Globale Durchschnittstemperaturen erreichen 1,5 Gradgrenze und die Klimakatastrophe nimmt ihren Lauf

Nach Angaben des von der EU betriebenen Copernicus Climate Change Service lagen die globalen Durchschnittstemperaturen in den letzten zwölf Monaten jeden Monat mindestens 1,5 Grad über den vorindustriellen Durchschnittswerten. In jedem dieser Monate wurden außerdem monatliche Temperaturrekorde aufgestellt.

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde versucht, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, und es wurde davor gewarnt, dass ein Überschreiten dieses Wertes zu einer katastrophalen unkontrollierten Erderwärmung führen könnte. Würde dieses Ziel erreicht, handele es sich laut dem Abkommen um ein „Best-Case-Szenario“.

Wie sieht ein „Best-Case-Szenario“ der Erderwärmung aus? Die letzten zwölf Monate liefern die Antwort.

Ein Best-Case-Szenario sähe wie die rekordverdächtigen Waldbrände ist Kanada aus, bei denen über 16,5 Millionen Hektar Land verbrannten, womit der bisherige kanadische Waldbrandrekord verdoppelt wurde. Der Rauch der Brände bedeckte New York City und andere Städte. Bilder erinnern an die Buschbrände 2019-20 in Australien.

Ein Best-Case-Szenario sähe aus wie historische Hitzewellen auf der ganzen Welt, von Nordamerika bis Afrika, Südeuropa, dem Nahen Osten, China und Indien. Phoenix, Arizona, erlebte im vergangenen Jahr einen Rekord von 31 aufeinanderfolgenden Tagen mit Temperaturen über 43,3 Grad Celsius (110 Grad Fahrenheit). In China, Marokko, Albanien, der Türkei und Brasilien wurden Rekordtemperaturen gemessen, während die Stadt Jerzu in Italien die höchsten jemals in Europa gemessenen Temperaturen erlebte. Bei Hitzewellen in Indien kamen in diesem Jahr mindestens 110 Menschen ums Leben, und in Saudi-Arabien starben nach Angaben des saudischen Gesundheitsministeriums mindestens 1 300 Menschen während der Hadsch an der extremen Hitze.

Ein Best-Case-Szenario sähe aus wie schwere Regenfälle und Überschwemmungen in China, weniger als ein Monat nach dem heißesten Tag aller Zeiten, sowie schwere tropische Stürme wie Hurrikan Beryl, der als der früheste Hurrikan der Kategorie 5 in der Geschichte gilt.

Ein Best-Case-Szenario sähe aus wie der heißeste Tag aller Zeiten (6. Juli 2023), der heißeste Monat aller Zeiten (Dezember 2023) und das heißeste Jahr aller Zeiten (2023). Dies wäre die neue Normalität im „Best-Case-Szenario“. Doch wie der ehemalige NASA-Wissenschaftler James Hansen gegenüber Independent erklärte, ist die Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5 Grad „mausetot“. Laut dem Emissionslückenbericht 2023 des Umweltprogramms der Vereinten Nationen würde die Welt bis zum Jahr 2100 auf eine Erderwärmung von 2,5 Grad zusteuern, selbst wenn alle Länder ihre derzeitigen Verpflichtungen nach dem Pariser Abkommen umsetzen würden.

Die Realität dürfte sogar noch schlimmer sein, da die Treibhausgasemissionen nicht sinken, sondern steigen. Trotz Australiens formeller Verpflichtung zu Netto-Null-Emissionen bis 2050 verpflichtet die im Mai veröffentlichte Future Gas Strategy der Regierung Albanese Australien zu einer „fortgesetzten Gasentwicklung“ und der Nutzung von Gas „bis 2050 und darüber hinaus“. Das jährliche Global Carbon Budget hat ergeben, dass die Kohlendioxidemissionen im Jahr 2023 ein Rekordhoch von 36,8 Milliarden Tonnen erreichen werden.

Der Kapitalismus ist ungeeignet, den Klimawandel zu bekämpfen: Sein räuberisches Profitstreben hat die Welt an den Rand einer totalen Klimakatastrophe gebracht. Er hat sich als unfähig erwiesen, die globale Erderwärmung auch nur annähernd auf ein „sicheres“ Niveau zu begrenzen, und das Leben mit den Auswirkungen des Klimawandels im Kapitalismus wird für Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen unerträglich sein.

Mexiko und Brasilien wurden im vergangenen Jahr von Hitzewellen heimgesucht, doch nur 16 Prozent der Haushalte in diesen Ländern haben eine Klimaanlage, so die Internationale Energieagentur (IEA). In Indien liegt diese Zahl bei 5 Prozent. Es ist nicht schwer zu erraten, ob der indische Milliardär Gautam Adani (von der Adani-Kohlemine) zu diesen 5 Prozent gehört.

Millionen von Menschen werden zu Klimaflüchtenden. Sie fliehen vor dem steigenden Meeresspiegel und der unerträglichen Hitze. Dennoch verhängen Regierungen überall auf der Welt immer strengere Maßnahmen gegen Migrant*innen und Geflüchtete.

In Australien stiegen die Versicherungspreise nach Angaben des Statistischen Amtes im Jahr bis Mai um 14 Prozent, was vor allem auf extreme Wetterereignisse zurückzuführen ist. Dies hat dazu geführt, dass Häuser in Lismore nach zwei „einmaligen“ (once in a lifetime) Überschwemmungen in fünf Jahren praktisch nicht mehr versicherbar sind.

Auch wenn ein gewisses Maß an Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels im Rahmen des Kapitalismus möglich sein mag, wird es weit hinter dem zurückbleiben, was notwendig ist. Während diejenigen, die für die Klimazerstörung verantwortlich sind und von ihr profitieren, florieren, leiden die arbeitenden Menschen, insbesondere im globalen Süden, darunter. Wir müssen die gesamte Art und Weise, wie wir Güter produzieren, Städte bauen und mit der Umwelt umgehen, radikal umgestalten. Dies wird unmöglich sein, solange das Streben nach Profit vorherrschend ist.

Dieser Artikel von Ben Lourie erschienen zuerst bei Red Flag – übersetzt von Antonia Eggers

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