Drogenkonsum – Ab in den Knast?

Laut der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) konsumieren Zwei bis vier Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Cannabis. Es haben sogar bis zu 17 Millionen Menschen in diesem Land mindestens einmal in ihrem Leben „gefkifft“. Cannabis ist die somit am häufigsten konsumierte „illegale“ Droge. Das verwundert nicht, denn jeder kennt jemanden, der zumindest unregelmäßig einen Joint raucht.

Und trotzdem werden jährlich tausende Strafverfahren gegen Menschen eingeleitet, die nichts anderes tun, als eine Droge zu konsumieren. Eine Droge, an der bis heute direkt nachweislich niemand gestorben ist. Doch gerade die Gesundheit, die mögliche Sucht und Cannabis als Einstiegsdroge werden von etablierten Politiker*innen und Cannabis Gegner*innen zu gerne ins Feld geführt. Die wohl bekannteste Cannabis Gegnerin ist Marlene Mortler, Drogenbeauftrage der Bundesregierung und ein gern gesehener Gast auf Veranstaltungen des deutschen Brauer-Bundes. [Hier Foto zeigen]

Dabei ist die Stimmung in der Bevölkerung eine gänzlich andere. Der Deutsche Hanfverband, der wohl bekannteste Lobbyist für die Legalisierung von Cannabis, gibt regelmäßig Umfragen in Auftrag. Die letzte ergab, auch wenn sie inzwischen einige Jahre alt ist, dass 37 Prozent der Deutschen für die Legalisierung von Cannabis sind. Eine echte Ablehnung erfährt das Thema nur unter Anhänger*innen von CDU und AfD. Es existiert noch eine weitere Umfrage bei der sogar 49 Prozent der Befragten für die Legalisierung sind, jedoch ebenso 47 Prozent dagegen. Diese Umfrage ist mit Vorsicht zu genießen, da sie mit dem noch recht neuen Umfragealgorythmus von Civey erstellt wurde, sollte an dieser Stelle aber nicht verschwiegen werden.

Verbotspolitik & Kriminalisierung

In Deutschland werden jedes Jahr circa 1,6 Milliarden Euro für die „Drogenprävention“ ausgegeben. Der Großteil dieses Budgets, nämlich 84 Prozent, fließen dabei in den Repressionsapparat zur Verfolgung von Dealer*innen und Konsument*innen. Die Bundesregierung liegt mit diesem Wert an der europäischen Spitze und beweist damit lediglich die Kurzsichtigkeit ihrer Politik, denn es gibt kein historisches Beispiel das zeigen würde, dass eine repressive Verbotspolitik zur Eindämmung des Drogenkonsums führen würde. Die heutige, moderne Verbotspolitik hat ihre Wurzeln in den ersten beiden Opiumkonferenzen 1911 und 1925, initiiert von den USA, China, Frankreich, Persien, Russland und vielen weiteren Ländern. Mit der ersten Konferenz wurde der Verkauf, Konsum und Handel von Opium unter Strafe gestellt. Mit der zweiten der von Heroin, Kokain und Cannabis. Letzteres wurde jedoch in einigen teilnehmenden Staaten wie Indien außer Kraft gesetzt, da Cannabis eine lange Tradition in großen Teilen der Bevölkerung genoss. 1961 wurde das Abkommen von der UN-Konvention gegen narkotische Drogen abgelöst.

So alt sind diese Verbote nun und trotzdem werden weltweit weiterhin Drogen konsumiert. Ganz im Gegenteil sorgen Kriminalisierung und Verfolgungsdruck durch staatliche Behörden für eine Verschlechterung der Konsument*innen, die nicht nur um ihre Gesundheit fürchten müssen, sondern auch eine Gefängnisstrafe. Statt repressiver Maßnahmen, sollten die oben erwähnten 1,6 Milliarden Euro in Aufklärungs- und Suchtprogramme investiert werden. Also an Stellen, die Menschen helfen können aus ihrer Abhängigkeit zu entkommen oder erst gar nicht in sie hineinzugeraten. Abhängige brauchen keine Drangsalierung, sondern Hilfe. Es gibt genügend Beispiele die zeigen, wie Menschen als klein Konsumenten ins Gefängnis kamen und schwerstsüchtig eben jene Orte verließen.

Ebenso wird häufig die Behauptung in den Raum gestellt, Cannabis sei eine sogenannte Einstiegsdroge. Diese These ist bis heute unbewiesen. Was hingegen bewiesen ist, ist die Tatsache, dass Konsument*innen durch die illegale Beschaffung bei Dealer*innen schneller in den Kontakt mit weiteren Drogen kommen und somit diese unter Umständen ausprobieren. Eine Legalisierung von Cannabis würde diesem Fallstrick einen Riegel vorschieben.

Zu guter Letzt, stellt sich inzwischen auch die Mehrheit der in Deutschland lehrenden Strafrechtsprofessoren gegen die Kriminalisierung von Drogenkonsument*innen. 2014 Unterschrieben 122 Professor*innen einen Aufruf, in dem es hieß, Die strafrechtliche Verfolgung sei „gescheitert, sozialschädlich und unökonomisch. Nicht die Wirkung der Drogen ist das Problem, sondern die repressive Drogenpolitik schafft Probleme.“ Jene Menschen die sich ihr ganze Leben mit Gesetzen beschäftigen, halten unsere Betäubungsmittelgesetze für eine Fehlkonstruktion. Auch in anderen Ländern, wie den USA mit Bernie Sanders, gibt es prominente Akteure, die den „War on Drugs“, wie er in den USA genannt wird, für gescheitert erklären. Eine andere Drogenpolitik, die diametral zur bürgerlichen Spießgesellschaft steht, ist zum greifen nah.

Gesundheit, Prävention und Sucht

Das bedeutet jedoch nicht, das man Drogen verharmlosen sollte. Ganz im Gegenteil. Egal ob Tabak, Alkohol, Kokain, Heroin oder eine andere Droge, das wichtigste bleibt die Aufklärungsarbeit. Deswegen muss das Netz an Beratungsstellen, Drugcheckpoints und mehr ausgeweitet werden. Dafür tritt die Linke an: Für eine informierte und risikobewusste Konsumentscheidung.

Cannabis spielt hierbei, meiner Meinung nach, eine Nebenrolle. Denn es gilt von allen Drogen, als jenes mit dem geringsten Suchtpotential. Das Bundesverfassungsgericht hat dies auch in einem Urteil von 1994 festgehalten. (BVerfG 9.3.1994).

Natürlich bedeutet das nicht, dass das Rauchen von Cannabis absolut problemlos sei. Bei übertriebenem Konsum kann Cannabis zu Atemwegsproblemen oder Schwierigkeiten im Alltag führen. In sehr geringen fällen kann eine vorhandene Psychose verstärkt werden. Doch zahlreiche Studien belegen, dass Cannabis wesentlich weniger schädlich ist, als die legalen Drogen Alkohol und Tabak, die jährlich 100.000 Todesopfer in Deutschland einfordern.

Vorteile der Legalisierung

Doch was sind die Vorteile der Legalisierung von Cannabis und einer möglichen Entkriminalisierung jeglichen Drogenkonsums? Zunächst das offensichtliche: Durch eine Legalisierung von Cannabis würde der Staat Steuern in Höhe mehrere Milliarden Euro einnehmen, Schätzt man zumindest. Damit könnte man nicht nur die bisherige Drogenpolitik finanzieren, sondern die Ausgaben sogar verdoppeln. Dieses Geld wäre ein guter Start für ein neues Präventionsprogramm. Gleichzeitig könnte das nun legale „Gras“ kontrolliert werden: Streckmittel wie Haarspray und andere gesundheitsschädliche Substanzen würden damit der Vergangenheit angehören.

Gleichzeitig würde man Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter massiv entlasten: Jedes Jahr werden zwischen 106.000 und 175.000 Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet, die mit „Cannabis“ zu tun haben. Bei der überwältigenden Mehrheit der Fälle handelt es sich um Bagatelldelikte. Zwar gibt es bereits jetzt die Möglichkeit, bei Mengen unter zehn (RLP, NRW, BER und THÜ) bzw. sechs Gramm von einer Anzeige abzusehen. Doch die Regel ist dies nicht. Der ehemalige Richter Wolfgang Neskovic hat deshalb bereits vor 27 Jahren nach einheitlichen Angaben verlangt.

Ein Praktisches Beispiel aus dem Alltag eines Anwalts: Dieser Vertrat einen Mandaten, der dabei erwischt wurde, wie er einen Joint auf öffentlicher Straße rauchte. Mehr als diesen hatte er nicht bei sich. Ein Verfahren wurde eingeleitet. Dieses dauerte zwei Tage und es nahmen neben Richter, Staatsanwalt und Verteidiger drei Polizisten als Zeugen Teil. Dieses Verfahren hat also dafür gesorgt, dass mehrere Polizisten und sowie Staatsanwaltschaft und Richter keinen anderen „Verbrechen“ nachgehen konnten. Die in der Gesellschaft vielbeschworene Überarbeitete Polizei bräuchte also nicht mehr Polizist*innen, sondern eine Entlastung von unnötigen Aufgaben wie der Verfolgung von Drogenkonsument*innen und Menschen, die Cannabis rauchen.

Das beste Beispiel für eine bessere und vorwärtsgewandte Drogenpolitik ist Portugal. Dort wurde am 1. Juli vor 16 Jahren das Gesetz 30/2000 verabschiedet. Es war der Beginn der Entkriminalisierung des Drogenkonsums im iberischen Land. Der Konsum wurde dabei völlig entkriminalisiert. Man unterschied nicht zwischen sogenannten weichen und harten Drogen. Im Rückblick war diese Politik sehr erfolgreich und lässt sich am besten mit Zahlen illustrieren: Die Kleinkriminalität, die sogenannte Beschaffungskriminalität ist laut der portugiesischen Polizei erheblich zurückgegangen. Gleichzeitig stiegen die Fahndungserfolge der Polizei gegen Drogendealer im großen Stil: Das kleine Land stellte fast doppelt so viele Drogen sicher wie Deutschland wie am das Beispiel Kokain zeigt: Während Portugal 2,4 Tonnen beschlagnahmte, waren es in Deutschland nur 1,3 Tonne. Gleichzeitig benötigten die Portugiesen nur halb so viele Ermittlungsverfahren.

Seit 2001 ist die Anzahl der Heroinabhängigen von 100.000 auf weniger als 1/3 gefallen, welchen größtenteils durch staatliche Programme geholfen wird. Auch die Anzahl der Drogentoten ist um 75 Prozent gefallen, ebenso wie der Anteil der HIV Infektionen durch Drogenkonsum: Waren es 2007 noch 20 Prozent, ist es bis 2014 auf vier Prozent gesunken. Zahlen, die für eine sofortige Entkriminalisierung des Drogenkonsums sprechen.

Gibt es ein Recht auf Rausch?

Gleichzeitig müssen wir uns jedoch eine weitere Frage stellen: Hat ein Staat das Recht, in die Freiheit des Drogenkonsums einzugreifen oder gibt es ein Recht auf Rausch. Unabhängig von Zeit und Ort, gab es in fast allen Kulturen der Erde eine bestimmte Form des Rausches. Erst mit dem Aufkommen der modernen, bürgerlich-kapitalistischen Staaten nahm die repressive Drogenpolitik überhand.

In der Bundesrepublik gibt es einige Richter, die das Recht auf Rausch im Grundgesetz verankert sehen. Und zwar im Grundgesetz Artikel 2, Absatz 1: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer Verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“

In einer demokratischen Ordnung sollten Volljährige völlig selbstbestimmt entscheiden dürfen, ob und was sie konsumieren. Die Probleme bzw. Schäden die ein Mensch davontragen kann, bleiben sowohl bei illegalem, als auch legalem Konsum. Wobei bei illegalem Konsum die Kontrolle der Stoffe entfällt und somit die Gesundheitsgefährdung noch höher ist. Für Konsumenten bedeutet die Kriminalisierung lediglich, dass sie sich in ein kriminelles Milieu begeben müssen.

Ein sozialistisches Konzept für eine Drogenpolitik des 21. Jahrhundert

„Mit dem Verbot von Drogen werden die Risiken für Konsumierende und Gesellschaft nicht wirksam reduziert. Es verhindert weder den Drogenhandel noch senkt es wirksam den Konsum. Die Gesundheitsgefährdung durch Streckmittel, die Finanzierung der Mafia, Beschaffungskriminalität, sozialer Abstieg von Abhängigen, Begleiterkrankungen wie HIV/AIDS und Hepatitis – viele drogenbezogene Probleme werden mehr durch die Repression verursacht als durch die Drogen selbst.“ Die Mittel die durch die repressive Politik gebunden sind, könnten statt dessen in Prävention- und Suchtberatung fließen.

Auch sollte die Überlegung mit einfließen, Cannabis nicht dem Markt zuzuführen, sondern eine Legalisierung über sogenannte Cannabis Social Clubs anzugehen. Damit würde der Eigenanbau in Vereinen zum Eigenverbrauch legalisiert. Quasi eine fast demokratische Kontrolle im regionalen Bereich ohne teure Marktpreise.

Wer den Konsum von Drogen reduzieren will, muss an die sozialen Ursachen des Konsums. Wie beim Alkohol sind es allzu oft soziale Notsituationen, die einen Menschen in die Sucht treiben: Arbeitslosigkeit, ein zerrüttetes Zuhause, Überarbeitung. Wer sich also den sozialen Problemen stellt, lässt lediglich den Konsum als selbstbestimmten Faktor über und dieser kann es dann mit den Worten von KIZ sagen: „Du willst einen rauchen? Dann geh dir was pflücken im Garten. Doch unser heutiges Leben lässt sich auch nüchtern ertragen.“


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