Michael Lüders: Wer den Wind säht

Der Nahe Osten ist seit mehr als 15 Jahren durch westliche Kriege gebrandmarkt, eine Politik, die in der Region nur verbrannte Erde hinterlassen hat, wie Michael Lüders richtig analysiert. Sein neues Werk ist eine Auseinandersetzung mit der westlichen Kriegspolitik, das an einigen Stellen schwächelt.

Der Nahe Osten scheint immer wieder in Chaos, Gewalt und Krieg zu versinken. Selbst die Aufstände und Revolutionen in Tunesien, Ägypten oder in Syrien konnten nur kurzfristig Hoffnung machen. Mittlerweile befinden sich diese Länder im Bürgerkrieg oder im Griff repressiver Herrscher. Insbesondere der Vormarsch des Islamischen Staates (IS) beunruhigt die westlichen Regierungen. Daher konzentrierten sie sich hauptsächlich auf dessen militärische Bekämpfung.

Doch welche tatsächlichen Hintergründe und Ursachen gibt es für diese Entwicklung? Der Publizist Michael Lüders möchte mit seinem Buch aufzuzeigen, dass vor allem westliche Politik für die gegenwärtige Instabilität der Region verantwortlich ist. Als Beispiele führt er die zahlreichen mittelbaren und unmittelbaren Interventionen an, die in erster Linie der Durchsetzung westlicher Interessen dienten.

Eine lange Geschichte der Einmischung

Den „Sündenfall“ westlicher Politik im Nahen Osten stellt für ihn der Sturz von Mohammed Mossadegh im Jahr 1953 dar. Den Putsch gegen den iranischen Präsidenten unterstützten damals die USA und Großbritannien, da dieser die Ölindustrie verstaatlicht und so gegen die Interessen der westlichen Petrolfirmen gehandelt hatte. Es folgte eine lange Geschichte der Intervention, die Lüders ausführlich beschreibt. Die seit 1991 andauernde Zerstörung des Irak durch Kriege, Sanktionen und Besatzung stellt er dabei in den Mittelpunkt.

Eine von Lüders Thesen lautet, dass die Zerschlagung der sozialen und politischen Strukturen des Irak und die Verdrängung der sunnitischen Bevölkerung verantwortlich für die Entstehung des Islamischen Staats seien. Die Gruppe sei „die Quittung für den ebenso völkerrechtswidrigen wie sinnlosen US-geführten Einmarsch im Irak 2003 und die nachfolgende Zerstörung irakischer Zentralstaatlichkeit sowie den Krieg in Syrien.“
In Bezug auf Syrien argumentiert Lüders allerdings, dass der Westen vor allem beabsichtigt habe, Assad „um jeden Preis“ zu stürzen – anstatt gemeinsam mit ihm gegen den IS vorzugehen. Lüders sieht den syrischen Herrscher hingegen eher als Partner. Entsprechend meint er, dass heute die „Gotteskrieger in Damaskus an der Macht“ wären, hätte das westliche Vorhaben damals Erfolg gehabt. Tatsächlich war das Problem in Syrien aber die mangelnde konsequente Unterstützung des Westens für die Oppositionsgruppen gegen Assad. Erst deshalb konnte der IS seinen Machtbereich in Syrien ausweiten.

westliche Politik hinterlässt verbrannte Erde in Syrien

Korrekt ist das „Grundmuster“ westlicher Politik, das Lüders erkennt. Hierzu gehört die massive Unterstützung für die Golfstaaten, für Saudi-Arabien oder das repressive Regime in Ägypten, um zum einen die eigene Versorgung mit Erdöl und Erdgas sicherzustellen und zum anderen, um die Sicherheit Israels zu garantieren. Ohnehin habe der israelische Staat in seiner Politik gegenüber den Palästinensern einen“Freibrief“ erhalten.
Viele von Lüders Beobachtungen sind richtig, beispielsweise dass „westliche Politik in Syrien und Irak verbrannte Erde“ hinterlassen und einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung des IS geleistet habe. Doch sein Buch weist auch Schwächen auf, etwa wenn er meint, militärische Mittel könnten doch „sinnvoll sein“, wenn der IS so „an vorderster Front aufgehalten werden könnte“. Hier tappt Lüders genau in die ideologische Falle, wonach der IS der Hauptfeind ist und nicht die interessengeleitete Politik des Westens. Diese Fokussierung auf den Kampf gegen den IS, der in den Medien vor allem als ein brutaler, rücksichtsloser Gegner bezeichnet wird, verdeckt aber die Ursachen für die tatsächlichen Hintergründe der gegenwärtigen Probleme.

Lüders schließt sein Buch mit dem Appell, dass es angesichts der „neuen Unübersichtlichkeit“ mehr „Diplomatie, Interkulturalität und Pragmatismus“ bedürfe. Verglichen mit der Schärfe seiner Kritik an westlicher Nahost-Politik sind das recht maue Lösungsvorschläge.

Die Besprechung erschien zuerst auf marx21.


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Eine Antwort

  1. „Tatsächlich war das Problem in Syrien aber die mangelnde konsequente Unterstützung des Westens für die Oppositionsgruppen gegen Assad. Erst deshalb konnte der IS seinen Machtbereich in Syrien ausweiten.“ Ja, kein Wunder, dass diese Besprechung auf Marx21 veröffentlicht wurde. Als wenn es im US-geführten Westen um Unterstützung für Demokratie ginge!
    Siehe:
    https://www.youtube.com/watch?v=WRy7F565l0c

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