Die neue Lust am Krieg

Europa umzingelt? Angesichts der vermeintlichen Bedrohung aus dem Osten und der Trump’schen Unzuverlässigkeit der USA sieht sich Europa von außen bedroht und rüstet kräftig auf. Für Anna Lindner ein Grund mehr sich einmal mit der Aufrüstung in Europa zu beschäftigen.

„Wir müssen die europäischen Verteidigungsfähigkeiten kräftigen“, schrieb Ursula von der Leyen Mitte Februar in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung. Damit forderte sie eine verstärkte europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die über die im Vertrag von Lissabon vereinbarte militärische Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten hinausgeht. Das würde zumindest militärisch zu einer geeinten Union führen.
Schritte dorthin beinhalten – laut Weißbuch der BRD – das Fortführen und Ausbauen bi- und multilateraler militärischer Strukturen zwischen EU-Staaten mit flexiblen und permanent einsatzbereiten Truppen. Dazu gehört auch die Einrichtung einer EU-Kommandozentrale in Brüssel, über die gemeinsame Missionen zentral koordiniert werden. Ein solches militärisches Zusammenwachsen wird dabei stets mit der globalen Verantwortung begründet, die der EU angeblich zukommt. Besonders jetzt da auf Trump mit seiner Abschottungspolitik und auf die militärische Kraft der USA kein Verlass mehr sei. Ein Ausbau der militärischen Bündnisse und Strukturen in der EU zeugt nicht von einer Kräftigung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten, wie es von der Leyen formuliert, sondern von einer angriffslustigen Kriegspolitik der EU.
Die EU muss dazu übergehen Konflikte friedlich zu lösen, statt weitere Konfrontationen auf dem europäischen Kontinent und weltweit zu befeuern.

Deutschland rüstet auf: Schuldenbremse für Schulen und Milliarden fürs Militär

2016 wurde von einer strengen Ausgabenpolitik geprägt, die unter den Stichworten „Schwarze Null“ und Verschuldungsverbot die Öffentlichkeit plagte. Dies verhinderte dringend nötige Renovierungen; beispielsweise von Brücken und Schulen. Nur ein Bereich scheint davon ausgenommen: das Militär. Der Wehretat ist 2017 auf die ungeheure Summe von 36,6 Mrd. Euro angewachsen, was 1,12% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Bis 2021 soll das Budget bis auf 42,3 Mrd. Euro steigen.
Sobald sich Widerstand dagegen formiert, verweist die Bundesregierung auf die NATO-Absprache, die für alle beteiligten Staaten des Kriegsbündnisses 2% des BIP als Rüstungsausgaben vorsieht. Auch die Bundesregierung möchte langfristig auf dieses Ziel hinsteuern. Angesichts von Kriegen, Verrohung und des weltweiten Rüstungswettlaufs sollen wir dies als „Sicherheitsvorkehr“ verstehen – während Russland seine Rüstungsausgaben kürzt. Doch die Bundeswehr ist seit dem Jugoslawien-Krieg mehr und mehr zur flexiblen Interventionsarmee umgebaut worden.
Außerdem kann Geld aus dem Bundeshaushalt, das für die Bundeswehr ausgegeben wird nicht für sinnvolle Investitionen in Schulen und Hochschulen, Krankenhäuser oder sozialen Wohnungsbau genutzt werden. Proteste gegen die Aufrüstung sollten sich ihrer Alternative nicht berauben lassen: Wir fordern Geld für Bildung statt für Bomben!

Die Aggression im Osten (und das Feindbild Russland)

Immer häufiger wird in der internationalen Politik wieder empört von „Säbelrasseln“ gesprochen. Ein neuer Kalter Krieg bahne sich an und Hauptaggressor sei dabei Russland. Der Anteil der NATO und des europäischen Engagements an einer möglichen Eskalation dieses Konflikts wird dabei häufig ausgeblendet. Nach der Inbetriebnahme eines ersten US-Raketenschirms in Rumänien wird derzeit eine weitere Militärbasis in Polen errichtet. Anfang dieses Jahres kam es zu massiven Truppenverlegungen der USA nach Mittel- und Osteuropa. Deutschland diente bei diesem Unterfangen als logistische Drehscheibe: Über Bremerhaven wurden neben weiterem schweren Gerät auch 144 Schützenpanzer nach Polen, Estland und Litauen transportiert. Bis zu 4.200 US-Soldaten sollen in an der Russischen Grenze stationiert werden. Verteidigungsministerin von der Leyen begrüßt derartige Vorhaben. In einem Artikel der Süddeutschen sprach sie sich für eine Kräftigung „unserer Ostflanke“ aus. Der Aufbau einer europäischen schnellen Eingreiftruppe (auch „Speerspitze“ genannt) wird dabei ebenso angestrebt, wie die Ausweitung des sogenannten Air Policing (Luftraumüberwachung durch bewaffnete Jagdflugzeuge) im NATO-Grenzgebiet zu Russland.
Die Frage, wer hier eigentlich wen provoziert oder aggressiv agiert, hat damit durchaus ihre Berechtigung.

Atomwaffen: Fortschritte bei der Abrüstung?

Atombombe – Quelle: Pixabay

Im Juli 1968 – über 20 Jahre nach den verheerenden Atombombenabwürfen über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki – beschlossen die Vereinten Nationen den Atomwaffensperrvertrag, den bis heute über 190 Staaten unterschrieben haben. Darunter die Atommächte Frankreich, Großbritannien, Russland, die USA und China, die sich in diesem Vertrag dazu verpflichten, Kernenergie nur friedlich zu nutzen und ihre Vorräte an atomaren Waffen langfristig abzubauen. Gleichzeitig sollen die anderen Staaten darauf verzichten, Atomwaffen zu entwickeln.
Heute, fast 50 Jahre nach Vertragsabschluss, wurde die Debatte über die Abrüstung von Atomwaffen wieder aktuell. Mehrere Staaten haben eine neue UN-Resolution auf den Weg gebracht. Im März und Juni 2017 wird die UN über das absolute Verbot von Atomwaffen verhandeln. So konsequent und progressiv wie es zunächst klingt, ist es leider nicht. Erstens wäre der Vertrag, der daraus entstehen könnte, nicht bindend für alle Staaten, sondern nur eine Empfehlung und zweitens haben bereits die Atommächte angekündigt, nicht an den Verhandlungen teilzunehmen. Auch die deutsche Regierung, die sich bisher zumeist gegen nukleare Bewaffnung ausgesprochen hat, gab offiziell bekannt, nicht mitzuverhandeln. Laut Auswärtigem Amt seien die Konferenzen im März und Juni sinnlos, wenn die Atommächte sich nicht beteiligen. Womöglich liegt das Auswärtige Amt mit diesem Statement nicht ganz falsch, dennoch wäre die Teilnahme an den Verhandlungen ein Zeichen der deutschen Regierung sich international für die nukleare Abrüstung einzusetzen.

Frontex: Wessen Leben ist mehr wert?

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex wurde 2004 gegründet und ist seitdem dafür zuständig unliebsame Menschen am Übertreten der EU-Außengrenzen zu hindern.
Geschah dies zunächst noch exklusiv unter dem Kommando des jeweiligen Staates, der die Unterstützung von Frontex anforderte, so konnte die Agentur ihre Befugnisse im Laufe der Jahre stetig ausbauen und handelt inzwischen weitgehend unabhängig. Gleichzeitig stieg auch das Budget der paramilitärischen Organisation von anfänglich 19 Mio. € auf inzwischen rund 250 Mio. € an.
Von Beginn an sah sich Frontex berechtigter Kritik durch diverse Nichtregierungsorganisationen ausgesetzt: beispielsweise kam es erwiesenermaßen immer wieder zu menschenrechtswidrigen Push-backs von Flüchtlingsbooten im Mittelmeerraum, obwohl Menschen in Seenot eigentlich schnellstmöglich gerettet werden müssen. Geändert hat sich daran jedoch nichts. Stattdessen wurden ab 2016 sogar tiefgreifende Umstrukturierungen der Agentur durchgesetzt, die einen noch schonungsloseren Umgang mit vermeintlichen „Wirtschaftsflüchtlingen“ nicht nur begünstigen, sondern geradezu voraussetzen.
Frontex führt diese Aktionen zumeist bewusst innerhalb rechtlicher Grauzonen durch, sodass eine Aufklärung der Vorfälle erschwert wird. Oft genug handelt sie aber nach eigens dafür verabschiedeten EU-Verordnungen – die Rechte europäischer BürgerInnen werden also ganz offensichtlich über die aller Nicht-EuropäerInnen gestellt.

Deutsche Gewehre in Kinderhänden

Die Meister des Todes kommen aus Deutschland. Ihre Namen sind unter anderem G36, MP5 und Walther P99 – begehrte Kleinwaffen aus deutschen Rüstungsschmieden. Sie werden in den Nahen Osten, nach Pakistan, Kolumbien und auf die Philippinen exportiert. Kleinwaffen, also Pistolen, Maschinengewehre, Granaten und Panzerfäuste, sind der tödlichste Waffentyp der Welt. Laut UN sterben jedes Jahr bis zu 500.000 Menschen durch den Einsatz von Kleinwaffen.
Alle genannten Länder haben gemeinsam, dass in ihnen immer noch Kindersoldaten eingesetzt werden. Dadurch wird auch mit deutschen Waffen von und auf Kindersoldaten geschossen.
Laut Bundesregierung stiegen die Genehmigungen für den Export deutscher Kleinwaffen von 2015 auf 2016 von 32 Millionen Euro auf 47 Millionen Euro. Deutschland ist damit die Nummer zwei weltweit im Export von Kleinwaffen. Viele dieser Waffen erreichen schließlich Krisengebiete mit bewaffneten Konflikten. Trotzdem behauptet die Bundesregierung restriktiv im Umgang mit Waffenexporten zu verfahren.

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