Linke: Die Parteistrukturen feminisieren!

Die Linke versteht sich als sozialistische und feministische Partei, die patriarchale und kapitalistische Verhältnisse überwinden will. So steht es im Programm. Wir linke haben eine Vision einer gerechten Gesellschaft, die sich von allen anderen Parteien abhebt. Das gilt auch für unsere Vision der Gleichstellung von Frauen und Männern. Das heißt nicht, dass Frauen am herrschenden Männerbild gemessen werden, sondern Gleichstellung für alle: Wir wollen Lebenszeit, Lohn- und Sorgearbeit, Zeit für Politik, FreundInnen, Bekannte, Familie und die eigene Weiterentwicklung gerecht zwischen den Geschlechtern verteilen. Dazu brauchen wir eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit für ein gutes Leben für alle.

Inhaltlich lässt das Programm also viel Raum für feministische Interventionen und politische Einmischungen von Frauen. Aber: der Frauenanteil am 31.12.2018 beträgt 36 %, entspricht also nicht dem Anteil von Frauen an der Bevölkerung, der ca. 51 % beträgt. Warum ist das so?

Wir sind als Partei auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Gesellschaftlich ist es so, dass Frauen weniger den Anspruch haben, sich politisch in Parteien zu engagieren. Sie haben den Anspruch, ihren Job gut zu machen und auch wegen der Sorgearbeit in der Familie weniger Zeit für Politik.  Allerdings sind Frauen nicht insgesamt unterrepräsentiert im Ehrenamt. Das zeigt, dass es auch an Parteistrukturen liegt, wenn sich Frauen in geringerem Maße politisch engagieren.

Hoffungsvoll macht mich, dass bei den Bundestagswahlen 10 Prozent der männlichen Gewerkschaftsmitglieder die Linke gewählt haben und bei den weiblichen Gewerkschaftsmitgliedern sogar 13 Prozent. Das ist auch ein Ergebnis unserer Politik der vergangenen Jahre, bei der wir in Arbeitskämpfen präsent waren, wie etwa in Kliniken oder im Rahmen unserer Kampagne „das muss drin sein“, bei der wir für eine bessere Personalausstattung in Krankenhäusern gekämpft haben. Mehr als 80 Prozent der  Pflegekräfte sind weiblich. Aber wichtig ist auch, dass wir als Linke generell fordern, unbezahlte Sorgearbeit mehr Wert zu schätzen und besser zwischen den Geschlechtern zu teilen.

Instrumente in der Partei

Um dem Anspruch gerecht zu werden eine feministische Partei zu sein, hat die Linke Instrumente entwickelt: Wir haben Doppelspitzen aus Frauen und Männern in der Bundestagsfraktion und in der Partei auf Bundesebene und in fast allen Ländern. Alle Gremien sind nach Geschlecht quotiert, wir führen quotierte Redelisten. Das heißt, Frauen und Männer kommen immer abwechselnd zu Wort, auch wenn sich weniger Frauen als Männer melden. Bei jedem Parteitag findet ein Frauenplenum der weiblichen Delegierten statt, bei der sich die Frauen über wichtige Punkte verständigen. Außerdem haben wir in fast allen Landesverbänden eine eigene feministische Struktur. In Nordrhein-Westfalen heißt sie Lisa – Linke Sozialistische Arbeitsgemeinschaft der Frauen –, in manchen Ländern allerdings anders. In diesen feministischen Strukturen können sich Frauen vernetzen, kreativ sein, Spaß haben und gemeinsam Projekte entwickeln.

Das alleine reicht allerdings nicht. Frauenstrukturen innerhalb der Partei sind wichtige Instrumente damit sich Frauen untereinander vernetzen, Gehör und Platz verschaffen können. Auch die Parteistrukturen müssen feminisiert werden. Was muss passieren, damit sich mehr Frauen in und für die Linke engagieren? Das ist eine Frage, die wir uns in vielen Zusammenkünften immer wieder stellen, vor allem wenn wir unter Genossinnen zusammensitzen. In Nordrhein-Westfalen haben wir viele Workshops dazu gemacht. Dabei kamen immer bestimmte Punkte heraus:

Wir müssen zum Beispiel eine andere Sitzungskultur entwickeln. Wir brauchen eine Sitzungskultur an der auch Frauen, die ja meistens zu Hause die Sorgearbeit erledigen, teilnehmen können. Da gibt es ganz profane Dinge wie eine Kinderbetreuung, die vorhanden sein muss. Und zwar eine gute Kinderbetreuung mit ausgebildetem Personal, vernünftigen Räumen und einem Spielplatz in der Nähe. Wenn wir eine gute Kinderbetreuung haben, werden die Genossinnen verstärkt kommen. Allerdings: Auch die Genossen müssen an sich und der Sitzungskultur arbeiten. Männer haben ja auch bei uns die Angewohnheit, das zu wiederholen, was die Vorgänger gesagt haben oder sich nur auf Männer zu beziehen. Viele Frauen haben sich angewöhnt, dies auf Sitzungen auch zu thematisieren. Da brauchen wir noch mehr Solidarität unter den Genossinnen. Wir müssen eine andere Sicht auf unsere Sitzungen und auf unsere Veranstaltungen bekommen. Noch immer gibt es Veranstaltungen, die nicht quotiert besetzt sind und bei denen dann eine Frau als Moderatorin als Alibi genutzt wird. Das muss aufhören. Wir haben genug fähige Frauen, die zu allen Themen Stellung nehmen können. Es gibt Angebote der Frauenstrukturen in den Ländern und auf Bundesebene, passende Referentinnen zu finden.

Das ist ein Prozess, dem sich die Partei stellen muss. Feministische Politik passiert nach innen in die Partei und ist Bestandteil unserer politischen Arbeit nach außen. Die Forderungen nach einem guten Leben für alle gilt für alle Geschlechter. Und viele unserer Forderungen betreffen alle Geschlechter, haben allerdings jedoch eine besondere Wirkung auf Frauen in unserer Gesellschaft: Die Forderung nach einer radikalen Verkürzung der Arbeitszeit bedeutet auch eine Chance zur Neu-Verteilung von Sorgearbeit. Unsere Forderung nach einem Mindestlohn, der seinen Namen verdient, betrifft ebenso alle Geschlechter und kann zur Folge haben, dass Altersarmut von Frauen gemildert werden kann.

Die Diskussion müssen Genossinnen und Genossen führen. Der Internationale Frauentag am 8. März kann ein Anlass sein, sich dieser Diskussion zu stellen.

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