Maltesische Behörden setzen das Leben geflüchteter Menschen systematisch aufs Spiel und verletzen dabei durch illegale Methoden geltendes Recht. Das zeigt der neue Bericht von Amnesty International “Waves of impunity: Malta’s violations of the rights of refugees and migrants in the Central Mediterranean”. Amnesty International fordert effektive Überwachungsmechanismen für die Einhaltung von Menschenrechten an den EU-Außengrenzen.
Im Folgenden veröffentlichen wir ein Pressestatement von Amnesty International Deutschland zum neuen Bericht, den ihr hier herunterladen könnt.
BERLIN, 07.09.2020 – Der neue Amnesty-Bericht „Waves of impunity: Malta’s violations of the rights of refugees and migrants in the Central Mediterranean“ beschreibt, wie maltesische Behörden im Jahr 2020 mit gefährlichen und rechtswidrigen Maßnahmen immer wieder Menschenleben aufs Spiel setzen.
„Amnesty-Recherchen zeigen, dass Menschen ums Leben kommen, weil maltesische Behörden die Hilferufe von Schutzsuchenden missachten. Auch werden Flüchtlinge und Migranten von maltesischen Behörden zurück nach Libyen verbracht, wo sie weiter schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind“, sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland. „Unser aktueller Bericht belegt die menschenrechtswidrigen Handlungen Maltas. Es sind jedoch viele europäische Akteure daran beteiligt, den Schutz von Menschen auf der Flucht an den EU-Außengrenzen systematisch zu verhindern.“
Anfang April 2020 schloss Malta seinen Hafen für die Aufnahme von Schutzsuchenden. Am 15. April brachte ein von maltesischen Behörden gechartertes Fischerboot 51 aus Seenot gerettete Menschen auf der Flucht, darunter Frauen und Kinder, aus der eigenen Seenotrettungszone nach Libyen zurück. Zwölf Menschen haben dies nach Zeugenberichten nicht überlebt.
„Es ist offensichtlich, dass diese ‚Push-Backs‘ eindeutig gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Es bleibt ein Skandal, dass trotz der Untersuchung der Vorfälle in Malta niemand dafür zur Rechenschaft gezogen wurde“, sagt Beeko.
Vom 30. April bis zum 6. Juni hielt die maltesische Regierung insgesamt 425 Menschen auf vier gecharterten Schiffen außerhalb der eigenen Küstengewässer willkürlich gefangen. In zahlreichen weiteren Fällen beauftragte die maltesische Rettungsleitstelle die libysche Küstenwache damit, Menschen auf der Flucht vor Haft und Folter in Libyen genau dorthin zurückzubringen – obgleich Malta für die Seenotrettung dieser Menschen zuständig war.
Das Vorgehen Maltas ist ein Element der menschenrechtswidrigen Abschottungskooperation mit Libyen. Auch die Aufklärungsflugzeuge von FRONTEX tragen dazu bei, dass Menschen nach Libyen zurückgebracht werden. Das am 10. April 2020 in Seenot geratene Boot war von FRONTEX gesichtet worden. Die Behörden in Italien, Libyen, Malta und Tunesien wurden informiert, jedoch keine Rettung unternommen. Erst drei Tage später reagierten maltesische Behörden, indem sie die Schutzsuchenden nach Libyen zurückführten. Die Vorfälle wurden von zahlreichen UN-Organisationen wie UNHCR und IOM bestätigt und scharf verurteilt, da Libyen kein sicheres Land für Menschen auf der Flucht ist.
„Wir erwarten von der Europäischen Kommission, dass der für Ende September angekündigte neue Migrationspakt den bislang unzureichenden Schutz von Menschen ebenso in den Fokus nimmt wie den Grenzschutz. Es braucht wirkungsvolle Überwachungsmechanismen für die Einhaltung der Menschenrechte an den EU-Außengrenzen“, so Beeko.
Im Jahr 2020 hat Amnesty International in Berichten zu anderen EU-Außengrenzen dokumentiert, wie dringend notwendig ein unabhängiges, wirksames Monitoringsystem für die Einhaltung der Menschenrechte ist. Anfang März 2020 meldete Amnesty, dass an der griechisch-türkischen Grenze mindestens zwei Menschen von der griechischen Polizei erschossen wurden, als die Türkei ihre Grenzen für Migranten kurzfristig öffnete. Ende Mai 2020 berichtete Amnesty International über eine Eskalation der Polizeigewalt gegen Asylsuchende aus Pakistan und Afghanistan an der kroatischen Grenze zu Bosnien.
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