Schwarzfahren entkriminalisieren – Mobilität ist Menschenrecht!

Nach § 265 a StGb (Strafgesetzbuch) kann wegen „Schwarzfahrens“ eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängt werden.  Auch der Versuch einer sogenannten Berförderungserschleichung ist bereits strafbar. Hinzu kommt noch, dass die Verkehrsbetriebe nach derzeit gültiger Rechtslage berechtigt sind ein erhöhtes Beförderungsentgelt zu erheben. Diese Vorschrift ist überholt und gehört deshalb abgeschafft. Betroffen von dieser doppelten Bestrafung sind fast immer diejenigen, die sich die hohen Fahrpreise einfach nicht leisten können. Betroffen sind vor allem Menschen, die auf die geringen Hartz IV Regelsätze angewiesen sind und Menschen mit geringem oder ohne Einkommen.

Nehmen wir das Beispiel meiner Heimatstadt Bielefeld. Dort sind im Hartz IV Regelsatz insgesamt für Mobilität aktuell  gerade einmal 34,66 Euro monatlich enthalten. Das sogenannte Sozialticket kostet aber monatlich 41,60 Euro und andere Städte sind nicht preiswerter. Ein Umsteigen aufs Fahrrad  ist auch nicht möglich, da dafür notwendige Reparaturen ebenfalls aus diesem Regelsatz nicht mehr zu finanzieren sind. In einem reichen Land wie dem Unseren ist das ein Skandal.

Faktisch sind Menschen mit geringem oder ohne Einkommen gezwungen, auf eine freie, uneingeschränkte Mobilität zu verzichten. Damit wird eine weitere Barriere zu gesellschaftlicher Teilhabe  aufgebaut.

Bereits im Januar 2016 hat meine Fraktion DIE LINKE im Bundestag daher in einem Antrag (Nr. 18/ 7374) gefordert, den Tatbestand der Leistungserschleichung aus § 265a StGB so abzuändern, dass die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein auch im Wiederholungsfall nicht als Straftat geahndet wird. Eine strafrechtliche Sanktionierung des „Schwarzfahrens“ mit all ihren Folgen (Eintragung ins Strafregister bis hin zur Einstufung als vorbestraft und ggf. Abschiebegrund von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft) ist ein unverhältnismäßiger Eingriff des Staates und widerspricht der gebotenen Zurückhaltung des Gesetzgebers beim Einsatz des Strafgesetzes (Ultima-Ratio-Funktion des Strafrechts). Vielmehr sollte der Staat die Sanktionierung dieses niedrigschwelligen Normverstoßes ganz den Verkehrsbetrieben überlassen. Von erhöhtem Beförderungsentgelt bis hin zu Hausverboten haben diese genügend Instrumente in der Hand. Polizei und Justiz würden durch diese „Entbürokratisierung“ enorm entlastet. In dieser Legislaturperiode bereitet die Fraktion DIE LINKE nun einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

Es entspricht auch dem Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes „Schwarzparker“ gegenüber „Schwarzfahrern“ nicht bevorzugt zu behandeln. Beide Handlungen haben in etwa den gleichen Unrechtsgehalt. Falschparken erfüllt aber nur den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit und ist nur mit einem Bußgeld von in der Regel 15 bis 25 Euro bedroht. Dazu kommt, dass das zu zahlende erhöhte Beförderungsentgelt deutlich höher liegt, als das zu zahlende Bußgeld bei gewöhnlichem Falschparken.

Ziel bleibt für mich und auch für meine Partei DIE LINKE der fahrscheinlose Nahverkehr, einhergehend mit einer deutlichen Verbesserung seiner Infrastruktur. Mangelnde Mobilität ist ein Grund dafür, dass Menschen am gesellschaftlichen Leben nicht teilhaben können, da ihnen die Mittel fehlen, ihre Wohnquartiere einmal zu verlassen, in die sie meist umziehen mussten, weil in den Innenstädten der Wohnraum zunehmend unerschwinglich wird. Ein Schritt dahin, dieser Ghettoisierung entgegenzuwirken ist die Abschaffung des § 265 StGb.

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