Flüchtende an der Grenze - Bild: Özlem Alev Demirel

Griechenland führt für die EU einen Krieg gegen Flüchtlinge

Am 3. März reiste EU-Kommissarin Ursula von der Leyen nach Evros an der griechisch-türkischen Grenze, um dem griechischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis zu seiner mörderischen Politik gegen Flüchtlinge zu gratulieren.

Sie versprach ihm außerdem 700 Millionen Euro, um seine Arbeit fortzusetzen, und erklärte, Griechenland sei zum „Schutzschild Europas“ geworden.

Die Forderung des griechischen Außenministers Nikos Dendias nach einem dringenden Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs zur „Flüchtlingskrise“ wurde am 18. März im Rahmen einer Telefonkonferenz erfüllt. Die diskutierten Themen waren jedoch nur Covid-19 und die daraus resultierende Wirtschaftskrise.

Doch am selben Tag führten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan einen weiteren Anruf über die Fortsetzung oder Erneuerung des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei.

Erdoğan hat während der Konfrontation in Idlib in Syrien um mehr Unterstützung aus Europa gebeten. Er möchte außerdem rund sechs Milliarden Euro, um weiterhin vier Millionen Flüchtlinge in der Türkei einzusperren – das Ergebnis des Abkommens zwischen der EU und der Türkei von 2016.

Inzwischen sind bereits neue Frontex-Streitkräfte aus mehreren EU-Ländern in Evros eingetroffen, um der griechischen Regierung bei ihrem Sonderkrieg gegen die Flüchtlinge zu helfen, welche die griechische Regierung als Erdoğans „Spezialwaffen“ ansieht.

Erdoğans Grenzöffnung

Erdoğan öffnete am 28. Februar die türkische Grenze zu Griechenland und teilte den Flüchtlingen mit, dass sie das Land verlassen könnten.

Dies war ein Trick, um Druck auf die EU und seinen lokalen Konkurrenten in der Region auszuüben.

Auch war es ein Geschenk für Mitsotakis, der darin eine großartige Gelegenheit sah, die Situation umzukehren, mit der er nach der schweren Niederlage vor Tagen konfrontiert war. Die Einheimischen auf den Inseln Lesbos und Chios warfen Hunderte von griechischen Bereitschaftspolizisten raus, die eingetroffen waren, um den Bau von Gefangenenlagern für die Flüchtlinge durchzuführen. Sie begegneten außerdem dreitägigen Generalstreiks auf den Inseln.

Mitsotakis nutzte die Gelegenheit und setzte ein Verfahren ein, das so alt war wie der Kapitalismus – eine große Dosis Rassismus, angereichert mit ausreichend Nationalismus gegen die Türkei, ergänzt um die schmutzigste rechtsextreme Rhetorik und orderte die Armee und die Bereitschaftspolizei zum Kampf gegen die Flüchtlinge.

Griechenlands Krieg gegen Geflüchtete

Er sagte, das Land befinde sich im Krieg. Er sandte griechische Polizisten und Soldaten, „Nationalgarden“ und rechtsextreme paramilitärische und faschistische Banden, um einen „Sonderkrieg“ gegen „eindringende“ Flüchtlinge zu führen, und beschuldigte die türkische Bereitschaftspolizei, diesen zu helfen.

Mitsotakis verweigerte illegalerweise auch für einen Monat das Asylrecht und stoppte alle Asylverfahren.

Diese rassistische Operation hat den Faschisten, Golden Dawn und Ex-Golden Dawn, Raum gegeben, um zusammen mit anderen europäischen Neonazis in Evros und auf den Inseln aus ihren Löchern zu kommen.

An der griechisch-türkischen Grenze werden momentan trotz des Ausbruchs von Covid-19 und der sinkenden Zahl der Flüchtlinge, die versuchen die Grenze zu überqueren, immer noch Einsätze durchgeführt.

Griechenlands Linke

Wie ist die griechische Linke mit dieser Situation umgegangen?

Anfang März erklärte Syriza‘s Anführer Alexis Tsipras: „Sobald es zu einem Massenangriff kommt, hat die Regierung das Recht, die Grenze zu schließen.“ Er fügte hinzu, dass er „bereit sei, der Regierung zu helfen“, und dass seine eigene Regierung Evros zuvor ebenfalls abgeriegelt habe, jedoch „ohne zu trommeln“.

Das politische Büro der Kommunistischen Partei (KP) Griechenlands sprach auch von der „notwendigen Bewachung der Grenze in Evros“, die nicht dazu verwendet werden kann, „rechtsextreme Stimmen und Aktionen zu legitimieren“. KP-Sekretär Dimistris Koutsoumbas akzeptierte die Propaganda der Regierung für eine „asymmetrische Bedrohung“.

Im Gegensatz dazu forderte ANTARSYA, die antikapitalistische Linke, die Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge, während die Sozialistische Arbeiterpartei in Griechenland und die DSiP in der Türkei eine gemeinsame Erklärung gegen Rassismus und Nationalismus in beiden Ländern sowie gegen die rassistischen Vereinbarungen der EU und der Türkei abgaben.

Die Politik der Regierung und die Zustimmung der Führung der reformistischen Parteien bedeuten nicht, dass die Solidaritätsbewegung gestoppt wurde.

„Lassen Sie sie passieren, schließen Sie die Lager, öffnen Sie die Grenzen für die Flüchtlinge“, lautete die Botschaft von Tausenden von Demonstranten, darunter Jugendliche aus Syriza und andere Linke, die am 5. März die Innenstadt von Athen überfluteten.

Die Demonstrationen wurden fortgesetzt, selbst als die Quarantäne auf Grund von Covid-19 begann.

Ungefähr tausend militante Demonstranten marschierten in Lesbos bei der größten Demonstration seit dem Aufstand gegen den Bau eines Flüchtlingsgefängnisses auf der Insel.

Griechenland in einen EU-Schutzschild zu verwandeln, bedeutet eine Eskalation der humanitären Krise und der düsteren Situation auf den Inseln. Neue Lager, Militarisierung und Unterdrückung eröffnen den rechtsextremen und Faschisten neue offene Handlungsfelder.

Dies ist ein enormer Preis, den wir alle – sowohl Flüchtlinge als auch Einheimische – erleiden werden müssen.

Wir müssen die Rechten und die Faschisten aufhalten, die Grenzen öffnen, den Flüchtlingen Asyl und Unterkunft geben und die Lager räumen – besonders jetzt, wo Covid-19 immer näher kommt.

Der Artikel erschien im Socialist Review. Sara Abohani, BA in Arabistik und Islamwissenschaft, angehende Leipziger Dolmetscherin und Übersetzerin, hat diesen Artikel übersetzt.

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