Vermögensabgabe statt Kürzungshammer

2022 soll die Schuldenbremse zurückkehren. Damit drohen Kürzungen am Sozialstaat und dringend benötigten Investitionen.

Die Corona-Krise ist die schwerste Wirtschaftskrise seit der großen Depression. Es war notwendig, dass der Staat die Wirtschaft mit zusätzlichen Ausgaben gestützt hat. Denn wenn Unternehmen sterben und Jobs vernichtet werden, wird die Krise am Ende noch teurer. Angesichts der Not in einigen Bereichen, etwa in der Veranstaltungsbranche, muss man sogar sagen: Hier hat der Staat nicht genug gestützt!

Die Finanzierung der Corona-Ausgaben wurde problemlos über den Verkauf von Staatsanleihen bewerkstelligt. Deutsche Anleihen gehen weg wie warme Semmeln. Die hohe Nachfrage nach sicheren Anleihen und das Anleihekaufprogramm der EZB sorgen für negative Renditen. Das heißt: Der Staat macht sogar Gewinne beim Verkauf der Anleihen. Deutschland hat also kein Finanzierungsproblem. Es gibt keine offenen Corona-Rechnungen und keine Löcher im Haushalt.

Doch ab 2022 soll die Schuldenbremse wieder gelten. Das bedeutet: Der Staat fährt die zusätzlichen Ausgaben massiv zurück. Eine wirtschaftliche Vollbremsung auf dem Beschleunigungsstreifen. Dazu sollen die Corona-Schulden ab 2026 innerhalb von 20 Jahren getilgt werden. Dafür müsste der Staat 20 Jahre lang über Steuern mehr Geld aus der Wirtschaft herausziehen, als er über Ausgaben hineingibt.  Dann müssen entweder Steuern erhöht oder Staatsausgaben gekürzt werden. Dann droht der Kürzungshammer für Investitionen oder den Sozialstaat! Beides wäre fatal angesichts der Zunahme an sozialen Härten durch die Coronakrise und der Notwendigkeit einer Investitionsoffensive im Angesicht der Klimakrise.

Während die einen mit Arbeitsplatz- und Einkommensverlust zu kämpfen haben, sind Reiche vielfach noch reicher geworden. Doch schon vor der Krise war die Vermögensungleichheit in Deutschland extrem. Allein das reichste 1 Prozent der Bevölkerung besitzt ein Drittel des gesamten Nettovermögens. Tendenz: steigend. Die untere Hälfte der Bevölkerung hingegen besitzt unter dem Strich fast nichts.

Um den Kürzungshammer der Schuldenbremse abzuwenden und die Vermögensschere nicht noch weiter auseinander gehen zu lassen, braucht es eine einmalige Vermögensabgabe nach der Krise!

Einmalige Vermögensabgabe nach der Krise

Die Vermögensabgabe würde einmalig für Milliardäre und Multimillionäre erhoben und kann über 20 Jahre in Raten abbezahlt werden. Dabei sollen hohe Freigrenzen für das Nettovermögen – Vermögen minus Schulden – gelten, damit Personen, die wegen des Immobilienbooms mit einem Haus in der Innenstadt Millionär auf dem Papier sind, nicht belastet werden. Der Vorschlag der Linksfraktion stellt Privatvermögen bis zu 2 Millionen Euro und Betriebsvermögen bis zu 5 Millionen Euro frei. Erst danach greift der Abgabesatz von 10 Prozent, der dann stetig auf 30 Prozent anwächst und ab einem Nettovermögen von 100 Millionen Euro gilt. Damit würden diejenigen zur Kasse gebeten, die zum Stichtag 1. Januar 2020 zu den reichsten 0,7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung gehörten. 92 Prozent der Steuerlast entfallen sogar auf die reichsten 0,1 Prozent. Die geschätzten Einnahmen liegen laut Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bei 310 Milliarden Euro und gingen an den Bund.

Angesichts des Dilemmas – Steuererhöhung oder Ausgabenkürzung – ist eine so ausgestaltete Vermögensabgabe nicht nur sozial gerecht, sondern auch im Sinne der Wirtschaft. Denn die Ersparnisse der Vermögenden wären ohnehin nicht in die Wirtschaft geflossen. Einkommensteuern oder Kürzungen bei den öffentlichen Investitionen würden die Wirtschaft ausbremsen. Man schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe! Tatsächlich entsprechen die Einnahmen und die Tilgungsfrist von 20 Jahren der geplanten Tilgung der Corona-Schulden im Rahmen der Schuldenbremse. Die Vermögensabgabe ist die linke Antwort auf den Kürzungshammer der ökonomisch unsinnigen Schuldenbremse!

Dana Moriße: Finanzpolitische Sprecherin im Landesvorstand der Linkspartei in NRW.

Maurice Höfgen: Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Finanzpolitik im Bundestag und Autor des Buches „Mythos Geldknappheit“.

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