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Wird Biden eine grüne Politik machen?

Am 4. November letzten Jahres, als sich viele von uns die Nachwirkungen der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl ansahen, verließen die USA das Pariser Klimaabkommen. Das Abkommen wurde 2015 auf der United Nations COP21 Klimakonferenz in Paris verabschiedet und wird oft als eines der wichtigsten Abkommen für den Klimaschutz betrachtet.

Unter den wachsamen Blicken Zehntausender Demonstranten, die sich dem Demonstrationsverbot der französischen Regierung widersetzten und radikalere Maßnahmen gegen den Klimawandel forderten, wurde ein Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zum vorindustriellen Niveau beschlossen.

In vielerlei Hinsicht war dies ein Schritt nach vorne. Das Abkommen räumte ein, dass der vorherig festgelegte Temperaturanstieg von 2 Grad nicht ausreicht und erkennt die unmittelbare Bedrohung der Nationen im Globalen Süden an.

Für den radikalen Rand der Umweltbewegung ging das Pariser Abkommen jedoch nicht weit genug, noch war es eine Abkehr des Ansatzes, den Klimazielen mit den Mitteln des freien Marktes zu begegnen.

Nichtsdestotrotz war das Pariser Abkommen für die meisten Menschen ein Meilenstein. Donald Trumps Entscheidung, kurz nach seinem Amtsantritt, die USA aus dem Abkommen aussteigen zu lassen, war für die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels ein massiver Rückschlag.

Das Problem der Klimakonferenz bestand darin, dass das unterzeichnete Abkommen die Staaten nicht zu einer solchen Emissionsreduzierung verpflichtet, die erforderlich wäre, um ein Außer-Kontrolle-Geraten des Klimawandels auch nur im Ansatz zu verhindern.

Selbst wenn die Länder sich an die Klimaziele halten würden, wird der Wert von 1,5 Grad überschritten. Zusätzlich waren die Mechanismen zur Senkung der Emissionswerte problematisch, wie etwa Ansätze von Ländern wie Großbritannien, die auf Marktmechanismen setzen, wodurch Sektoren wie die Schiff- und Luftfahrt mehr oder weniger unangetastet blieben.

Seit 2015 hat sich die Umweltsituation dramatisch verschlechtert. Hätte die Covid-19-Pandemie die Nachrichten nicht nahezu vollständig überschattet, wäre es gut möglich, dass die US-Wahlen unter einer viel umfassenderen Berichterstattung über Umweltprobleme stattgefunden hätten.

Das Jahr 2020 brachte uns einige Klimakatastrophen, wie die massiven Buschbrände in Australien zu Beginn des Jahres. Durch den Superzyklon Amphan mussten 2,5 Millionen Menschen aus ihren Häusern in Bangladesch und Westbengalen evakuiert werden.

Im Dezember warnte UN-Generalsekretär António Guterres in einer Rede, „die Menschheit führt einen Krieg gegen die Natur”. Er fuhr fort: „Das ist Selbstmord. Die Natur schlägt immer zurück und das mit zunehmender Wucht und Härte.”

„Die biologische Vielfalt bricht zusammen. Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Ökosysteme verschwinden vor unseren Augen. Menschliche Aktivitäten sind der Ursprung unseres Abstiegs ins Chaos. Doch das bedeutet auch, dass menschliches Handeln helfen kann, das Problem zu lösen.”

Guterres hat zu Recht das Ausmaß der Krise hervorgehoben, doch das Problem ist nicht die Menschheit in ihrer Gesamtheit.

Zwischen August 2019 und Juli 2020 verzeichnete der Amazonas die höchste Entwaldungsrate des gesamten letzten Jahrzehnts. Doch die Menschen in Brasilien fällen die Bäume im Amazonas nicht einfach so. Der Hauptgrund für den Anstieg der Entwaldungsrate ist, dass Trumps Verbündeter Präsident Bolsonaro den Holz- und landwirtschaftlichen Unternehmen grünes Licht gab, die Regenwälder abzuholzen.

Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl der Bußgelder, die die brasilianische Umweltbehörde gegen illegale Holzfäller verhängt hatte.

Forderung von Aktivist*innen, dass fossile Brennstoffe im Boden bleiben sollen, werden ebenfalls ignoriert. Stattdessen planen die Länder eine Gesamtsteigerung der Produktion fossiler Brennstoffe um etwa 2 Prozent pro Jahr.

Wie ich im Oktober 2020 im Socialist Review beschrieben habe, wurde ein Großteil der weltweiten Covid-19-Nothilfen an jene Unternehmen ausgezahlt, die den Klimawandel vorantreiben.

Viele begrüßten Joe Bidens Wahl zum neuen US-Präsidenten mit großer Erleichterung. Er scheint ein Politiker zu sein, der auch über Umweltschutzmaßnahmen redet.

Doch die Wahrheit ist viel entmutigender. In den letzten Jahren haben die USA radikale Forderung von Aktivisten und linken Politiker*innen wie Alexandria Ocasio-Cortez nach einem „Green New Deal” gehört.

Joe Biden ist hier um Längen moderater. Statt eines „Green New Deal” möchte er „besser zurückbauen”, indem er durch Energieeffizienz und neue Technologien wie Elektroautos Arbeitsplätze schafft. Insbesondere war Biden nicht dazu bereit, die Energieunternehmen ernsthaft anzugehen.

Ein anschauliches Beispiel war der „Battleground State“ Pennsylvania. Hier machte Trump 18-000 Fracking-Jobs zu einem zentralen politischen Thema. Biden weigert sich zu sagen, dass er Fracking verbieten würde, und verpflichtet sich stattdessen, es nur auf staatlichem Land zu stoppen.

Da 90 Prozent des Frackings nicht auf staatlichem Land stattfinden, hat Bidens Versprechen nichts anderes getan, als den Unternehmen für fossile Brennstoffe die Message zu senden, dass sie sich ruhig zurücklehnen können. Anstatt Arbeiter*innen in der fossilen Energie eine Alternative anzubieten, ging Biden nicht auf das Problem ein.

Als Signal dafür, dass die USA nach den Trump-Jahren wieder zur „Normalität” zurückkehren werden, ernannte Joe Biden als Klimabeauftragten John Kerry. Dieser war der Demokratische Präsidentschaftskandidat und Außenminister, als die USA das Pariser Abkommen unterzeichneten.

Angesichts der Unzulänglichkeiten des Pariser Abkommens, an dessen Verhandlungen Kerry beteiligt war, werden Aktivist*innen skeptisch sein. Kerrys öffentliche Wendung hin zur Bevorzugung der Kernenergie steht sinnbildlich für jenen Ansatz, bei dem auf technologische Lösungen, anstatt auf grundlegende Veränderungen gesetzt werden.

Doch was die Welt dringend braucht, ist eine Kampfansage an all die Unternehmen, die die Klimakatastrophe weiter vorantreiben. Das bedeutet, den Kapitalismus als solchen anzugehen, denn er sieht in der Natur nichts Weiteres als ein Mittel, zur Schaffung von Profiten.

Bei der Wahl Obamas im Jahr 2008 brach die US-Antikriegsbewegung in sich zusammen, als all die Illusionen in den neuen Präsidenten die Energie der Aktivist*innen in die Demokratische Partei umgeleitet wurden.

In den letzten Jahren ist in den USA eine massenhafte radikale Klimabewegung entstanden. Diese Bewegung hat dazu beigetragen, die politische Agenda stärker um die drängenden Umweltfragen herum aufzustellen. Erste bedeutende Siege wurden bereits errungen. In dem Moment, in dem Biden das Weiße Haus betritt, muss diese Massenbewegung weiterkämpfen.

Der Artikel von Martin Empson erschien im Socialist Review.

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