Mit der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Bundestag am 27. März 2020 wurde das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates und Bundestages eigenständig Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu treffen. Die Geltung der Maßnahmen ist bis 31. März 2021 befristet.
Nachdem im März allgemeine Verunsicherung über Ausmaß und Auswirkungen der Pandemie herrschte, sind inzwischen das Wissen und die Erfahrung in der Bekämpfung deutlich gestiegen. Da mehrere Gerichte Grundrechtseinschränkungen durch Maßnahmen der Verwaltung/Exekutive zurückgewiesen haben, will nunmehr die Koalition die Rechtsgrundlage für die Eingriffe gerichtsfest machen. Dazu soll das Infektionsschutzgesetz mit § 28a fortgeschrieben werden. In einer nicht abschließenden Aufzählung sollen die möglichen Grundrechtseingriffe konkretisiert werden. Damit soll dem juristischen Grundsatz der Normenklarheit und Konkretisierung Rechnung getragen werden. Beschönigend ist der Gesetzentwurf mit „Formulierungshilfe“ überschrieben. Unter anderem sind ausdrücklich die Untersagung des Abhaltens von Veranstaltungen, Reisebeschränkungen und sogar die Verarbeitung von Kontaktdaten von VeranstaltungsteilnehmerInnen aufgeführt. Das ist viel zu weitgehend und wird unsere Zustimmung (da greife ich einmal der Beschlussfassung der Fraktion voraus) nicht finden!
Böse formuliert, der Katalog liest sich wie der feuchte Traum eines autoritären Konservativen: Corona als Chance, Vorbehalte gegen Datenspeicherung und autoritäres Vorgehen der Staatsorgane auszuhebeln.
Hier gilt es für uns Linke, politisch klare Kante zu zeigen und unter Bezugnahme auf das Grundgesetz für BürgerInnenrechte einzustehen. Unsere politische Aussage muss lauten: Corona bekämpfen ja, Grundrechtseinschränkungen nur in minimalen Ausnahmen zulassen und schon gar nicht ohne Parlamentsbeteiligung. Gerade unsere historischen Erfahrungen zeigen, dass wir LINKE mit diesem Grundgesetz nicht nur gut politisch leben können, sondern dass es auch an uns liegt, es zu verteidigen. Immerhin schreibt das Grundgesetz keine Wirtschaftsordnung fest, ist also wirtschaftspolitisch neutral. Der Kapitalismus gehört eben nicht zur „freiheitlich demokratischen Grundordnung“!
Ich möchte hier auch an die Mütter und Väter des Grundgesetzes erinnern, die Mitglieder der KPD waren. Diese haben erklärt, dem Grundgesetz nicht zustimmen zu können, aber sie wären dereinst diejenigen, die dieses Grundgesetz verteidigen würden. Recht hatten Sie! Eine Linke muss sich immer und überall gegen autoritäre Lösungen, Staatsgläubigkeit und Nationalismus wenden.
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