Justin Trudeau ist kein Freund oder Idol

Justin Trudeau gilt als Gegenentwurf zu Trump und all den Rechtspopulisten unserer Zeit, manche Linke haben sich deswegen in die Idee verstiegen das Trudeau ein Verbündeter sei. Doch seine Politik ist schlecht für die Arbeitnehmer, die Umwelt und alle sich abmühenden Menschen.

In Kingston, Ontario spielte letzten Monat die beliebte Kanadische Rock-Band „The Tragically Hip“ ihr letztes Konzert. Inmitten der Zuschauer war auch niemand geringeres als Justin Trudeau, glänzend in seinem Kanadischen Anzug (Denim Jacke, Jeans und Band-T-Shirt) mit seinem Kumpel McGill und seinem politischen Berater Gerry Butts.
Trudeau tweetete kurz vorher ein Foto von sich, auf dem er leidenschaftlich den Sänger der Band Gord Downie umarmte, der den Premierminister von der Bühne aus an appellierte, mehr für die indigene Bevölkerung zu tun. Als eine Ikone anglo-kanadischer, links-nationaler Kultur – neben Joni Mitchel, Margaret Atwood und David Cronenberg – schien Downie davon überzeugt, dass Trudeau „das richtige“ tun und „diesen Leuten helfen“ würde.
Kanadische Progressive und einige Mitglieder der Gewerkschaftsbewegung teilen Downies aufrichtige Hoffnung, dass der junge Trudeau für einen progressiven Wandel für Kanada steht. Immerhin trat er in der Wahl für den linken Flügel der „New Democratic Party (NDP) an.
Der ehemalige und jetzt abgesetzte Parteiführer Thomas Mulcair, ein selbsterklärter Fan Margaret Thatchers, trat auf der Basis einer konservativen Finanzpolitik an, während Trudeau sich als selbst als den Anti-Austeritäts-Kandidaten preiste, signifikante Sozialreformen und die Legalisierung von Marihuana versprach.
Auch wenn sie nur wenige politische Ansichten teilen, betrieb Trudeau seinen Wahlkampf in vielen Punkten im Stil des spanischen Podemos-Politikers Pablo Iglesias. Er war sicherlich kein linksorientierter Kandidat, doch mit Obama im Süden – so tat es auch sein Vater vor ihm – wusste er genau, wie er auf das Bewusstsein von Kanadas Öffentlichkeit einwirken konnte.
Er nannte sich selbst einen Feministen und stellte ein geschlechtergerechtes bzw. -ausgewogenes Ministerkabinett zusammen. Er ernannte eine bedeutende Anzahl an farbigen Menschen zu Ministerinnen und Ministern, inklusive den als „harten Typen“ geltenden Verteidigungsminister Harjit Sajjan.
Sajjans Karrierelaufbahn als Ermittler der kanadischen Ermittlungsbehörde in Afghanistan, der Kriegsgefangene an die Afghanischen Truppen übergab, die darauf gefoltert wurden, bekommt nur einen kleinen Teil der medialen Aufmerksamkeit, denn der Hauptfokus liegt auf Trudeaus multikultureller Administration.
Dies ist natürlich die schleichende Gefahr, die von Just Trudeau ausgeht. Er ist die Verkörperung vom „scharfkantigen, trendigen weißen Liberalen“, ein lebendender Ted Talk, ein kosmopolitischer George W. Bush mit der Politik von Jeb Bartlett. Aber sein Bild der öffentlichen Wahrnehmung wurde präzise geplant, verhüllt es doch Politiken, die viel weiter auf den rechten Weg führen, als seine spontane „Oben-Ohne-Nummer“ auf einem Hochzeitsfoto oder das Auftreten auf Paraden vermuten lassen.

Papa Pierre

Bis zur Wahl von Trudeaus Vater Pierre im Jahre 1968, galt die Kanadische Liberale Partei (CLP) als schwerfällig und aristokratisch, als Partei von Kanadas traditioneller „Laurentischen“ Elite. Papa Pierre – ein einstiger Bewunderer von Petain und France – wurde fasziniert von Marshal McLuhan und hieß John Lennon und Yoko Ono während ihrer Friedens-Tour willkommen.
Das Treffen von Lennon und Ono unterstrich die prominente Nichtbeteiligung des Premierministers in Vietnam, verschwieg jedoch die, Dank des Krieges, enormen Profite der Kanadischen Luft- und Raumfahrtindustrie.
Es besteht kein Zweifel daran, dass zu jener Zeit signifikante und progressive Errungenschaften erzielt wurden, jedoch kann sich Trudeau diese nicht als seinen Verdient anrechnen lassen. Dank des massiven Drucks durch größtenteils sozialen Bewegungen, vermieden die US-Bürger den Einzug in Kanadische Pläne. Als Trudeaus Minderheiten-Regierung im Jahre 1975 ein staatssubventioniertes Öl-Unternehmen – Petro-Canada- gründete, so tat er dies nur mit der Unterstützung der NDP, welche die Kontrolle darüber innehatte.
Aber im Jahre 1970 machte Trudeau den Erlass für kriegerische Handlungen geltend – d.h. die Aussetzung des Rechts auf richterliche Haftprüfung sowie die massive Erweiterung von polizeilichen Rechten – nachdem ein Nationalist aus dem Bundesstaat Quebec den Britischen Handelskommissar und Quebecs Minister für Arbeit entführt hatte.
Tommy Douglas NDP setzte sich Trudeaus Erklärung des Ausnahmezustands in Kanada entgegen, doch als der Premierminister von Journalisten gefragt wurde, wie weit er gehen würde um die Separatisten aufzuhalten, sagte er bekanntermaßen „Sehen Sie mir einfach zu.“ Schließlich musste er, während seines Wahlkampfs, mit Sorgenfalten beobachten wie einige protestierende Separatisten seine Hinrichtung forderten.
Dann war da der Erlass von 1969, der besagte, dass der indigene Teil der Bevölkerung seinen Status als solchen verlieren und – unter dem Banner des Multikulturalismus – sich in die Gesellschaft assimilieren soll. Außerdem beendete es das Reservats-System und stellte indigenes Land zum Verkauf frei. Die Beseitigung solcher und anderer Schrecken, um die Gord Downie den jüngeren Trudeau bat, wurden eigens von Trudeaus Vater eingeführt.

Ein wenig Mitgefühl

Justin wuchs im Licht der Öffentlichkeit auf; die kanadische Antwort auf JFK Jr. Ob es ein ausgestopfter Snoopy von Dick und Pat Nixon war, der Kinobesuch von „Das Imperium schlägt zurück“ mit seinem Vater, das Genießen von Kanu-Trips oder Grimassen schneiden für die Kamera – die Medien haben schonungslos jeden Moment seiner Kindheit dokumentiert.
Nachdem er zu McGill ging und sich mit Butts anfreundete, fuhr Trudeau – wie viele junge und wohlhabende Kanadier – nach British Columbia und fuhr viel Ski. Schließlich studierte er auf Lehramt und unterrichtete in der Provinz.
Im Jahre 1998, sein Bruder war damals bei einer Lawine umgekommen, rückte Justin als Befürworter für Sicherheit wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Der ernste Frankokanadier wurde allgegenwärtig in den Medien, vor allem an der Westküste, wo er für diverse freiheitliche Werte und Ideen eintrat, wie z.B. der Rettung der Darfur-Rennmaus oder als Mentor für indigene Jugendliche.
Wie die Mehrheit der kultivierten Kanadier, dachte Trudeau er wäre auf die Welt gekommen, um diese zu retten. Kanadas Bourgeoisie sieht keinerlei Problem in ihrer Gesellschaftsstruktur; es braucht nur ein paar Flicken und kleines bisschen Mitgefühl.
Auf der Beerdigung seines Vaters rückte Trudeau, zusammen mit Fidel Castro und Jimmy Carter sowie allen möglichen Leuten aus Davos in den Fokus der Medien. Seine Trauerrede wurde als historisch bezeichnet – manch Witzbold verglichen ihn sogar mit Perikles – und startete seine Karriere als Person des öffentlichen Lebens. Sieben Jahre später wurde er zum Parlamentsmitglied in Papineau gewählt, einem Distrikt in Montreal.
An diesem Punkt startete Butts, Trudeaus Karl Rove, an seinem Aufstieg zur Spitze zu arbeiten. Während dieser Jahre diente (ihm) Trudeau oft als Pointe – Trudeau, der Kanadische George W. Bush, bestens bekannt für seine caritativen Box-Runden und seine zurückhaltenden Positionierungen. Am meisten bekannt für seinen Zuspruch Bob Rae, dem Interim-Parteiführer der Liberalen, bzgl. der Denunzierung des rechts-außen Politikers Harper Tories für dieselben Politiken, die von vorangegangen liberalen Regierungen implementiert wurden.

Sterne in den Augen

Und immer noch lässt sich nicht abstreiten, dass Trudeau geliebt wird – nicht nur in Kanada. Die globalen Medien preisen ihn als „verdammten heißen und zuckersüßen Silberfuchs“, als den coolen Premierminister.
Donals Trump könnte ständig wiederholen, dass „sie mich in China lieben“, aber wen sie wirklich lieben ist Trudeau. Trotz seiner eher flüchtigen, oberflächlichen Aussage bezüglich der Menschenrechte – welche er niemals in Saudi Arabia oder Israel bringen würde- die von chinesischen Staatsmedien als „enttäuschend“ bezeichnet wurde, ist er ein Star. Milliardär Jack Ma, Gründer und leitender Geschäftsführer von Alibaba, nannte ihn die „Zukunft von Kanada“, die Magazine der Jugend- und Frauenparteien zeigten ihn wie den alten Freund seines Vaters John Lennon.
Kanada und China haben eine jahrelange Beziehung zueinander. Kanada hat schon immer Geschäfte mit den „Kommunisten“ gemacht, aber Harper’s Regierung hat diese etwas abkühlen lassen. Nicht so Trudeau. Chinas und Kanadas Bourgeoisie zeigen sich selbst als weniger protektionistisch als die U.S.A. und tatsächlich begann der Kanadische Staat, unter der Regierung Trudeaus wieder über die amerikanischen Tarife und Verhandlungen, vor allem im Bezug des Weichholz-Handels, zu mosern.
Dieser stramm konservative Freihandel-Neoliberalismus mit einem Klecks von Sozial-Maßnahmen ist unterm Strich der Brotverdienst der Partei. Wir mögen chinesischen Jugendlichen und Milliardären vergeben, dass sie dies vergessen, aber die Kanadische Arbeiterbewegung sollte da mehr Skepsis zeigen.
Natürlich bietet die traditionelle Arbeiterpartei NDP nicht viele Alternativen an und Trudeau betrieb seinen Wahlkampf auf einer mehrheitlich keynesianischen von Wachsamkeit geprägten Basis, im Gegensatz zu NDP-Chef Tommy Muclair.
Aber die Liebesaffäre der Arbeiterbewegung mit Trudeau unterscheidet sich von der alten, traditionellen Strategie des Hintern-Küssens von jenem, der derzeit die Macht inne hat. Hassan Yussuf, der Präsident des sozialdemokratischen Kongresses, preiste Trudeau in überschwänglicher Weise, er wäre nicht allein. Dieser Zuspruch jedoch zeigt wie drastisch die Erwartungen der Arbeiterpartei gesunken ist und, dass die rationale Analyse ausgesetzt wurde.

Foto: pixabay.comCC0 Public Domain

Nehmen wir die aktuelle Vergleichsvereinbarung zwischen der Canada Post und der Kanadischen Gewerkschaft für Post-Angestellte (CUPW), eine der wenigen großen Gewerkschaften mit einer echten basisdemokratischen Kultur und links-außen Führung: Die CUPW behielt ihren Kurs bei und baute sich eine große, landesweite Unterstützung auf, mithilfe der unpopulären Aktion Harpers zur Erhaltung der Tür-zu-Tür-Postzustellung.
Die Gewerkschaft schlug einen zweistufigen Pensionsplan für sich raus. Der Staat hätte legislativ eingreifen und ein bindendes Schiedsgerichtsverfahren anordnen oder die Arbeitnehmer einfach zurück zu ihrer Arbeit befehlen können. Doch gerade als die CUPW rechtlich gesehen sowieso in der stärkeren Position war, ernannte der Arbeitsminister einen Mediator. Die CUPW hat erfolgreich Zugeständnisse erwirken und diese verteidigen können – ein wichtiger Kampf zur Grundsteinlegung für ihren Visionären Ansatz des öffentlichen Dienstes.
Aber Yussuf und die sich liberal-gebende Toronto Star sehen dies – ebenso wie die scheinbare Bereitschaft von Trudeaus Regierung Kanadas Renten-Plan zu erweitern – als Beweis dafür an, dass Kanadas Arbeitnehmer den Premierminister zum Freund haben. In dem Trudeau und seine Regierung sich nicht einmischten und den Dingen ihren sowieso rechtlich vorgegebenen Rahmen zur Verhandlung von Konditionen und Zugeständnissen ließen, wurde Trudeau zum Held der Arbeiterbewegung des öffentlichen Dienstes.
Im Privatsektor fällt Trudeaus Bilanz jedoch weiterhin furchtbar aus. Sein Bemühen für das Kanada-Europa-Handelsabkommen (CETA) privilegiert Firmen und Gesellschaften und benachteiligt Arbeitnehmer. Wie Linda McQuiag aussagte, werden unter CETA „Investoren immer noch in der Lage sein unliebsame Politiken einer Regierung zum gerichtlichen Streitfall erklären zu lassen und diese Rechtsstreite werden von besonderen Schiedsgerichten behandelt, in denen sie rechtlich mehr Schutz genießen als jede andere Gruppe es im privaten oder internationalen Recht könnte.“
Am Tag der Arbeit hat keine Gewerkschaft verlauten lassen Dinge aus CETA zu streichen oder verändern zu lassen. In der Vergangenheit hat die Bürokratie der Arbeiterbewegung Handelsverträge bekämpft, die schädlich oder zum Nachteil der Arbeiterklasse sein könnten. Heutzutage sind sie zu sehr mit Trudeau und ihren ekstatischen Ohnmachtsanfällen beschäftigt, da er ja die Interessen der Arbeitnehmer vertritt.

Wir beschützen dich

Trudeaus Außenpolitik, ähnlich der von Präsident Obama, scheint weniger kriegshetzerisch als die seines Vorgängers. Aber in Wahrheit ist sie eine aggressive, wenn nicht sogar mehr als Harpers, Außenpolitik. Ein Beispiel dafür ist Kanadas lange Tradition als hilfsbereiter internationaler Warlord zu dienen – ein Lieferant für Waffen und Rüstung für jeden, der dafür zahlen kann. Kanada ist mittlerweile der zweitgrößte Waffenlieferant im mittleren Osten. John Bell listet Saudi-Arabien, Nigeria, die Philippinen, Mexiko, Thailand, Kolumbien, Peru und die Türkei als Kunden von kanadischen Waffenunternehmen oder multinationalen Unternehmen mit einer handels- und finanzstarken Niederlassung in Kanada.
„Heiter Sonnenschein“-Trudeau hat sich bekanntermaßen selbst als Feminist bezeichnet, aber er verkauft Waffen an die bösartigsten und frauenfeindlichsten Regierungen der Welt. Er hat Chinas wegen des Verstoßes gegen die Menschenrechte gerügt, aber niemals Saudi-Arabien.
Fakt ist, wie Bell es aussagte, dass kanadische Waffenhändler nicht weniger, sondern mehr Freiheiten unter Trudeau genießen. Frühere Gesetze haben den Waffenexport verboten, wenn dadurch die Gewahr bestand, dass „Mithilfe von Waffen die Sicherheit von Kanada, seinen Verbündeten, anderen Ländern oder Völkern bedroht werden könnte.“ Diese Formulierung hatte Harper daran gehindert gewisse Geschäfte und Abmachung mit den Saudis zu treffen, dank ihrem Massaker von Zivilisten im Jemen und in Bahrain.
Trudeau und seine Kumpel haben die Formulierung „andere Länder oder Völker“ gestrichen und sie durch „Zivilisten“ ersetzt, womit sie gleichzeitig dafür sorgten, dass nur kanadische Bürger davon eingeschlossen sind, um so den Handel zu ermöglichen. Die Tatsache, dass es keinen Einspruch der Opposition, keine Friedensbewegung, nicht mal das kleinste Zeichen aus der Reihen der NDP oder der Liberalen gab, die sonst traditionellerweise Kanadas Rolle als Waffenlieferant kritisierten, beweist die Fähigkeit von Trudeaus für eins zu sorgen: Konsens.
Traditionellerweise haben die Liberalen immer eine unparteiliche Haltung gegenüber dem Nah-Ost-Konflikt zwischen Israel und Palästina eingenommen. Einige Pro-Israelis haben Pierre Trudeau dafür gehasst, aber sein Sohn muss sich nicht mit dieser Kritik befassen.
Im Februar 2016 brachte die Konservative Partei einen Antrag ein, der den Boycott, den Kapitalabzug und die Sanktionen (BDS) veurteilt. Außer einer Handvoll Liberale, unterstützten Trudeau und der Rest diesen Antrag. Die Resolution erklärte die „BDS-Bewegung“ als „Verteufelung und Delegitimierung“ und unterstellte ihr eine antisemitische Motivation.
Selbst der feige Ex-Chef der NDP Tom Mulcair kritisierte die Bewegung als eine Attacke auf die freie Meinungsäußerung und das Recht auf Interessensvertretung. Mulcair verglich dies richtigerweise mit der Unterstützung der Liberalen bezüglich Harpers schrecklicher Anti-Terror-Gesetzgebung – eine umstrittene Maßnahme, derer sich Trudeau bediente und eine „reparieren, statt wegwerfen“-Position während der letzten Wahl annahm.
Das Resultat der BDS- Sanktionen ließ Schul-Lehrkräfte, Universitäts- und Hochschuldozierende, sowie anderen Arbeitnehmer im breiten Feld des öffentlichen Sektors erschaudern. Tatsächlich wurde ein Schullehrerin in Mississauga vom Dienst suspendiert, aufgrund ihrer länger-anhaltenden Sympathie im Bezug auf Solidarität mit Palästina.
Während von offizieller Seite die Kanadische Politik bezüglich Palästina-Israel unverändert bleibt – die Besetzung und die „Trennungs-Barriere“ werden kritisiert – wird inoffiziell und in der Praxis weiterhin die Netanyahu-Regierung unterstützt.
Andere Beispiele für Trudeaus Kriegslust und ausbreitender Heuchelei:
Es gibt einen gut-dokumentierten Unterschied zwischen der Rhetorik und der Realität in Bezug auf Kanadas Einsatz zur Bekämpfung des Klimawandels auf Basis des COP21-Abkommens. Zumindest was Öl-Rohrleitungen angeht hat Kanada sich oft an die US-Demokratische Partei geheftet, die, durch niedrigere Ölpreise und weniger umweltbesorgte Wähler, eine größere Anzahl an Beteiligungen in Öl-Konzernen und Projekten haben, insbesondere an Keystone XL.
Die Haltung des Landes gegenüber Einwanderern und besonders gegenüber deren Inhaftierung und effektiver Folterung sind beschämend – Berichten zufolge sterben die meisten Migranten aufgrund von medizinischer Unterversorgung, gefolgt von Suizid.
Kanada hat außerdem Konfrontation seitens der NATO gegen Russland geführt, in dem es eine eintausend Mann-starke Truppe von Friedenswächtern nach Lettland, nahe der russischen Grenze stationierte und somit das Land einem möglichem Kriegs-Risiko aussetzte.
Um diesen Zug zu erklären, erzählte Verteidigungsminister Sajjan den Reportern, dass „es an der Zeit war ein deutlichen Zeichen im Zusammenhang mit der NATO zu senden, um Mitglieds-Staaten mehr Vertrauen zu geben und um zu zeigen, wie wichtig Abschreckung ist, damit wir zurück zu einem vernünftigem Dialog finden können.“
Während man offiziell einen neuen Kalten Krieg dementiert, benutzen kanadische Politiker jedoch bereits sein sprachliches Jargon und beziehen sich auf „Beschwichtigungs-Maßnahmen“, wie z.B. um der rechten Ukraine-Regierung zu helfen.
Und lasst uns nicht Kanadies kontinuierliche Entsendung von Truppen in den Irak vergessen. Heiter Sonnenschein, definitiv.

Kein Freund der Linken.

Justin Trudeau repräsentiert gerade alles Falsche an der Politik in führenden kapitalistischen Ländern. Er ist die Zukunft der Mitte-Links-Politik, ein Spektrum welches die herrschenden Klassen gerne als kosmopolitisch versus nativistisch ansehen würden, nicht als sozialistisch versus kapitalistisch. Der rechte Flügel der UK Arbeiter-Partei fantasiert bereits darüber ihren eigenen Trudeau zu finden, um Corbyn zu stoppen.
Trudeau fabriziert wörtlich den Konsens und das weitaus geübter als Obama das tut – und er hat mehr Charisma. Er überstrahlt Hillary Clinton in beiden Ressorts. Just Trudeau ist die Personifizierung der Vox. Er denkt wie Ezra Klein, aber redet wie eine seltsame Fusion aus Malcolm Gladwell, Bono und Richard Branson.
Er wurde Premierminister, weil er sich links von der NDP bewegte, aber regiert rechts neben den Konservativen. Ein selbsternannter Feminist, aber er tat nichts, um den unwesentlichen Zugang zu Familienplanung und Schwangerschaftsabbruch in den sozial-konservativen Maritime-Provinzen zu stärken. Die Armut als sexistisch bezeichnend, ist er es, der, nichtsdestotrotz, Gesetze einführt, die Frauen in Kanada und in der Welt in die Armut treibt.
Überaus beliebt wegen seiner Position in Bezug auf Marihuana, setzte er den ehemaligen Toronto Polizeichef Bill Blair als Verantwortlichen für dieses Thema ein; die Vollstreckung der Drogengesetze schoss in die Höhe. Obwohl er sich selbst als Umweltaktivisten bezeichnet, eignete er sich Sarah Palins Mantra „grab, Baby, grab!“ an und rief zu mehr Öl-Bohrungen in Alberta auf. Angeblich darauf bedacht „Kanadas guten Ruf in der Welt wiederherzustellen“, ließ er sich außenpolitisch auf eine substanziell sogar aggressivere Herangehensweise ein, als Obama dies in seiner zweiten Amtszeit tat.
Um Justin Trudeaus Agenda zu bekämpfen bedarf es immensen Denkens, Organisation und Koalition und keine unbedachte Lobpreisung des Premierministers.
Die Kampanien von CUPW sind ein guter Anfang, aber sollten sie in diesem Stadium bleiben, werden sie wenig bewirken und flach abfallen – wie die Führerschaft der Arbeiterpartei, die knieend die Güte unseres hübschen oben-ohne Prinzlings bewundert. Die Versuche eine wahrhaft radikale Linke zu bilden wird schwierig ohne eine solide Basis-Arbeit und ohne Unterstützung durch die Gemeinde. Außerhalb von Quebec kann man sowas nur schwerlich bekommen. Einen neu-demokratischen Sanders oder Corbyn zu finden ist ebenso unwahrscheinlich, betrachtet man den schwächlichen Zustand dieser Partei.
Kanadische Radikale dagegen sollten dein Einfluss an ihrem Arbeitsplatz stärken, egal ob in einer Gewerkschaft oder nicht und sollten Bewegungen unterstützen, um eine militante Minderheit zu bilden, die die neue Basis für eine Opposition ist.

 

Ein Artikel von Jordy Cummings, der im Jacobin Mag erschien und von Effi Tassiakas ins Deutsche übersetzt wurde.

 

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