Trumps Deal ist ein Desaster für die Palästinenser

Mit viel Fanfare und gegenseitigem Schulterklopfen haben Donald Trump und Benjamin Netanjahu den „Friedensplan“ der US-Regierung bei einer Pressekonferenz am 28. Januar bekannt gegeben. Zusätzlich zu den internationalen Medien haben drei Golfstaaten ihre Vertreter zur Konferenz gesandt: die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und der Oman (obwohl der omanische Botschafter der israelischen Online-Zeitung „The Times of Israel“ gestand, er wüsste nicht einmal, was das Dokument beinhalte).

Palästinensische Repräsentanten fielen durch ihre Abwesenheit auf – wenig überraschend, wie sogar der gediente Korrespondent des BBCs im Nahen Osten, Jeremy Bowen, den Plan nannte, wurden sie aufgefordert, ein Kapitulationsdokument zu unterschreiben.

Was beinhaltet Trumps Plan also? Der erste wichtige Punkt ist, dass er sich aus einer Reihe von pro-israelischen Maßnahmen ergibt, die durch Trump und seine Berater, wie beispielsweise seinen Schwiegersohn Jared Kushner, seit mehreren Jahren stark unterstützt wurden. 

Der Plan fordert die Palästinenser außerdem auf, jeglichen Bedeutungsanspruch auf Jerusalem aufzugeben. 2018 zog die US-amerikanische Botschaft nach Jerusalem, wodurch ein schon seit langer Zeit existierendes Anliegen sowohl Israels als auch der USA befriedigt wurde. Gemäß dem Plan würden nicht nur die illegalen Siedlungen in der Westbank, sondern auch das Gebiet um das Jordantal Teil Israels werden und somit einen zerstückelten palästinensischen „Staat“, in der Mitte komplett umgeben von israelischem Territorium, zurücklassen.

Doch Trump gibt sich nicht nur damit zufrieden, die Palästinenser zu zwingen, noch mehr von ihrem Land aufzugeben. Sein Plan fordert außerdem, dass sie auf ein Recht, sich selbst zu verteidigen, verzichten, und besteht darauf, dass der palästinensische Kleinstaat entmilitarisiert wird.

Obwohl US-Beamte von einem „Siedlungsstopp“ gesprochen und vorgeschlagen haben, dass die israelische Seite Zugeständnisse machen solle, indem sie endlich die palästinensische Souveränität für einen Teil der Überreste des Westjordanlandes und des Gazastreifens akzeptieren würden, enthält der Plan weitere Opfer an die israelische Rechte. Eines davon ist die Idee, dass einige in Israel lebende Palästinenser ihren derzeitigen Status als (zweitklassige) israelische Bürger verlieren würden, indem die Gebiete, in denen sie leben, zum palästinensischen Gebiet hinzufügt werden. Dies unterstützt im Wesentlichen einen Vorschlag von Avigdor Lieberman, Parteivorsitzender der äußerst rassistischen Partei Jisra‘el Beitenu, aus dem Jahr 2014 für den „Bevölkerungsaustausch“, der die Tür zu noch bösartigeren Kampagnen gegen die Rechte der in Israel lebenden Palästinenser öffnet.

Zusätzlich zum Akzeptieren weiteren Landraubs müssen die Palästinenser außerdem auf das Recht hunderttausender Flüchtlinge, die vor der ethnischen Säuberung fliehen mussten, welche im Jahr 1948 zur Gründung des Staats Israel führte, verzichten. Aufgrund dessen und weiteren sogenannten problematischen „endgültigen Zuständen“, ist Kapitulation die einzige Option.

Die Antwort der israelischen Legislative auf Trumps Plan bestand darin, seine Forderung nach einer sofortigen Anerkennung der Siedlungen im Westjordanland, die als Teil des israelischen Staates vorgesehen sind, in den dem Dokument beigefügten Karten zu kennzeichnen.

Sowohl Verteidigungsminister Naftali Bennett, als auch Verkehrsminister Bezalel Smotrich stellten klar, dass die rechten Parteien, die sie vertreten, jegliche Bemühungen zur Entstehung eines palästinensischen Staats stoppen werden. „Wir werden weiterhin jegliche Art von arabischer Souveränität auf israelischem Boden ablehnen. Wir akzeptieren den amerikanischen Plan nicht, nehmen uns aber die guten Teile davon heraus“, war Smotrichs Reaktion auf Trumps Plan.

Trumps jüngste Spielereien im Nahen Osten mögen zwar den Anschein machen, eine realistische „Zweistaatenlösung“ zu erleichtern, aber in Wirklichkeit ermächtigt er lediglich israelische, rechte Visionen eines einheitlichen israelischen Staats und einer endgültigen Auslöschung Palästinas aus der Geschichte.

Es gibt eine Alternative: einen einzigen, säkularen demokratischen Staat in Palästina mit gleichen Rechten für all seine Bürger. Dies würde bedeuten, den kolonialistischen Apparat der Ungerechtigkeit zu zerlegen, den das derzeitige religiös geprägte Staatsbürgerschaftssystem des Staates Israels darstellt, und anzufangen, die Fehler aus der Geschichte, die dem palästinensischen Volk angetan wurden, durch die Anerkennung des Rechts palästinensischer Flüchtlinge auf Rückkehr, anzugehen.

Das Ringen der Palästinenser gegen die Besatzung und die Formen von Solidarität, welche durch sie inspiriert wurden, wie beispielsweise die BDS-Bewegung, steht schwierigen Zeiten gegenüber. Aber sie haben eine bessere Vision eines Weges zu wahrem Frieden und Gerechtigkeit, als Trump und seine Verbündeten in Israel.

Die Geopolitik des Nahen Ostens hat sich seit Jahren von der US-Dominanz abgewandt – die Golfstaaten unterstützen dies und es gab mehrere Anzeichen einer öffentlichen Neuausrichtung mit Plänen der USA und Israels. Dennoch hat Saudi-Arabien Angst vor der Fähigkeit des iranischen Regimes, wirtschaftliche und politische Interessen in ihrem eigenen Land durchzusetzen, einschließlich eines Angriffs im September, bei dem eine Ölanlage angegriffen wurde. Einige Kommentatoren vermuten, dass nicht eine Einordnung der USA als stark, sondern als schwach Grund für die relative Entspannung zwischen Saudi-Arabien und Iran im Vorfeld der Ermordung Qassem Soleimanis durch die USA im Januar ist.

Dieses Jahr gibt es einen neuen Faktor – die Erweckung von Massendemonstrationen von unten in der gesamten Region. Diese scheinen weit abseits des Problems der Palästinenser zu sein oder sogar den Feinden der USA ein größeres Problem zu bereiten. Es ist ein Fehler, sie so zu betrachten. Die Massenbewegung im Irak ist eine wirkliche Bedrohung für die Interessen der USA, ebenso wie für die des Irans, auch wenn die Ermordung Qassem Soleimanis und Al-Muhandis durch die USA möglicherweise die Voraussetzung dafür geschaffen hat, dass pro-iranische politische Parteien und Milizen die Bewegung untergraben und eventuell auch zerstören.

Wenn gewöhnliche Menschen sich organisieren und für sich selbst aufstehen, wenn sie soziale Gerechtigkeit und demokratische Rechte fordern, bedroht dies imperiale Mächte weitaus mehr als militärische Aktionen kleinerer Mächte.

Die Höhepunkte der palästinensischen Kämpfe geschehen nach gleicher Tradition – Massenmobilisierung, Proteste, Streiks und ziviler Ungehorsam nach dem Vorbild der Palästinenser während der ersten Intifada, welche 1987 begann.

Es war nie so wichtig, Solidarität mit den Palästinensern zu zeigen, wie jetzt, da sie israelischer Besatzung und Annektierung standhalten müssen.

Anne Alexander ist eine Herausgeberin des „Middle East Solidarity magazine“ menasolidaritynetwork.com – Erschien im Socialist Review. Übersetzt von
Sara Abohani, BA in Arabistik und Islamwissenschaft, angehende Leipziger Dolmetscherin und Übersetzerin. 


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