Wer kennt es nicht – beim Swipen auf Instagram auf den einen oder anderen kurzen Schmunzler zu treffen? Manchmal offensichtlich zu verstehen, manchmal komplizierter. Häufig mit einer politischen Konnotation, selten eher weniger. Eins haben sie gemein: Sie drücken in Bildern bestimmte gesellschaftliche Zustände viel besser aus als lange akademische Abhandlungen. Das hat Potenzial und weckt politisches Interesse bei Menschen, die sonst eher keinen Zugang zu politischen Themen haben. Wir sprechen über Memes.
Was sind Memes?
Memes sind künstlerisch erschaffene digitale Bilder oder Videos. Es gibt verschiedene Templates, also Grundlagen, die aus einer bestimmten zugespitzten Situation, beispielsweise aus einem Film, einer Serie, etc. entstanden sind, und wiederkehrend genutzt werden. Mittlerweile gibt es Millionen Templates. Wie bei allen Moden gibt es bestimmte Templates, die temporär viel genutzt und nach einiger Zeit von neueren verdrängt werden. Auf dieser Grundlage werden dann meistens 1–2 kurze Textelemente hinzugefügt und fertig ist das Meme.
Memes erstellen kann jeder und jede. Dazu muss man nur die Seite https://imgflip.com/memegenerator öffnen, ein Template auswählen und die gewollten Textelemente hinzufügen. Das ist auch der große Vorteil von Memes: Die breite Masse kann selbstständig und einfach Kunst gestalten.
Was drücken sie aus?
Die meisten Memes weisen auf gesellschaftliche Phänomene hin. Sie kritisieren bestimmte Normen und Denkmuster oder machen sich über spezielle soziale Gruppen lustig (häufig verbunden mit Selbstironie). Beispielsweise folgen über 600.000 Menschen „Alman Memes“ auf Instagram, bei der sich zwei weiße Deutsche über stereotypisch deutsche Verhaltensmuster lustig machen.
So wundert es nicht, warum viele sozialistische Memeseiten in den sozialen Medien (insbesondere in den USA) erfolgreich eine hohe Reichweite aufweisen. Die negativen Auswirkungen kapitalistischer Gesellschaften auf marginalisierte Gruppen in Lohnarbeitsverhältnissen kann besonders gut bildlich und zugespitzt aufgegriffen werden. Gesellschaftliche Prekaritäten können so sichtbar gemacht werden. In einigen Fällen sind Memes auch einfach nur flach und begründen nicht wirklich eine gesellschaftskritische Relevanz.
Besonders interessant erscheint auch, wie viele Memes Bezüge zu Depressionen, Einsamkeit und weiteren psychischen Erkrankungen nehmen, in denen der Wunsch nach Ruhe und Entspannung deutlich wird. Sicherlich hängt dies mit der neoliberalen Umgestaltung der Gesellschaft zusammen, in der der Konkurrenzdruck zwischen den jüngeren Menschen im Vergleich zu Jahrzehnten zuvor und somit auch das Leistungsabverlangen an jeder einzelnen Person zugenommen hat. Vereinsamt vor den Smartphones können sich viele ausgebrannte Menschen mit den kritischen Memes identifizieren, was teilweise gruppentherapeutische Züge für Betroffene einnehmen kann.
Schließlich muss natürlich erwähnt werden, dass nicht jeder und jede Memes sofort versteht. Es benötigt teilweise Zeit, um deren Bedeutung zu begreifen. Jeder, der einmal ein Meme seinen Eltern gezeigt hat, weiß, wovon die Rede ist. Deshalb werden Memes sehr wahrscheinlich nur von den Generationen mit hoher Medienkompetenz genossen und das Potenzial, nur in der eigenen exklusiven Bubble zu bleiben, darf nicht unterschätzt werden. Trotz alledem sind Memes eine große Bereicherung der Kunst im 21. Jahrhundert und können dazu beitragen, Kunst in der Breite stärker zu verankern und ihren elitären Anstrich abzubauen.
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