Europa für alle – sozial, demokratisch und ökologisch geht nur ohne Militarisierung

Unter dem Motto „Ein Europa für alle – deine Stimme gegen Nationalismus“ ruft ein sehr breites Bündnis für den 19. Mai, 8 Tage vor der Europawahl, zu Demonstrationen in sieben deutschen Großstädten auf. Die Forderungen richten sich unter anderem auf Menschenrechte, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und den Schutz des Klimas und unserer Lebensgrundlagen.

Ich hoffe, dass sich viele Menschen aktiv beteiligen und damit ein Zeichen setzen, dass wir die EU nicht den Menschenverächterinnen und
Menschenverächter, Hassverbreiterinnen,
Hassverbreiter und der Macht der Konzerne und Banken überlassen wollen. Allerdings ist mir schon aufgefallen, dass in dem Forderungskatalog eine auffällige Leerstelle klafft: Zwar wird im Aufruf kurz ein „friedliches“ Europa erwähnt, aber welche konkreten Forderungen sich daraus ergeben, bleibt leider ganz offen. Dabei ist es ganz einfach: Wer ein soziales, demokratisches und ökologisches Europa möchte, muss den übermächtigen Militarisierungstendenzen in der EU entgegentreten und für gutnachbarschaftliche Beziehungen zu unseren europäischen Nachbarn, gerade auch zu Russland, werben.

Der offizielle Trend geht jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Vor allem von Deutschland und Frankreich wird das Projekt einer Militärmacht EU ungebremst vorangetrieben.

Während die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten ihrer Parteifamilien noch über das Für und Wider einer EU-Armee diskutieren, haben Macron und Merkel hinter den Kulissen längst Fakten geschaffen.

Im Aachener Vertrag vereinbarten sie eine engere militärische Zusammenarbeit – auch ohne Konsens mit den anderen EU-Staaten – und eine gemeinsame Rüstungsproduktion mit erleichterten Exportmöglichkeiten. Einigen in der deutschen Politik reicht das noch lange nicht. So forderte etwa die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer den Bau eines „europäischen Flugzeugträgers“. Absurd. Als wäre der Wirtschaftsgemeinschaft EU nach diversen Krisen nur noch eine Vision übrig geblieben: Die der militärischen Weltmacht mit einer imperialistischen Ausrichtung in Konkurrenz zu den USA. Und keiner stellt einmal die entscheidenden Fragen: Wozu braucht ein Friedensprojekt eigentlich einen Flugzeugträger? Was wäre der Auftrag einer derart ausgerüsteten EU-Armee? Verteidigung wohl kaum, denn dazu braucht es solches Angriffsgerät nicht. Und, last not least, was wird in diesem Rahmen eigentlich aus dem  französischen Atomwaffenprogramm, ein EU-Atomwaffenprogramm?

Die Militarisierung der Europäischen Union ist jedenfalls keine Schimäre, die allein von der LINKEN heraufbeschworen wird. Sie hat bereits sehr konkrete Gestalt angenommen in der permanenten strukturierten Zusammenarbeit (PESCO), dem Europäischen Verteidigungsfonds, der kontinuierlichen jährlichen Überprüfung der Verteidigungsausgaben (CARD) oder der EU-„Friedensfaszilität“, die mit 10,5 Milliarden € jährlich die Ausstattung von Partnerarmeen in Nicht-EU-Staaten fördert. Auch wenn unser ICE mal wieder wegen „Störungen im Betriebsablauf“ Verspätung hat, kann es sein, dass die Militarisierung der EU die Ursache dafür ist. Weitgehend unbemerkt hat das Programm „Military Schengen“ dafür gesorgt, dass Militärtransporte auf der Bahn künftig Vorfahrt haben – nicht nur vor anderen Gütern, sondern sogar vor Personenzügen. Auch beim Straßenbau hat Vorrang, was dem Militär nutzt. Straßenbau wird von der EU ebenfalls gefördert: in Richtung Osten, um die regelmäßige Rotation von NATO-Truppen in den baltischen Ländern zu erleichtern, wo sie entgegen dem 2+4-Vertrag von 1990 dauerhafte Präsenz zeigen. In Richtung Süden bedient sich die EU etwa der berüchtigten libyschen „Küstenwache“, um Geflüchtete abzufangen und zurück in die ebenso berüchtigten Folterlager zu schleppen. Diese Schlepperbanden werden von der Bundeswehr ausgebildet und ausgerüstet.

Wer sich über die brutale Abschottungspolitik und die Menschenrechtsverletzungen an Menschen auf der Flucht zurecht empört, darf über die Militarisierung der EU nicht schweigen, da diese ein wesentlicher Faktor des Kampfs gegen Flüchtende ist. Und auch, wer mehr Klimaschutz in der EU erreichen will, sollte sich mit den gigantischen Aufrüstungsplänen beschäftigen: Die Erhöhung der Militärausgaben in der EU um bis zu 50% werden viele Mittel binden, die wir für die Verkehrs- und Energiewende benötigen. Wer das zwei-Grad-Ziel der UNO halten will, muss verhindern, dass die Militärausgaben in der EU das zwei-Prozent-Ziel der NATO erreichen.

Auch dafür sollten wir am 19. Mai auf die Straße gehen – und am 26. Mai mit unserer Stimme bei der EU-Wahl ein Zeichen gegen die Militärmacht EU setzen!


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