren Kreditraten im Verzug. Die Atmosphäre ist daher aggressiv wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Trotz der Verarmung weiter Bevölkerungsteile und sogar Hunger bei Schulkindern genießt Trump weiter große Unterstützung – vor allem bei den milliardenschweren Oligarchen, die von den Steuerbefreiungen für Milliardäre und der Bekämpfung gewerkschaftlicher Rechte profitieren. Dazu gehören etwa der Amazon-Gründer Jeff Bezos, der auch mit CIA und NSA groß im Geschäft ist. Oder der ebenfalls milliardenschwere PayPal-Gründer und Trump-Anhänger Peter Thiel, dessen Firma Palantir gigantische Mengen privater Daten auswertet, um unter anderem Einfluss auf Wahlen und soziale Netzwerke zu nehmen. Ebenso Charles Koch, ein fossiler Kapitalist, der die Erde verbrennen lässt, solange er nur daran verdient. Koch bezahlte den Kongressabgeordneten Mike Pompeo als Lobbyisten, bevor dieser erst CIA-Direktor und dann Trumps Außenminister wurde. Die Milliardäre haben ihren Reichtum unter Trumps Regierung kräftig steigern können.

Der Kampf um die Wahlbeteiligung

Von den Mainstream-Medien weitgehend unbemerkt konzentrierte sich die linke Opposition darauf, in lokalen Wahlkämpfen progressive Abgeordnete wie Ilhan Omar oder Alexandria Ocasio-Cortez (AOC) zu unterstützen. Parallel zur Präsidentschaftswahl finden nämlich nicht nur zahlreiche Wahlen für Gouverneurs- und Bürgermeisterposten statt, sondern auch die zwei Kammern des Parlaments (Kongresses) werden neu gewählt. Alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses werden neu besetzt, ebenso 35 der 100 Senatsposten.

Im Repräsentantenhaus haben die Demokraten eine Mehrheit und werden diese voraussichtlich behalten. Im Senat hingegen haben die Republikaner zwar die Mehrheit, aber 23 der 35 neu zu wählenden Sitze gehören zur Republikanischen Partei. Sollte es der Demokratischen Partei gelingen, auch nur vier Senatssitze hinzuzugewinnen, oder drei plus die Präsidentschaft, dann würde die Senatsmehrheit kippen. In dem Fall wären die Republikaner weitgehend machtlos und Joe Biden hätte beide Kammern des Kongresses hinter sich. Oder, falls Donald Trump dennoch gewählt werden würde, was möglich ist, müsste er sowohl gegen das Repräsentantenhaus als auch gegen den Senat regieren. Es steht also viel auf dem Spiel.

Donald Trump hat früh verstanden und öffentlich eingeräumt, dass er die Wahl verlieren würde, wenn tatsächlich alle Wahlberechtigten zur Wahl gingen. Deshalb konzentriert er sich darauf, möglichst viele Demokraten von der Stimmabgabe abzuhalten. Dabei geht er genauso vor wie Joe Biden gegen Bernie Sanders: Zunächst werden in den Wahlregistern zweideutige Einträge aus dem Milieu von Oppositionellen gestrichen. Auch die Zahl der Wahllokale wird drastisch reduziert, natürlich nicht überall, sondern nur dort, wo die „falschen“ Leute wohnen – in mehrheitlich von People of Color bewohnten Gegenden, in den tendenziell eher Demokraten gewählt werden. Um Briefwahlen zu behindern, werden die entsprechenden Informationen und Formulare nur selektiv ausgegeben. Donald Trump war so dreist, in oppositionellen Bezirken Briefsortiermaschinen der Post zerstören zu lassen und Briefkästen abzubauen.

Wahlbehinderungen haben Tradition in den USA und werden dadurch erleichtert, dass sich beide Parteien ihrer bedienen und weil es keine Einwohnermeldeämter oder Personalausweise gibt. Ein Beispiel von vielen: Bei 16 Prozent aller weißen Wählerinnen und Wähler weichen die Angaben in der als Ausweisersatz genutzten Fahrerlaubnis vom Eintrag ins Wählerverzeichnis ab. Bei Afroamerikanerinnen und Afroamerikanern gilt das jedoch durchschnittlich für 37 Prozent. Wer diese Angaben besonders streng kontrolliert, kann also gezielt Afroamerikanerinnen und Afroamerikanern, die mehrheitlich die Demokratische Partei wählen, von der Stimmabgabe ausschließen. Mitunter werden Afroamerikaner wegen angeblichem „Wahlbetrug” aus solchen Anlässen sogar zu Gefängnisstrafen verurteilt. Das ist natürlich purer Rassismus und dient der Einschüchterung – eine traurige Tradition in den USA.

Es gibt eine Chance für den Wechsel

Wie kann die Wahl am 3. November 2020 ausgehen? Ein klarer Sieg von Donald Trump ist angesichts der von ihm zu verantwortenden Wirtschaftskrise unwahrscheinlich. Daraus folgt jedoch nicht, dass Joe Biden unbedingt gewinnen würde. Die offen erklärte Strategie von Donald Trump lautet, insbesondere die Briefwahlen soweit wie möglich zu behindern, um ein größtmögliches Chaos zu schaffen. Um die gegnerischen Wählerinnen und Wähler einzuschüchtern, ist sogar mit bewaffneten Trump-Milizen an den Wahllokalen zu rechnen. Die todesmutigen Trump-Anhänger sollen trotz Virus in großer Zahl persönlich wählen gehen, damit ihre Stimme am Wahltag zählt.

Am Abend des 3. November will Trump sich selbst auf Basis der Auszählungen aus den Wahllokalen zum Sieger erklären. Die später eintrudelnden, bewusst sabotierten Briefwahlstimmen zugunsten Bidens will er dann als Betrugsversuche diffamieren. Dieser Konflikt dürfte dann vor dem Obersten Gericht der USA landen, bei dem die ausschlaggebende Stimme zu seinen Gunsten von einer Richterin kommen soll, die Trump kurz zuvor selbst eingesetzt hat. Die Demokratische Partei würde zwar empört reagieren, aber wie im Fall Al Gore v. George W. Bush letztlich kleinbeigeben. Es besteht die Gefahr, dass es tatsächlich so kommt.

Um Donald Trump aus dem Weißen Haus zu vertreiben, bleibt der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler keine andere Wahl, als ihre Abneigung gegen den korrupten und uncharismatischen Joe Biden zu überwinden und möglichst persönlich wählen zu gehen. Die Bilanz von Donald Trumps Amtszeit ist so bedrohlich, dass dies eine Mehrheit der US-Amerikanerinnen und Amerikanern aus den Sofas hochscheuchen und zu den Wahlurnen treiben könnte. Nur ein klarer Wahlsieg von Joe Biden kann dem Alptraum der Trump-Präsidentschaft ein Ende bereiten. Das würde der Opposition einen solchen Auftrieb geben, dass sie anschließend mit einer Massenbewegung Fortschritte wie eine Allgemeine Krankenversicherung gegen einen Präsidenten Joe Biden durchsetzen kann.

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Quellen u.a.:

Kongresswahlen:

https://en.wikipedia.org/wiki/2020_United_States_elections#Congressional_elections

Wahlunterdrückung:

https://en.wikipedia.org/wiki/Voter_suppression_in_the_United_States#2019–2020

David Sirota: Biden Should Stop Dunking On The Democratic Base

https://www.dailyposter.com/p/biden-should-stop-dunking-on-the

Caspar Shaller: Konfrontation in Oregon: Mit Gasmaske, Knieschonern und Helmen

Früher war die Hauptstadt des US-Bundesstaats Oregon ein Hipster-Mekka, heute ist Portland zum Schlachtfeld zweier verfeindeter Lager geworden.

https://www.woz.ch/-af60

Barton Gellman: The Election That Could Break America

If the vote is close, Donald Trump could easily throw the election into chaos and subvert the result. Who will stop him?

https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2020/11/what-if-trump-refuses-concede/616424/

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