Es ist vor allem die Kommune, die Region, wo sozial-ökologischer Umbau im Alltag der Menschen ankommt und von wo er den praktischen Anfang nehmen muss.
Es geht um Alternativen zum „weiter so“
Die Sturzfluten in NRW, Rheinland-Pfalz und Bayern sind keine „Vorboten“ des Klimawandels – genauso wenig wie es die Dürren, Hitzesommer und Waldbrände der vergangenen Jahre waren. Diese extremen Wetterereignisse sind bereits die Folgen der Erderhitzung, die eine rasende fossile Wachstumswirtschaft bewirkt. Wir sind mittendrin. Noch ist es möglich unsere Wirtschaft und Gesellschaft so umzugestalten, dass die Ökosysteme nicht kollabieren und weltweite Kriege ums Überleben alles bedrohen, was uns wichtig ist. Aber die Zeit ist knapp und die Natur verhandelt nicht. Zehn Jahre bleiben, so sagen die Klimaforscher, um den Katastrophenkurs zu verlassen. Mein Enkel ist jetzt zehn und es ist gar nicht lange her, dass er ein neugeborener Säugling war.
Wer heute noch neue Autobahnen oder Bundesstraßen bauen lässt, wertvolle Böden, Wiesen, Moore, Wälder zerstört, damit noch größere Lastwagen-Kolonnen noch schneller noch mehr Amazon-Pakete und Autoteile, Schweinehälften, Masthähnchen oder Billigklamotten von Ost nach West und von Süd nach Nord transportieren, der setzt alles aufs Spiel. Wer heute noch Flächen versiegelt für noch mehr Einfamilienhäuser mit Parkplatz, während vielerorts einsame Alte in viel zu groß gewordenen Häusern bleiben oder Büroflächen aus Spekulationsgründen leer stehen, der hat nicht verstanden, wie schnell alles untergehen kann. Und wer so tut, als würde es ausreichen ein paar Windräder und Solarpanelen zu errichten, oder dass wir demnächst nicht Öl und Gas, sondern Wasserstoff aus den früheren Kolonien liefern lassen, damit alles so weiter läuft wie bisher, der glaubt dass das Leben auf Kosten anderer gerecht ist. Ist es aber nicht.
Es geht nicht nur darum, hier im Land und im Landkreis CO-2 zu reduzieren. Es geht darum, dass soziale und ökologische Gerechtigkeit, demokratische Steuerung der Produktion und die gute Versorgung aller zum Maßstab wird. Die Orientierung an Börsenkursen, die Konkurrenz um Marktanteile und Kapitalrenditen, die Halbgöttlichkeit der oberen Konzernetagen und das Wetteifern der Kommunen um beste Standortbedingungen für Konzerne, tragen nicht zur Lösung bei. Sie sind Ursache vieler Probleme und verschärfen sie.
Ein neues, anderes Politikverständnis muss in den Rathäusern, Land- und Kreistagen und in der ganzen Republik Einzug halten. Davon bin ich nach 12 Jahren Bundestag zutiefst überzeugt. Es reicht längst nicht mehr, an kleinen Stellschrauben zu drehen und vorsichthalber keine größeren Veränderungen anzustreben. Die Routinen in Parlamenten, Behörden und Verwaltungen müssen aufgebrochen werden – und zwar schnell. Wir können nicht warten, bis die Generation der Fridays for Future ausgebildet, eingestellt oder gewählt ist. Die Eltern und Großeltern müssen auf die Bremse treten und die Kurve kriegen.
Wie kann das gelingen? Sicher weiß ich es nicht. Aber ich habe eine Vorstellung: ich würde all jene, die sich für Klimaschutz, für soziale Rechte, für Gleichberechtigung, für Gemeinwohl, für globale Gerechtigkeit und ökologisches Wirtschaften einsetzten, zu Rate ziehen. Auch Gewerkschaftsaktivistinnen und Gewerkschaftsaktivisten, engagierte Menschen aus Religionsgemeinschaften und wissenschaftlichen Einrichtungen. Und Maßnahmen entwickeln … mit dem Ziel, den Landkreis Osterholz zu einem Impulsgeber für sozial-ökologischen Umbau zu machen. Mit vereinten Kräften.
Einige Ideen dazu möchte ich skizzieren:
Ich will Energie einsparen, wo immer es geht – nicht nur mit LED-Lampen und Standby-Ausschalter. Dazu einen populären Wettbewerb entfachen. Strom und Wärme aus eigner regenerativer Energie gewinnen … vielleicht mit Überschuss für die Stadt Bremen.
Ich würde gern ein Zentrum für Mechanische Maschinen gründen in öffentlicher Hand und in Kooperation mit der Uni Bremen und der Handwerkskammer. Mit der Perspektive auch langlebige Elektrogeräte herzustellen und zu reparieren.
Ich will die Versorgung von Kitas, Schulen, Krankenhaus und Kantinen mit Nahrungsmitteln aus der Region auf die Beine stellen; in Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Betrieben, Forstwirten und Gastronominnen im Kreis. Dazu der Aufbau von Schulgärten und Schulküchen. Und mit der Perspektive, auch Bremen zu beliefern. Vielleicht eine kommunale Molkerei, damit die Milch auch die Bauern ernährt.
Ich will Verkehr reduzieren und Mobilität für alle garantieren. Dazu Fuß- und Fahrrad-Fortbewegung ganz groß machen, Fahrgemeinschaften und praktisches Car-Sharing pushen, Autofrei-Prämien ausloben und spezielle Bedarfe in Erfahrung bringen. Den ÖPNV gemeinsam auch mit den Bus- und Bahn-Beschäftigten verbessern und gute Busverbindungen im ganzen Landkreis schaffen, und nach dem Umlage-Modell der Bremischen Initiative „einfach-einsteigen“ zum Nulltarif anbieten. Und mit voller Kraft den absurden Plan bekämpfen, eine A20-Küstenautobahn in den Nachbarkreisen zu bauen oder die B74 neu.
Ich will eine kommunale Mitwohn-Börse anstoßen, eine gemeinnützige Immobiliengesellschaft auf den Weg bringen und sinnvolle energetische Sanierungen aller Gebäude unterstützen.
Ich will vor allem die Menschen unterstützen und ermächtigen, denen es an Geld, an Kraft, an Wohnraum, Arbeit oder Anerkennung fehlt. Es geht darum, dass es sich auch in bescheidenen Verhältnissen gut mittendrin leben lässt.
Ich will genug für alle. Nicht zu wenig – und nicht zu viel.
Ich würde Aktionen, Veranstaltungen und Versammlungen organisieren: Bildung, Kultur und Politik für den sozial-ökologischen Umbau … in allen Bevölkerungsgruppen, anschaulich, verständlich und praktisch erklären, zum Mitmachen und Ausprobieren einladen. Auch Gäste aus aller Welt einbeziehen, die berichten wie es anderswo aussieht, was uns verbindet und wie klimagerechte Veränderung gelingen kann. Wir brauchen eine kosmologische Alltagsphilosophie – ein allgemeines Verständnis davon, wie alles zusammen hängt.
Gemeinwohlorientierung, Transparenz und die Beteiligung aller Bewohnerinnen und Bewohner an den Angelegenheiten die sie betreffen, muss zum Kompass für die kommunalpolitische Arbeit werden. Mit der Perspektive einer solidarischen Moderne, die vor der Haustür anfängt.
Es sind die sozialen, ökologischen und kulturellen Bewegungen – jüngst vor allem für Klimagerechtigkeit -, die Gesellschaft verändern. Und es ist vor allem die Kommune, die Region, in der die Veränderungen im Alltag der Menschen ankommen oder von wo sie ihren praktischen Anfang nehmen.
Ich will das Große Ganze in den Blick nehmen und im Landkreis Osterholz für grundlegende Weichenstellungen werben. Ja, das Kleinklein ist wichtig, jede einzelne Entscheidung spielt eine Rolle. Aber es muss endlich unbedingt auch große Schritte geben und vor allem muss die Richtung stimmen! Es ist eine demokratische Übung, sich mit der Frage zu beschäftigen, welche Veränderungen auf regionaler Ebene angestrebt werden und warum. Darum trete ich als Landratskandidatin in Osterholz an. Alle Bürgerinnen und Bürger haben eine Auswahl verdient. Damit kann eine Landratswahl interessanter und politischer werden.