Ein Erfahrungsbericht und eine Möglichkeit LINKE Kreisverbände basisdemokratisch, offen und erfolgreich zu gestalten.
Was veranlasst mich ein Papier über die Organisation unseres Kreisverbands nieder zu schreiben? DIE LINKE. steht vor gewaltigen Aufgaben. Um es mal klar zu benennen: DIE LINKE. hat die Aufgabe das große Erbe der SPD zu übernehmen und insbesondere in den unteren und mittleren Einkommensschichten die politische Mitkämpferin und Vertretung zu sein. Kaum einer anderen Partei kann es gelingen den Rechtsrutsch zu verhindern. Dazu bedarf es Gliederungen, die sowohl attraktiv für Mitglieder und MitstreiterInnen sind, dafür oder dennoch Basisdemokratie leben und voranbringen, aber in ihrer politischen Arbeit auch effizient und effektiv sind. Selbstverständlich läuft nicht immer alles rund. Und es gilt stets flexibel auf neue Herausforderungen und Begebenheiten reagieren zu können. Hier möchte ich unser Modell, das wir über Jahre in Duisburg erarbeitet haben, darstellen, da es sich als Grundgerüst diese Aufgaben zu bewältigen bewährt hat.
Warum ich berichten möchte….
Als Kreissprecher ist es immer wichtig auch zu erklären was und warum wir den Kreisverband wie strukturiert haben. Das geht über die Möglichkeiten eines Rechenschaftsberichts hinaus. Ich bin weder Sozial-, Politikwissenschaftler oder Philosoph, die mit ihrer Belesenheit und theoretischem Wissen, oder ihrem geschultem Denken, glänzen können. Dennoch haben wir uns mit den Mitgliedern und dem Kreisvorstand Gedanken gemacht und ausprobiert, dabei auch Fehlschläge erlitten. Fragend ist der Kreisverband vorangeschritten und hat sich wohl zu einem der aktivsten und erfolgreichsten Kreisverbände gemausert.
DIE LINKE. in Duisburg ist neben der ehemals übermächtigen und immer noch größten Partei Duisburgs der SPD die wohl kampagnenfähigste Partei der Stadt geworden. So konnten wir schon mehrfach unsere Themen auf die politische Agenda setzen und vereinzelt sogar eine Meinungshegemonie herstellen. Wir haben das Thema Baumschutzsatzung (Umweltschutz verknüpft mit der Eigentumsfrage) zu dem zwischenzeitlich als wichtigstes kommunales Thema anerkannten Punkt machen können und wissen die Mehrheit der politischen Interessierten dabei auf unserer Seite. Ohne uns wäre nie in der Art breit über das Alkoholverbot in der Innenstadt diskutiert worden. Es ist dann durch ein Gericht gekippt worden. Zu einer Feierdemonstration konnten wir in 4 Stunden 50 Leute vor das Rathaus mobilisieren, über Parteigrenzen hinweg mit Menschen aus allen Schichten der Stadt, in der große Demonstrationen 200-300 Teilnehmer haben. Auch schon unsere Ankündigung eine breitere Kampagne zum Thema Wohnraum einzuläuten, sorgte dafür, dass Menschen, die sich vorher nie politisch engagiert hatten, sich bei uns meldeten an der Kampagne aktiv teilnehmen wollten. Die Teilnahme an bundesweiten Aktionstagen der Partei oder Bewegungen stellt hier keinerlei Schwierigkeit, sondern schnell organisierte Selbstverständlichkeiten dar.
Auch Traditionen haben wir errichtet und ausgeweitet. Am Internationalen Frauentag werden seit 3 Jahren an stadtweit 7-8 Infoständen und bei Besuchen an Arbeitsstätten, wo vor Allem Frauen arbeiten, mehrere tausend Blumen verteilt und damit Frauen erstmalig mit dem Frauentag und feministischen Themen in Berührung gebracht.
Unser diesjähriges und damit viertes öffentliches Sommerfest hat fast den kompletten zentralen Platz des gescholtenen Stadtteils Marxloh eingenommen, mit rund 10 Infoständen befreundeter Organisationen und ca. 700 BesucherInnen ein wirkliches Stadtteilfest geworden. Dies sind nur einige Beispiele für Aktivitäten, die wir in eine halben Jahr geschafft haben. Das ist nicht nur bei allen LINKE- Kreisverbänden möglich, sondern auch wünschenswert, wenn wir uns in der Bevölkerung verankern und gemeinsam den demokratischen Sozialismus erkämpfen wollen. Deshalb möchte ich hier darlegen, was der Kreisverband Duisburg erarbeitet hat, welche Gedanken dahinter stecken und wie wir Bündnisse geschmiedet haben.
Mitgliederversammlung Ausgangs- und Mittelpunkt des Kreisverbands
Der Anspruch der LINKEn muss es sein, möglichst basisdemokratisch zu handeln. Aus ideologischen, aber auch praktischen Gründen, muss die Mitgliedschaft also bei möglichst vielen Entscheidungen möglichst qualifiziert entscheiden, wie sich der Kreisverband positioniert und wie er agiert. Wir wollen die möglichst besten Entscheidungen für die Partei, die Stadt, Umwelt, aber vor Allem die Menschen treffen. Das funktioniert am Besten, wenn möglichst viele ihr Recht wahrnehmen an der Entscheidungsfindung teilzunehmen: Viel Wissen, durch viele Menschen führt zu der besten Gesamtbetrachtung. Jedes Mitglied ist ExpertIn des Alltags! Wenn die Mitglieder an den Entscheidungen beteiligt sind, so erhöht sich dadurch die Identifikation mit den Entscheidungen des Kreisverbands und somit die Bereitschaft für eben diese einzutreten, ob in Gesprächen oder Aktionen.
Ort und Rahmen, dieser Entscheidung kann nur die Mitgliederversammlung sein!
Nur wenn die Mitglieder rechtzeitig eingeladen werden, können sie sich die Zeit für die Versammlung nehmen und sich inhaltlich auf die Entscheidungen vorbereiten. Wenn Alle Mitglieder rechtzeitig eingeladen werden, erst dann können sie ihre eigenen Ideen auch entwickeln und einbringen. Ich betone dies in diesem Beitrag, da es durchaus Stimmen gibt, es solle doch alles lockerer und weniger bürokratisch geregelt werden, die MV solle keine „Arbeitssitzung“ sein. Hierauf werde ich später eingehen.
Werden aber nicht satzungsgemäß alle Mitglieder eingeladen, oder nur kurzfristig, so verringert sich die Zahl derer, die an der Versammlung teilnehmen. Ist keine Tagesordnung, oder diese nur sehr kurzfristig, bekannt, so entstehen Entscheidungen „aus dem Bauch“ heraus. Den Mitgliedern wird die Möglichkeit genommen, Ideen oder Positionen von verschiedenen Seiten zu betrachten. Dann besteht die Gefahr, dass Entscheidungen eher aus sozialem Druck (der auch immer unterbewusst besteht), anstatt aus Vernunft und Überzeugung gefällt werden.
Wird nicht frühzeitig eingeladen, so wird die Entscheidungsgewalt der Mitglieder in die Richtung derer verschoben, die sowieso ständig nur für die Partei unterwegs sind, und eh jede Sitzung mitnehmen, quasi ein Stück hin zur Funktionärs-, oder – provokant geschrieben- Technokratenpartei. In Duisburg laden wir in der Regel 15 Tage vor der MV ein, bei Jahreshauptversammlungen sogar noch früher.
Aus ähnlichen Gründen, muss auch ein gewisser Turnus gefunden werden, der auf der einen Seite es auch denjenigen ermöglicht, die nicht viel Zeit haben oder für die Partei erübrigen wollen, auf der anderen Seite ein Turnus oft genug, damit die Mitgliedschaft auch wirklich die Entwicklung der Partei bestimmend begleiten kann. Ein wöchentliches Treffen, würde die meisten überlasten, Entscheidungen könnten nicht gut vorbereitet werden und die Versammlung fiele in Belanglosigkeit.
Gleichzeitig müssen aber aus oben genannten Gründen, möglichst viele Entscheidungen durch die Mitgliedschaft getroffen werden, muss für das Handeln des Kreisverbands eine möglichst breite demokratische Legitimation hergestellt werden. Deshalb haben wir bewusst am Rhythmus von einer Versammlung im Monat festgehalten. „Zweiter Mittwoch“ im Monat, ist leicht zu merken. Einmal im Monat drei Stunden auf eine Versammlung zu gehen, ist leicht zu erübrigende Zeit.
Es muss aber auch Gründe geben, warum die Mitglieder sich zu einer Mitgliederversammlung motivieren sollen.
Eine Einladung macht noch keine Versammlung
Eine Mitgliederversammlung die solch hohen Ansprüchen, wie oben erarbeitet, bedarf einer gründlichen Vorbereitung.
Grundlegend muss eine Motivation für die Mitglieder geschaffen werden, dorthin zu gehen. Motivation ist in erster Linie Verhinderung von Demotivation bzw. Frustration. Wer einmal eine Mitgliederversammlung besucht hat, muss mit einem guten Gefühl danach nach Hause gehen, damit er oder sie das nächste mal (nicht nur aus Disziplin) wieder kommt. Hierzu gehören verschiedene Aspekte. Die Tagesordnung muss also Punkte enthalten, die die Mitglieder interessieren. Wir haben seit Jahren versucht, nun ist es mittlerweile regelmäßig so, dass es zu einem Thema (gerne auch aus der Internationalen-, EU- oder Bundesebene, nicht immer nur das kommunale Klein-Klein, das ja nicht der primären Grund für den Eintritt in unsere Partei ist) ein Input-Referat und offene Diskussion gibt. Das hilft gleichzeitig bei der politischen Bildung. So hatten wir zwischen März und Juni 2018 Referate zum Pflegenotstand, Wohnungspolitik, Migration, sowie zu Delfinarien.
Der Kreisvorstand ist der Mitgliedschaft gegenüber rechenschaftsverpflichtet. Das kann satzungsgemäß durch einen Rechenschaftsbericht vor den Wahlen stattfinden, sollte aber, aus demokratischen Gründen und um die Mitglieder zur Mitarbeit zu bewegen, regelmäßig stattfinden. Hierzu nutzen wir (neben dem Infobrief und einem noch zu optimierenden Newsletter) seit geraumer Zeit den Tagesordnungspunkt 2 der MV „Aktuelles“.
Hier wird auch der Mitgliedschaft die Möglichkeit gegeben, über das was sie gerade bewegt zu reden, oder, wenn sie Aktionen entwickelt haben diese vorzustellen. In der Vergangenheit war es oft so, dass der TOP Aktuelles dazu verleitet hat, spontan, aus dem Bauch heraus viele, lange Beiträge zu halten. Das hat anderen Themen, die vorbereitet wurden und eine höhere Priorität haben, die Zeit genommen und ist vielen Mitgliedern aufgestoßen. Deshalb haben wir die Regel eingeführt, dass unter „Aktuelles“ nur das behandelt wird, was spätestens 24h vorher angemeldet wurde. Dies hat nicht dazu geführt, dass weniger Aspekte besprochen werden. Im Gegenteil, die Mitglieder fühlen sich motiviert, sich selbstständig Gedanken zu machen, ob und was sie vortragen möchten. Die Qualität hat deutlich zugenommen.
Darüber hinaus muss, um eine möglichst breite demokratisch-legitimierte Position zu beziehen, Aktionen zu planen, dieses auf der Mitgliederversammlung rückgekoppelt werden. Deshalb bringen wir kommunalpolitische oder kreisverbandsrelevante Themen jedes Mal auf die Tagesordnung. Hierbei ist in der Vorbereitung wichtig ein Gespür dafür zu haben, was wichtig und interessant ist. Das bringt nicht nur eine breitere demokratische Legitimation: Werden relevante Beschlüsse gefasst, die durchsetzbar sind, so können Erfolge organisiert und damit die Motivation der Mitglieder wieder an einer MV teilzunehmen erhöht werden.
„Wir haben richtig was geschafft“, diesen Gedanken müssen die Mitglieder beim verlassen der Mitgliederversammlung haben. „Nett, mal darüber geredet zu haben“, ist gut. Wenn aus der Diskussion Folgen erkennbar werden, ist es besser. Diese Folgen können durchaus Kleinigkeiten, wie eine Pressemitteilung oder ein Flugblatt sein. Das ist für alle Kreisverbände schaffbar. Größere Aktionen, oder gar Kampagnen, die aus Diskussionen und Beschlüssen folgen (und durchgeführt werden) sind natürlich für die Mitglieder noch schöner, sofern die Kapazitäten des KV das zulassen.
Diese Einbeziehung und Organisation von Beschlüssen, hat darüber hinaus den Kreisverband auch kampagnenfähiger gemacht. Es drängt Mitgliedschaft und vor allem Kreisvorstand aus der Passiv-Rolle. So wurde auf einer Mitgliederversammlung das Vorgehen bzgl. der Abschaffung der kommunalen Baumschutzsatzung diskutiert. Herausgekommen, ist, anders als im Antrag des Kreisvorstands ein Bürgerbegehren zu initiieren, lieber eine Unterschriftensammlung in Form einer gesammelten Bürgereingabe durch zu führen. Die Einschätzung der Mitgliedschaft war richtigerweise, dass der Kreisverband kein Bürgerbegehren stemmen könne. Aus diesem Beschluss hat sich eine regelrechte Kampagne entwickelt, weil das Thema bei den Menschen gut ankommt. Die Baumschutzsatzung wird selbst vom Oberbürgermeister mittlerweile als das bestimmende kommunale Thema angesehen. DIE LINKE. ist in den Köpfen der Menschen durch diesen Beschluss und seinen Folgen mit dem Baumschutz verbunden. Es hat sich ebenfalls eigenständig ein Bündnis (dem wir angehören) gebildet, das massiv zu dem Thema arbeitet. Sozusagen konnte (nach Gramsci) eine Hegemonie hergestellt werden!
Vergleichbar ist die Entwicklung bzgl. der Wohnungspolitik. Es begann eigentlich damit, dass der Kreisvorstand eine Positionierung für die Herunterbrechung der Thematik auf Duisburger Verhältnisse mit der Mitgliedschaft abstimmen wollte. Es hat eine intensive, konstruktive Diskussion ergeben, mit dem Ergebnis, dass in einer zweiten MV ein ausgearbeitetes Papier beschlossen wurde. Diese Vorgänge haben ohne Öffentlichkeitsarbeit solche Wellen geschlagen, dass der Kreisvorstand wiederum der Mitgliedschaft vorschlug eine kommunale Kampagne auszuarbeiten, was höchst positiv aufgenommen wurde. In zwei folgenden MVs und kleineren Diskussionsrunden zwischen den MVs wurde ein breit angelegtes Kampagnenkonzept entwickelt, das andere Kreisverbände aufnehmen wollen und wozu sich (wiederum ohne große Öffentlichkeitsarbeit) Menschen gemeldet haben, die vorher nichts mit Politik am Hut hatten, aber an der Kampagne mitwirken wollen. Und das in einer Stadt, von der es heißt der Wohnungsmarkt sei sehr entspannt!
Spontane Beschlüsse machen noch keine Basisdemokratie
Das Vorgehen zu Baumschutz und Wohnkampagne sind schon sinnbildlich für eine erfolgreiche Mitgliederbeteiligung. Aber was steckt dahinter?
Neben der Möglichkeit sich durch rechtzeitige Information über Anträge (durch Einladung und Antragsverschickung, wie auch in der Satzung vorgesehen), sollten Beschlüsse und Positionierungen von denjenigen, die starkes Interesse an einem Thema haben, in offenen, aber kleineren Runden vorbereitet werden. Mit 5-6 Leuten lässt sich nun einmal eingehender und detailreicher diskutieren, als wenn viele einer Versammlung von 30-40 Menschen ihre Meinung kundtun. Deshalb pflegen wir zu Anträgen etwa im Vorfeld der Mitgliederversammlungen Diskussionsrunden durch zu führen. Hier können sich die Experten und Interessierte intensiv austauschen. Wir haben im Übrigen festgestellt, dass durch diese Vorgehensweise Mitglieder die zunächst sehr unterschiedliche Positionen vertraten Gemeinsamkeiten entdeckten, in ihrer Positionierung näher rückten und neue Positionierungen entwickelten.
Diese kleineren Runden bieten dann auch die Möglichkeit andere Formate zu wählen. Wir haben dabei auch schon Workshops ausprobiert. Workshops und weitere Formate eignen sich aber nur bedingt für eine Mitgliederversammlung, die eine Arbeitssitzung sein muss.
Dennoch kann bei grundlegenden Entscheidungen, etwa die Ausrichtung des Kreisverbands oder die Durchführung einer zweijährigen Kampagne, das Format dennoch etwas aufgelockert werden. Wie schon beschrieben haben wir auf mehreren Mitgliederversammlungen die Wohnkampagne besprochen. Hierbei haben wir auch in Kleingruppen diskutiert oder interaktiv auf Flipcharts die Bewertung der bisherigen Ausarbeitung, sowie Aktions- und Namensvorschläge abgefragt.
Die Mitgliederversammlung ist eine Arbeitssitzung
Wie oben beschrieben, kann die Basisdemokratie nur auf einer Mitgliederversammlung verwirklicht werden. Wenn wir die Basisdemokratie breit aufstellen wollen, so muss das Handeln des Kreisverbands in möglichst vielen (alle ist aus Zeitgründen leider nicht möglich) Beschlüssen demokratisch legitimiert werden. Wie diese Beschlüsse qualitativ vorbereitet werden können ist oben beschrieben.
Diese Prämisse setzt aber wiederum eine gute Planung und Strukturierung der Mitgliederversammlung voraus. Es muss eine Arbeitsatmosphäre herrschen. Es wird den TeilnehmerInnen der Versammlung abverlangt sich zu konzentrieren, keine (wenige/leise) Nebengespräche zu führen, Rededisziplin einzuhalten (nicht zu lang, aber zum Thema und vorher überlegt, wie wichtig der Beitrag ist und ob das nicht schon jemand anderes gesagt hat). Leider ist das nicht immer eine Selbstverständlichkeit.
Weiterhin verführt das Mittel des Geschäftsordnungsantrags manchmal dazu, diesen zu nutzen, um dann doch nochmal oder schneller die eigene Meinung kund zu tun. Neben dem Hinweis darauf, bitten wir deshalb darum, bei bestehenden Geschäftsordnungsanträgen, die kurz auf Papier zu schreiben und an die Tagesleitung zu geben, damit diese prüfen kann, ob denn tatsächlich ein Antrag vorliegt, oder doch nur eine Meinung kundgetan werden soll. Seit der Einführung dieser Regel, musste sie nie angewandt werden, da alle zunächst innerlich prüfen, ob und wie denn ein GO-Antrag gestellt werden muss. Darüber hinaus würde diese Regel es der Tagesleitung erleichtern, bei verschiedenen GO-Anträgen einen guten Mittelweg zu finden, einen Verfahrensvorschlag daraus zu erarbeiten.
Wer eine solche Disziplin verlangt, muss aber auch dafür Sorge tragen, andere Bedürfnisse unter Linken zu stillen: Es gibt einfach unter Allen Menschen Bedarf nach einem offenen Austausch, in dem die Gedanken schweifen können. Das kann nicht auf einer MV geschehen, aber Stammtische bieten dafür einen hervorragenden Rahmen. Aus der Reflektion daraus sind auch schon zwei Mitgliederstammtischrunden entstanden, zu denen die Parteimitgliedschaft eingeladen wird.
Aber es ist auch schwer stundenlang zuzuhören. Deshalb ist eine Pause auch bei einer 2,5 Stündigen Versammlung ein Muss.
Um den Mitgliedern es weiterhin zu erleichtern der Diskussion konzentriert zu folgen, haben wir neben der Auslage eingeführt, die Papiere und die Tagesordnung über einen Beamer an die Wand zu werfen, damit alle schnell wieder wissen, an welcher Stelle wir gerade sind.
Nach der Arbeit noch zur Arbeitssitzung?
Nun haben wir eine gut strukturierte Mitgliederversammlung, die möglichst Frustration verhindert, wir haben Themen, die die Mitgliedschaft interessieren und wir haben auch Beschlüsse und Erfolge organisiert. Das ist schon gut. Das reicht aber oft nicht den inneren Schweinehund zu überwinden und die Verlockungen des Sofas an einem Mittwochabend nach der Arbeit zu übertreffen. Leider ist es allzu häufig auch noch so, dass für die Teilnahme an der MV weite Wege genommen werden müssen.
Die MV sollte also auch angenehme Elemente enthalten. Eine räumliche Vorbereitung kann hier helfen, wohldosierte Auflockerungen der Tagesleitung heben (wenn es keine verächtlichen Witze sind) die Stimmung. Durch Videos und Fotos die über Beamer an die Wand geworfen werden, kann die Versammlung weiter aufgelockert werden und ein Wir-Gefühl gefördert, Erfolgserlebnisse guter Aktionen transportiert werden.
Die Anerkennung der Leistung der GenossInnen kann über die Motivation der betreffenden Leute auch eine schöne Stimmung machen, geteilte Freude ist doppelte Freude. Es sollte neben diesen positiven Nebenaspekten übrigens eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir die Arbeit und Leistung der GenossInnen regelmäßig positiv Anerkennen. Auch hierfür bieten sich Mitgliederversammlungen an. Es sollte aber nicht zu einem „Mitarbeiter des Monats“ verkommen. Wenn auf jeder MV GenossInnen geehrt werden, wird es belanglos und demotiviert die GenossInnen, die lange nicht mehr oder noch nie geehrt wurden („wann bin ich denn mal an der Reihe?“). Gut vorbereitete Ehrungen in unregelmäßigen Abständen können die Mitglieder unheimlich bewegen. So haben wir auf der Jahresabschlussversammlung 2017 eine Überraschungsgala durchgeführt. Nach einer halbwegs „normalen“ MV mit Keksen und Glühwein hatten wir die GenossInnen gebeten wirklich noch zum gemütlichen Teil zu bleiben. Dann haben wir als KreisprecherInnen und umgezogen und schick gemacht. Angelehnt an die Oskar Verleihung haben wir dann in verschiedenen Kategorien (an die jeweiligen GenossInnen mit Augenzwinkern angepasst) Preise mit Laudatio verliehen. Hierbei hatte der „Parteikommissar“ (der in möglichst grau und langweilig verkleidete Markus (Beisitzer im KV), die „Kaderakte“ (angelehnt an das goldene Buch des Nikolaus und die graue Vorgeschichte der Partei). Manche GenossInnen hat das zu Tränen gerührt. Noch heute, über ein halbes Jahr, später erzählen die GenossInnen davon. Und es hat sich über die Parteigrenze hinaus rumgesprochen, wie schön, DIE LINKEn mit ihren Mitglieder umgehen.
Mitglieder auf der Versammlung – Beschlüsse gefasst, und jetzt?
Es ist zwar schon schön über Themen zu diskutieren und Beschlüsse zu fassen. Auf die Dauer ist es aber für die Mitglieder auch wichtig, dass den Beschlüssen Ergebnisse folgen. Und erst, wenn die Beschlüsse der Mitglieder real etwas verändern, ergeben sie Sinn.
Folgen der Beschlüsse können vielfältig sein: Anträge zu Parteitagen, Positionierungen mit Öffentlichkeitsarbeit, Kampagnen, Aktionen, Aufstellung des Kreisverbands und eben Verhalten der Fraktion im Rat.
Insbesondere für Letzteres ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Partei und Fraktion, was sowieso erstrebenswert ist notwendig. In Duisburg haben wir ein sehr gutes Verhältnis zur Ratsfraktion. Außerparlamentarisches und parlamentarisches Handel gehen oft Hand in Hand. Wir haben das geschafft, indem es einen personellen Austausch gibt: Sowohl VertreterInnen des FraVo besuchen regelmäßig Sitzungen des Kreisvorstands, als auch andersherum. So wissen beide Seite stets Bescheid, was die andere Seit plant und welche Probleme sie hat. So kann schnell unterstützt und Handlungen auf einander abgestimmt werden. Außerdem wird auch über den kurzen Weg kommuniziert.
Die Fraktion holt sich bei wichtigen kommunalen Entscheidungen die Meinung der Mitgliedschaft in der MV und eine Empfehlung für ihr Verhalten im Rat ab. So wird auch die politische Bildung der Mitgliedschaft vorangetrieben.Hier wird auf der einen Seite das Primat der Partei eingehalten und eine breitere demokratische Legitimation für das parlamentarische Verhalten geschaffen, auf der anderen Seite ist es schon eine Hilfe in parlamentarischen Auseinandersetzungen die Mitgliedschaft hinter sich zu haben. Noch viel mehr hilft es, wenn aus dieser Information und Befragung der Mitgliedschaft sogar begleitende Kampagnen erfolgen. So hat sich die Ratsfraktion im Jahr 2017 noch stärker als sonst mit dem (Kürzungs-)Haushalt der Stadt auseinandergesetzt. Mit den Informationen hat der Kreisverband eine kleine Kampagne zum Haushalt entwickelt, die die Fraktion in den Auseinandersetzungen unterstützte. Wegen des Erfolgs 2017 führen wir auch in diesem Jahr 2018 eine kleine Kampagne zum Haushalt durch. Diese ist schneller erarbeitet und leichter in der Mitgliedschaft zu vermitteln, da es schon bekannt ist eine solche Kampagne durchzuführen. Aber eben auch schon beim zweiten Mal, hat sich etwas Routine gebildet, die vieles erleichtert.
Formate und Möglichkeiten
Der Parteiaufbau – Die Selbstermächtigung der Mitgliedschaft
Wir haben einen Anspruch nicht nur ein Wahlverein zu sein, uns auf die Arbeit im stillen Kämmerlein der Parlamente und Gremien zu machen und nur zu den Wahlkämpfen vor die Tür zu kommen. Wir wollen aufsuchende und mitnehmende Politik machen. Wir wollen auch zwischen den Wahlen die Menschen in und außerhalb der Parlamente überzeugen und durch politischen Druck aus der Opposition heraus (das würde aber auch für eine Koalitionsbeteiligung gelten, da die Macht vor Allem bei den Reichen und Konzernen liegt) machen und so Erfolge für die Menschen erzielen. Gleichzeitig nehmen wir aber keine Unternehmensspenden an und haben einen sozial gestaffelten Mitgliedsbeitrag. Ergo verfügen wir über sehr begrenzte Ressourcen: Wir können weder auf ein „Heer von Berufsrevolutionären“ setzen, noch Werbeagenturen bezahlen. Wir sind auf die ehrenamtliche Arbeit unserer Mitglieder und SympatisantInnen angewiesen. Und auch hier ist die Zeit ein hohes Gut.
Damit deren Arbeit effizient wird und wir möglichst effektiv arbeiten (und so im Übrigen auch Demotivation vermeiden können), ist es notwendig den Mitgliedern das „Handwerkszeug“ eines Basispolitikers mit zu geben.
Hierzu sind (attraktive) Schulungen vor Allem für unsere FunktionsträgerInnen, wie OV- oder AK-SprecherInnen notwendig.
Was sind meine Aufgaben in der Funktion? Was sind die Satzungspflichten? Wie leite ich eine Sitzung? Wie mache ich Versammlungen attraktiv? Wie organisiere ich einen Infostand? Wie schreibe ich eine Pressemitteilung? Wie erstelle ich mit dem OV einen Halbjahresplan?
Dies sind nur grundlegende Fragen, die wir in Treffen und Seminaren bearbeitet haben. Diese Schulungen kann es eigentlich gar nicht genug geben. Dennoch können wir in Duisburg schon den Erfolg aus diesen Schulungen nachvollziehen. Wo es früher Hemmnisse gab Infostände durchzuführen, auch wegen des Aufwands, da machen mehrere Ortsverbände nun regelmäßig und routinierte Infostände, oder nehmen an Aktionstagen teil (auf den Wert dieses Aktionen gehen wir später ein).
AGs und AKs
Das Herz der Partei ist die Mitgliederversammlung, doch hier können nicht alle inhaltlichen Positionen in der notwendigen Tiefe diskutiert werden. Gleiches gilt übrigens auch für den Kreisvorstand. Da es wichtig ist auch dezidierte Positionen auf kommunaler Ebene zu haben und diese mit den Kernpositionen unserer Partei zu verknüpfen sind, kommt hier den Arbeitskreisen und Arbeitsgemeinschaften eine enorme Bedeutung zu.
Hier gilt es den Mitgliedern Wege aufzuzeigen, in ihrem Interessensgebiet in bestehenden AGs oder Aks mitzuarbeiten, oder eben solche zu gründen.
Im Grunde genommen genügt es für ein solches Gremium, wenn sich drei Leute mit gleichen Interessensgebiet zusammen finden.
Für deren Arbeit bieten sich ähnliche Strukturen, wie in den Ortsverbänden an, nämlich sich einmal im Monat zu treffen und sich eine interessante Tagesordnung zu geben (vgl. Aufbau Mitgliederversammlung, nur im Kleinen)
Wird die Arbeit der AGs und AKs attraktiv gestaltet, gibt es eine parteiinterne Kommunikation über deren Arbeit, so gesellen sich in der Regel weitere MitstreiterInnen dazu.
Doch müssen diese AGs und AKs nicht nur inhaltlich arbeiten. Im Gegenteil wäre es wünschenswert, wenn aus diesen Gruppen auch Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen entstehen. Wenn nicht gerade altgediente und erfahrene GenossInnen die Leitung übernehmen, so ist die Schulung dieser wie oben beschrieben vorteilhaft.
Wie oben beschrieben tragen die AGs und AKs eine große Verantwortung gegenüber der Mitgliedschaft und der demokratischen Meinungsfindung in der Partei: Werden hier neue Positionen erarbeitet, oder wichtige Themen besprochen, ist eine Rückkopplung mit der Mitgliederversammlung von Nöten, oder mindestens mit dem Kreisvorstand, als demokratisch legitimierter Vertreter der Mitgliedschaft.
Ist dies gewährleistet, so steigert dies den Erfolg der Partei insgesamt. So kam etwa der Wunsch nach einer Kampagne (und vorherigen Positionierung) zur Duisburger Baumschutzsatzung aus dem Arbeitskreis Umwelt und führte zu einem großen Erfolg. Gleichfalls bindet sich der AK Arbeit, Soziales, Gesundheit (der Ratsfraktion, Parallelstrukturen sind nicht nötig, sondern im Gegenteil oft mit Unwuchten in der Arbeit behaftet).
Aus dem Labyrinth eine Wohnung machen – Neumitgliederseminare
Die Welt ist groß und kompliziert, es gibt viele Felder an denen sich die Partei abarbeiten muss. Dementsprechend entstehen selbst auf kommunaler Ebene eine Vielzahl von Arbeitsstrukturen, die besonders für Neumitglieder, aber auch für langjährige GenossInnen schwer zu überschauen sind. Je aktiver eine Partei, desto mehr Felder will sie erarbeiten. Und umso mehr Gremien entstehen, aber verschwinden auch wieder. Wer noch nie in einer Partei mitgearbeitet hat, für die scheinen die Strukturen wie ein Labyrinth und nicht nachvollziehbar, warum genau was wann beachtet werden muss.
Deshalb haben wir für Neumitglieder Seminare durchgeführt, wo ihnen der Parteiaufbau dargestellt wurde. So konnte ein erster Überblick geschaffen werden.
Doch bei so komplexen Strukturen ist es schier unmöglich diese auf anhieb zu verstehen. Diese Seminare sollte auch genutzt werden, um ein erstes Kennenlernen mit erfahrenen GenossInnen zu ermöglichen. Hier werden die Neumitglieder nach ihren Interessen gefragt und dann Kontakt zu der richtigen Stelle in der Partei hergestellt.
Noch viel besser wäre es, wenn es ein Tandem-System gäbe, welches wir leider noch nicht strukturiert in Duisburg einführen konnten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Neumitglieder sich am schnellsten orientieren konnten und am schnellsten in der Partei aktiv wurden, wenn sie direkt von einer erfahrenen Person „an die Hand genommen wurden“. Es wäre also anzuraten einen Pool zu erstellen, von erfahrenen GenossInnen, die bereit sind Neumitglieder zu „betreuen“, also gemeinsam mit Ihnen zu Sitzungen zu gehen, Ihnen die AnsprechpartnerInnen für die Themenbereiche vor zu stellen und im Vier-Augen-gespräch erklären, warum gerade was passiert ist („was ist dieser GO-Antrag, der da gerade gestellt wird?“, „warum äußert sich jetzt die Fraktion dazu und nicht der Kreisvorstand“)
„Diskussionsforum“
Trotz all den Arbeitskreisen und Gremien, gibt es manchmal Themen, Fragen, Angelegenheiten, die in kein Format passen. Es gibt auch immer das Bedürfnis Feed-Back zu geben, aber auch sich niederschwellig an der Kreisverbandsarbeit zu beteiligen.
Deshalb haben wir ein „Diskussionsforum“ eingeführt. Der Titel ist eher ein „Arbeitstitel“, da wir bisher keinen Namen für dieses Format gefunden haben, der den Inhalt beschreibt. Auch ist das Format noch nicht zu hundert Prozent ausgereift.
Im Grunde ist eine Kreisvorstandssitzung, bei der die Mitglieder explizit eingeladen werden und die Tagesordnung bestimmen können. So können Themen angesprochen werden, die der Kreisvorstand nicht auf dem Schirm hatte, oder (da der KVo ebenfalls ehrenamtlich arbeitet) einfach zeitlich nicht bearbeiten konnte. So können sich leichter Menschen zusammenschließen, die ein Thema bearbeiten möchten. Durch die Anwesenheit des Kreisvorstands ist auf der einen Seite die demokratische Legitimation gewährleistet, aber eben oft auch die Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Durchführung erhöht. Oft hat der Kreisvorstand auch alleine schon durch seine Funktion einen größeren Überblick und kann Ideen aus der Mitgliedschaft zum Erfolg verhelfen.
Dieser Rahmen ist aber auch geeignet Fragen, Feed-Back oder Kritik an der Arbeit des Kreisvorstands anzusprechen und unbürokratisch vertraulich zu besprechen.
Bisher haben wir das „Diskussionsforum“ in 1,5 monatigem Abstand in unsere sowieso „nur“ zweiwöchentlich stattfindenden Kreisvorstandssitzungen integriert. Die beiden Foren, die wir abgehalten haben waren gut besucht und es gab mehr als nur genug Themen, die hier besprochen wurden, aber auch Aktionen beschlossen und durchgeführt wurden.
Jedoch stellen wir im zweiwöchigen Rhythmus der Vorstandssitzungen fest, dass im KV mangels Zeit manche Sachen nicht besprochen werden können und oft die Diskussion nicht in die gewünschte Tiefe gehen kann. Deshalb wäre zu überlegen, den Kreisvorstand wöchentlich tagen zu lassen und dann alle vier Wochen das die Mitgliedschaft gesondert dazu einzuladen.
Öffentlichkeitsarbeit
Pressemitteilungen
„Tu Gutes und sprich darüber“ oder: Was an politischer Arbeit in der Öffentlichkeit nicht kommuniziert wird hat für die Menschen nicht stattgefunden. Deshalb ist es notwendig, dass wir unsere Arbeit auch mit Öffentlichkeitsarbeit begleiten. Und auch, wenn die Auflagen der gedruckten Zeitungen abnimmt, ist bei der klassischen Presse doch die höchste Verbreitung zu erwarten und… was in den klassischen Medien erscheint, vor Allem in den lokalen Leitzeitungen, das übt Druck auf die Entscheidungsträger aus. Deshalb ist es wichtig die eigene Arbeit mit Pressemitteilungen zu kommunizieren, aber auch das (lokale) Zeitgeschehen politisch zu kommentieren. Je mehr GenossInnen das Handwerkszeug haben, solche Pressemitteilungen zu formulieren und demokratisch abstimmen zu lassen, desto häufiger kann sich DIE LINKE. im öffentlichen Raum äußern und bekannt machen. Durch die Schulungen und den Einbau der Pressearbeit in die alltägliche politische Arbeit ist es uns gelungen, dass DIE LINKE. in Duisburg mittlerweile ein bis zwei Mal pro Woche in der Zeitung zitiert wird. Mit Qualität und Quantität der Pressemitteilungen steigert das auch die Akzeptanz in den Redaktionen. Es gibt aber auch Phasen, in denen wir nicht zitiert werden.
Die lokale Zeitung
Dennoch sind wir immer bei Pressemitteilungen immer darauf angewiesen, dass die Journalisten unseren Pressemitteilungen genügend Nachrichtenwert beimessen, um sie zu veröffentlichen. Je mehr Hintergrund und ideologische grundsätzliche Inhalte in den Pressemitteilungen stehen, desto geringer die Chance, dass dieses auch abgedruckt wird. Da es aber insbesondere für Kreisverbände die Aufgabe ist, auch politisches Hintergrundwissen zu vermitteln und die Verknüpfung zu Bundespolitik und dem Kapitalismus herzustellen, bietet es sich an selber eine Zeitung herauszugeben. Hier können auch die Aktivitäten des Kreisverbands ausführlicher dargestellt werden und Themen, die wir, aber nicht die Journalisten der privaten Medien für wichtig erachten, besprochen werden. Werden diese regelmäßig herausgegeben und verteilt, so lernen die Menschen unsere Veröffentlichungen kennen und schätzen. Der Duisburger Standpunkt ist nach 69 Auflagen besonders dort bekannt und beliebt, wo er verlässlich und regelmäßig verteilt wurde. Wir erfahren immer häufiger, dass die Menschen den Standpunkt kennen. Er liegt in linken Stadtteilläden aus, wo die Leute auch explizit nach dem „Standpunkt“ fragen. Er ist schon lange ein Standbein unserer Öffentlichkeitsarbeit und macht uns ein stückweit unabhängig von den privaten Medien, neben den immer wichtiger werdenden sozialen Medien, die wir auch betreiben, hier aber nicht aufführen, da die Vorteile hinlänglich bekannt sind.
Regelmäßige Infostände
Schöne Texte und Bilder sind schön. Doch nichts überzeugt besser als ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Es ist glaubwürdiger, als ein anonymer Zeitungsartikel oder Facebook-Posting. Besonders glaubwürdig wird es für die meisten Menschen dann, wenn Parteien nicht typischerweise im Wahlkampf an Infoständen stehen. In Wahlkämpfen, denken (oft zurecht), dass die Parteien nur in wenigen Wochen/Tagen die Stimme haben wollen. Wenn LINKE aber jeden Monat (oder in anderen regelmäßigen Abständen) am selben Platz stehen, dann strahlt das eine Zuverlässigkeit aus. Es ringt den Menschen Respekt und Zutrauen ab, wenn eine Partei die Mühen eines Infostandes nicht nur zum Wahlkampf auf sich nimmt. Ebenfalls ist die Hemmschwelle niedriger hier die Leute anzusprechen, da nicht „im Akkord“ versucht wird Wähler zu werben. Hier ist mehr Zeit ausführlich mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Übrigens das Angebot von Kaffee und Keksen erhöht die Gemütlichkeit. Wir haben hier sehr gute Erfahrungen gemacht. Mittlerweile führen mehrere Ortsverbände in Duisburg diese regelmäßigen Infostände durch. Die Partei bekommt ein Gesicht.
Doch erfüllen Infostände darüber hinaus eine weithin unbekannte und unterschätzte Funktion aus: Hier treffen sich Linke und können sich jenseits einer Tagesordnung unterhalten. Es ist eine Art Stammtisch, nur eben meist morgens, mit Kaffee statt Bier und dass „nebenbei“ Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird. An diesen regelmäßigen Infoständen sind schon sehr viele gute Ideen entwickelt worden und sind Themen eingängiger besprochen worden, als auf mancher Sitzung möglich.
Flächendeckende Aktionstage
Es ist ohne Routine oder Erfahrung immer noch ein Aufwand einen Infostand zu organisieren und zu planen. Hier kann es eine Hilfe sein, wenn der Kreisverband stadtweite Aktionstage ausruft. Das nimmt schon einmal den „inneren Schweinehund“ sich Datum, Ort und Thema eines Infostandes zu überlegen. Ebenfalls können dann für die Ortsverbände die Anträge gestellt werden, sowie Materialien vorbereitet werden. So können auch nicht so erfahrene und strukturell stark aufgestellte Ortsverbände relativ leicht Infostände durchführen. Neben den oben genannten Effekten, kommt der Übungseffekt hinzu. Doch Aktionstage haben auch eine größere Wirkung nach Innen und nach Außen: Die GenossInnen der verschiedenen OVs können sich austauschen, haben gemeinsame Erfahrungen. Und es macht für die Öffentlichkeit mehr Eindruck, wenn DIE LINKE. flächendeckend zu einem Thema Infostände durchführt.
Stadtteil- und Kleinkundgebungen
Es ist vollkommen in Vergessen geraten, dass das Mittel der Kundgebung oder Demonstration auch dazu genutzt werden kann in kleinerem Rahmen Menschen linke Positionen zu vermitteln. Aus der Zeit der Weimarer Republik sind viele Fotos von der Verwendung dieses Mittels überliefert. Und auch wir haben festgestellt, dass die Leute aufmerksam werden, wenn eine(kleine) Gruppe mit Fahnen, Flugblätter und Lautsprecher durch die Stadt läuft.Sie hören tatsächlich zu und interessieren sich. Unsere Positionen werden mindestens 5 Minuten zum Gesprächsthema für hunderte Menschen. Eine Demonstration in Berlin erregt nur dann Aufmerksamkeit, wenn es tausende sind,die dort marschieren. Dort ist es Alltag. In Duisburg reichen 100 um in die Zeitung zu kommen. Aber wird die Kundgebung oder Demonstration in äußeren Stadtteilen durchgeführt, dann ist es im Stadtteil das Wochengespräch. Nur geringfügige Werbung reicht aus, wenn es um ein lokal brisantes Thema geht die Menschen auf die Kundgebung aufmerksam zu machen. Beispiel: In Duisburg Meiderich verfällt ein Haus, im Stadtteilzentrum, was die Menschen dort erregt.Dagegen haben wir eine kleine Kundgebung durchgeführt und diese per Pressemitteilung und mit 200 Flugblättern im Vorfeld beworben. Rund 70 Anwohner haben sich an der Kundgebung beteiligt. Ein großer Teil der Bevölkerung vor Ort weiß nun, dass DIE LINKE. sich kümmert und dass Eigentum verpflichten soll.
Kleinkampagnenführung
Wenn wir diesen Organisationsgrad erreicht haben, solche Methoden der Öffentlichkeitsarbeit anzuwenden, können diese auch in eine zeitliche Choreografie gebracht werden. Nach dem klassischen Muster laufen Kampagnen auf einen Höhepunkt zu und beginnen niederschwellig.
Doch muss dafür auch die Mitgliedschaft dahinter stehen. Deshalb sollte ein Thema gewählt werden, dass unstrittig ist und mit dem sich viele GenossInnen identifizieren. Es sollte einen Anlass geben, ein Datum, auf das hingesteuert wird.
Dann kann das Thema gesetzt werden. Zunächst eine Pressemitteilung dazu erstellet und abgeschickt werden. In sozialen Medien das Thema verschieden beleuchtet werden. Gleichzeitig können parlamentarische Initiativen zu Themenkomplexen gemacht werden. Dann kann es einen Aktionstag mit flächendeckenden Infoständen geben. Gipfeln könnte es in einer kleinen Kundgebung (je nach Thema können die kleinen Kundgebungen auch vorbereitend für eine Größere sein). So führen wir bereits zum zweiten Mal anlässlich der städtischen Haushaltsberatungen eine kleine Kampagne gegen Austerität durch „Kaputtkürzen is nich – Haushaltswende jetzt“.
Partei in Bewegung
Bündnisse aktiv suchen – die Partei als politischer Dienstleister
Es ist noch immer nicht zu beobachten, dass Menschen, die sich engagieren, etwa in einer Bürgerinitiative, Bewegung oder Bündnis als erstes daran denken, dass sie sich Unterstützung der LINKEn holen kann. Dies hat verschiedene Gründe, etwa, dass Bürgerinitiativen oft von Menschen gegründet werden, die sich an einem konkreten Mangel stoße, aber vorher noch nicht politisch aktiv waren und die politische Landschaft der Stadt kennen. Die Diskussionen warum es wichtig ist, dass DIE LINKE. sich in den Bewegungen verankert, sind hinlänglich geführt worden und wollen wir hier nicht wiederholen.
Deshalb ist es notwendig, dass DIE LINKE. auch auf kommunaler Ebene aufmerksam verfolgt, ob und wo sich Bewegungen gründen. Sind diese gefunden und passen zum Parteiprogramm (eine Bürgerinitiative gegen ein Flüchtlingsheim etwa sollte nicht unterstützt werden), so ist es an der LINKEn diese anzusprechen, um Gespräche zu bitten. Hier sollte die Unterstützung der LINKEn angeboten werden und schon einmal skizziert werden, wie diese aussehen könnte. Ganz wichtig ist es, dass die Bewegung entscheidet, welche Hilfe sie von der LINKEn annimmt, ja, wie sich DIE LINKE ihr gegenüber zu verhalten hat. Nur so kann Vertrauen aufgebaut werden.
Die Hilfe der LINKEn wird also wie eine (kostenlose) politische Dienstleistung angeboten. Ebenfalls zu der angebotenen Dienstleistung ist die politische Beratung (wichtig: nicht Bevormundung). Wir können unsere Infrastruktur, Netzwerke, Informationen und oben beschriebene Aktionsformen, sowie auch Anfragen und Anträge in den Parlamenten anbieten. Wichtig ist hier auch unsere Erfahrung in der Kampagnenführen. Kommt eine Zusammenarbeit zustande, können die bewegten Menschen auf die Hintergründe ihres Problems aufmerksam gemacht werden („Die Wiese wird bebaut, weil im Kapitalismus die Rendite nicht der Anwohnerwille zählt“).
Die Menschen werden es der Partei danken. Und sie werden es in der Regel nicht verbieten, dass DIE LINKE. offiziell ihre Unterstützung bekundet und begründet.
Bewegungen schaffen
Doch nicht überall, wo wir uns gesellschaftliche Bewegungen wünschen gibt es welche. Im Gegenteil sind die Menschen, die Selbstermächtigung und eine politische Lobby bräuchten, abgehängt und desillusioniert. Viele Menschen, die wir aktivieren wollen, für die wir kämpfen, haben in ihrem Leben wenige (politische) Erfolgserfahrungen. Sie sind mit ihren widrigen Lebensumständen so sehr beschäftigt, dass sie kaum auf die Idee kommen sich zu organisieren. Dies lässt sich auch an der Wahlbeteiligung in armen Stadtteilen/ Nachbarschaften ablesen.
Als erstes müssen wir als LINKE diese Menschen ermutigen, dass es durchaus Chancen gibt. Beispiele können hier motivierend wirken. In Homberg und Hochheide können wir immer wieder auf den erfolgreichen Kampf um den Erhalt eines Schwimmbads verweisen. Dieses sollte wegen der Sparpolitik geschlossen werden, was als „alternativlos“ hingestellt und schon fast von der Bevölkerung geschluckt wurde. Es war tatsächlich die Idee unseres Ortsverbands eine Bürgerinitiative zu gründen, um ein Bürgerbegehren durchzuführen. Das war erfolgreich. Im Übrigen kann hierauf auch in der Diskussion Menschen, die geneigt sich den RechtspopulistInnen hingewiesen werden („Nur, wenn wir als HombergerInnen unabhängig von der Herkunft zusammenhalten, können wir was für den Stadtteil erreichen. Wer uns nach Nationalitäten spalten will, schadet uns allen“).
Wie aber auch am Bespiel des „Kombibads Homberg“ ersichtlich ist bedarf es manchmal auch eines Anschubs durch DIE LINKE.
Ergibt eine klare Analyse, dass ein Problem die Menschen mobilisieren kann, wo auch die Kräfte der LINKEn reichen, um eine Bürgerinitiative zu stützen, da sollten wir hingehen und die Bewegung lostreten. Es sollte aber auch möglich sein, hier Erfolge zu organisieren, damit die Menschen nicht die Erfahrung machen „gegen die da oben“ nichts ausrichten zu können.
Schema F Organizing
Wollen wir bestehende Bewegungen stützen, oder viel mehr noch, wenn wir Bewegungen schaffen wollen, brauchen wir genügend Kraft, die wir auch effektiv einsetzen können. Dazu gehört auch, dass wir uns nicht jedes Mal Gedanken machen müssen, wie das abzulaufen hat.
Um Bewegungen zu schaffen und z stützen, bietet sich das Organizing an, wozu es bereits bestehende Konzept gibt. Diese müssen aber auch immer geplant und mit Leben gefüllt werden, was ebenfalls viel Arbeit und Kreativität erfordert.
Deshalb ergibt es Sinn, wenn an verschiedenen Orten zu ähnlichen Themen Bewegungen geben soll, den Mitgliedern, die diese Bewegung stützen und initiieren sollen, einen vorgefertigten Ablauf als Grundgerüst an die Hand zu geben.
Dies haben wir im Falle der Wohnkampagne gemacht. Hierbei wollen wir, dass sich möglichst viele möglichst starke Mieterinitiativen gründen und dann zusammen arbeiten. Diese gründen sich aber selten von selbst. Deshalb haben wir analysiert und verfolgt, wo es gerade Mieterhöhungen/-skandale gab und GenossInnen gebeten dort aktiv zu werden. Hierzu haben wir Ihnen folgendes Schema an die Hand gegeben.
- Kontakt aufnehmen, Abschätzung der Mobilisierungsfähigkeit
- Es muss eine betroffene Person die Federführung übernehmen. Dieser Person müssen Möglichkeiten genannt werden und die Unterstützung durch die Partei zugesichert werden.
- Einladung zu einer Mieterversammlung (am besten mit Haustürgesprächen eingeladen), bei der Missstände genannt werden und darüber geredet werden soll.
- Vorschlag (auf der Mieterversammlung) gemeinsamen Beschwerdebrief zu schreiben, ebenfalls darauf Hinweisen, dass der Mieterschutzverein juristische Unterstützung im Einzelfall geben kann. Überblick über die Ursachen schaffen (Profitorientierung)
- Brief formulieren und Unterschriften sammeln. Wir hatten Fälle, bei denen dieser Brief schon gewirkt hat
- Wieder zu einer Versammlung einladen. Mögliche Eskalation besprechen (offener Brief)
- Etc. pp
Wichtig ist dabei, dass wir darauf hinweisen, dass die Missstände der Profitlogik am Wohnungsmarkt geschuldet ist.
Fazit
Wir sind immer von der politischen Großwetterlage abhängig. Wir können uns aber durch gute Organisation stärker aufstellen und uns ein stückweit von der politischen Großwetterlage unabhängig machen. Wir werden stetig unsere Organisation verbessern müssen, damit wir mehr Menschen helfen können und den Weg in den demokratischen Sozialismus finden können.
Das Duisburger Modell hat sich unter den gegebenen Umständen als effektiv erwiesen. Jedoch ist das auch kein feststehendes Modell, sondern wurde und wird auch immer an neue Begebenheiten angepasst werden müssen. Es ist viel mehr ein gutes Grundgerüst, mit dem wir gut auf neue Umstände reagieren können und das auch auf andere Städte und Kreisverbände übertragen werden kann. Ich hoffe mit dieser Darlegung unserer Arbeitsweise Denkanstöße gegeben zu haben, aber auch erklärt haben zu können warum wir was in Duisburg wie gemacht haben.
Wir haben mit dem Duisburger Modell nicht den Sozialismus in Duisburg erreicht, doch einige Erfolge erzielen können. Aufbauend auf unseren Erfahrungen werden wir also weiter fragend voranschreiten.
Ein Beitrag von Lukas Hirtz, Kreissprecher der Duisburger Linken seit 2014
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