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Linke in Gewerkschaften – gestern und heute

Die Linke war immer gut beraten, wenn sie an Knotenpunkten der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung an die Öffentlichkeit getreten ist mit der Aufforderung zu einer möglichst breiten Debatte: über Zeitdiagnosen, Aufgabenstellungen, Perspektiven. Ein solcher Knotenpunkt ist gegenwärtig erreicht.

Von „Transformation“ ist die Rede. Ob es sich dabei um eine sozial-ökologische Transformation des Kapitalismus oder über diesen hinaus handelt (und wo dabei die Grenzen liegen), ist offen. Ich plädiere für eine erneuerte Sozialismus-Debatte – gerade auch in der gewerkschaftlichen Linken. Die ist nicht voraussetzungslos. Sie hat eine Geschichte, die wichtig ist, zur Kenntnis genommen zu werden. Sie hat Generationen von Akteurinnen und Akteuren, die man kennen sollte, um von ihnen zu lernen. Sie liefern unerlässliche Bausteine zur Strategiedebatte heute.[1]

Zwei Generationen, die den Aufbau der Einheitsgewerkschaft prägten

Die Neugründung der Gewerkschaften 1945 fand als Einheitsgewerkschaft statt. Es sollten Lehren aus der Niederlage der deutschen Arbeiterbewegung 1933 gezogen werden: nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.

Sozialdemokraten, Kommunisten und Christen wollten die Interessen der Arbeitnehmer gemeinsam vertreten (Klassensolidarität). Die Linken unter ihnen verfügten meist über eine marxistische Grundbildung: Kapitalismusmuskritik mit Sozialismusperspektive, Analyse der Klassengesellschaft, Wissen um die Dialektik von Reform und Revolution aus der Geschichte der Arbeiterbewegung. Daher waren sie in der innergewerkschaftlichen Auseinandersetzung Kritiker der Ideologie der Sozialpartnerschaft in ihren verschiedenen Varianten und in der Regel misstrauisch gegenüber den herrschenden ideologischen und politischen Strömungen in der Sozialdemokratie (auch wenn es ihre eigene Partei war). Die Kommunisten waren durch das KPD-Verbot ab 1956 in die Illegalität gedrängt. Sie wirkten vor allem als Betriebsräte und in den gewerkschaftlichen Grundorganisationen vor Ort; im hauptamtlichen Apparat herrschte hingegen de facto ein Berufsverbot für Kommunisten.

Die Linke engagierte sich in den Auseinandersetzungen um die Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft stark für eine Ausweitung des öffentlichen Eigentums, für staatliche Marktregulierung und paritätische Mitbestimmung. Linke Gewerkschafter waren aktiv in der Bewegung gegen die Remilitarisierung und in der Bewegung „Kampf dem Atomtod“, etwas später auch in der Ostermarschbewegung. Danach konnten die Linken im DGB bis 1968 – gegen heftigen Widerstand des rechten Flügels im DGB und der SPD, die Ende 1967 in eine Regierung der Großen Koalition eintrat – immer wieder eine Mehrheit (im DGB) gegen die Notstandsgesetze mobilisieren.

Die Linken im DGB der Nachkriegsperiode gehörten zwei unterschiedlichen Generationen an: a) diejenigen, die die Novemberrevolution und die Kämpfe in der Weimarer Republik sowie den Widerstand gegen den Faschismus mitgemacht hatten bzw. in der Emigration überlebt hatten, und b) diejenigen, die – zwischen 1920 und 1930 geboren – während des Krieges und in den Nachkriegsauseinandersetzungen zur politischen und gewerkschaftlichen Linken gestoßen waren. Zur ersten Gruppe gehörten in der BRD: Otto Brenner, Willi Bleicher, Philip Pless, Wolfgang Abendroth (natürlich auch Herbert Wehner und Willy Brandt), zur zweiten Gruppe: Leonhard Mahlein, Werner Vitt, Hans Preiss und viele andere.

Es gab eine linke Strömung in den Gewerkschaften, die immer kritisch gegenüber dem Apparat war und eine linke Klassenpolitik von der „Basis“ her konzipierte. Sie knüpfte an die Traditionen der Rätebewegungen und des Selbstverwaltungssozialismus am Anfang des Jahrhunderts sowie in den 1950er und 60er Jahren (auch in Jugoslawien) an. Die (kommunistische) Gruppe Arbeiterpolitik (Salzgitter, Bremen), Trotzkisten (z.B. in Köln und Mannheim), aber auch Betriebsräte und Vertrauensleute, die der illegalen KPD angehörten (Clemens Kraienhorst, Rolf Knecht), spielten dabei eine wichtige Rolle. Peter von Oertzen und Hans Matthöfer waren linke Sozialdemokraten, die die Traditionen der Rätebewegung und ihre theoretische Verarbeitung (z.B. durch Karl Korsch) wachhielten. In den innergewerkschlichen Debatten engagierten sie sich für betriebsnahe Konzeptionen der Tarifpolitik und Bildungsarbeit sowie für die Stärkung der Vertrauensleute (auch als Gegengewicht zu professionalisierten Betriebsräten). Sie waren strikt antikommunistisch, verstanden sich aber als Sozialisten, orientierten sich z.T. an linkssozialistischen Strömungen und Autoren in Westeuropa (z.B. Lelio Basso in Italien, ISJ, André Gorz in Frankreich, Ernest Mandel in Belgien, Ralph Miliband in England). In Hannover wurde die Bildungsarbeit der IG Chemie, Papier, Keramik (Werner Vitt, Hinrich Oetjen) in Kooperation mit „Arbeit und Leben“ (Olaf Sund, Manfred Heckenauer, Adolf Brock u.a.) neu konzipiert. In Frankfurt gab es eine enge Zusammenarbeit mit dem SDS – Oskar Negt und Michael Schumann z.B. arbeiteten zeitweilig in der Bildungsabteilung beim Vorstand der IG Metall. Auch an der Planung des Bildungszentrums Sprockhövel waren Vertreter der IG Metall-Linken beteiligt. Für viele SDS-Gruppen war – oft durch Kooperation mit der lokalen „Arbeitsgemeinschaft für gewerkschaftliche Fragen“ (AgF) – das Engagement in der gewerkschaftlichen Jugendbildungsarbeit selbstverständlich. Die Gründung des „express international“ (Mitte der 1960er Jahre) – heute „Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“ – erfolgte im engen Zusammengang mit diesen Initiativen. Das „Rote Gewerkschaftsbuch“ (August Enderle, Jakob Walcher u.a., 1932) erschien im Verlag Neue Kritik (mit einem Vorwort von Jakob Moneta). Es diente vielfach als Orientierung, z.B. für das von mir und anderen Marburgern verfasste Buch „Kritik der Mitbestimmung“, das ab 1969 im Suhrkamp-Verlag in mehreren Auflagen erschien. Bis Ende der 1960er Jahre profilierte sich die Europäische Verlagsanstalt (EVA, die der IG Metall gehörte) u.a. mit der Schriftenreihe „Politische Texte“ (hrsgg. von Abendroth, Flechtheim und Fetscher), in der zahlreiche sozialistische Klassiker (von Fourier über Blanqui bis zu Rosa Luxemburg und Karl Korsch) neu herausgegeben und Texte u.a. von Ernest Mandel und André Gorz publiziert wurden.

Linke Intellektuelle aus den Universitäten spielten in dieser ersten Periode eher eine marginale Rolle, vor allem wirkten sie über ihre Zugehörigkeit zu den politischen Organisationen. In den Gewerkschaften selbst – in den Betrieben, aber auch in den Apparaten und Vorständen – kam es vor allem auf die proletarische Herkunft und die betriebliche Erfahrung als Voraussetzungen für die Übernahme einer gewerkschaftlichen Funktion an. Eine Ausnahme bildete die Vorstandsverwaltung der IG Metall um Otto Brenner, in der eine Reihe von qualifizierten linken Intellektuellen mit Bindungen an den linken Flügel der Arbeiterbewegung vor 1933 (u.a. Fritz Opel, Jakob Moneta) tätig waren. Walter Fabian (einst führender SAPler) war – wie es heißt, auf „Druck von Otto Brenner“ – von 1957 bis 1970 Chefredakteur der „Gewerkschaftlichen Monatshefte“.

Die starke Position der IG Metall im DGB lieferte das Anschauungsmaterial für die Auffassung, dass die Industriearbeiterschaft gleichsam die Kern- und Führungsgruppe der gesamten Arbeiterklasse sei. Die Septemberstreiks des Jahres 1969, die von der Eisen- und Stahlindustrie sowie vom Bergbau ausgingen, bestärkten solche Positionen, die auch auf den einst antiautoritären Flügel der Studentenbewegung übergriffen und die Gründung „proletarischer“ Parteiinitiativen (K-Gruppen) begünstigte. Der Hoesch-Arbeiter mit dem Helm auf dem Kopf symbolisierte – auch auf dem Umschlag von Büchern – diesen Blick auf die Arbeiterbewegung.[2] Wenige Jahre später zwang die Erkenntnis, dass es in Deutschland mehr Krankenschwestern als Stahlarbeiter gab, zum Nachdenken!

Das „linke Jahrzehnt“

Die linken Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter der nachfolgenden Generation waren in den 1970er Jahre durch zahlreiche neue politische Erfahrungen geprägt:

  • die Studentenbewegung (und den SDS);
  • den globalen Aufschwung der antiimperialistischen Befreiungsbewegungen (Vietnam, Kuba usw.);
  • die Klassenkämpfe in Westeuropa (namentlich in Frankreich, Italien und Großbritannien); Aufschwung des militanten Flügels der westeuropäischen Gewerkschaften; die sozialdemokratischen Parteien rückten nach links (das sozialistisch-kommunistische Regierungsprogramm in Frankreich, Entspannungspolitik, Thematisierung der Nord-Süd-Spaltung);
  • Sturz der faschistischen Regime in Südeuropa (Griechenland, Portugal, Spanien); die portugiesische Revolution.
  • Der faschistische Putsch in Chile eröffnete eine Epoche brutaler Militärdiktaturen in Südamerika;
  • die inneren Krisen und Auseinandersetzungen in den sozialistischen Staaten (ČSSR, Polen), aber auch die „Kulturrevolution“ und der Tod Maos in der VR China; die Reformpolitik von Deng Xiao Ping nach 1978 wurde zunächst weniger beachtet;
  • schließlich die innenpolitischen Auseinandersetzungen nach der Bildung der Regierung der sozialliberalen Koalition (Oktober 1969) unter Willy Brandt, die sich zur Neuen Ostpolitik bekannte und zunächst ein Programm der innenpolitischen Reformen vertrat;
  • linke politische Organisationen gründen sich neu: DKP, MSB, SDAJ, Sozialistisches Büro; die verschiedenen K-Gruppen; neue soziale Bewegungen entstanden: die neue Frauenbewegung und die Anti-AKW-Bewegungen, aus denen die Partei Die Grünen Ende der 1970er Jahre hervorging; die verschiedenen linken Strömungen bekämpfen sich gegenseitig auf das heftigste.
  • Die neue Linke in den DGB-Gewerkschaften wurde deutlich durch die Wirkungen und Folgen der 68er-Bewegungen bestimmt: die antiautoritären Jugendbewegungen („Kulturrevolution“) hatten Einfluss auf die Gewerkschaftsjugend, und die Renaissance des Marxismus an den Universitäten wirkte auf die Gewerkschaften zurück: auf die jungen haupt- und ehrenamtlichen Funktionäre sowie auf die kapitalismuskritischen Reformdebatten jener Jahre, die von kritischen Wissenschaftlern mit vorbereitet und begründet wurden (in Fragen der Wirtschaftspolitik von der „Memorandumgruppe“; in den Programmen zur „Humanisierung der Arbeit“ von industriesoziologischen Instituten u.a. in Göttingen, München und Dortmund; in Fragen des Verfassungs- und Arbeitsrechts u.a. durch Wolfgang Däubler und Michael Kittner; in der Bildungspolitik durch kritische Pädagogen, Soziologen und Philosophen wie Oskar Negt; die „Marburger Schule“ der Schüler von Wolfgang Abendroth entfalteten mit ihren Schriften zur Geschichte und Politik der Arbeiterbewegung eine Neubelebung gewerkschaftlicher Strategiedebatten).

Auf all diesen Feldern gab es auch Konflikte und Kämpfe, die in den Gewerkschaften ausgetragen werden mussten. Sie bildeten jedoch einen Teil der Politisierung der Gewerkschaften in diesem Jahrzehnt.

Der damalige Vorsitzende des DGB, Heinz Oskar Vetter, war beim DGB-Kongress des Jahres 1978 auf die Frage eingegangen, wie die Gewerkschaften auf die Krise reagieren sollten, und formulierte dabei die folgenden Grundsätze, die auch von den Linken in den Gewerkschaften unterstützt wurden:[3]

„Die Krise mit ihren wirtschaftlichen, sozialen und politischen Auswirkungen erfordert eine umfassende Antwort der Gewerkschaften. Folgende Grundsätze sollten in Zukunft unsere Politik bestimmen:

—        Ausbau der autonomen Handlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften

—        Entwicklung konkreter Aktionsprogramme

—        Stärkung der Einheitsgewerkschaft

—        Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit.

Wir müssen uns sehr viel mehr auf unsere eigene Kraft verlassen. Wir müssen die eigenen Handlungsmöglichkeiten sichern und ausweiten.“

Die 1970er Jahre gelten heute global als ein „linkes Jahrzehnt“, vor allem auch als ein Jahrzehnt des Aufschwungs gewerkschaftlicher Kämpfe in den entwickelten kapitalistischen Gesellschaften des Westens, vor allem in Westeuropa. In Frankreich und vor allem in Italien erzielten die kommunistischen Massenparteien (PCF und PCI) mit „ihren“ Gewerkschaften CGT und CGIL Erfolge bei Wahlen und in großen Streikbewegungen. Massenstreikbewegungen führten in Griechenland, Portugal und Spanien zum Sturz der faschistischen Regierungen. Auch in der Bundesrepublik nahm die Streiktätigkeit zu – von den Septemberstreiks 1969 bis zu den Streikbewegungen um die 35-Stunden im Jahre 1984. Die Linken in den Gewerkschaften spielten bei der Vorbereitung und der Durchführung solcher Bewegungen eine wichtige Rolle.

Der Einfluss der Studentenbewegung machte sich auf verschiedene Weise geltend. Die Renaissance des Marxismus (an den Universitäten) wirkte sich auf die gewerkschaftliche Bildungsarbeit aus. Der Interessengegensatz von Kapital und Arbeit, aber auch die marxistische Klassen- und Krisenanalyse rückten ins Zentrum. Neben der „Sozialkritik“ wurde auch die „Künstlerkritik“ (Boltanski/Chiapello) gestärkt – d.h. neben den klassischen Forderungen (Löhne, Arbeitsbedingungen, soziale Sicherungen) werden qualitative Fragen (Überwindung von Entfremdung) aufgewertet: Arbeitszeit, Kontrolle der Arbeitsbedingungen, Fragen der Mitbestimmung und der Arbeiterkontrolle, Genderpolitik in Betrieb und Gesellschaft, aber auch: die Verbindung von gewerkschaftlicher Interessenvertretung (im Betrieb) und gesellschaftspolitischen Reformforderungen und -kämpfen z.B. im Bildungssektor oder auf der Ebene der kommunalen Wohnungs- und Kulturpolitik. Das reflektierte sich auch in der autonomen linken Kulturbewegung jener Jahre: nicht nur Hannes Wader, Dieter Süverkrüp und Franz-Josef Degenhardt, die chilenischen Songgruppen, die linken Rock- und Free-Jazz-Gruppen, sondern auch die zahlreichen Gewerkschaftschöre, Song- und Theatergruppen, in „Streikuniversitäten“ wurden vor Werktoren Vorlesungen gehalten. Unter dem Einfluss der Bewegungen nach ‚68 entwickelte sich auch ein neuer Begriff von gewerkschaftlicher Autonomie. Im Kampf um gesellschaftspolitische Reformen, aber auch um autonome Räume der Selbstverwaltung innerhalb und außerhalb der Betriebe gewannen z.B. in den Kämpfen der italienischen Arbeiter die Gewerkschaften (als „Basisorganisationen der Arbeiterklasse“) eine größere Selbständigkeit gegenüber den Parteien und damit eine größere Bedeutung im politischen Raum. Der radikale Flügel der Shop-Stewards in Großbritannien vertrat z.B. die Auffassung, dass der Kapitalismus aufgrund der durch die Streiks durchgesetzten Lohnforderungen zusammenbrechen werde.

Ende des Fordismus – neue Konfliktfelder

In den 1970er Jahren vollzogen sich unter der Oberfläche der Linksverschiebungen im politischen Raum Strukturveränderungen, die für die Gewerkschaftsarbeit der folgenden Zeit von fundmentaler Bedeutung sein sollten:

a) das Ende des Fordismus bzw. des „Wirtschaftswunders“;

b) die ersten Anfänge der digitalen Revolution; Ent-Industrialisierung durch Verlagerung der Produktion an die Peripherie (Globalisierung, „neue internationale Arbeitsteilung“), Feminisierung der Erwerbsarbeit;

c) Veränderungen in der Sozial- und Klassenstruktur: wachsende Bedeutung des Dienstleistungssektors und der lohnabhängigen wissenschaftlich-technischen Intelligenz; Übergänge zum globalen Finanzmarkt-Kapitalismus;

d) die Anfänge der Ökologie-Debatte und der „Grenzen des Wachstums“ (Club of Rome, Anti-AKW-Bewegung);

e) der Aufstieg des Neoliberalismus (ideologisch und politisch: was kommt nach dem Fordismus?).

Auf all diesen Feldern entstand für linke Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ein enormer Bedarf an Information und Erklärung. Vielen von uns war lange nicht bewusst, welche tiefgreifenden Veränderungen sich im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts anbahnten bzw. schon durchsetzten. Die großen Konferenzen des Frankfurter Instituts für marxistische Studien und Forschungen boten Diskussionsforen; an verschiedenen Orten gab es „Abendroth-Foren“, in denen sich Gewerkschafter und Wissenschaftler über die Widersprüche und krisenhafte Dynamik der Kapitalakkumulation austauschten.

Allmählich entwickelte sich auch bei einem Teil der linken Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern ein Bewusstsein von den sich akkumulierenden ökonomischen und politischen Krisenprozessen in den „sozialistischen Staaten“ um die Sowjetunion. Die Krise der großen Kommunistischen Parteien in Westeuropa (PCI, PCF, PCE etc.) wurde im Übergang zu den 1980er Jahren manifest. Die Streikbewegungen in Polen (Solidarnocz 1980) wurden von trotzkistischen Kolleginnen und Kollegen als der Beginn einer Revolution der Arbeiterklasse gegen den bürokratisch entarteten Staatssozialismus begrüßt.

Ein Teil der linken Intellektuellen , die in den frühen 1970er Jahren radikal-marxistische Positionen eingenommen hatten und den linken Flügel der westeuropäischen Gewerkschaften (vor allem die Shop-Steward-Bewegung in England) bewunderten, verabschiedete sich (grob: im Übergang zu den 1980er Jahren) von solchen Positionen, die sie z.B. in den Jahrbüchern „Gewerkschaften und Klassenkampf“ (auch im „express“) vertreten hatten. Einige von ihnen orientierten auf die neue Partei Die Grünen (wo sie bald bei den Realos untergingen). Über das „Hattinger Forum“ z.B. plädierten sie dafür, dass sich die Gewerkschaften für die Forderungen der neuen sozialen Bewegungen öffnen und sich von Positionen einer traditionell marxistischen Klassenkampf- und Autonomieorientierung distanzieren.

Für die Linken in den Gewerkschaften spielten Fragen der internationalen Politik (Krieg und Frieden) sowie des Internationalismus immer eine wichtige Rolle. Bis zum Ende der 1970er Jahre entwickelte sich in der Auseinandersetzung um die „Nachrüstung“ der NATO (Stationierung der Mittelstreckenraketen) eine mächtige neue Friedensbewegung, in der neben den Linken aus den Parteien (SPD, DKP, Grüne) auch die Anhänger der neuen sozialen Bewegungen und linke Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern eine wichtige Rolle spielen sollten (300.000 in Bonn). Um die öffentliche Unterstützung der neuen Friedensbewegung („Krefelder Appell“) gab es in den DGB-Gewerkschaften eine heftige Auseinandersetzung.

Was waren die wichtigsten Konfliktfelder?

Angesichts der Dominanz der SPD in den DGB-Gewerkschaften war es unvermeidlich, dass mit der Bildung der sozialliberalen Regierung (Brandt/Scheel) neue Widerspruchskomplexe entstehen mussten: zwischen der Loyalität der Gewerkschaften gegenüber der Regierung und der SPD (Beteiligung an der „konzertierten Aktion“ mit Wirtschaftsminister Karl Schiller) und der Kritik an Regierungsentscheidungen und unzureichenden Reformgesetzen (z.B. bei der Mitbestimmung). Die Gewerkschaftsjugend hatte schon früh gegen die unzureichende Reform der Berufsausbildung mobilisiert. Die Tarifpolitik der Gewerkschaften – vor allem der Streik der ÖTV unter ihrem Vorsitzenden Heinz Kluncker im Jahr 1974 (der mit zum Rücktritt von Willy Brandt führte) – geriet oft in Konfrontation mit der Regierung. Der Übergang zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik und die Anfänge der Austeritätspolitik unter dem Bundeskanzler Helmut Schmidt rief mehr gewerkschaftlichen Protest hervor. Zudem gab es aus den Gewerkschaften heftigen Protest gegen die Politik der Berufsverbote.

  • Ab Mitte der 1970er Jahre begann die Auseinandersetzung um die „kommunistische Unterwanderung“ der DGB-Gewerkschaften. Diese bezog sich einerseits auf die Rolle der SDAJ in der Gewerkschaftsjugend, andererseits auf die Geschichtsdebatten im DGB, die von der Marburger „Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung“ (1977ff.) ausgelöst worden waren. Die Geschichtskonferenz des DGB in München (1979) sowie umfangreiche Forschungen zur Gewerkschaftsgeschichte, die nunmehr auch von sozialdemokratisch orientierten Historikern angegangen wurden, waren ein (durchaus positives) Ergebnis solcher Debatten; denn nunmehr mussten auch Einwände gegen die apologetische Rechtfertigung sozialdemokratischer Politik im und am Ende des Ersten Weltkrieges sowie nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 und dem Aufstieg des Faschismus berücksichtigt werden. Der Unterwanderungsvorwurf bezog sich auch auf andere Bereiche: auf die „Memo-Gruppe“ sowie auf den „Krefelder Appell“. Vor allem die sozialdemokratischen Gewerkschafter um den Vorsitzenden der IG Chemie, Hermann Rappe, fürchteten wohl (mit Herbert Wehner) um die Erosion der strikt antikommunistischen Orientierung, die der DGB im Kalten Krieg eingenommen hatte. Die von Rappe geforderten administrativen Ausgrenzungsmaßnahmen gegen einzelne Personen scheiterten vor allem daran, dass linke Kräfte – vor allem aus der IG Metall und der IG Druck und Papier (z.B. Georg Benz, Hans Preiss und Detlef Hensche) – sich gegen die antikommunistischen Denunziationen verwahrten. Allerdings standen die Exponenten des linken Flügels auch in der IG Metall unter Eugen Loderer (in den 1970er Jahren) unter Druck. Die sogenannte „Viererbande“ (Georg Benz, Hans Preiss, Heinz Dürrbeck und Hans Janßen) war in der nationalen Pressekampagne gegen die „kommunistische Unterwanderung“ heftiger Kritik ausgesetzt, die partiell vom 1. Vorsitzenden und seinen Anhängern geteilt wurde.
  • Zur gleichen Zeit zeichnete sich im DGB eine Spaltung zwischen einem „rechten“ –, von der IG Chemie geführten – und einem „linken“ – von der IG Metall geführten – Flügel ab. Die Differenzen bezogen sich nicht allein auf das Verhältnis zur SPD und Regierungspolitik, sondern auch auf die Tarifpolitik. Als sich in der IG Metall die Orientierung auf die Verkürzung der Wochenarbeitszeit als Antwort auf neue Technologien und die Krisenprozesse (mit der Folge steigender Arbeitslosigkeit, die im Übergang zu den 80er Jahren die Zwei-Millionen-Grenze überschritten hatte) durchsetzte, lehnte die IG Chemie diese Politik demonstrativ ab, die von den Arbeitgebern heftig bekämpft wurde und die Streikbewegungen des Jahres 1984 notwendig machten. In der IG Chemie hatte unter Hermann Rappe seit den 1970er Jahren – eine „Säuberung“ des Apparats von linken Funktionären stattgefunden. Viele von ihnen waren verbittert, wurden aber von anderen Gewerkschaften (z.B. HBV, IG Holz und Kunststoff, IG Metall) aufgenommen – so wurde H.G. Lang, ehemaliger Bezirksleiter der IG Chemie in Hessen, Bezirksleiter von HBV in Baden-Württemberg. Einer seiner jungen Nachwuchssekretäre war Bernd Riexinger.

Linke Politik in der großen Transformation

Was ist in den nachfolgenden Jahrzehnten aus der Linken in den Gewerkschaften geworden? Wie stellt sie sich heute dar? Dominieren dabei Traditionslinien, die an die früheren Perioden anschließen und diese fortführen? Oder, hat sich in der Großen Transformation seit dem Ende des 20. Jahrhunderts ein tiefgreifender Traditionsbruch vollzogen, in dessen Resultat sich notwendig Fragen linker Politik in den Gewerkschaften und vor allem die Fragen nach den Subjekten, die diese Politik vertreten, neu stellen müssen? Ich habe nicht den Anspruch, diese Fragen erschöpfend zu beantworten. Ich will allerdings versuchen, für weitere Debatte einige Aspekte zu beleuchten.

Erinnern wir uns kurz an den „Geist“ der Umbruchsperiode nach 1989/91. In den Jahren 1989/91 war allenthalben vom „Ende der Geschichte“ (Fukuyama) die Rede. Die Konservativen und Reaktionäre aller Schattierungen feierten ihre Siege über den Sozialismus. Der konservative Journalist und Zeithistoriker Joachim Fest, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, proklamierte das „Ende des utopischen Zeitalters“. Der „Traum“ vom Sozialismus sei endgültig „zerstört“, zum „Stoff für Historiker“ geworden: „Der Marxismus kehrt nach blutigen Ausflügen wieder ins British Museum zurück“.[4] Perry Anderson, der Gründer und Mitherausgeber von New Left Review, einer der bedeutendsten Historiker und Theoretiker des Marxismus am Ende des 20. Jahrhunderts, sah die politische Krise der sozialistischen Staaten und Parteien am Ende des Jahrhunderts in einem engen Zusammenhang mit einem langfristigen Verfall der Legitimation und Attraktivität sozialistischer Ziele und Werte, namentlich bei den Angehörigen der subalternen Klassen. „Gleichheit, die nach dem Zweiten Weltkrieg immerhin eine rhetorische Rolle im öffentlichen Leben spielte, auch wenn sie in Wirklichkeit radikal abgewehrt wurde, gilt derzeit weder als möglich noch als wünschenswert. Ja, für den gesunden Menschenverstand unserer Tage sind alle Ideen, die einst den Glauben an den Sozialismus ausmachten, bloß noch tote Hunde. Das Zeitalter der Massenproduktion ist von einer Nach-Fordismus-Ära abgelöst worden. Die Arbeiterklasse gilt als verblassende Erinnerung an die Vergangenheit, Kollektiveigentum als Garantie für Tyrannei und Ineffizienz; substanzielle Gleichheit als unvereinbar mit Freiheit. … Keine der Strömungen, die in diesem Jahrhundert als Herausforderer des Kapitalismus antraten, hat zur Stunde noch Kampfgeist oder eine Massenbasis.“[5] Ein Vorsitzender der IG Metall erklärte immer wieder, dass er durch die Erfahrungen des Umbruchs, vor allem aber des Zusammenbruchs der DDR, von seinen frühen revolutionär-kommunistischen Vorstellungen, die er noch als Betriebsrat in den 1980er Jahren vertrat, „geheilt“ worden sei.

Wir haben in den letzten drei Jahrzehnten in unterschiedlichsten Zusammenhängen diesen gewaltigen epochalen Umbruch zu analysieren versucht.[6]

Die beiden Determinanten, die für die Linken in den Gewerkschaften bis in die 1980er Jahre (mit dem Höhepunkt der Streikbewegungen des Jahres 1984 zur Durchsetzung der 35-Stunden-Woche) bestimmend waren, verlieren mit dem Übergang in die Periode der Großen Transformation (und der welthistorischen Zäsur der Jahre 1989/91) zunehmend an Kraft und Bedeutung: die Kapitalismusmuskritik und Sozialismusperspektive des linken – sozialistischen und kommunistischen – Flügels der Arbeiterbewegung und die radikalen Impulse der Gesellschaftskritik wie der Autonomiebestrebungen der subalternen Kräfte im Gefolge der 68er-Bewegungen. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die in solchen Traditionen politisch sozialisiert waren, erreichten nach der großen Wende bald das Rentenalter. Sie wurden nur in einzelnen Fällen durch sozialistisch gebildete, in den realen Auseinandersetzungen und Streikbewegungen sozialisierte Nachwuchskräfte ersetzt. In den Universitäten wurden bald die „Marxistinnen und Marxisten“ emeritiert, die in den frühen 1970er Jahren – in Folge der Studentenbewegung – Professorenstellen erhalten hatten. Seit den 1990er Jahren gab es verschiedene Versuche, eine Gewerkschaftslinke als übergreifenden Diskussionszusammenhang zu organisieren, um der Kritik an der Politik des Wettbewerbskorporatismus in den Gewerkschaften Geltung zu verschaffen. Sie erwiesen sich jedoch nicht als erfolgreich und tragfähig.

In Deutschland wirkten vor allem die Folgen der Einheit nach 1989, die ideologisch „Marktwirtschaft“, Liberalismus und Antisozialismus stärkten, jedoch ökonomisch die BRD zunächst belasteten (Kosten der Einheit). Die Gewerkschaften wurden nicht nur mit der Aufgabe konfrontiert, neue Mitglieder- und Vertretungsstrukturen in den neuen Bundesländern aufzubauen, was sehr viel Kraft, Einsatz und Geld kostete. Gleichzeitig wurden die Gewerkschaften im Osten mit einem „Wild-West-Kapitalismus“ konfrontiert, der die Schwäche der politischen Linken und der Gewerkschaften brutal zu seinen Gunsten nutzte. Dazu absorbierte im Übergang ins neue Jahrtausend die Reorganisation der Einzelgewerkschaften im DGB – von 17 auf inzwischen 8, vor allem natürlich die Gründung der großen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di – einen erheblichen Teil der gewerkschaftlichen Kraft. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang, dass es für die Linke in den DGB-Gewerkschaften durchaus ein Substanzverlust war, dass die kleine IG Medien (einst IG Druck und Papier) in der neuen großen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di aufging. Dem war vorausgegangen, dass die Drucker – historisch am linken Flügel der Gewerkschaftsbewegung angesiedelt – schon seit den 1970er Jahren durch die neuen Techniken im Druckgewerbe „freigesetzt“ wurden. Die Betriebsräte der großen Zeitungsdruckereien waren wichtige Bastionen der gewerkschaftlichen Linken!

Die Gewerkschaften geraten in den meisten entwickelten kapitalistischen Staaten in die Defensive bzw. in tiefe Krisen (vor allem ihr einst linker Flügel in Italien, Frankreich, GB): Mitgliederverluste, Niederlagen in Streikbewegungen, sinkender politisch-ideologischer Einfluss. Der Kern der industriellen Arbeiterklasse wird – durch Produktionsverlagerungen an die Peripherie bzw. durch neue Technologien – geschwächt (Beispiele sind Bergleute, Stahlarbeiter, Textilindustrie). In der Bauindustrie (aber z.B. auch in der Fleischverarbeitung und einigen Dienstleistungsbereichen wie der Logistik) führt die Internationalisierung bzw. Europäisierung des Arbeitsmarktes (vor allem nach der EU-Osterweiterung in den späten 1990er Jahren) zu einer gravierenden Schwächung der Gewerkschaften. In den neuen High-Tech-Bereichen, in weiten Teilen des Dienstleistungssektors, in den Gesundheits- und Pflegeberufen, vor allem aber in den neuen prekären Segmenten des Arbeitsmarktes sind Gewerkschaften entweder schwach oder mussten erst neue Vertretungsstrukturen aufbauen

Ein DGB-Vorsitzender gab in den 1990er Jahren die Losung aus: „Anpassen, um zu überleben!“„ Im Bereich der Großbetriebe der auf den Weltmarkt orientierten Industrien (Automobil, Elektro, Maschinenbau, Chemie und Pharmazie) verfügen die IG Metall und IG BCE noch über starke Positionen: hoher Organisationsgrad, starke Betriebsräte, Präsenz in den Aufsichtsräten. Dort setzte sich ein neuer Wettbewerbskorporatismus (Co-Management, Standortdenken) durch, der von den Betriebsräten (als dem Machtzentrum der Gewerkschaften) getragen wird. Von der Führung der IG Metall kommen Angebote, auf harte Tarifkämpfe zu verzichten, um auf diese Weise Beschäftigung zu sichern. Die betrieblichen Öffnungsklauseln in Tarifverträgen (Pforzheim 2004) gehen auf Forderungen der Unternehmer nach Flexibilisierung bei der Umsetzung von Tarifverträgen ein. Die Linken in der IG Metall kritisieren solche Kompromisse, weil sie ihr Beitrag zur Beschäftigungssicherung allenfalls temporär ist und weil in Zeiten von weltweiten Krisenprozessen und neoliberaler Hegemonie die Stärkung der gewerkschaftlichen Gegenmacht, die die Unternehmer zu Kompromissen zwingt, die zentrale Aufgabe bleibt.

Ein tiefgreifender Wandel vollzieht sich auch im Verhältnis zwischen den Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei. Die Mehrzahl der Funktionäre ist nach wie vor Mitglied der SPD. Dennoch hat die – um die Jahrtausendwende in Europa bei Wahlen durchaus erfolgreiche – Politik von „New Labour“ (Tony Blair, Gerhard Schröder, Felipe Gonzales, aber auch Bill Clinton u.a.) zu einer Entfremdung, bald auch zu Austritten aus der der Sozialdemokratie geführt. Die Schröder-Regierung nahm nicht nur am Überfall der NATO auf Jugoslawien teil, sondern leistete mit den „Hartz-IV-Reformen“ einen wesentlichen Beitrag zum Abbau des Sozialstaates und zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sowie zur beschleunigten Ausweitung des Niedriglohnsektors. Walter Riester, einst als Stratege des Kampfes um die 35-Stunden-Woche geschätzt und als DKP-U-Boot in der Presse diffamiert, wurde als Minister der Schröder-Regierung mit einer Teil-Privatisierung des Rentensystems identifiziert, die ein Geschäft für die Banken und die Finanzmärkte werden sollte. Für die Anhänger von „New Labour“ waren linke Gewerkschafter, die von Kapitalismus, Klassenkampf und Sozialismus sprachen, die „Dinosaurier des Industriezeitalters“, Looser par excellence!

Die Gründung der WASG und schließlich deren Zusammengehen mit der PDS zur Partei DIE LINKE (2007) unter Gregor Gysi und Oskar Lafontaine führte dazu, dass sich bis heute Kolleginnen und Kollegen in größerer Zahl als zuvor zur Partei Die Linke bekennen. Immerhin waren Klaus Ernst (IG Metall) und Bernd Riexinger (ver.di) hauptamtliche Gewerkschaftsfunktionäre, bevor sie an die Spitze der neuen Partei traten. Seitdem wird die Kritik der Gewerkschaften von einer Partei im Bundestag unterstützt. Ob die Linken in den Gewerkschaften und in der Partei sich gegenseitig stärken, ist allerdings nach wie vor eine offene Frage.

Der Alltag gewerkschaftlicher Interessenvertretung im Betrieb sowie auf den Feldern der Tarif- und der Gesellschaftspolitik wurde in dieser Periode durch die Erfahrung von Machtverlust und Defensive geprägt, kombiniert mit Überbelastung sowohl der betrieblichen Akteure (Betriebsräte, Vertrauensleute) als auch der hauptamtlichen Funktionärinnen und Funktionären) in ihrer täglichen Arbeit. Angesichts der Offensive des Neoliberalismus, den David Harvey zu Recht als eine Ideologie und Politik zur Stärkung der „Klassenmacht der Bourgeoisie“ bezeichnet, war es Hauptaufgabe der Linken in den Gewerkschaften und in den Betrieben geworden, dieser Offensive Widerstand entgegenzusetzen und gleichzeitig dafür zu arbeiten, die organisatorische und strukturelle Macht der Gewerkschaften zu stärken. Dabei mussten vielfach Niederlagen hingenommen und verarbeitet werden: Die Mitgliederverluste nahmen zu, auf dem Felde der Tarifpolitik konnten Reallohneinbußen nicht verhindert werden.

In den Betrieben und im Arbeitsleben wurde der Neoliberalismus als Zwangsregime unter globalem Wettbewerbsdruck wahrgenommen. Viele Beschäftigte beklagten nicht nur die individuelle Ohnmacht, sondern auch die ihrer Gewerkschaften gegenüber diesen Zwängen und dem damit verbundenen Druck im Arbeitsprozess. Dort, wo sie noch stark waren (z.B. in der Automobilindustrie) mussten auch linke Betriebsräte den „Ritt auf der Rasierklinge“ wagen (so ein Kollege aus Braunschweig), d.h. über Co-Management die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes sichern und dafür beim Lohn, Prämien, Gestaltung der Arbeitsbedingungen und auch bei Mitbestimmungsrechten Zugeständnisse von Seiten der Unternehmensleitung zu erzwingen.

Die „Gewerkschaftslandschaft“ ist mehr und mehr „zerklüftet“ bzw. fragmentiert: Neben den traditionell-industriellen Zentren haben sich die „weißen Flecken“ (ohne Schutz durch Flächentarifvertag, Betriebsräte usw.) ausgeweitet. Nicht nur im Osten, sondern auch in den Dienstleistungsbereichen mit hohem Anteil an prekärer Beschäftigung, unter Leiharbeitern, ausländischen und migrantischen Arbeitskräften. Auch im IT-Sektor sind Gewerkschaften traditionell schwach. Hier müssen neue Strukturen aufgebaut werden und hier stoßen Gewerkschaften immer wieder auf heftigen Widerstand. Die elementaren Funktionen von Gewerkschaft als Solidar- und Schutzgemeinschaft müssen sich im „täglichen Guerillakrieg zwischen Kapital und Arbeit“ (Karl Marx) bewähren. Die Unternehmer investieren oftmals viel Kraft und Geld (mit Unterstützung von großen Anwaltskanzleien), um den Aufbau von Gewerkschaften und von Betriebsräten in ihren Betrieben zu verhindern – bis hin zu den vermehrt verfolgten Praktiken des „Union Busting“, das in den USA ein erprobtes Instrument des Klassenkampfes im Dienste des Kapitals ist.

Die Gewerkschaften reagieren mit ihren Organizing-Kampagnen auf diese neuen Herausforderungen; dabei werden viele junge Kolleginnen und Kollegen mit der Realität von Klassenverhältnissen und -konflikten konfrontiert. Sie müssen lernen, Gegenmacht durch Solidarität und ggf. Kampfbereitschaft aufzubauen. Die Streikkonferenzen der Rosa-Luxemburg-Stiftung haben seit einigen Jahren immer wieder einen sehr lebendigen Eindruck von den vielfältigen Auseinandersetzungen und Kampferfahrungen auf der betrieblichen Ebene vermittelt, die beim Aufbau von Gegenmachtstrukturen im Interesse der Lohnabhängigen gemacht werden müssen. Auch im Einzelhandel, im Pflegebereich und in den Krankenhäusern finden solche Konflikte und Lernprozesse statt, an denen überwiegend Frauen beteiligt sind.

In solchen Erfahrungszusammenhängen der „Abstiegsgesellschaft“ (Oliver Nachtwey) sind auch in den Gewerkschaften Illusionen über Sozialpartnerschaft im Kapitalismus verflogen. Dass Kapitalverwertung mit Ausbeutung und mit ungleichen Macht- und Klassenverhältnissen verbunden ist, trat im Zuge der Entfaltung der inneren Widersprüche des globalen Finanzmarktkapitalismus und der neoliberalen Politik deutlich zutage. Das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen wurde und wird verletzt. Der Legitimationsverlust der politischen Klasse sowie der demokratischen Institutionen steht damit in einem engen Zusammenhang. Auch in den Gewerkschaften wurden jetzt kritische Debatten über den Kapitalismus und seine Zukunft, über soziale Ungleichheit und soziale Unsicherheit stärker zur Kenntnis genommen. Viele Linke in den Gewerkschaften engagierten sich seit den späten 1990er Jahren – zusammen mit linken Intellektuellen aus der ganzen Welt – in der globalisierungskritischen Bewegung, nahmen an den großen Meetings des Weltsozialforums. Hier begegneten linke Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter der älteren Generationen Aktivisten einer jüngeren Generation, die die Kritik der „Globalisierung“ mit Kapitalismuskritik, mit Kritik an Ausbeutungsverhältnissen von Arbeitskräften und Rohstoffen, mit dem Engagement für die Kämpfe der Subalternen in der vom Kapital beherrschten Weltordnung eintreten..

Zeitenwende – neue Sozialismusdebatte

Seit der Großen Krise von 2008 ff. haben sich die Herausforderungen und Handlungsbedingungen für die Gewerkschaften noch einmal grundlegend verändert. Wir haben im Forum Gewerkschaften immer wieder versucht, diese Problematik zu analysieren zu diskutieren. Zuletzt – vor den Gewerkschaftskongressen von ver.di und IG Metall Ende 2019 – veröffentlichte das Forum einen Text „Machtressourcen für eine progressive Transformation. Was können Gewerkschaften einbringen?“ als Supplement der Zeitschrift Sozialismus (Heft 9/2019). Da sich im Zuge der Corona-Krise ganz neue Dimensionen der „multiplen Krise“ und der „reflexiven Globalisierung“ abzeichnen, sind die abschließenden Bemerkungen eher als Material und Anregung für eine notwendige Diskussion innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften zu verstehen.

Seit der Krise von 2008 verläuft die ökonomische, soziale und politische Entwicklung extrem widersprüchlich. Auf der einen Seite befinden sich Länder – darunter auch Deutschland –, die trotzt abgeflachter Wachstumsraten die Krise mit einem langen Wachstumszyklus und einer stabilen Arbeitsmarktsituation zunächst bewältigt hatten. Die innere Nachfrage sowie die Exporte spielen dabei eine zentrale Rolle – und hier macht sich schon die Bedeutung der VR China als Wachstumslokomotive und zunehmend als Konkurrent auf dem Weltmarkt geltend. Zehn Jahre steigende Börsenkurse wurden gefeiert, um eine Art neues „goldenes Zeitalter“ zu suggerieren. Auf der anderen Seite kumulieren sich Widersprüche im System des globalen Finanzmarktkapitalismus: ungleiche Entwicklung, Polarisierung von Einkommen und Vermögen, Zunahme von inneren sozialen Konflikten (Streikbewegungen), Umwelt- und Klimakrise, Anstieg der globalen Migrationsbewegungen, Zunahme der Kriegsgefahr. In den Zentren des Westens kumulieren sich Erscheinungsformen einer politischen Krise: mangelnde Problemlösungskompetenz der politischen Klasse und der etablierten „Volksparteien“, Tendenz zu autoritären Herrschaftsformen, Aufschwung eines – rassistisch-völkischen – Nationalismus, aber auch – in einigen Ländern, vor allem im angelsächsischen Bereich – Aufschwung einer politischen Linken, die ein sozialistisches Programm vertritt und vor allem von jungen Menschen unterstützt wird.

In der Corona-Krise des Jahres 2020 bündeln und verschärfen sich diese Widerspruchskomplexe. Neben den Folgen der Epidemie und ihren gesundheitspolitischen Implikationen bahnt sich mit der Krise der Finanzmärkte und dem Übergang in eine Rezession (mit Betriebsstilllegungen und steigender Arbeitslosigkeit) eine Weltwirtschaftskatastrophe an, die besonders die exportorientierten Ökonomien – in der EU die deutsche Wirtschaft – treffen wird. Die epochale Bedeutung dieser Krise ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur zu ahnen. Die Erneuerung und Dynamisierung des Kapitalismus im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts, die Dominanz der Finanzmärkte, „Globalisierung“ und neoliberale Politik waren eine Reaktion auf die Krise des Fordismus und den Aufschwung der Linken in den 1970er Jahren. Nunmehr ist diese bislang letzte Welle eines neuen kapitalistischen Wachstumsschubs, der angetrieben und begleitet wird von einer Revolutionierung der Produktivkräfte, an einem krisengeschüttelten Punkt angelangt. Der Hegemoniezyklus des Neoliberalismus, war schon seit der Krise nach 2008 in eine letzte Abschwungphase geraten. Die Tendenz zum autoritären Kapitalismus signalisierte alternative Strategien, die vor allem auf eine Aufwertung nationaler Souveränität – verbunden mit dem Abschied von der Austeritätspolitik und der Hinwendung zu einem rechten Keynesianismus (z.B. Steigerung der Rüstungsausgaben; Abkehr von der „schwarzen Null“) – hinauslaufen. Der Staat muss eingreifen, nicht nur um die Banken, sondern um das gesamte System zu „retten“. Eine Epoche geht zu Ende. Die Kämpfe um die Gestaltung des Verhältnisses von Ökonomie und Politik, von Kapital und Arbeit sowie um die Kräfte- und Machtverhältnisse auf dem Felde der Weltpolitik und des Weltmarktes haben längst begonnen. Die Gewerkschaften sind ebenso wie die sozialen Bewegungen und die politischen Kräfte der Linken herausgefordert, sich diesen Herausforderungen zu stellen.

Für die Linke innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften ist eine erneuerte Sozialismus-Debatte, die mit einer ebenso wichtigen Debatte über das „Ende des Kapitalismus“ einhergeht, von außerordentlicher Bedeutung. Autoren wie Wolfgang Streeck, Klaus Dörre und Dieter Klein haben wichtige Beiträge dazu eingebracht.[7] Drei Jahrzehnte nach dem Triumph des Kapitalismus und Liberalismus in den Jahren 1989 /90 wird im öffentlichen Diskurs wieder intensiv über Sozialismus diskutiert – als „rote Gefahr“ auf der einen, als Hoffnung zur Aufhebung der Krisen und Klassengegensätze des globalen Finanzmarkt-Kapitalismus auf der anderen Seite. Unter der Überschrift „Millennial Socialism“ („Sozialismus im neuen Jahrtausend“) stellte die führende Wirtschaftszeitung der westlichen Welt, „The Economist“ (14.2.2019) eine Renaissance des Sozialismus in den Zentren des alten Kapitalismus fest. „Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 schien es, als ob die große ideologische Schlacht des 20. Jahrhunderts zu Ende sei. Der Kapitalismus hatte gewonnen – Sozialismus wurde zum Synonym für wirtschaftliches Scheitern und politische Unterdrückung. Er dümpelte weiter in randständigen Versammlungen, in gescheiterten Staaten und mit der prallen Liturgie der chinesischen Kommunistischen Partei. Heute, 30 Jahre danach, ist der Sozialismus wieder in Mode gekommen. … Der Sozialismus stürmt zurück, weil er eine scharfsinnige Kritik an dem formuliert, was in den westlichen Gesellschaftern schiefgelaufen ist. Während Politiker von der Rechten oftmals die Schlacht um die Ideen aufgegeben haben und sich auf Chauvinismus und Nostalgie zurückziehen, konzentriert sich die Linke auf soziale Ungleichheit, die Umwelt und darauf, wie die Macht für die Bürger von den Eliten zurückgewonnen werden kann.“ Dass Corbyn in Großbritannien und Sanders in den USA nicht auf Anhieb bei allgemeinen Wahlen Mehrheiten erringen, ist nicht verwunderlich. Entscheidend bleibt jedoch, dass die Programmatik („For the Many, not the Few“) als „working class politics“ und die klare Positionierung gegen den neuen Rechtsradikalismus, gegen Rassismus und Nationalismus, von breiten Teilen der Bevölkerung – vor allem von jungen Menschen – unterstützt wird. Bashkar Sunkara, der Gründer der Zeitschrift Jaobin, erwähnt in seinem „Socialist Manifesto“[8] eine Gallup-Umfrage, nach der 51% der Amerikaner zwischen 18 und 29 Jahren eine positive Meinung zum Sozialismus haben.

Diese Sozialismus-Debatte muss konkret geführt werden, wenn sie politisch wirksam werden soll. Ausgangspunkt muss die Erkenntnis sein, dass die mit der Krise sich akkumulierenden Widersprüche und Katastrophen nicht nach der Logik der Profitproduktion, des freien Wettbewerbs und des Rückzugs des Staates auf die allgemeine Sicherung kapitalistischen Eigentumsverhältnisse gelöst werden können. Auf der einzelwirtschaftlichen Ebene (Betriebe/Unternehmen) muss darum gekämpft werden, wie die Interessen der Lohnabhängigen bei der Bewältigung der Krise sowie der Umstellung der Produktion berücksichtigt werden. Dazu braucht es starke Gewerkschaften und gute Betriebsräte. Dennoch bedarf es für die Bewältigung der Krisenkosten, für den Umbau der Verkehrssysteme, für eine „Nachhaltigkeitsrevolution“, die in der Lage ist, den Klimawandel zu stoppen, gesellschaftliche, und das heißt: politische Lösungen. Das beginnt mit einer Wirtschaftspolitik, die sich von der Ideologie der „schwarzen Null“ verabschiedet hat und Investitionen für Regionen und Bereiche ermöglicht, die durch die Austeritätspolitik der vergangenen Jahrzehnte systematisch vernachlässig wurden. Gleichzeitig bedarf es einer radikalen Korrektur der ungleichen Verteilung der Vermögen und Einkommen, die sich in der neoliberalen Epoche durchgesetzt hat. Dazu muss die Eigentumsfrage neu gestellt werden: nicht nur als Eingriff in Krisenzeiten, um Zusammenbrüche von Banken und Unternehmen zu verhindern, sondern als Vergesellschaftung von lebenswichtigen Sektoren (Wohnen, Gesundheit, Kultur, Erholung). Dazu bedarf es eines Mix aus verschiedenen Eigentumsformen: vom Wiederaufbau und der Erweiterung des öffentlichen Sektors, der Zurücknahme der Privatisierungswellen im öffentlichen Dienst (vor allem im Gesundheitswesen), Anerkennung von Genossenschaften bei gleichzeitiger Stärkung von Elementen der demokratischen Selbstverwaltung. Der Finanzsektor – unter Einschluss der Verstaatlichung von Banken – muss neu reguliert werden. Schließlich wird eine solche Sozialismus-Debatte auch die Notwendigkeit von Verfahren einer demokratischen Wirtschafts- und Gesellschaftsplanung anerkennen müssen. Diese müssen kritisch historisch aufgearbeitet werden.

Diese Bestandteile einer alternativen gesellschaftspolitischen Programmatik müssten von einem politischen Projekt getragen werden, in dem soziale Bewegungen und eine Koalition politischer Kräfte eine zentrale Rolle spielen. Die Gewerkschaften können nicht die Hauptakteure in diesem Projektzusammenhang sein. Ihr „Kerngeschäft“ besteht in der Tat darin, möglichst viele lohnanhängig arbeitende Menschen zu organisieren, um im Betrieb und über diesen hinaus auf dem Feld der Tarifpolitik durch die Entwicklung von Gegenmacht die Arbeits- und Einkommensbedingungen zu verbessern, die Prekarisierung der Arbeit zurückzudrängen sowie Arbeitszeit und Leistungspolitik im Sinne von mehr Zeitsouveränität der Beschäftigten zu regulieren. Gleichzeitig werden sie diese kollektive Macht nutzen, um auf den Kerngebieten der Sozialpolitik (Gesundheit, Alterssicherung) strukturelle Macht (vor allem auf die Parteien) auszuüben. Im Blick auf die neuen Herausforderungen durch den Epochenbruch werden die Gewerkschaften allerdings mit der bittere Wahrheit konfrontiert, dass der Bruch mit der neoliberalen Logik und der an diese gekoppelten Machtverhältnisse politische Interventionen und Umwälzungen erfordern wird, die keineswegs mit dem traditionellen Politikverständnis von Funktionären zu bewältigen sind, die sich darauf konzentrieren, über den Arbeitsminister oder andere Minister der Regierung der Großen Koalition einzelne Forderungen der Gewerkschaften durchzusetzen zu können. Das ist wichtig, aber angesichts der tatsächlichen Herausforderungen völlig unzureichend.

Aufgabe der Linken in den Gewerkschaften ist es, die Grenzen dieses traditionellen Politikverständnisses deutlich zu machen, darauf hinzuwirken, dass das Verhältnis von Schutz- und Gestaltungsfunktionen, im Kampf um die Interessen der lohnabhängig Arbeitenden neu bestimmt werden muss. Dazu gehört die Öffnung der Gewerkschaften für die Diskurse der sozialen Bewegungen, die für sozialen Wohnungsbau und bezahlbare Mieten (einschließlich der Enteignung privater Immobilienkonzerne), für den Klima- und Umweltschutz eintreten, aber auch Solidarität mit den Flüchtlingen einfordern und zugleich der AfD und den Neonazis entschlossen entgegentreten. Die Friedensbewegung braucht in Zeiten der zunehmenden Kriegsgefahr dringend der Unterstützung aus den Reihen der linken Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. Die Verteidigung der Tagesinteressen muss in eine Perspektive gesamtgesellschaftlicher und politischer Transformation eingebettet sein.

Frank Deppe ist Professor em. für Politikwissenschaften an der Philips Universität Marburg. Er ist Autor des Werkes „Politisches Denken im 20. Jahrhundert“ (Vier Bände in fünf Büchern, Neuauflage VSA: Verlag Hamburg 2016). Zuletzt veröffentlichte er (zusammen mit Nicole Mayer-Ahuja, Heinz Bierbaum, Klaus Dörre, Hans-Jürgen) den Band „Karl Marx – Ratgeber der Gewerkschaften“, VSA: Verlag: Hamburg 2019.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der aktuellen Ausgabe der linken Zeitschrift „Sozialismus.de“. Kostenlose Probehefte und (Probe-)Abos können auf www.sozialismus.de bestellt werden.


[1] Unsere Kollegin Sybille Stamm beging am 24. März ihren 75. Geburtstag. Aus diesem Anlass war geplant, im Clara-Zetkin-Heim in Stuttgart eine Veranstaltung durchzuführen, in der unter anderem über die Rolle und das Selbstverständnis der Linken in den Gewerkschaften diskutiert werden sollte. Sybille hat seit den frühen 1970er Jahren beim DGB, bei der IG Metall, bei der IG Medien und zuletzt bei ver.di als Leiterin des Landesbezirkes Baden-Württemberg gearbeitet. Daher lag es nahe, die historische Betrachtung mit dem Blick auf die Gegenwart zu verbinden, die nicht nur im Kontext der Corona-Krise viele neue Fragen aufwirft. Dabei sollten auch Überlegungen zum Selbstverständnis und zur Rolle der Linken in den Gewerkschaften heute diskutiert werden. Das Forum Gewerkschaften wäre ein guter Ort, um diese Debatte zu führen und zu vertiefen.

[2] Darunter auch ein Buch von mir: Ende oder Zukunft der Arbeiterbewegung? Gewerkschaftspolitik nach der Wende. Köln 1984.

[3] Die Rede von Heinz Oskar Vetter war auch von Linken in der Grundsatzabteilung des DGB-Bundesvorstandes geschrieben, dazu gehörte zeitweilig Detlef Hensche.

[4] Fest, Joachim: Der zerstörte Traum. Das Ende des utopischen Zeitalters, Berlin 1991, S. 113.

[5] Anderson, Perry: Zum Ende der Geschichte, Berlin 1993, S. 141, 143.

[6] Ich selbst habe dazu u.a. einen Text geschrieben: Gewerkschaften in der Großen Transformation. Von den 70er Jahren bis heute. Eine Einführung, Köln 2012. Vgl. die Arbeiten des Jenaer Projektes »Strategic Unionism« von Klaus Dörre, Stefan Schmalz, Ulrich Brinkmann u.a. sowie die von Steffen Lehndorff herausgegebenen Bände über den Zusammenhang zwischen den Krisenprozessen und der Entwicklung der Gewerkschaften in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten. Im Forum Gewerkschaften haben wir jüngste diese Entwicklungen dokumentiert.

[7] Vgl. u.a. Klaus Dörre/Christine Schickert (Hrsg.): Neosozialismus. Solidarität, Demokratie vs. Kapitalismus, München 2019; Wolfgang Streeck: Vorwort zur deutschen Ausgabe von: Foundational Economy Collective: Die Ökonomie des Alltagslebens. Für einen neue Infrastrukturpolitik, Berlin 2019; Dieter Klein: Zukunft oder Ende des Kapitalismus? Eine kritische Diskursanalyse in turbulenten Zeiten, Hamburg 2019.

[8] Bhaskar Sunkara: The Socialist Manifesto. The Case for Radical Politics in an Era of Extreme Inequality. London/New York 2019.

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