Es sickert ein. Viel zu spät und zu langsam, aber es tut sich etwas. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Deutschland ist divers – mit knapp 26 Prozent hat die deutsche Bevölkerung eine diverse Migrationsgeschichte und prägt so seit Jahrzehnten unsere Gesellschaft.
An vielen Stellen wird diese Realität aber immer noch nicht angemessen abgebildet. Menschen mit Migrationsgeschichte sind nach wie vor unterrepräsentiert: in den Medien, in den Führungsetagen, im Öffentlichen Dienst und in politischen Ämtern. Die Frage nach Repräsentanz ist nicht neu, aber sie muss immer wieder gestellt werden, weil es nicht daran liegt, dass die Menschen nicht da sind. Menschen mit Migrationsgeschichte gestalten dieses Land maßgeblich mit, sind systemrelevant und haben einen Platz verdient. Strukturelle Benachteiligungen sind schuld daran, dass Sie nicht „reingelassen werden“. Denn mehr Repräsentation bedeutet nicht nur für Menschen mit Migrationsgeschichte „einen Platz ein zu räumen“, es bedeutet eben auch für einige Menschen, endlich die eigenen Machträume zu öffnen und ihre Machtpositionen zu räumen.
Es ist längst keine Bringschuld der Menschen mit Migrationsgeschichte mehr, sondern eine Umsetzungspflicht!
In den Parlamenten
Das Jahr 2021 wird ein Super-Wahljahr. Es steht nicht nur die Bundestagswahl im September an, sondern auch zahlreiche Kommunal- und Landtagswahlen. Die Repräsentation von Abgeordneten mit Migrationsgeschichte spiegelt weder in den Landtagen noch im Bundestag auch nur im Geringsten die gesellschaftliche Realität wider. In der jetzigen Legislaturperiode sind Abgeordnete mit Migrationsgeschichte (über die Fraktionen hinweg) beispielsweise im Bundestag gerade mal mit 8 Prozent vertreten, in der Legislaturperiode davor waren es gerade mal 6 Prozent. Dieser Anstieg von 2 Prozent ist kaum ernst zu nehmen. Anders als im Öffentlichen Dienst ist eine Quote in Parlamenten nicht machbar, die freie Wahl ist heilig – und so muss es auch bleiben! An dieser Stelle müssen die Parteien, die Landesverbände in die Pflicht genommen werden und etwa bei der Listenaufstellung konsequent Repräsentanz herstellen, damit Vertreterinnen überhaupt gewählt werden können.
Im Öffentlichen Dienst wiederum wäre eine Quote völlig legitim. Für die Verbesserung der Repräsentanz von Menschen mit Migrationsgeschichte und von Diskriminierung und Rassismus betroffenen Menschen halte ich es sogar für notwendig.
Repräsentation im Öffentlichen Dienst
Es geht darum, die Chancengleichheit für alle Menschen zu gewährleisten. Wir stellen seit Jahren in vielen Bereichen eine Ungleichbehandlung fest und wollen diese ausgleichen. Ein Instrument beziehungsweise eine Maßnahme wie eine Quote, die sich am Anteil von Personen mit Migrationsgeschichte in der gesamten Bevölkerung orientiert, halte ich persönlich für legitim.
Wir sind eine diverse Gesellschaft und es kann nicht sein, dass sich das nicht auch im Öffentlichen Dienst widerspiegelt. Ich finde es wichtig zu betonen: An dieser Stelle geht es ja nicht um eine Extrawurst oder Privilegierung. Das muss man sich mal vor Augen führen: Wenn wir eine Erhöhung der Repräsentanz fordern, dann fordern wir erstmal nur, dass ein Nachteil ausgeglichen wird. Es geht nicht um die Kirsche auf der Torte, es geht um ein Stück vom Kuchen.
Und so muss an manchen Stellen eben auch von offizieller Stelle eingeführt werden, was Vorgaben für die Repräsentanz bei Bewerbungsverfahren sind. Für die Überprüfung muss dann ebenfalls ein Berichtwesen oder eine Beauftragte für Diversität eingeführt werden, um eine Kontrollinstanz zu etablieren.
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