Sozialistische Internationale ruft zu BDS auf

Die Sozialistische Internatione (SI) ist ein internationaler Zusammenschluss sozialdemokratischer und sozialistischer Parteien, dem gegenwärtig 140 politische Parteien und Organisationen aller Kontinente angehören, von denen wiederum ca. drei dutzend an Regierungsbündnissen beteiligt sind. Vom 27. bis 27. Juni 2018  traf sich der Rat der Sozialistischen Internationale bei den Vereinten Nationen in Genf, um die eigene Agenda angesichts globaler Herausforderungen für Demokratie und Menschenrechte zu beratschlagen.

In ihrer Deklaration zur Palästinafrage konstatiert die SI ernüchtert die desaströse Lage in Palästina/ Israel und fordert mit großer Deutlichkeit das Ende des durch Israels begangenen Unrechts. Konkret benannt werden hierbei unter anderem: der fortgesetzte Siedlungsbau, die rassische Diskriminierung und Apartheid gegenüber Palästinensern und die Inhaftierung von palästinensischen Politikeren, Minderjährigen und „Administrativhäftlingen“ (ohne Anklage und rechtsstaatlichen Prozess). Besonders hervorgehoben wird zudem die Nutzung tödlicher Schusswaffen gegen unbewaffneten Demonstrierenden im Gazastreifen im Rahmen des Großen Rückkehrmarsches. Diese israelische Maßnahme resultierte in der „Tötung von über 130 unbewaffneten Palästinenserinnen und über 6000 Verletzten, inklusive Kindern, Journalisten, Rettungssanitätern, Frauen und Männern.“ Die SI fordert im weiteren: Wir „fördern den gewaltfreien Ansatz auf allen Ebenen und durch alle Parteien und verlangen die unmittelbare Beendigung aller Formen der Gewalt  durch israelische Besatzungsmacht und Siedler gegen den palästinensischen gewaltfreien Widerstand (…).“

Unter Punkt 7 fordert der Rat dann unzweideutig dazu auf, dass „alle Regierungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen Boykott, Kapitalentzug und Sanktionen (BDS) als Maßnahme gegen die israelische Besatzung, alle Besatzungseinrichtungen und die illegalen israelischen Siedlungen ergreifen und zwar einschließlich eines totalen Embargos aller Formen militärischen Handels und Zusammenarbeit mit Israel, solange der Staat seine Politik der Besatzung und Apartheid gegen das palästinensische Volk fortsetzt.“

Internationale Reaktionen

Obwohl die palästinensische BDS-Bewegung in den letzten Jahren eine Vielzahl an bedeutenden Erfolgen erzielen konnte, wird dieser Schritt der SI von vielen Beobachtenden und Akteuren als ein besonderer internationaler Durchbruch gewertet.  Mahmoud Nawajaa kommentiert als Koordinator des palästinensischen BDS Nationalkommittees (BNC):

„Alleine aufgrund seiner schieren Größe und globalen Reichweite, stellt der Aufruf der Sozialistischen Internationalen zu Sanktionen gegen Israel einen game-changer für die weltweite BDS-Bewegung dar.  Es handelt sich um den bisher bedeutendsten Aufruf zu Sanktionen gegen Israel seitdem BDS 2005 gestartet wurde.

BDS Aktivistinnen und Aktivisten weltweit erwarten, dass dies Wind in den Segeln der Bewegung sein wird und insbesondere, dass dieser Aufruf hilft, die Forderung nach einem militärischen Embargo gegen Israel nach seinem Massaker an über 130 unbewaffneten Demonstrierenden in Gaza im Mai  diesen Jahres in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Wir schätzen die prinzipientreue Solidarität der Sozialistischen Internationalen mit den Palästinenserinnen und Palästinensern sehr und sprechen ihr unseren Respekt dafür aus, konkrete Maßnahmen einzuleiten, um Israel für sein jahrzehntealtes Regime aus militärischer Besatzung, Kolonialismus und Apartheid verantwortlich zu machen.

Wir schauen der Umsetzung dieser bedeutenden Erklärung in den Heimatstaaten der SI gespannt entgegen.“

Der israelische Knessetabgeordnete und internationale Sekretär der israelischen Arbeiterpartei (Awoda) Hilik Bar, nannte hingegen die Entscheidung der SI laut einem Artikel der Jerusalem Post heuchlerisch und kündigte als Gegenmaßnahme die sofortige Suspendierung der Mitgliederschaft der Awoda in der SI an.

„Es ist natürlich überflüssig zu erwähnen, dass die Deklaration zur Palästinafrage einseitig, blind gegenüber den Fakten und der Realität und teiweise antisemitisch ist“, schrieb Bar in einem offiziellen Brief an die Sozialistische Internationale. „Die Sprache und die Argumente der Deklaration machen klar, dass es -bis zur Aufhebung dieses Beschlusses- keinen echten Dialog mit Ihnen oder Ihrer Organisation zu diesem Thema geben kann.“

Der Zionist und ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck leitete den Jerusalem Post Artikel weiter und twitterte zur Palästina-Deklaration: „Die Sozialistische Internationale hat ihre Tradition und ihre fundamentalen Werte vergessen.“

Einordnung

In seiner klaren Sprache, der ungeschminkten Benennung der Realtität und der logischen Ableitung von BDS-Maßnahmen gegen den Staat Israel und die Profiteure von Apartheid, Besatzung und Rassismus, erscheint uns eher das Gegenteil der Fall zu sein: die Sozialistische Internationale besinnt sich ihrer Tradition und fundamentalen Werte- und was mehr ist: sie handelt entsprechend.

2013 betrieb die SPD unter Sigmar Gabriel die Aufsplitterung der Sozialistischen Internationalen, beendete die Mitgliedschaft und begründete das alternative sozialdemokratische Bündnis „Progressive Alliance“. Insofern ist die Deutschland keines der von BNC-Koordinator Mahmoud Nawajaa angesprochenen „Heimatländer“ der SI (mehr). Nichtdestotrotz sind wir gespannt darauf, wie sich dieser Meilenstein internationaler Anerkennung für BDS auch in der hiesigen Gesellschaft auswirken wird. Der Kampf für Menschenrechte kann jederzeit gerne mehr Wind in seinen Segel gebrauchen- auch und nicht zuletzt in der Sache Palästina. Und auch -und wahrlich nicht zuletzt- in Deutschland.

 

Christoph Glanz ist Antifaschist und BDS-Aktivist.

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