Früher Rock gegen rechts - Bald rock gegen links?

Rock gegen Humanismus

„Maas fordert Rock gegen Links!“ war eine der großen Schlagzeilen dieser Woche. Entspricht diese Aussage wirklich der Wahrheit und vor allem: tritt bald die Lunikoff Verschwörung wieder auf? Beide Fragen müssen wohl verneint werden, doch hängt dem Ganzen ein unerwartet langer Rattenschwanz an. Der folgende Artikel behandelt die Misere eines unaufmerksamen Ministers und wirft einen Blick in die Zukunft. Eine Zukunft, in der „Rock gegen Links“ hipp und angesagt ist.

Was ist passiert? Diese Frage haben sich wohl viele Twitter-Follower gestellt. Gestern wurde der Bundesminister der Justiz, Heiko Maas, von der BILD-Zeitung so zitiert, dass es laut ihm vielleicht „auch ein ‚Rock gegen Links‘ geben [müsse]“. Der Aufschrei war groß, die Spekulationen waren größer. Peter Tauber, alias Mr.-„Bitte lernen sie doch was wirtschaftlich verwertbares“, stichelte gleich drauf los, verwies auf einen Konflikt mit dem als „links“ geltenden Ralf Stegner und versuchte geschickt seinen eigenen Mangel an Empathie zu übertünchen. So weit, so gut. Was jedoch überhaupt nicht gut ist, ist das, was man erkennen kann, wenn man sich den Fall genauer anguckt.
Erstens war „Rock gegen Links“ nicht Maas Idee. So gerne man es ihm auch hätte nachweisen wollen, wurde die Idee doch vom stellvertretenden Chefredakteur der Bild-Zeitung, Nikolaus Blome, in die Welt gesetzt. Er war es, der gefragt hatte, warum es kein „Rock gegen Links“ gebe, wo es doch das Pendant „Rock gegen Rechts“ schon gibt. Maas versuchte in dieser Situation eine ausweichende Antwort zu formulieren, was Blome jedoch nicht reichte. Zweitens bohrte er nach und schaffte es tatsächlich, dem Bundesminister die verhängnisvollen Worte zu entlocken. Was sagt uns das? Das theoretische Konzept eines solchen Konzertes stammt nicht von Heiko Maas, sondern vom stellvertretenden Bild-Chefredakteur. Also alles gut? Maas ist nur ein Missgeschick passiert? Nein, so einfach ist es nicht.

Blome hat mit fast schon demagogischem Eifer bewiesen, wie einfach Spitzenpolitiker in der Öffentlichkeit manipuliert werden können. Besondere Aufmerksamkeit sollte bei dieser Betrachtung auch dem Medium gelten. Es war kein persönliches Gespräch von Angesicht zu Angesicht, sondern eine Videokonferenz. Diese Art der Kommunikation täuscht eine ungezwungene Atmosphäre vor, die es so gar nicht gab. Das entsprechende Video (es wurden noch andere Politiker wie Peter Altmeier interviewt) ist bereits auf YouTube und geistert durch jeden Kanal des Internets. Erschreckend ist zwar Blomes manipulative Gesprächsführung, doch wen überrascht das bei einem der Top-Journalisten des Springerverlags? Viel besorgniserregender ist Maas völlig naive Herangehensweise. Nach einer kurzen Phase der Abwägung kaut er bereitwillig die Vorschläge seines Gegenübers wieder und tappt in die vorher gestellte Falle. Medienkompetenz? Nicht vorhanden. Würde man tiefer bohren wollen, so könnte man noch Maas Aussagen bezüglich zukünftiger G20-Gipfel in Deutschland untersuchen. Vollmundig versprach er, dass es in einer deutschen Großstadt keinen G20-Gipfel mehr geben werde. Diese Äußerung wurde umgehend vom Innenminister Thomas de Maiziere revidiert, der sie eine „rechtstaatliche Kapitulation“ nannte. Sich mit dem Kabinett nicht abzusprechen und konträre Statements zu veröffentlichen scheint also fast schon System zu haben und gerade Heiko Maas hat sich in der Vergangenheit in diesem Gebiet besonders profiliert.
Mag man diese inneren Regierungsstreitigkeiten auf den nahenden Wahlkampf schieben, so löst dies immer noch nicht das „Rock gegen Links“-Problem. Warum macht sich ein Bundesminister so bereitwillig zum Sprachrohr eines Mediums, das ihm nicht besonders gewogen zu sein scheint? Ist Maas mit tiefem Gottvertrauen an dieses Interview herangegangen, da man ihm schon nichts tun werde? Oder, noch schlimmer, ist er einfach nicht in der Lage, eine solche Situation zu überblicken?
An dieser Stelle gilt es noch einmal hervorzuheben, dass „Rock gegen Links“ ursprünglich nicht Maas Idee gewesen ist. Alleine der Umstand, dass Blome es geschafft hat, die öffentliche Wahrnehmung ins Gegenteil umzubiegen, ist das Zeugnis einer medial-persuasiven Meisterleistung. In Zeiten völliger Überreaktion und digitaler Shitstorms ist dies jedoch ein Spiel mit dem Feuer. Wer hätte auch bei einem solchen „Festival“ auftreten sollen? Hätten wir uns auf nationalsozialistische Klassiker wie „Du bist ein arisches Kind“ von der Lunikoff Verschwörung einstellen dürfen? Vielleicht hätte man einen Auftritt der rechtsextremen Hooligan-Band Kategorie C mit dem Freundschaftsspiel FC Ostelbien Dornburg gegen FC Rot-Weiß Erfurt feiern können. Wem diese Dinosaurier der musikalischen Neonaziszene zu altbackend sind, der hätte eventuell am sogenannten „Nationalbolschewisten“ MaKss Damage Gefallen gefunden. Mit seinen Hits wie „Ich will mein Land zurück“ wäre ein rundum anti-linkes Programm abgerundet worden.

Doch was ist anti-links? Denn genau das implementiert der äußerst vage Titel „Rock gegen Links“ doch. Man will nicht links sein. Nicht antikapitalistisch, nicht antirassistisch, nicht emanzipatorisch und auch nicht antimilitärisch. Nun gut. Wer gegen links will, sollte auch gegen links bekommen. Ob das dann kommende Publikum auch den Erwartungen eines Herrn Blome, Maas oder Tauber entspricht, ist eine andere Sache. Die Geister, die ich rief…

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