Verwendung von Cannabis als Medizin – Vorschläge und Positionen der Linken

Vielen Menschen könnte Cannabis als Medizin helfen, ihre Schmerzen oder die Begleiterscheinungen ihrer Krankheit zu lindern, insbesondere dort, wo sämtliche anderen Medikamente versagen oder große Nebenwirkungen haben. Doch leider können bis heute nur wenige Menschen in Deutschland von Cannabis als Medizin profitieren, obwohl das Recht auf Behandlung mit Cannabis bei einer Reihe von Erkrankungen in schweren Fällen besteht.
Die Hauptprobleme, warum Cannabis als Medizin für viele Patientinnen und Patient nicht zugänglich ist, sind folgende:

  1. 1. Generell ist Cannabis in Deutschland immer noch verboten, und zwar sowohl Anbau, Handel als auch Konsum. Die meisten Strafrechtsprofessoren sowie andere Expertinnen und Experten sind da übrigens ganz anderer Meinung – nachzulesen ist das im Protokoll der öffentlichen Anhörung im Bundestag zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Beabsichtigte und unbeabsichtigte Auswirkungen des Betäubungsmittelrechts überprüfen“ (Bundestags-Drucksache 18/1613)
  2. Weil das Thema Cannabis als Medizin aus ideologischen Gründen tabuisiert bzw. stigmatisiert wird, fehlt auch eine ausreichende Forschung dazu. Hemmnisse, die nicht medizinisch begründet sind, müssen aber dringend abgebaut werden.
  3. Für sehr wenige Menschen werden Ausnahmegenehmigungen erteilt, und die Anforderungen dafür sind arg hoch. Doch selbst für diejenigen, die eine Ausnahmegenehmigung erhalten haben, scheitert der Bezug des Mittels spätestens dann, wenn die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen will. 900 Euro im Monat aus eigener Tasche kann sich kaum jemand leisten.
  4. Der Eigenanbau von Cannabis zur medizinischen Behandlung kann eine optimale Therapie nicht wirklich sicherstellen. Er könnte zunächst eine Notlösung sein, doch sollte es nicht das einzige Ziel bleiben.

DIE LINKE will den Eigenanbau von Cannabis durch die Einführung von Cannabis-Social-Clubs grundsätzlich erlauben (Bundestagsdrucksache 17/7196). Doch in Bezug auf Cannabis als Medizin werden aus ideologischen Gründen insbesondere bei der CDU/CSU hohe, teils unüberwindbare Hürden aufgebaut, erst recht gilt das allgemein für den Konsum von THC. Darum erhalten viele Patientinnen und Patienten möglicherweise notwendige Therapieoptionen nicht, und die Forschung wird sehr erschwert. Erst durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts und anderer Gerichte konnte die Null-Toleranz-Politik der Bundesregierung wenigstens etwas aufgeweicht werden.
Die rigide Genehmigungspolitik bei der Bundesopiumstelle ist so nicht akzeptabel. Hier muss die Bundesregierung über den Bundestag verpflichtet werden, dringend Abhilfe zu schaffen. Dazu sind die Anforderungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtMG herabzusetzen. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Menschen, die eine Ausnahmegenehmigung erhalten haben, auch wirklich an das Mittel herankommen. Die immensen Kosten dürfen nicht den Patientinnen und Patienten aufgebürdet werden. Die Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Blüten oder-Extrakt durch die Krankenkassen und die Übernahme sämtlicher Kosten durch die Krankenkasse ist das eine. Das andere wäre eine Genehmigung zum Eigenanbau. Hier würden wir uns ergänzend wünschen, dass die Bundesopiumstelle den Patientinnen und Patienten Hinweise an die Hand gibt, welche Selbsttherapie unter medizinischen und pharmazeutischen Aspekten die bestmögliche wäre. Das betrifft die Auswahl der Sorten, Tipps für Anbaumethoden und anderes mehr.
Außerdem sollten die Hürden auch nicht künstlich dadurch in die Höhe geschraubt werden, dass an die Sicherung gegen unerlaubten Zugriff bei Cannabis höhere Anforderungen gestellt werden als zum Beispiel für andere verschreibungsfähige Betäubungsmittel wie Morphin, Methadon oder Dronabinol.
Doch die Genehmigung des Eigenanbaus von Cannabis als Medizin stellt aus unserer Sicht langfristig nicht die einzige und beste Lösung dar. Denn für alle Arzneimittel sollte gelten: Sie besitzen einen Wirksamkeitsnachweis und eine zuverlässig hohe Qualität. Das umfasst zum Beispiel die gleichbleibende Wirkstärke, die Zusammensetzung der pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe, bestimmte Verunreinigungen und so weiter. Wir halten die Zulassungspflicht für Arzneimittel für einen ganz wichtigen Punkt, um Patientinnen und Patienten zum einen vor Schäden durch Arzneimittel zu bewahren und ihnen zum anderen auch eine verlässliche Therapie an die Hand zu geben. Darum wollen wir zumindest mittelfristig dahinkommen, dass für Cannabis-Arzneimittel ebenfalls Nutzen-Risiko-Analysen durchgeführt werden und sie wie andere Arzneimittel auch diese Verfahren durchlaufen. Denn Patientinnen und Patienten, deren Erkrankung mit Cannabis behandelt kann, haben genauso wie andere das Recht auf einen bestmöglichen Schutz vor Arzneimittelrisiken.
Dafür brauchen wir eine solide Forschung und eine öffentlich Finanzierung. Kurzfristig bestehende Forschungshemmnisse müssen abgebaut werden. Dazu ist Cannabis sofort von der Anlage I (das heißt: „nicht verkehrsfähig“) bzw. Anlage II (verkehrsfähig, aber nicht verschreibungsfähig) vollständig in die Anlage III (verkehrs- und verschreibungsfähig) des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zu überführen. Dann kann die Forschung an Cannabis als Medizin erleichtert werden. Es ist sachlich überhaupt nicht begründbar, warum Cannabis anders behandelt werden sollte als Dronabinol, Nabilon sowie cannabishaltigen Fertigarzneimitteln.
Um die horrenden Kosten zu senken, die entweder von den Krankenkassen oder aber von den Betroffenen aufgebracht werden müssen zu senken, sollte es rechtlich erlaubt werden, dass standardisierte Medizinalblüten oder Extrakte in Deutschland für die Versorgung der Inhaberinnen und Inhaber einer Ausnahmegenehmigung hergestellt werden. Das würde die Bezugspreise deutlich absenken.

(Kathrin Vogler, 17.12.2014)

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6 Antworten

  1. Guten Tag.is ja schonmal gut das dieses Thema jetzt mehr besprochen wird.Aber dabei wird es sicherlich bleiben,den solange die CDU/CSU an der Macht sitzen und die Frau Mortler ,die ja garkeine Ahung hat Bundesdrogenbeauftragte ist.Diese Frau Mortler,hatbwarscheinlich noch nie einen Joint in der Hand gehabt und weiss nicht wie Cannabis aussieht,aber sagt es sei schlecht.Ich finde es höchst verwerflich wie mit uns Schmerzpatientrn umgegangen wird. Die CDU/CSU tragen das wort „christlich “ in Ihrem Parteinamen.Aber davon ist in Ihrem ja schon fast Menschenverachtenden Handeln und Tun rein garnichts zu spüren.Ich bin durch mit diesen angeblich so sozialen Patreien.

    1. Ob kiffen „christlich“ ist, weiß ich nicht, ich habe es nicht so mit der Religion. Aber inzwischen haben 120 StrafrechtsprofessorInnen gefordert, die Strafbarkeit von Cannabis zu überprüfen. Das sind auch nicht alles KonsumentInnen! Selbst wenn man sagt, dass man den Konsum von Cannabis schlecht findet, muss man ja irgendwann feststellen, dass er sich durch das Strafrecht offenbar nicht verhindern lässt, oder?
      Übrigens dieselbe Erfahrung, die die USA mit der Alkohol-Prohibition gemacht haben. Und dann muss man über andere Formen der Regulierung nachdenken, die auch Forderungen des Gesundheits-, Jugend- und Verbraucherschutzes verwirklicht. So lange Cannabis auf dem Schwarzmarkt gehandelt wird, kann nämlich niemand kontrollieren, was da sonst noch so drin ist (Streckmittel, Pestizide o.ä.).
      Mit freundlichen Grüßen
      Kathrin Vogler

  2. Weiß da hast du schon recht, es liegt aber auch sicherlich daran, das die Pharmaindustrie ihre Finger da noch mit im Spiel hat. Schwer kranke Menschen brauchen viele teure Medikamente, die man sehr billig herstellen kann. Da ist es sicherlich nicht sehr Förderlich, wenn man auf einmal selbst Cannabis anpflanzen oder dieses kaufen kann und es einem besser hilft als deren Chemie.

  3. Korrektur: Der Konsum von Cannabis ist in Deutschland nicht verboten!

    Mich würde außerdem interessieren, wie die Autorin auf die Summe 900€/Monat kommt..

    1. Schnell ein paar Antworten zu dem in diesem Kommentar aufgeworfenen Fragen:
      – Cannabis ist verboten. Lediglich der Besitz einer „geringen Menge“ zum Eigenverbrauch bleibt straffrei. Was eine geringe Menge ist, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Wer also in Schleswig-Holstein mit einer straffreien Menge losfährt, kann sich in Bayern in seinem Feriendomizil schon strafbar machen.
      – Die 900 Euro sind eine Größenordnung für den Erwerb von standardisierten THC-haltigen Medikamenten über eine Apotheke. Wenn dies von den Krankenkassen nicht erstattet wird, dann haben nur Wohlhabende einen Zugang zu dieser Therapiemöglichkeit.
      – Ich werde immer wieder von Menschen, die in der Palliativmedizin tätig sind, angesprochen, dass das Verfahren, um eine Ausnahmegenehmigung zur Behandlung mit Cannabis zu bekommen, so kompliziert und bürokratisch ist, dass ihre todkranken PatientInnen keine Chance mehr haben, die Genehmigung noch zu erleben. Das ist unwürdig und unmenschlich.
      – Und ganz im Ernst: Eigenanbau ist doch keine tolle Lösung! Es kommt ja auch niemand auf die Idee, dass Herzkranke sich selbst Digitalis anbauen sollten oder Augenerkrankte selbst Tollkirschen auskochen. Bei aller berechtigten Kritik an der Pharmaindustrie: Es ist ein gesellschaftlicher Fortschritt, dass wir wissenschaftliche Methoden haben, um Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten zu prüfen und dass es auch Sciherheitsvorschriften für die Qualität der Produkte gibt. Dahinter will ich nicht zurück.

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