Kuba sorgt momentan wieder für Schlagzeilen, die karibische Insel möchte sein wichtigstes juristisch-politisches Dokument aus dem Jahr 1976 reformieren. In bürgerlichen Medien, sowie in Linken, wird der Prozess und die vorgeschlagenen Änderungen mit Interesse verfolgt.
Die Verfassungsreform wurde in mehr als hunderttausend Veranstaltungen in Betrieben, Universitäten oder in den Wohnvierteln diskutiert. Das Zentralorgan der kommunistischen Partei (PCC), die Granma, zählte etwa 1,7 Millionen Wortmeldungen und mehr als 780.000 konkrete Vorschläge zur Änderung der Verfassung. Hier könnte man den Vergleich zum Grundgesetz ziehen. Das Grundgesetz wurde von ausgewählten Parlamentariern ausgearbeitet und musste von den Alliierten abgesegnet werden, jedoch ohne Volksbefragung. Die Bundesrepublik kann sich von dem momentanen Prozess auf Kuba eine Scheibe abschneiden.
In der Bevölkerung und in den Medien wurde der Artikel 68 wohl am meisten diskutiert. Der Artikel 68 sieht vor, dass die Ehe ein Bund zwischen zwei Personen sein soll. Ein wichtiger Schritt in Richtung Toleranz für das kubanische Volk, aber auch für die gesamte Region, denn dies wäre die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Weniger beachtet in der öffentlichen Diskussion ist aber bisher die Mandatsbegrenzung für den Präsidenten auf zwei Mal fünf Jahre und eine Machtaufteilung zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister, also zwischen Staatsoberhaupt und Regierungschef.
Weitere Veränderungen sehen die Einbettung von internationalen Verträgen in die Verfassung vor und die Aufnahme von Artikeln gegen Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung, aber auch das Garantieren einer kostenlosen Gesundheitsversorgung.
Interessant ist die Aufzählung vieler möglicher Eigentumsformen in Artikel 23, obwohl es sich nur um Ausnahmen in der Gesamtheit handeln wird. Die neue Verfassung sieht Betriebe in Staatshand, in gemischtem Eigentum (Staat und Privat, Beispielweise Jointventures), in Hand von Gewerkschaften, Massenorganisationen und Genossenschaften vor. In der Landwirtschaft und bei den Dienstleitungen soll Privatbesitz möglich sein, ohne aber große Akkumulation von Kapital zu ermöglichen. Gesetzliche Regelungen sehen die Einschränkung des Handels mit Land, Wohnungen und Produktionsmitteln in jeder Form vor.
Kuba wird seinen klaren Kurs in Richtung Sozialismus und gegen den Imperialismus mit dieser Verfassung nur nicht aufgeben, sondern konsequenter weiterführen. Am geschichtsträchtigen 24. Februar 2019 soll ein Referendum zur neuen Verfassung stattfinden, am Jahrestag des zweiten Unabhängigkeitskrieges gegen den spanischen Kolonialismus.
Ein Artikel von Robert Kohl, Gründer von Cuba Si in Hessen