Inakzeptable Stimmungsmache in der Einbürgerungsdebatte

Es ist absolut inakzeptabel, wie Politikerinnen und Politiker aus den Reihen der Union – allen voran CDU-Chef Friedrich Merz – jetzt versuchen, rassistische Ressentiments zu bedienen und dadurch politisches Kapital zu schlagen.

Wie kam es überhaupt zu dieser Debatte?

Die „Bild“-Zeitung hatte zunächst zu dem Vorhaben des Bundesinnenministeriums, Einbürgerungen zu vereinfachen berichtet. Dabei zitierte sie den Parlamentarischen Geschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei: Der deutsche Pass dürfe nicht zur „Ramschware“ werden, so Frei.

Diese Initiative kommt nicht überraschend. Sie steht im Koalitionsvertrag, auf den sich SPD, Grüne und FDP schon vor knapp einem Jahr verständigt haben. Damals hatten sie sich auch auf eine weitere Änderungen im Migrationsrecht verständigt, über die letzte Woche im Bundestag entschieden wurde: das Chancen-Aufenthaltsrecht. Im Vorfeld der Experten-Anhörung im Bundestag, der Debatte in den Ausschüssen und der abschließenden Abstimmung wollte die Union offensichtlich Stimmung gegen Reformen machen, die überwiegend Eingewanderten zugutekommen.

Erinnerung an vergangene Stimmungsmache gegen die doppelte Staatsbürgerschaft

1999 schon hat der hessische CDU-Politiker Roland Koch mit einer ähnlichen Hetzkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Wahlkampf gemacht. Ganz offensichtlich sehen sich heute die konservativen Unionspolitiker um Merz in der Tradition ihres hessischen Parteifreundes.

Das wilde Durcheinander an Begriffen, von „Rückführungsoffensive“ bis hin zu „Einwanderung in die Sozialsysteme“, mit der Merz aktuell um sich wirft, ist erschreckend und lässt zudem ernsthaft an seiner migrationspolitischen Kompetenz zweifeln. Dadurch vergiftet die Union nicht nur das gesellschaftliche Klima, wovon am Ende nur die AfD profitieren wird. Diese Äußerungen sind zugleich ein Schlag ins Gesicht vieler einbürgerungswilliger Menschen, darunter viele Senioren, die einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau Deutschlands nach dem Krieg geleistet haben, jedoch seit Jahrzehnten an den hohen Einbürgerungshürden scheitern.

Ich fordere die Union dringend auf, von einer erneuten Kampagne gegen die geplanten Erleichterungen im Staatsangehörigkeitsrecht abzusehen. Ihre Stimmungsmache spaltet das Land, sie verletzt die Gefühle zahlreicher Menschen. Viele einbürgerungswillige Menschen haben als sogenannte Gastarbeiter durch harte Arbeit zum Wohlstand in diesem Land beigetragen – mehr, als ein Friedrich Merz in seinen besten Zeiten beim Finanzkonzern Blackrock.

Aber auch die FDP muss sich angesichts ihres demonstrativen Widerstandes fragen lassen, inwieweit sie sich noch an den Koalitionsvertrag gebunden fühlt, zumal sie in ihrem Wahlprogramm mit der Einbürgerung nach vier Jahren eine weitergehende Forderung aufgestellt hatte, als es der aktuelle Plan von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit der Einbürgerung nach fünf Jahren vorsieht.

Die Linke fordert ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht

Wir brauchen dringend ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht, das den Realitäten des Einwanderungslandes Deutschland entspricht und allen hier lebenden Menschen gleiche Partizipation ermöglicht. Die Hürden bei der Einbürgerung müssen dringend gesenkt werden. Entsprechende Anträge von uns wurden in der Vergangenheit leider stets abgelehnt (u.a. BT-Drucksache 19/19484). Notwendig ist allerdings auch, dass Einbürgerungen unabhängig von Einkommen und dem sozialen Status erfolgen können und eine deutliche Absenkung der Gebühren erfolgt.

Mit etwa 12 Millionen nichtdeutschen Staatsangehörigen ist das Einbürgerungspotential in Deutschland sehr hoch. Zugleich ist die Einbürgerungsquote im europäischen Vergleich viel zu niedrig. Ursache sind unter anderem die zu hohen Hürden bei der Einbürgerung. Die angekündigten Erleichterungen müssen jetzt schnell umgesetzt werden, begleitet von einer öffentlichkeitswirksamen Einbürgerungskampagne. Gleichzeitig müssen die Einbürgerungsbehörden besser ausgestattet werden, damit einbürgerungswillige Menschen nicht erneut frustriert werden.

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