A tank through the streets of the city destroyed, during the Tet offensive, the Vietnamese new year night. Saigon, January 1968. (Photo by Angelo Cozzi/Archivio Angelo Cozzi/Mondadori Portfolio via Getty Images)

Vietnamkrieg – die USA im Widerspruch zwischen idealistischer Rhetorik und imperialistischer Weltordnungspolitik

Der Krieg der USA gegen die vietnamesische Befreiungsbewegung und deren Forderung nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung kann als ein Beispiel dafür gelten, dass die Rhetorik der US-Administrationen (Freiheit, Selbstbestimmung, Menschenrechte) in unübersehbarem Widerspruch steht zu ihrem Anspruch auf eine Weltordnung, die nur Staaten enthalten soll, die den eigenen Ordnungsvorstellungen und der Einhaltung der für sie gesetzten Regeln entsprechen.

Das geopolitische Konzept der USA zur Umgestaltung der Welt, das ihre Politik nach dem Zweiten Weltkrieg (als seitdem führende Weltmacht) bestimmte, konnte nur zu Aufrüstung, Kriegsdrohungen, militärischen Konflikten und Subversion und Einmischung in anderen Ländern führen. Das Konzept ignorierte die Realität des historischen Prozesses und unterstellte, dass die Völker der Sowjetunion, Chinas sowie der Dritten Welt nur darauf warteten, in eine bürgerlich-kapitalistische Weltordnung geführt zu werden oder sich dieser anzuschließen. Insbesondere die Kolonialherrschaft der Länder der Ersten Welt hatte gelehrt, dass deren Versprechen auf Selbstbestimmung und Menschenrechte bloße Rhetorik blieb.

Die Sowjetunion und die 1949 gegründete Volksrepublik China hatten von ihrer Größe, ihrer Geschichte und ihren natürlichen Ressourcen her das Potenzial, gleichrangige Wettbewerbspartner zu werden. Ihnen wurde der Kalte Krieg erklärt und mit der Atombombe gedroht. Mit der Wende zur Politik des Containment und Rollback sollte nach 1945 dem Industrie-, Handels- und Finanzkapital der entwickelten Industrieländer der ungehinderte Zugang zu den Märkten, zur Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der Arbeitskräfte der Kolonien gesichert werden. Dieses Interesse war bedroht. Es bestand die Gefahr, dass das Unabhängigkeitsstreben zu unliebsamen linken Regierungen führte und ggf. in ein Bündnis oder eine Zusammenarbeit mit den sozialistisch-kommunistischen Staaten. Dies galt nach 1945 insbesondere für Südostasien und Vietnam.

Vietnam: Antikolonialistische Rhetorik und Gewalt gegen antikolonialen Befreiungskräfte

Der spätere vietnamesische Revolutionsführer Hồ Chí Minh hatte schon als junger Student auf der Pariser Friedenskonferenz 1919 vergeblich versucht, den Rückzug der französischen Kolonialmacht und die Selbstbestimmung seines Landes zu erreichen. Er bezog sich auf das von dem US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson angekündigte Versprechen, eine neue Weltordnung anzustreben, die die Selbstbestimmung der Völker sichert.

Vergeblich. Erst in Folge des Kampfes der Việt Minh-Bewegung gegen die japanische Besetzung des Landes ab 1941 und der Niederlage Japans im September 1945 wurde die Macht Japans in Südostasien gebrochen. Hồ Chí Minh wurde Mitgründer der ersten Demokratischen Republik Vietnam, deren Unabhängigkeit er am 2. September verkünden konnte. Sie legitimierte sich in demokratischen Wahlen. Diese Republik wurde jedoch unmittelbar angegriffen. Denn die bisherige Kolonialmacht Frankreich kehrte noch 1945 (unterstützt von Großbritannien und im Einvernehmen mit den USA) zurück und beanspruchte erneut die Herrschaft über das Land, konnte sie aber in den nächsten Jahren nur im Süden durchsetzen. Es kam zum Krieg zwischen der Kolonialmacht und der Unabhängigkeitsbewegung, die von der Sowjetunion und der VR China unterstützt wurde. 1954 siegten die vietnamesischen Streitkräfte in der Schlacht um Điện Biên Phủ und besiegelten die Niederlage der Franzosen.

Auf der Genfer Indochinakonferenz von 1954 wurde Vietnam geteilt, mit der Aussicht auf Wahlen zur Gründung eines gemeinsamen Staates 1956. Dazu kam es nicht. Diese Wahlen wurden von den USA und der von ihnen unterstützten Marionettenregierung Ngô Đình Diệm verweigert. Dieser proklamierte in Saigon eine Republik Vietnam und ließ sich am 23. Oktober 1955 in einer manipulierten Wahl zum Präsidenten küren. Die USA befürchteten, dass bei allgemeinen Wahlen Hồ Chí Minh zum Präsidenten gewählt werde.

Täuschung der Weltöffentlichkeit für die Ausweitung des Krieges

US-Präsident Harry S. Truman hatte schon 1951 zivile Berater nach Südvietnam geschickt. Dwight D. Eisenhower entsandte dann 1954 Militärberater. John F. Kennedy schickte 1962 Kampftruppen. Bei seinem Nachfolger Lyndon B. Johnson war es schließlich ein Expeditionskorps, das im Laufe der Jahre auf mehr als eine halbe Million Soldaten aufgestockt wurde. Laut Henry Kissinger machte die Johnson-Administration den Krieg zu ihrer eigenen Sache, weil sie überzeugt war, dass die Unterstützung des kommunistischen Nordens für die süd-vietnamesische Befreiungsfront »nur die Speerspitze eines sino-sowjetischen Vorstoßes zur Erlangung der globalen Vorherrschaft sei, dem sich die amerikanischen Streitkräfte entgegenstellen müssten, wollte man nicht zulassen, dass ganz Südostasien unter kommunistische Herrschaft geriet«. Stone/Kuznick weisen darauf hin, dass die USA seit Anfang 1964 verdeckte Sabotageoperationen gegen Nordvietnam durchführten, wie Sprengstoffanschläge gegen Brücken, Eisenbahnlinien und Hafenanlagen. Sie inszenierten im August 1964 einen Zwischenfall im Golf von Tonkin.

By World Economic Forum – originally posted to Flickr as Henry Kissinger – World Economic Forum Annual Meeting Davos 2008, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4486198

Die US-Regierung behauptete, dass zwei nordvietnamesische Schnellboote zwei US-amerikanische Kriegsschiffe beschossen hätten. Daraufhin erhielt der Präsident vom Kongress die Genehmigung, über Angriffe auf Nordvietnam ohne weitere Befragung des Kongresses selbst zu entscheiden. Stone/Kuznick schreiben: »Johnson verfügte über ein geradezu krankhaftes Talent zum Lügen.« (S/K 222) Sie vergleichen die Lüge vom Tonkin-Zwischenfall mit der Täuschung der Weltöffentlichkeit durch die Bush-Regierung, als Außenminister Colin Powell die Notwendigkeit des Krieges gegen den Irak vor der UNO mit dessen Besitz von Massenvernichtungswaffen begründete. Auf der Grundlage der Ermächtigung des Präsidenten zur Kriegführung (ohne einen Krieg zu erklären) eskalierte der Krieg. Die Berichte über die Grausamkeit des
Bombenkrieges und die Ermordung von Zivilisten nahmen zu. Trotz des Einsatzes ihrer überlegenen Militärmacht konnten sich die USA nicht durchsetzen. Im Gegenteil, im Januar 1968 gelang es den gegnerischen Kräfte mit der Tet-Offensive, Überraschungsangriffe auf größere Städte in Südvietnam durchzuführen, die von den USA mit einer Politik der verbrannten Erde beantwortet wurden. Die Gewalt eskalierte mit einer Brutalität und in einem Umfang, der weltweit und in den USA selbst zunehmend auf Ablehnung stieß.

Die USA setzten Napalm, Streubomben und weißen Phosphor ein. Sie bombardierten seit 1968 die sechs großen nordvietnamesischen Industriestädte und warfen dreimal so viele Bomben ab wie im gesamten Zweiten Weltkrieg. Sie zerstörten in Nordvietnam 24 von 30 Provinzstädten und 96 von 116 Kreisstädten und insgesamt 9.000 von 15.000 Dörfern. Der Dschungel wurde mit 72 Mio. Litern Agent Orange weitgehend entlaubt, die Böden mit Blindgängern verseucht. Der Einsatz chemischer Kampfmittel sollte künftige Generationen von Vietnamesen gesundheitlich gefährden. 1970 wurde der Bombenkrieg auf Kambodscha und Laos ausgeweitet. Am Ende des Krieges waren 3,5 Mio. Vietnamesen umgekommen. Nicht Freiheit und Demokratie, sondern Tod und Zerstörung waren die Folge des unerklärten Krieges der Weltführungsmacht. Aber auch auf Seiten der USA nahm die Zahl der Toten und verwundeten Soldaten zu. Am Ende des Krieges wurden 58.000 tote US-Soldaten und 200.000 Verwundete gezählt. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Opfer und Grausamkeit des Kriegsgeschehens wuchsen Kritik und Zweifel in den USA und in der Weltöffentlichkeit an Konzept und Praxis des Krieges.

Der Zusammenbruch des Konsenses in den USA

Spätesten mit der Tet-Offensive 1968 wurde deutlich, dass die Widerstandskraft der Befreiungsbewegung durch den Vernichtungskriegs der Supermacht nicht gebrochen war. In den USA wurden Stimmen lauter, die nach den Erfolgsaussichten der seit Anfang der 1950er Jahre zunehmenden eskalierenden Intervention der USA fragten. Alle Versuche unter US-Protektion in Südvietnam eine zustimmungsfähige Institutionenstruktur aufzubauen, waren gescheitert. Diệm hatte die Bauern und die buddhistischen Mönche gegen sich aufgebracht. Er führte Bürgerkrieg gegen die FLN, die auf einem einheitlichen Vietnam bestand. 1963 wurde Diệm mit Unterstützung der USA weggeputscht und ermordet. Danach kam es zu einer Reihe von Putschen und der Ablösung einer Militärdiktatur durch eine andere.

Die nationale und internationale Oppositionsbewegung gegen den Krieg hatte sich seit Mitte der 1960er Jahre so verstärkt, dass Kissinger rückblickend einen fundamentalen Stimmungswechsel beschrieb. War der Krieg ursprünglich von »einer beachtlichen Mehrheit der Amerikaner befürwortet worden und vom Präsidenten unter Berufung auf die universalen Prinzipien der Freiheit und der Menschenrechte
zu den nun bestehenden Dimensionen vorangetrieben worden« , wurde er nunmehr »als Beleg für die einzigartige Sturheit der Amerikaner verunglimpft. (…) Der Vorwurf, in diesem Krieg würden skrupellos Zivilisten abgeschlachtet, wurde zur Routine.« Und weiter: »Die inneramerikanische Debatte über den Vietnamkrieg schlug dem Land so tiefe Narben wie kaum ein anderes Ereignis in seiner Geschichte. Zu den Administrationen, die das Land in den Konflikt in Indochina geführt hatten, gehörten Persönlichkeiten von hoher Intelligenz und Integrität, die sich nun mit Beschuldigungen konfrontiert sahen, das Land töricht, mutwillig und mit geradezu krimineller Energie getäuscht zu haben.«

Die anfänglich noch vernünftige Debatte über Machbarkeit und Strategie sei in »Straßendemonstrationen,
Beschimpfungen und gewaltsame Auseinandersetzungen« umgeschlagen. Es entwickelte sich in der Tat eine weltweite Protestbewegung, die das ohnehin durch den Kriegsverlauf erschütterte Selbstvertrauen der führenden Politiker grundlegend in Frage stellte. Der Krieg in Vietnam wurde von bürgerkriegsähnlichen gewaltsamen Auseinandersetzungen in den USA selbst begleitet. Stone/Kuznick
erinnern an Meilensteine der Proteste gegen den Vietnamkrieg. 1967 kam es zu Gewaltaktionen der Ordnungskräfte, als 100.000 Demonstranten vor das Pentagon ziehen wollten. Das ganze Jahr 1968 fanden weltweit Proteste gegen den Vietnamkrieg statt. Im Sommer 1968 kam es in Chicago zu bürgerkriegsähnlichen Konflikten. Zugleich eskalierten die im Rassismus wurzelnden Konflikte. Schon im Sommer 1967 war es in den Städten Newark und Detroit zu Unruhen gekommen mit 69 schwarzen Todesopfern. Im April 1968 war Martin Luther King ermordet worden.

Beim Vietnam Moratorium am 15. Oktober 1969 in Washington demonstrierten 750.000 gegen den Krieg und im November 1969 gingen die Berichte und Fotos des Reporters Seymour Hersh über das Massaker von My Lay durch die internationale Presse. Um die Wirkung der Proteste zu beschreiben, erinnert Kissinger daran, »dass sich Präsident Johnson gezwungen sah, seine öffentlichen Auftritte im letzten Amtsjahr größtenteils auf Militärstützpunkte zu beschränken«. (HK 340) Howard Zinn schreibt, Johnson konnte nicht öffentlich auftreten, ohne dass gegen ihn demonstriert wurde. Im ganzen Land wurde er mit dem Sprechchor konfrontiert: »LBJ, LBJ how many Kids have you killed today?«

Im April 1970 kam es nach der Invasion von Kambodscha zum Höhepunkt der Protestaktionen. Bei Protesten gegen die erneute Ausweitung des Krieges wurden von der Nationalgarde sechs Studenten erschossen. 4 Mio. Universitätsangestellte an mehr als 7.000 Hochschulen demonstrierten gegen den Krieg. Der neue Präsident Richard Nixon hatte in Zusammenhang mit der Ausweitung des Bombenkrieges auf Kambodscha und Laos geäußert, bombardiert werden soll alles, »was fliegt und sich bewegt«.

Verhandlungen und Friedensabkommen von Paris 1973

Die US-Regierung geriet durch das Scheitern ihrer Politik an Grenzen der Politik der Stärke. Sie wurde in Folge der weltweiten und landesweiten Proteste verunsichert. Auch die Leitmedien übernahmen die kriegskritische Haltung. Darüber hinaus entwickelte sich unter den US-Soldaten zunehmend Demoralisierung und Widerstand. Desertationen, Befehlsverweigerungen, öffentliche Verbrennungen von Einberufungsbescheiden nahmen zu. Kissinger schreibt: »In den Monaten, die auf das Ende der Präsidentschaft Johnsons (1969) folgten, änderten mehrere der wichtigsten Architekten des Krieges ihre bisherige Haltung (…), bis sich schließlich die Sichtweise (…) auf ein Programm zur Beendigung des Krieges mit einem Truppenabzug einpendelte.«

Verhandlungen mit der nordvietnamesischen Regierung wurden seit 1968 geführt. Der von der Nixon-Regierung beschlossene Rückzug der Bodentruppen wurde als »Vietnamisierung« des Krieges bezeichnet. Die südvietnamesische Regierung sollte den Krieg mit ihrem Militär übernehmen. Die Nixon-Regierung versuchte mit allen Mitteln, die von ihr gestützte Militärregierung des Generals Nguyễn Văn Thiệu gegen die im Juli 1969 gegründete Provisorische Revolutionsregierung zu halten. Das Militär Südvietnams sollte auf 1 Mio. Soldaten erhöht werden. Erneut wurde 1970 eine Landreform eingeleitet, um die Unterstützung der Bauern zu gewinnen. Die Stabilisierung des Regimes blieb jedoch aus. Der Abzug der US-Truppen wurde fortgesetzt. Anfang 1973 standen nur noch 27.000 US-Soldaten in Südvietnam. Gleichzeitig wurde der Bombenkrieg erneut ausgeweitet. Man wollte den Rückzug nordvietnamesischer Truppen aus Südvietnam und die Anerkennung der Teilung des Landes erzwingen. Dies lehnte die nordvietnamesische Regierung ab. Noch Weihnachten 1972 wurde der Bombenkrieg erneut verschärft.

Erst 1973 kamen erneute Verhandlungen mit dem Pariser Friedensabkommen zu einem Ergebnis. Es verpflichtete die USA zum vollständigen Truppenabzug in 60 Tagen und Nordvietnam zur Freilassung aller Kriegsgefangenen. Es untersagte allen Fremdmächten militärische Einmischung in Laos und Kambodscha, erlaubte Nordvietnam, etwa 140.000 Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) in Südvietnam zu lassen, und der National Liberation Front (FLN), die von ihr kontrollierten Gebiete bis zur allgemeinen Wahl zu verwalten. Die entmilitarisierte Zone um den 17. Breitengrad wurde in eine vorläufige Demarkationslinie umgewandelt und war somit keine völkerrechtlich anerkannte Grenze mehr. Damit erfüllte der Vertrag die Hauptforderungen Nordvietnams, nicht aber Südvietnams, das den Verbleib von US-Truppen im Land und den Abzug der NVA gefordert hatte. Bis Ende März verließen die letzten stationierten und kriegsgefangenen US-Soldaten Vietnam. Erstmals seit etwa 100 Jahren standen dort keine ausländischen Truppen mehr. Die US-Regierung stellte das Abkommen als den von Nixon fünf Jahre zuvor versprochenen »ehrenvollen Frieden« dar. In Wirklichkeit war es eine Niederlage, die sich seit langem abgezeichnet hatte. Für das Pariser Friedensabkommen erhielten die Verhandlungsführer Henry Kissinger und Lê Đức Thọ den Friedensnobelpreis 1973. Thọ verweigerte die Annahme des Preises, weil er den Waffenstillstand durch seinen Verhandlungspartner verletzt sah. Die südvietnamesische Militärregierung konnte sich noch zwei Jahre halten. Am 30. April 1975 wurde Saigon eingenommen, am 2. April 1976 Nord- und Südvietnam als Sozialistische Republik Vietnam vereint.

Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises unterstützte das Nobelpreiskomitee eine Erzählung, die der Politik der US-Administration in Person des Außenministers Kissinger einen entscheidenden Beitrag zum Ausstieg aus dem Krieg zuwies. Kissinger war als Außenminister jedoch keineswegs ein Friedenstifter. Er hatte den Krieg mitgetragen. In seiner Analyse der Niederlage führte er an, dass der Bombenkrieg nicht entschlossen genug geführt worden war. Auch habe man nicht wahrgenommen, dass in Südostasien anders als in Europa die Bedingungen für den Aufbau einer Institutionenstruktur nach westlichem Muster nicht vorhanden gewesen wären. Wenn die Nixon Administration, wie Kissinger schrieb, von Anfang an
entschlossen war, den Krieg zu beenden, dann wohl deshalb, weil die USA ihn zweimal verloren hatten, einmal in Südostasien selbst und zum zweiten gegen die Antikriegsbewegung im eigenen Land. Der Friedennobelpreis hätte der Antikriegsbewegung in den USA verliehen werden müssen.

Und danach?

Die Niederlage führte nicht zu einer Umorientierung der Hegemonialpolitik. Die ökonomischen Interessen und die damit verbundenen Ziele blieben. Dementsprechend blieben auch Aufrüstung und Hegemonieanspruch bestimmend in der imperialen Präsenz der USA. Die künftigen Regierungen gingen allerdings vorsichtiger mit dem Einsatz eigener Bodentruppen in Konfliktgebieten um. Die Bilanz des Krieges wurde von den nachfolgenden Administrationen moralisch veredelt. Ronald Reagan betonte
1980 in einer Rede vor Veteranen, dass »unsere Sache eine edle war …«. Bill Clinton hob hervor: die »tapferen Amerikaner, die dort kämpften, hatten edle Motive …«. Es gelang offenbar den historischen Blick der Öffentlichkeit mit der alten Doppelmoral zu beeinflussen. 2014 äußerten nach einer Gallup-Umfrage 51 Prozent der 18 bis 29jährigen US-Amerikaner, »der Vietnamkrieg sei ein lohnenswerter
Kampf gewesen«.

In ähnlicher Weise äußerte sich Präsident Barack Obama später über den Irak-Krieg, der (wie schon erwähnt) gleichfalls mit einer Täuschung der Weltöffentlichkeit eingeleitet wurde. Vor aus dem Irak zurückgekehrten Soldaten blickte er 2011 auf den Krieg, der 2003 von den USA mit einer Lüge begonnen wurde, mit Lügen zurück: »Wir lassen einen souveränen, stabilen und eigenverantwortlichen Irak zurück. (…) Anders als die alten Kolonialmächte bringen wir diese Opfer nicht für Gebiete und Ressourcen. Wir tun es, weil es richtig ist. (…) Sie haben diejenigen der Gerechtigkeit zugeführt, die uns am 11. September angegriffen haben.«

Der Beitrag von Gerhard Weiß, erschien in der neusten Ausgabe der „Zeitschrift Z für eine marxistische Erneuerung“.

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