Bild: Cyril Ramaphosa will Jacob Zuma als Führer des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) beerben. Er wird in Verbindung gebracht mit dem Massaker an den Bergarbeitern von Marikana. (Quelle: GovernmentZA/Flickr/CC BY-ND 2.0 )

Wahl in Südafrika: ANC verliert – vor allem nach links

Am vergangenen Donnerstag hat Südafrika gewählt und das Ergebnis gleicht einer Sensation, die absehbar war, denn zum ersten mal gibt es keine Mehrheit mehr für die sogenannte „drei-Parteien-Allianz“ um den ANC. Anders als im Vorfeld, insbesondere in westlichen Medien geäußert und gehofft, hat jedoch das konservative bis rechte Bündnis um die DA nicht gewonnen.

Der ANC, hat Südafrika geprägt wie keine andere Partei, in Zeiten der Apartheid stand die Partei rund um Nelson Mandela, Desmond Tutu und viele weitere Helden des Widerstands an der Spitze der Bewegung gegen die Apartheid, seit dem Ende der Apartheid regiert die Partei durchgehend. Die Regierung des ANCs und ihre Wahllisten bestanden dabei jedoch nicht nur aus dem ANC, sondern auch aus Mitgliedern der beiden anderen Organisationen der „drei-Parteien-Allianz“, der kommunistischen Partei (SACP) und dem größten südafrikanischen Gewerkschaftsbund (COSATU). Viele Menschen wünschten sich nach dem Ende der Apartheid, insbesondere die jahrzehntelang unterdrückte schwarzen Mehrheit, Demokratie, wirtschaftlichen Aufstieg und soziale Sicherheit. Der erstere Wunsch erfüllte sich, die beiden letzteren blieben für viele Menschen jedoch unerfüllt.

Wirtschaftliche Situation

Mit der Bildung der „Drei-Parteien-Allianz“ vor den ersten Wahlen vor 30 Jahren, wurde an die südafrikanische Bevölkerung das Signal gesendet, dass die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Regierung immer oberste Priorität haben, da die Gewerkschaft automatisch Teil der Regierung ist. Eine Hoffnung, die sich bis heute nicht erfüllt hat, im Gegenteil: In keinem anderen Land ist die Einkommensungleichheit größer als in Südafrika, fast zwei Drittel der schwarzen Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.

Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 32%, diejenigen, die eine Arbeit haben, insbesondere die Jugend, arbeitet in prekären Arbeitsbereichen mit Kurzzeitarbeitsverträgen und niedrigen Gehältern. Die ökonomische Situation der Bevölkerung zählte daher bei den vergangenen Wahlen zu den zentralen Themen.

Die wichtigsten Themen

Während Südafrika international vor allem mit den Klagen gegen den israelischen Krieg in Gaza Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist diese Frage in Südafrika selbst weniger diskutiert, da selbst die größte Oppositionspartei DA( Democratic Alliance, neoliberal) Israel deutlich kritisiert, wenn auch weniger scharf als der ANC. Die Parteien links des ANC, insbesondere der EFF(Economic Freedom Fighters, marxistisch) und die vom ehemaligen Präsident Zuma unterstützte uMkhonto weSizwe, benannt nach dem militärischen Arm des ANC, sind in ihrer Kritik an Israel dagegen noch radikaler und fordern noch härtere Antworten auf den Krieg. Einzige Ausnahme von der grundlegenden Solidarität mit Palästina stellen die Freiheitsfront, die Nachfolgepartei der Apartheidsregierungen, und die rechtsaußen Partei „Patriotic Alliance“ dar.

Im Zentrum des Wahlkampfs standen daher drei Themen: die Landreform, die vor kurzem im Parlament scheiterte, der Kampf gegen Korruption und die Energiekrise. Bei der Landreform stehen der ANC, sowie die Parteien links des ANC, nahe beieinander und fordern eine Enteignung der Agrarbesitzer, die ihr Land während der Apartheid von der schwarzen Bevölkerung übernommen haben, die Vorschläge der drei Parteien unterscheiden sich etwas, zielen jedoch alle auf eine Umverteilung des Landes ab. Die DA und ihre Verbündeten dagegen lehnen eine Enteignung der weißen Großgrundbesitzer ab.

Die Energiekrise und der Kampf gegen Korruption hängen dagegen eng zusammen und sind verbunden mit dem sogenannten „loadshedding“, dem geplanten Ausstellen des Stroms für einige Stunden, ein Prozess der im ganzen Land vorhanden ist. DA und ihre Verbündeten werfen dem ANC vor durch Selbstbedienung bei Eskom, dem südafrikanischen Stromversorgungsunternehmen, die Energiekrise geschaffen zu haben und sich selbst bereichert zu haben. Ihre Antwort ist eine vollständige Privatisierung des Konzerns und der Ausbau von privater Energieversorgung durch erneuerbare Energien. Der EFF dagegen fordert eine Kontrolle von Eskom durch die Bevölkerung über Bevölkerungsräte und die „Rückgabe“ der Energiekontrolle in die Hand der Mehrheit, wie auch die DA und deren Verbündete werfen sie dem ANC Korruption vor.

Wahl und Parteien

Der ANC trat zu den Wahlen in der gewohnten drei Parteien Allianz an und gab das Ziel aus die absolute Mehrheit zu behalten. Die DA dagegen bildete ein Bündnis mit konservativen bis rechtsradikalen Parteien mit dem Ziel den ANC zu stürzen, da Wahlbündnisse nach dem südafrikanischen Wahlgesetz nicht möglich sind, traten alle Parteien auf Grundlage der „Multi-Party Charter“ an. Die Einbeziehung der ideologischen Nachfolgepartei der Apartheid, Freedom Front Plus, stellte für die DA, die das Western Cape regiert jedoch ein Problem dar, denn für die große Mehrheit der Südafrikanerinnen und Südafrikaner ist die Einbeziehung des auch heute noch offen rassistischen EFFs ein Skandal.

Links vom ANC kandidierte der EFF, die mit einem marxistischen Programm zur zweitstärksten Oppositionspartei geworden waren und insbesondere von der jüngeren schwarzen Bevölkerung gewählt wird. Aufgrund des südafrikanischen Wahlsystems, welches auf eine Sperrklausel verzichtet und die 400 Sitze im Parlament entsprechend des bundesweiten Ergebnis verteilt, treten zu jeder Wahl eine Vielzahl von Parteien an, da schon 0,17% für einen Sitz reichen können. Mit der Gründung von MK ( uMkhonto weSizwe) von Ex-Präsident Jacob Zuma stellte sich jedoch auch eine neue Partei auf, die sich Hoffnung auf weit mehr als einen Sitz machen konnte. Zuma, der aus der größten Bevölkerungsgruppe Südafrikas, der Zulu kommt, stellte insbesondere für zwei Parteien eine Herausforderung dar, für den ANC, dem er lange angehörte, und die konservative von Zulus geprägte Inkatha Freedom Party (IFP, diesesmal im Bündnis mit der DA). MK setzt auf linkspopulistische und sozialistische Positionen und konzentriert sich in seiner Kritik am ANC darauf, dass dieser den Kapitalismus nur verwalte und Politik vor allem für Reiche und Wohlhabende macht, während die Armen leer ausgehen würden, die linken außen- und wirtschaftspolitischen Positionen werden kombiniert mit gesellschaftlich konservativen Äußerungen.

Wahlergebnisse und Folgen

Die Wahlen sind zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht in Gänze ausgezählt, doch es ist eingetroffen, was vorher viele erahnten, der ANC hat die Mehrheit verloren. Aktuell liegt der ANC bei etwa 40,5%, die DA, die sich vor der Wahl Chancen auf eine Regierungsübernahme erhoffte, konnte sich leichte von 20,8% auf 21,8% verbessern, ihre Bündnispartner konnten ebenfalls leichte Gewinne erzielen, von einer Mehrheit, sind sie jedoch weit entfernt. Die EFF dagegen verloren leicht von 10,5% auf 9,5%, der eindeutige Gewinner der Wahl ist dagegen MK, was aktuell bei 14,5% liegt, das Ergebnis könnte jedoch noch steigen, da fast alle Provinzen komplett ausgezählt sind, in KwaZulu-Natal jedoch noch viele Stimmbezirke fehlen.

Unabhängig vom genauen Ausgang der Wahl ist jedoch klar, dass es in Südafrika zum ersten mal eine Koalitionsregierungen braucht. Wie diese ausgeht, hängt jedoch maßgeblich von den Entwicklungen in der „Drei-Parteien-Allianz“ ab, die SACP und linkere Teile von COSATU und dem ANC befürworten ein Bündnis mit dem EFF, liberale Teile um den Präsident Ramaphosa neigen dagegen eher zur DA. Der naheliegendste Bündnispartner, der MK, scheint jedoch außen vor zu bleiben, was maßgeblich an der Abneigung von Ramaphosa und Zuma liegt.

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