Kurdistan als letzte Bastion der Revolution

Ein Überblick über die Geschichte der „kurdischen Linken“ im Iran.

Die kurdische Frage stellte eine Projektionsfläche für viele westliche Linke dar. Das Schicksal und die Lebensgeschichten vieler Aktiver der Bewegungen wurden nirgends schriftlich festgehalten, insbesondere nicht in europäischen Sprachen. Diese Lücke von Erfahrungen aus tausenden politischen Aktivitäten kann kaum gefüllt werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Geschichte der Kommunisten in iranisch Kurdistan insbesondere in der Zeit der Revolution ab 1979. Gleichzeitig soll mit einigen Mythen aufgeräumt werden, die die kurdische Frage als eine pauschale Angelegenheit und die kurdische Gesellschaft als eine klassenfreie Einheit darstellen. Während die Unterschiede und ideologische Kämpfe, wie Klassenkämpfe, in kurdischen Gesellschaften im Westen übersehen werden, erfährt die Geschichte und Politik der Klassenkämpfe die Anhänger der kommunistischen Parteien im iranischen Kurdistan eine mystifizierende Erhöhung, die ebenso wenig mit der Realität zu tun hat.

Bei der Suche nach den realen geschichtlichen Entwicklungen stellt sich als erstes die Frage, ob man von der kurdischen Linken reden kann oder von den Linken im iranischen Kurdistan. Darüber, was Linkssein überhaupt bedeutet, gibt es lange Diskussionen, die hier nicht ausführlich wiedergegeben und bewertet werden können. Wenn ich hier aber von „links“ schreibe, meine ich die emanzipatorische, sozialistische und kommunistische Bewegung und nicht nationalistisch-reaktionäre sozialdemokratische Parteien wie die Demokratische Partei Kurdistan-Iran. Diese Partei verstand sich als sozialdemokratisch, war aber tief konservativ und sogar reaktionär. Die erste Partei, die sich auf die linke Seite geschlagen hat und schnell feste Wurzeln in der Gesellschaft schlagen konnte, war Komalah. In der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran waren vor der Revolution 1979 einige Sozialdemokraten Mitglieder, die sich als links verstanden und eng mit der Tudeh-Partei des Iran zusammenarbeiteten, teilweise gleichzeitig auch Mitglieder der Tudeh-Partei. Doch die Tudeh-Partei war eine sozialdemokratische und reformistische Partei, die nie eine marxistische und kommunistische Lehre vertreten hat. Alles, was in der Sowjetunion nach dem Sieg der reaktionären Konterrevolution unter Stalin und später unter Chruschtschow propagiert und getan wurde, übertrug sie unkritisch und möglichst deckungsgleich auf den Iran – eine völlig andere Gesellschaft. Aus diesem Grund schlug sich die Tudeh-Partei auf die Seite der Islamisten und des Khomeini-Regimes und wurde größtenteils in das Regime integriert. Einige andere Parteien und Organisationen wie die Organisation der Volksfedajin Iran (Mehrheit) haben neben der Tudeh-Partei Khomeini als „antiimperialistisch“ dargestellt und wurden zu einem Teil des Regimes. Sowohl die Tudeh-Partei als auch die Volksfedajin waren trotz ihrer Position zum Regime von der brutalen Repression des Islamismus betroffen und ab 1984 verboten.

Der linke Flügel der Demokratischen Partei Kurdistan hat sich in den sechziger Jahren von dieser reaktionären Partei abgespalten und versucht, ein revolutionäres Komitee zu gründen. Die Vordenker dieses sogenannten revolutionären Komitees (Soleyman Moinie, Ismael Sharfizadeh und Mullah Ahmad Shalmasi, genannt Mala Aware) wurden auf Anweisung des reaktionären feudalistischen Führers der kurdischen Bewegung aus dem irakischen Kurdistan, Mullah Mustafa Barzani, ermordet und ihre Leichen an das Shah-Regime übergegeben. Nach der Revolution ordneten sich Barzanis Truppen Khomeinis Herrschaft unter, bildeten eine provisorische Armee (Ghiadeh Movaghat) zur Unterstützung der neu gegründeten, aber noch wenig ausgebildeten „Revolutionsgarde“ Sepah und machten Jagd auf Kommunisten und Aktivisten im iranischen Kurdistan. Dieser Teil der Geschichte wird hier angesprochen, um klarzustellen, dass die kurdische Bewegung von Anfang an nicht einheitlich war. Die revolutionären Teile der Bewegung wurden und werden von den reaktionären, nationalistischen, konservativen Flügeln und kurdischen Parteien nicht geduldet. Kurdistan war und ist eine Klassengesellschaft, in der jede Klasse ihr Interesse verfolgt. Deswegen darf die kurdische Frage nicht auf die Frage der nationalen Befreiung reduziert werden. Jede Art der Pauschalisierung und populistischen Analyse über kurdische Parteien wird hier in Frage gestellt.

Komalah als erste sozialistische Partei in Kurdistan

Wie bereits erwähnt, gab es in Kurdistan, wie in anderen Gesellschaften auch, linke Menschen, die eine emanzipatorische Bewegung oder Politik durchsetzen wollten. Dazu gehörten auch linke Dichter wie Mamusta Qani (Muhammad Kabuli war sein richtiger Name), der als Dichter der Unterdrückten bezeichnet wird. Die erste politische Partei mit linken Ansichten und einer breiten Basis in der Gesellschaft war Komalah. Komalah ist aber nicht von heute auf morgen entstanden. Sie war das Produkt langjähriger politischer Arbeit der kurdischen Studierenden an den Universitäten des Iran Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre. In dieser Zeit erleben wir weltweit eine starke Bewegung, die als „neue“ Linke bezeichnet werden kann. Im Iran wurde die Tudeh-Partei als eine reaktionäre, konservative Partei eingestuft und Parteien gegründet, die den bewaffneten Widerstand forderten, wie die Organisation der Volksfedajin-Guerilla Iran als eine Alternative gegen die sozialdemokratische prosowjetische Tudeh-Partei. In diesem Rahmen und unter sehr schweren Bedingungen haben die neuen Linken sich erst im Rahmen der Universitäten und danach im bewaffneten Untergrundkampf mobilisiert.

Die Revolution in Kuba und der bewaffnete Widerstand gegen den barbarischen Krieg der USA in Vietnam hat linke Menschen motiviert, gegen die absolutistische Monarchie die Waffen in die Hand zu nehmen und für ihre Befreiung zu kämpfen. Komalah stand aber nicht in der Tradition der Guerilla, sondern vielmehr in der Tradition maoistischer Politik, die in dieser Zeit auch im Iran sehr aktiv war.

Der iranische Geheimdienst (Savak) des Shah-Regimes war gegenüber den Kommunisten und Linken absolut brutal und gleichzeitig gegenüber den Islamisten nachsichtig. In einer Zeit, in der die Kommunisten durch Savak gezwungen waren, sich für den Kampf im Untergrund zu entscheiden, verrichteten die Islamisten und Anhänger Khomeinis und Ali Schariatis offiziell ihre politische und ideologische Arbeit. Die Strategie des Schah-Regimes war, die Islamisten gegen die Kommunisten zu stärken, weil der Schah selbst in den letzten Jahren seiner Herrschaft zum Islam zurückkehrte und dachte, dass die Islamisten als reaktionäre, ultra-konservative Kräfte nie ein islamisches Schah-Regime stürzen würden. Die Islamisten waren die Konterrevolution, die durch ihre populistische Propaganda den Teppich unter den Füßen der Arbeiterklasse und der Linken wegzogen und im Namen der Revolution die Macht im Interesse der Konterrevolution übernahmen. Dabei muss klar gemacht werden, dass die Islamisten innerhalb kurzer Zeit eine breite Gruppe der Bevölkerung auf ihre Seite ziehen konnten, unter anderem das „Lumpenproletariat“, das unter der unmenschlichen Politik des Schah-Regimes besonders litt. In einer Zeit, in der die Linken im Iran intellektuelle Studierende mobilisierten, festigten das Regime ihren Platz innerhalb der Arbeiterklasse. Durch die islamistische Ideologie, die die Befreiung der Zukunft in der Rückkehr zur Vergangenheit suchte, wurde der islamische Romantizismus zu einer breiten gesellschaftlichen Ideologie innerhalb der Bevölkerung. Die Verachtung der Freiheit der Frau als eine islamische, ländliche, sexistische Ideologie wurde von den Islamisten propagiert und fand ihre Basis innerhalb des „Lumpenproletariats“ und der Bauern, die durch die sogenannte „weiße Revolution“ des Schahs brotlos und landlos geworden waren.

Komalah wird erst als eine politische Partei gegründet, nachdem die Gefangenen während der Revolution durch die großen Aufstände von 1979 aus der Gefangenschaft befreit wurden, als die Tore der Gefängnisse durch die Proteste zerschlagen worden waren. Unter den politischen Gefangenen befanden sich auch die linken Studierenden aus dem iranischen Kurdistan, die aufgrund ihrer politischen Aktivitäten in den sechziger und siebziger Jahren festgenommen worden waren und ihren Kontakt zueinander während der Gefangenschaft verloren hatten. Nach der Befreiung fanden sie sich wieder zusammen und versuchten, ihre Gruppe wieder aufzubauen.

Am Anfang der Revolution war die islamistische Regierung nicht in der Lage, sich in allen Teilen der Gesellschaft zu etablieren. So konnten linke und kommunistische Gruppen und Parteien, die von der Repression des Schah-Regimes und des Savak betroffen waren, sich wiederaufbauen, um diesmal gegen ein barbarisches Regime zu kämpfen. Die Kommunisten waren leider eine Minderheit und sie erkannten erst zu spät die Brutalität der Herrschaft. Aus diesem Grund wurden mehrere Tausend direkt in den großen Städten des Iran verhaftet und entweder unter Folter ermordet oder an die Wand gestellt.

Komalah erklärte sich am 15. Februar 1979, am vierten Tag der Revolution, bei dem Angriff auf eine Polizeistation des Shah-Regimes in der kurdischen Stadt Saghez offiziell als Partei. Bei diesem Angriff fiel Mohammad Hossein Karimi, einer der Untergrundkämpfer der Komalah. Sobald Komalah sich offiziell zu einer politischen Organisation gemacht hatte, schlossen sich viele verschiedene Ortsgruppen der Arbeiter und Bauern mit Komalah zusammen. Einige von ihnen waren von den Mitbegründern von Komalah gegen die Feudalherren und das monarchistische Regime gegründet worden. Am Anfang der offiziellen Gründung der Komalah-Partei schloss sich die gesellschaftliche Masse, die sowohl das Schah-Regime als auch das neue Regime verachteten, mit Komalah zusammen.

Komalah gründete direkt eine bewaffnete Armee von Partisanen und kündigte in vielen kurdischen Städten eine parallele Herrschaft neben der Herrschaft des islamischen Regimes an. Am ersten Tag der Revolution eroberte die Führung der inoffiziellen Komalah die Radiostation in Sanandadsch, von wo aus Sedigh Kamangar die Revolution erklärte. Die Stadt war in den Händen der kommunistischen Partisanen von Komalah, aber die Kasernen war in den Händen der Armee des Regimes. Die provisorische Regierung Khomeinis war gezwungen, in Verhandlungen mit den kurdischen Kommunisten und anderen Parteien zu kommen. Nachdem die Stadt von der Bevölkerung kontrolliert und eine Rätedemokratie von unten aufgebaut wurde, übte das Regime militärischen Druck durch die Armee in Zusammenarbeit mit islamistischen Sunniten der Maktab Koran (Quran School) aus. Im Frühling 1980, einige Monate nach der Revolution, bombardierten sie die Stadt Sanandadsch. Die Demokratische Partei Kurdistan befand sich in der Zeit der Revolution in einem tiefen Schlaf, wie der Vorsitzende der Partei selbst schreibt. Der Großteil der Partei befand sich auf dem irakischen Boden unter der Herrschaft Saddam Husseins. Nach der Revolution kehrte der bewaffnete Teil der Partei aus dem „Exil“ zurück. Der andere Teil, deren Vertreter in der Tudeh-Partei integriert waren und teilweise jahrelang im Gefängnis des Shah-Regimes gesessen hatten, schloss sich zusammen. Ihr neuer Vorsitzender Abdul Rahman Ghassemlou begrüßte Khomeini und bezeichnete ihn als Führer. Die Demokratische Partei Kurdistan wollte am Anfang durch die Zusammenarbeit mit dem Khomeini-Regime zum einzigen politischen Akteur im iranischen Kurdistan werden. Entgegen der Forderung der Mehrheit der Bevölkerung wandte Ghassemlou sich gegen eine autonome Region Kurdistan. Stattdessen wollte er diskursiv die Konflikte lösen, indem er und andere Mitglieder der Demokratischen Partei Kurdistan sich ständig mit Vertretern der provisorischen Regierung Khomeinis trafen und versicherten, dass sie in der Lage seien, die islamische Verfassung des Regimes zu verteidigen und andere Kräfte (besonders die Kommunisten und Komalah) aus Kurdistan vertreiben. Khomeini erkannte und erklärte von Anfang an, dass die „Krawalle“ in Kurdistan kein Konflikt um die nationale Selbstbestimmung waren, sondern eine kommunistische Frage. Diese „Krawalle“ wollte Khomeini mit Hilfe der Demokratischen Partei Kurdistan und der Quran School beenden. Als das Regime vom Widerstand der Kommunisten, dem Aufruf Komalahs zu einer Art Einheitsfront („vereinte Kräfte der Verteidigung“) und der Bewaffnung der Bevölkerung gegen die Besatzung Kurdistans durch das Regime erfahren hatte, rief Khomeini im Sommer 1980 zum Jihad gegen Kurdistan auf. Der damalige Präsident des Iran Abolhassan Banisadr bläute der Armee ein, dass die Soldaten ihre Stiefel nicht ausziehen dürfen, bis die „Krawalle“ in Kurdistan beendet seien.

Nach der Revolution im Jahr 1979 wurde Komalah zur größten organisierten linken Partei im iranischen Kurdistan. Der Grund dafür war nicht, dass Komalah auf theoretischer Ebene eine starke oder widerspruchsfreie Partei war. Die Vertreter Komalahs waren revolutionäre Menschen in einer revolutionären Gesellschaft, die die Herrschaft des Feudalismus und der absoluten Monarchie abschaffen wollten. Komalah leistete in der Praxis eine Art der politischen Arbeit, die wir heutzutage als populistisch bezeichnen können. Diese Form der politischen Arbeit aber (das Leben unter Bauern und Arbeitern) und der Versuch der Organisierung der Unterdrückten vor und während der Revolution, sorgte für viel Vertrauen in der Gesellschaft. Obwohl viele Vordenker oder besser gesagt viele linke kurdische Aktivisten aus feudalistischen Familien kamen, stellten sie diese Verhältnisse in Frage und wandten sich gegen ihr eigenes Interesse. Trotz ihres feudalen und akademischen Hintergrunds entschieden sie sich für ein einfaches Leben als Bauern und Arbeiter.

Gründung Komalahs

Es gibt unterschiedlichen Interpretationen von der Gründung der Komalah. Die Vertreter der heutigen Parteien, die sich als Komalah bezeichnen, datieren die Gründung im Jahr 1970 und feiern am Gründungsdatum am 15. Februar den Tag Komalahs. Es ist keine Frage, dass die Aktivisten (hauptsächlich Männer) am Ende der sechziger Jahre sich an den iranischen Universitäten zusammenschlossen und einige von ihnen in die Fabrikarbeit gingen, um die Arbeiter zu mobilisieren und das Lebens als Proletarier zu erleben. Einige dieser Aktivisten arbeiteten als Facharbeiter in der „Esfahan Steel Company“. Das allein kann aber nicht als Gründungsmoment einer Partei namens Komalah verstanden werden. Komalah wird offiziell erst vier Tage nach der Revolution als Partei gegründet. Die politische Arbeit der Aktivisten vor und während der ersten Tage der Revolution kann als die Vorarbeit zur Gründung Komalahs verstanden und interpretiert werden.

Komalah ist ein kurdischer Begriff und bedeutet wörtlich Gemeinschaft oder Vereinigung. Der ursprüngliche, vollständige Name war Komalah Zahmatkeschani Kurdistan Iran (Vereinigung der Unterdrückten im iranischen Kurdistan), wobei sich „Komalah“ der Einfachheit halber als Bezeichnung durchsetzte.

Die Revolution 1979

Nach der Revolution setzten viele linke Kräfte im Iran ihre Hoffnungen in das islamische Regime, weil sie darin eine antiimperialistische Kraft zu erkennen meinten. Das kam einerseits dem Regime zu Nutze, andererseits führte es zur Spaltung und Schwächung vieler linker Gruppen und Organisationen. Große Teile der Linken im Iran, die meisten pro UDSSR, nahmen an der ersten Wahl des Regimes 1979 teil und verhalfen damit dem Regime zur Macht.

Das linke Kurdistan ging seinen eigenen Weg. Innerhalb kürzester Zeit gelang es Komalah, von einer studentischen Gruppe zu einer gesellschaftlich relevanten politischen Kraft zu werden, die bis heute die Geschichte der Linken im iranischen Kurdistan prägt. Komalah rief zum Boykott der Wahlen auf, organisierte die Widerstandskämpfe und gewann Kontrolle über einen Teil der kurdischen Gebiete. In sehr kurzer Zeit gewann Komalah tausende Menschen für den Kampf für Gerechtigkeit und Gleichheit. Erstmals in der Geschichte des militärischen Widerstands in Kurdistan und im Iran wurden auch Frauen als Peschmerga gewonnen. Bei dem Versuch, die Geschichte Komalahs in knappen Worten zusammenfassen, darf sich nicht nur auf die positiven und emanzipatorischen Seiten bezogen werden. Komalah trägt auch viele der gesellschaftlichen Widersprüche in sich, was sich in teils reaktionären Akten und Herangehensweisen ausdrückt. Ein großer Fehler der Partei lag darin, dass Komalah sich neben verschiedenen Parteien und Organisationen für die erste Präsidentschaft am 1. Mai 1980 Massoud Rajavi von den Volksmujahedin unterstützte und seine Präsidentschaft verteidigte. Diesen Fehler hat Komalah später eingesehen, scharf kritisiert und die darauffolgenden Wahlen boykottiert.

Komalah ist die erste Partei, die die soziale und wirtschaftliche Frage lösen wollte, indem sie den Feudalen die Macht nahm und ihr Land unter Arbeitern und Bauern aufteilte. Komalah war auch die einzige Partei, die revolutionär für die Befreiung der unterdrückten Nationen kämpfte, anstatt sie in das islamische Regime zu intergieren. So war sie auch die erste Partei, die im Namen des Kommunismus mit Waffen gegen das islamische Regime kämpfte, statt sich auf eine nationale Identität zu berufen. In der Praxis zeigte sich diese Politik darin, dass Räte gebildet wurden, die sich durch direkte Wahlen konstituierten. Es war die Bevölkerung, die auf den Großteil der Sitze Kommunisten wählte. In Sanandadsch beispielsweise waren aber auch zwei Personen der Quran School und einige der Demokratischen Partei Kurdistan vertreten. In der Zeit der revolutionären Praxis auch außerhalb Kurdistans von 1980 bis 1983 nahm Komalah eine revolutionär marxistische Theorie an und grenzte sich von maoistischen Einflüssen ab.

Kurdistan wurde in dieser Zeit zu einem Zufluchtsort für viele iranische Kommunisten, deren Leben in anderen Städten im Iran in Gefahr war. Die vielen iranischen Linken, die nach Kurdistan kamen, begannen ihren gemeinsamen Kampf mit den kurdischen Linken, was schließlich zur Gründung der Iranischen Kommunistischen Partei im September 1983 in den befreiten kurdischen Gebieten führte.

Trotz der Fortschritte auch in der Theorie entwickelte sich lange eine anti-theoretische Haltung, die alle Menschen, die sich tiefergehend mit kommunistischer Theorie befassten, für mittelständisch erklärte. Mit der Gründung der Iranischen Kommunistischen Partei konnte diese Haltung gegen Ende der 1980er Jahre in gewissen Maßen zurückgedrängt werden, indem die Partei mehr Wert auf die theoretische Bildung legte und die „Oktoberschule“ gründete.

Der Umgang Komalahs mit der Frauenfrage ist ebenfalls höchst ambivalent. Sie gab Frauen die Hoffnung, dass eine Partei sie endlich als Menschen und Subjekte akzeptieren würde. Komalah war die erste Partei, die Frauen bewaffnete. Gleichzeitig konnte Komalah sich aber nicht von einer patriarchalen, machistischen, teils sexistischen Kultur befreien. Komalah setzte sich sowohl in der Führung als auch in der Basis aus drei Gruppen zusammen: 1. Kommunisten 2. Nationalisten, die sich nicht immer als solche zu erkennen gaben („schüchterne Nationalisten“) und 3. das „Lumpenproletariat“, das besonders stark vertreten war und sich innerhalb der Partei in Banden organisierte. Nationalisten und „Lumpenproletariat“ vereinigten sich immer wieder gegen die Frauen. Sie stellten sie als schwach und unterlegen dar und nahmen ihnen den Raum, den sie sich in der Partei erhofft hatten. Viele Frauen versuchten, dem zu begegnen, indem sie Männerklamotten trugen und in den vordersten Reihen kämpften. Als sie 1983 bewaffnet wurden, trugen sie zwar keine Hijab mehr, bedeckten ihre Haare aber mit einer Kufiya, weil Komalah befürchtete, ansonsten insbesondere in den ländlichen Regionen abgelehnt zu werden. Hierin drückt sich der Widerspruch zwischen emanzipatorischem Selbstanspruch einerseits und der Sorge, in der Gesellschaft als zu radikal abgelehnt zu werden, andererseits aus.

Gleichzeitig verbot Komalah den Frauentausch in den kurdischen Regionen, in denen sie präsent war. Gegen Komalah verteidigte die Demokratische Partei Kurdistan den Frauentausch als „Tradition“ und „Kultur“ der kurdischen Bevölkerung, obwohl diese frauenfeindliche anti-Kultur nur im Interesse der reaktionären kurdischen Feudalen war, weil sie dadurch eine Liebesbeziehung verhindern und die Macht innerhalb des Stammes weiter etablieren konnten. Komalah wollte den Feudalismus abschaffen und allen Grundbesitzern die Macht nehmen, was die Demokratische Partei nicht dulden wollte. Die Demokratische Partei Kurdistan ist nicht nur absolut frauenverachtend, sondern auch arbeiterverachtend. Während Komalah die Arbeiterbewegung der Tagelöhner in der „Traditional brick factory“ (traditionelle Ziegelsteinfabrik) unterstützte, organisierte die Demokratische Partei Kurdistan ihre bewaffneten Lumpen, die Arbeiter und Aktivisten der Ziegelsteinfabrik festzunehmen, zu foltern und zu erschießen. In den Gebieten, in denen Komalah eine parallele Herrschaft entwickeln konnte, hatte die Demokratische Partei Kurdistan keine Bedeutung und wurde als konterrevolutionär und reaktionär bezeichnet.

Gewehr getragen hat. Die Bewaffnung der Frauen in großer Zahl fängt erst bei der Komalah an, und zwar am Anfang der achtziger Jahre. Diese Bewaffnung der Frauen führt aber nicht zur tatsächlichen Befreiung in Komalah und auch in anderen Parteien. Die Frauen werden bis heute bevormundet und ihre Subjektivität innerhalb der kurdischen Linken nicht anerkannt.

Die Linke im iranischen Kurdistan als reale gesellschaftliche und politische Kraft

Auch wenn es dem Khomeini-Regime gelang, nach jahrelangen Kämpfen Komalah und andere Parteien militärisch zu besiegen, befindet sich in Kurdistan bis heute die größte Opposition gegen dieses Regime, was zur Militarisierung der kurdischen Städte und zu härterer Repression und Unterdrückung geführt hat. Die Repression des Regimes und ein dauerhafter Ausnahmezustand in den kurdischen Gebieten des Iran haben nicht dazu geführt, dass die Bevölkerung sich unterordnet und die Herrschaft des Islamismus akzeptiert. Die Zusammenarbeit mit diesem Regime gilt in Kurdistan bis heute als gesellschaftliche Schande. Die Anhänger des Regimes werden „Jash“ („Eselfohlen“, in der Bedeutung ähnlich wie „Hurensohn“ im Deutschen) genannt. Dieser breite gesellschaftliche Hass und Ablehnung gegen das Regime verhinderten die Zusammenarbeit mit dem Regime und aus diesem Grund verstecken die Anhänger des Regimes ihre Gesichter, wenn sie mit Waffen unterwegs sind. Wenn Komalah als Partei seit mehr als dreißig Jahren auch nicht legal physisch in Kurdistan präsent sein kann und die Aktivitäten der Partisanen Komalahs auf eine Art der gelegentlichen Präsenz innerhalb der kurdischen Gebiete reduziert wurde, waren sie immer aktiv gegen das Regim. In den dunkelsten Jahren der Herrschaft Ende der 1980er Jahre, in denen tausende KommunistInnen iranweit ermordet wurden und die Opposition brutal durch die Gewalt zerschlagen wurde, waren die Aktivisten in Kurdistan am 1. Mai auf der Straße und haben den internationalen Tag der Arbeiter gefeiert. In der gleichen Zeit tobte in Kurdistan ein Bürgerkrieg zwischen der Demokratischen Partei und Komalah, den die Demokratische Partei am 16. November 1984 trotz aller Verhandlungsbemühungen seitens Komalah begonnen hatte. Komalah beendete den Krieg am 3. April 1988. Obwohl die Bevölkerung in Kurdistan einen sehr hohen Preis für ihren Kampf gegen den Islamismus gezahlt hat, lässt sie sich nie in ein Herr-Knecht-Verhältnis mit dem Regime drängen und ordnet sich nicht unter.

Auch wenn Komalah mit der Zeit etwa durch ständige Spaltungen an Einfluss und Rückhalt in der kurdischen Gesellschaft verloren hat und viele von diesen Spaltungen wieder zeigten, dass die nationalistische Strömung innerhalb von Komalah bis heute eine Tatsache ist, zeigen die Ereignisse der letzten Jahre immer wieder, dass die nicht parteilich organisierte Linke im iranischen Kurdistan im Vergleich zu anderen Teilen des Iran eine gesellschaftlich und politisch wirksame Kraft im Kampf gegen das Regime bildet. Der Grund dafür ist, dass das Kommunist-Sein im iranischen Kurdistan im Gegensatz zur vielen Gesellschaften keine „Schande“ ist, sondern gesellschaftliche Anerkennung mit sich bringt. Trotz der reaktionären und antikommunistischen Propaganda des Regimes, der Demokratischen Partei Kurdistan, der Quran School und anderen reaktionären islamistischen Kräften, bleibt Kommunist-Sein bis heute ein Stolz in der kurdischen Gesellschaft für die Mehrheit der Bevölkerung. KommunistInnen werden im iranischen Kurdistan sehr geschätzt und ernst genommen. Deswegen wird Kurdistan als die letzte Bastion der Revolution im Iran bezeichnet.

Trotz Militarisierung und starker Repressionen durch das islamische Regime im iranischen Kurdistan und der ständigen Präsenz der Sicherheitskräfte des Regimes, sind in Kurdistan weiterhin progressive gesellschaftliche Bewegungen aktiv, zum Beispiel eine progressive Frauenbewegung, die Bewegung gegen Ehrenmorde, die Umweltbewegung für den Erhalt der Natur und gegen die Verbrennung der Wälder durch das Regime in Kurdistan sowie die Anti-Hinrichtungs-Bewegung.

Zu unterschiedlichen Anlässen werden jedes Jahr trotz aller Unterdrückungsversuche Veranstaltungen und Demonstrationen organisiert, so etwa zu internationalen Tagen wie dem 1. Mai, dem 8. März oder dem Internationalen Tag der Kinder, aber auch zu regionalen Tagen wie dem Tag Komalahs. In den Aufständen gegen das Regime zeigt sich besonders deutlich, dass Kurdistan eine stark politisierte Gesellschaft ist, was von niemandem geleugnet werden kann. Nicht zuletzt die starke Partizipation der Frauen an allen Feierlichkeiten, aber auch bei Kundgebungen und Demonstrationen, ist eine weitere Besonderheit der gesellschaftlichen Linken im iranischen Kurdistan im Vergleich zu anderen Teilen des Iran. Eben wegen dieses Mobilisierungspotenzials spielt das iranische Regime immer wieder pro-Salafisten und andere islamische Verbände gegen die Progressivität innerhalb der kurdischen Bevölkerung aus.

Die PKK und ihre Unterorganisationen mögen sich hier im Westen als eine „linke“ Partei darstellen, für die kurdische Bevölkerung im iranischen Kurdistan aber sind sie eine Organisationen die zu eng mit der „Revolutionsgarde“ (Sepah) zusammenarbeitet. In den Konflikten zwischen dem Iran und den USA stellen sie sich sehr offen sich auf die Seite des Iran. Gleichzeitig hat das Projekt Rojava innerhalb der kurdischen Bevölkerung die Sympathie für seine nationalistische identitäre Politik geweckt und hier und dort Zuspruch gefunden, wo die Menschen in den Städten des iranischen Kurdistans von Komalah enttäuscht wurden.

Seit der Gründung der Partei befand Komalah sich immer im Wandel. Manchmal wandelte sie sich in progressiver, andere Male in reaktionärer Richtung. Der Zusammenbruch des Kasernensozialismus der UdSSR wirkte sich auch auf Komalah aus.

Von dem sogenannten ersten Kongress bis heute hat Komalah unterschiedliche Perioden und Wandlungen erlebt. Als erster „Kongress“, wenn er überhaupt Kongress genannt werden kann, wird eine Sitzung einiger Aktivisten, die später in der Führung Komalah aktiv werden sollten, im Herbst 1979 vor der Gründung der Partei bezeichnet. Bei diesem „Kongress“ waren zwei unterschiedliche Richtungen vertreten, die beide die Prägung Komalahs durch den Maoismus begründeten. Aus dem Streit darüber, ob der Iran eine kapitalistische Gesellschaft oder halbkapitalistisch und halb feudalistisch sei, gingen zwei Flügel in Komalah hervor. Während die Fragestellung dieser Auseinandersetzung durchaus relevant war, konnte keiner der Flügel eine richtige Antwort geben, weil die Führungen beider auf theoretischer Ebene dazu nicht in der Lage waren.

Der harte Kampf in der Praxis während der Revolution bis zum zweiten Kongress, der eigentlich der erste Kongress war, zwang die Führung Komalahs, sich mit radikaler Theorie zu beschäftigen und nach einer radikaleren Antwort zu suchen. Der Umgang mit der Revolution und dem islamischen Regime sowie reaktionären kurdischen Parteien erforderte eine revolutionäre Theorie. Diese Theorie wurde von den Parteien und Organisationen, die sich als „Khate Se“ oder „Dritte Herangehensweise“ (nicht zu verwechseln mit dem „Dritten Weg“!) verstanden, teilweise ausgearbeitet und von Komalah auch mehr oder weniger aufgenommen. Von 1979 bis 1983 entwickelte Komalah sich auf theoretischer Ebene sehr stark weiter und machte den revolutionären Marxismus zu ihrer Theorie. Der revolutionäre Marxismus war einerseits eine starke Abgrenzung zu der reformistischen Weltanschauung der Tudeh-Partei, andererseits auch eine Abgrenzung von anderen Parteien wie den Volksfedajin, die eigentlich in der Tradition der „neuen Linken“ standen. Mit der Zurückkehrung zur revolutionären Theorie schlossen sie an ihre richtige Praxis an. Mit der Aufnahme des revolutionären Marxismus in Komalah und der Gründung der Kommunistischen Partei Iran am 2. September 1983, als deren Teil Komalah sich als „Kurdistan’s Organization of the Communist Party of Iran verstand, entwickelten sie sich weg von der nationalistischen oder regionalistischen Partei, die sie vormals zu werden drohte und die die Frage der nationalen Befreiung auf regionaler Ebene zu lösen gesucht hatte.

Zwischen 1984 bis 1989 fanden in Komalah heftige marxistische Diskussionen statt und viele Zeitschriften und Zeitungen wurden von Komalah und der iranischen kommunistischen Partei veröffentlicht. Der Partisanen-Kampf Komalahs nahm aber immer mehr ab, als die Demokratische Partei Kurdistan der iranischen „Revolutionsgarde“ Sepah half, die letzten Städte in Kurdistan zu besetzen und Partisanen von Komalah zu zwingen, sich in Richtung der irakischen Grenzen zu bewegen und auf der irakischen Seite ihr Camp aufzubauen. Der Krieg zwischen zwei Regimen (Baath-Regime und Khomeini-Regime) ermöglichte es iranischen terroristischen Truppen wie der „Revolutionsgarde“, unter dem Deckmantel des „Schutzes der Grenzen vor Fremden“ (in diesem Fall vor irakischen Truppen) kurdische Gebieten mehr und mehr zu militarisieren und den kommunistischen Partisanen ihren Platz zu nehmen. Einige Jahre nach dem Krieg zwischen dem Baath-Regime unter Saddam Hussein und dem Khomeini-Regime erleben wir den Zusammenbruch des „Kasernensozialismus“ oder Staatskapitalismus in der Sowjetunion. Dieser Zusammenbruch stürzte die meisten kommunistischen Parteien in eine tiefe Krise. Der Sieg des Neoliberalismus über den „Realsozialismus“ drückt sich in unterschiedlichen Richtungen aus. Der erste Golfkrieg muss als Versuch der imperialistischen Pole verstanden werden, ihre neoliberale Politik und Hegemonie weltweit auszuweiten und durchzusetzen.

Genau in dieser Zeit wurde in Komalah die Kritik immer lauter und fanden die schärfsten Diskussionen über die Zukunft der kommunistischen Arbeit und Partisanen statt. Komalah wollte sich auf militärischer Ebene nicht in eine Richtung wie die Volksmujahedin entwickeln, die zu einem Flügel der Baath-Armee geworden war. Diese Diskussionen führten zu einem Streit, der die erste große Spaltung Komalahs und die Gründung der Arbeiterkommunistischen Partei Iran auslöste. Diese Partei wollte grundsächlich die Arbeiterklasse mobilisieren, wurde aber mit der Zeit zu einer postmodernen, linksliberalen Partei und einer fremden, isolierten Kraft mit dem Großteil ihrer Mitglieder in Europa. Bis heute konnte diese Partei keine 100 Arbeiter im Iran organisieren und die Vertreter dieser Partei sind in Deutschland jetzt die engsten Freunde der Antideutschen und der Bild-Zeitung.

Die heutige Komalah darf nicht auf ein Camp im Nordirak reduziert werden. Kommunist und links sein ist in den kurdischen Gebieten des Iran zu einer gesellschaftlich breit verankerten Kultur geworden. Diese Kultur wurde von Komalah in ihrer Geschichte geprägt, sie wird aber durch die Spaltungen geschwächt. Das iranische Kurdistan bleibt die letzte Bastion der Revolution.

Von Shiwan Vaisi und Hassan Maarfi Poor.

Hier geht’s zu unserer Reihe Neue Linke, in der wir Personen aus linken Bewegungen und emanzipatorischen Kämpfen weltweit zu Wort kommen lassen.

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