Chaostage in Berlin – Zwischen Rechtsruck und Selbstdarstellung

Zwei Monate sind seit der Bundestagswahl vergangenen, doch eine neue Regierung ist noch nicht gebildet. Das liegt vor allem am Scheitern der sogenannten Jamaika-Koalition zwischen Union, FDP und Grünen.

Das nicht zustande kommen der Jamaika-Koalition ist keine Folge größerer inhaltlicher Probleme, sondern vor allem die Folge der Strategie der FDP, die die Sorge hatte infolge einer Regierungsbeteiligung marginalisiert zu werden. Dabei konnte der rechte Teil der Verhandlungen, FDP und CSU, viele Zugeständnisse erzielen und die Grünen vor sich hertreiben. Denn diese waren für ein paar Ministerposten bereit einen Großteil ihrer letzten humanistischen und ökologischen Ziele aufzugeben. Egal ob beim Thema Verbrennungsmotor, Kohlekraftwerke oder Obergrenze für die Aufnahme von Geflüchteten, überall zeigte sich die Partei offen für faule Kompromisse zulasten von Mensch und Natur. Kompromisse, die dann mit schönerem Namen verkauft werden sollten, wie die Obergrenze von 200.000, die zum „atmender Rahmen“ wurde. Infolge dieses Einknickens verwundert es auch nicht, dass es nicht die Grünen sind, die von der Presse angegriffen werden, sondern die FDP. Deren Vorsitzender Lindner ist innerhalb weniger Tage vom Liebling der Medien zum Bösewicht geworden, dabei kommt seine Ablehnung einer Regierungsbeteiligung auf Bundesebene wenig überraschend. Zu zahlreich waren in den vergangenen Jahren seine Äußerung, dass die Regierung kein Selbstzweck sei und das Ziel eine starke FDP sei. Das er keinen konkreten Grund fürs Scheitern nennen konnte, verdeutlicht nur, dass es ihm um das Wohl der Partei ging. Der Slogan „Besser nicht regieren, als falsch“ soll zwar davon ablenken, doch ohne das Nennen von Gründen für eine Ablehnung einer Regierung offenbart er nur, dass es der FDP wieder einmal nur um das eigene Wohl ging.

SPD: Verantwortung für den Staat?

Nach dem Scheitern der Regierung soll nun die Sozialdemokratie wieder in die Regierung eingebunden werden. Nach einigen Tagen des Zögerns knickte die Führung ein und erklärte sich bereit für neue Gespräche über eine mögliche Koalition. Getrieben wurde sie dabei von ihrem rechten Flügel, den eine Regierung unter Merkel mehr begeistert als jeder Kampf um sozialstaatliche Verbesserung. Unterstützung erhielten Scholz und seine Seeheimer-Mitstreiter von den Medien, die an die Verantwortung der SPD für die Bundesrepublik appellierten und Kompromisse mit der CDU forderten, der Basis und dem linken Flügel der Sozialdemokratie dagegen ist nicht wohl bei solchen Kompromissen. Und so herrscht Chaos in Berlin, da nicht sicher scheint, ob es eine Regierung geben kann oder zum ersten mal seit dem zweiten Weltkrieg, der Bundestag neu gewählt werden muss, weil sich die Parteien nicht auf eine Regierung einigen können.
Während große Teile der Wirtschaft und der etablierten Parteien Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung verhindern wollen, wären sie für die Mehrheit der Bevölkerung kein Nachteil. Im Gegenteil sie könnten beide Möglichkeiten bieten für eine sozialere Gesellschaft und die Beförderung von Bewegungen für höhere Löhne und Renten. Eine schwarz-grüne Minderheitsregierung wäre angewiesen auf Stimmen von SPD oder FDP und könnte durch außerparlamentarische Bewegung zu Verbesserungen getrieben werden. Da die SPD ihr soziales Profil schärfen und so soziale Forderungen durchsetzen müsste, um nicht noch weiter zu verlieren. Für die Linke würde diese Koalition die Möglichkeit setzen zusammen mit sozialen Bewegung, die Spielräume im Parlament, durch Druck von außen zu erweitern.
Eine Neuwahl dürfte ebenfalls Spielräume für soziale, friedliche und ökologische Politik erweitern, da die Grünen einmal mehr gezeigt haben, dass es auch mit ihnen in der Regierung keine Verbesserung für Natur und Menschen geben würde. Die Linke könnte im Wahlkampf noch deutlich zeigen, dass es nur eine Partei gibt, die sich klar positioniert gegen Umweltzerstörung und für einen starken Sozialstaat.

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