„Drogen kann man nicht erschießen“. Mit diesem plakativen Titel wartete der deutsch-französische Kultursender ARTE mit einem durchaus kontroversen Thema auf: Drogen. Heutzutage sind sich jedoch das Gros der Wissenschaftler*Innen und politischen Beobachter*Innen einig, dass die repressive und kriminalisierende Drogenpolitik der meisten Regierungen das Problem nicht verringert, sondern erheblich verschlimmert hat. Sie fördert die Marginalisierung sozio-ökonomisch benachteiligter Menschen, treibt sie oft in Sucht und Kriminalität. Im Gegenzug werden kriminelle Kartelle so reich, dass sie mit multinationalen Konzernen wirtschaftlich locker mithalten und die wichtigsten Politikerebenen steuern können.
Der von den meisten Staaten gewählte Ansatz zur Bekämpfung von Drogen wie Cannabis, Kokain, oder Heroin ist und war zum Scheitern verurteilt, alleine schon weil es keine wissenschaftlich-stichhaltige, politisch einheitliche Linie in diesem Bereich gibt. Denn sonst wäre der Verkauf und Konsum die für die Gesellschaften am schädlichsten wirkende Droge, Alkohol, ebenfalls verboten. Schon vor Jahrtausenden nutzten Menschen die Heil- und Rauschwirkung unterschiedlicher natürlicher Substanzen, der Konsum ist also etwas natürliches. Der in Deutschland bekannte Physiker Prof. Harald Lesch erklärt in einem kurzen Ausschnitt, warum die Hanfpflanze verboten und Alkohol aber erlaubt ist und welcher Widersinn dahintersteckt. Diese Politik widerspricht nicht nur der Natur des Menschen, sie ist hauptsächlich aus wirtschaftlichen und politischen Gründen kreiert worden, erklärt Lesch. Trotzdem geht Drogenanbau, -verkauf und -konsum selbstverständlich mit oft fatalen Folgen einher, vor allem wenn diese nicht nur die Gesundheit betreffen, sondern auch sozio-politische Konsequenzen hat, siehe vor allem Lateinamerika. In dieser äußerst sehenswerten Arte-Dokumentation sollen neue Lösungswege für dieses globale gesellschaftliche Problem herausgestellt werden, das ganze Staats- und Gesellschaftsgefüge zerfressen hat. Dort, wo Mexiko und fast ganz Zentralamerika heute stehen, stand vor über 20 Jahren Kolumbien, verdeutlichen die Worte des ehemaligen mexikanischen Regierungschefs Vicente Fox.
Der vom damaligen US-Präsidenten Richard Nixon ausgerufene „Krieg gegen die Drogen“ war eine Farce und richtete unvorstellbaren Schaden an, das bestätigen sowohl die eindrücklichen Einzelschicksale, als auch die Einschätzungen vieler Expert*Innen, von der USA bis in die Schweiz. Es muss über Legalisierungen und die Verantwortungen jedes Staates gesprochen werden, fordert die ehemalige Schweizer Bundespräsidentin Ruth Dreifuss, die heute die globale Drogenpolitik mitgestalten soll. Millionen von Toten, sei es durch die dem kriminellen Schwarzmarkt überlassenen Patientinnen und Patienten oder durch Gewalt in den Herkunftsorten zumeist, sprechen eine deutliche Sprache. Sogar wirtschaftlich könnten Staaten von einer Liberalisierung der Drogengesetze profitieren, wie sie es auch nach der Prohibition erlebt haben. Die Gründe für ein fundamentales Umdenken sind überwältigend, lässt man die Dokumentation über dieses komplexe politische, soziale und medizinische Thema auf sich wirken. Die Zahlen in einem Land, das die Drogenpolitik seit nun mehr 15 Jahren immens geöffnet hat, bestärken diesen Eindruck. Portugal setzt auf Prävention und Therapien, statt auf Bestrafung und Vernachlässigung suchtkranker Menschen. Die Implikationen auf die Gesundheit, die persönlichen Freiheiten, Frieden, Sicherheit und Wohlstand der Gesellschaften – insbesondere in Lateinamerika – stehen zweifelsohne im Bezug zur vollends gescheiterten (US und EU-gestützten) Drogenpolitik. Gegenteilig der Annahme, dass Regierungen mit dem Verbot bestimmter Drogen die Bürgerinnen und Bürger schützen möchten, stecken nicht selten andere, tieferliegende machtpolitische Interessen hinter dieser Strategie.
Der Link führt auf die oben genannte Arte-Dokumenation „Drogen kann man nicht erschießen“, die 2016 nach einer UN-Sondersitzung zu diesem drängenden Problem gedreht wurde: https://www.youtube.com/watch?v=BTYGxSzfcZA