Die Bundesregierung plant die Bundeswehr massiv aufzurüsten und will dafür 100 Milliarden im Grundgesetz verankern. Langfristig will die Bundesregierung die deutschen Rüstungsausgaben auf 2% des Bruttoinlandsprodukts steigern. Damit wäre Deutschland nach den USA und China das Land mit den weltweit dritthöchsten Rüstungsausgaben. Hiergegen hat sich ein breites Aufruf zu einem Appell gegen Aufrüstung und Krieg zusammengeschlossen, wir haben mit Ingar Solty, einem der Initiatoren, gesprochen.
Die Freiheitsliebe: Ihr habt heute einen Appell gegen Aufrüstung veröffentlicht. Warum haltet ihr die aktuelle Aufrüstung für falsch?
Ingar Solty: Wir halten sie aus drei Gründen für falsch: Friedens- und sicherheitspolitische Gründe, sozial-, verteilungs- und klimapolitische Gründe und demokratiepolitische Gründe.
Friedens- und sicherheitspolitisch handelt es sich dabei um eine quasi über Nacht beschlossenen radikalen Kurswechsel – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht von der „Zeitenwende“, Außenministerin Annalena Baerbock von der „180-Grad-Wende“ in der deutschen Außenpolitik –, der im Windschatten unser aller Empörung über Putins Überfall auf die Ukraine Aufrüstungsziele beschließt, die geplant waren lange bevor es überhaupt die ersten Warnungen vor einer bevorstehenden russischen Invasion gab. Denn sie stehen schon im Koalitionsvertrag vom November 2021 und sind Zielsetzungen aller Bundesregierungen seit 2013 gewesen, wie man auch in meiner Studie „Exportweltmeister in Fluchtursachen: Die neue deutsche Außenpolitik, die Krise und linke Alternativen“ nachlesen kann.
Friedens- und sicherheitspolitisch hat die Hochrüstung dabei nichts mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Die Waffen sind erstens nicht für die Ukraine bestimmt. Sie dienen zweitens auch nicht der Abschreckung, weil die NATO-Staaten jetzt schon fast das Zwanzigfache für Rüstung ausgeben wie Russland. Und wenn weitere Staaten zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch Russlands Imperialismus bedroht sind, dann sind das drittens andere Nicht-NATO-Staaten, die einst zum zaristischen oder sowjetischen Großreich gehörten, von dem Putin träumt, also eher Georgien, Moldawien oder Kasachstan, aber nicht die NATO-Staaten, auch nicht die im Baltikum.
Die abenteuerliche Kriegsbegründung Putins – Entmilitarisierung und Verhinderung eines Völkermords an den „Auslandsrussen“ – würde sich zwar ideologisch zweifellos auch auf die hochgerüsteten baltischen Staaten mit ihren großen russischen Minderheiten ausdehnen lassen. Aber der Grund, warum die Ukraine überfallen worden ist, ist, dass sie eben nicht Mitglied der NATO ist, und weil die USA im Vorfeld angekündigt hatten, nicht bereit zu sein, für die Ukraine in einen atomaren Krieg gegen Russland zu ziehen, dass sie als Unterstützung also Waffen und Geld an die Ukraine senden würden, aber keine eigenen Truppen. Diese „Schwäche“ – ich würde eher sagen: Vernunft der USA und des „Westens“ – konnte von Putin ausgenutzt werden, um auf kriegerischem Wege neue Fakten zu schaffen und so eine bündnisneutrale Ukraine zu erzwingen. Putin hat damit aber nicht nur die Sicherheitsgarantien für die Ukraine aus dem Budapester Memorandum von 1994 endgültig vernichtet; er hat auch den eigenen russischen Sicherheitsinteressen schwer geschadet. Die NATO, die von Emmanuel Macron für „klinisch tot“ erklärt wurde, könnte keinen besseren Jungbrunnen erleben, und nach dieser Erfahrung und dem Ende des Budapester Memorandums kann man es jetzt auch keinem Staat verdenken, eine NATO-Mitgliedschaft zum Schutz vor Russland anzustreben. Sollte jetzt neben Schweden auch Finnland der NATO beitreten, dann hat Russland eine sehr viel näher an Sankt Petersburg heranreichende und sehr viel längere Grenze zu den weiter aufrüstenden NATO-Staaten. Das ist eine gefährliche Hazardeurs-Politik, die Russland da gerade betreibt.
Entscheidend ist aber: Die deutsche Hochrüstung tut nichts dafür, dass Blutvergießen in der Ukraine zu beenden. Als Abschreckung ist sie unsinnig. Und zusammen mit den Sanktionen, der Aufrüstung der Bundeswehrtruppen im Baltikum sowie den Waffenlieferungen macht sich Deutschland gerade zur Kriegspartei. Damit riskiert man nicht nur die Gefahr einer dauerhaften Syrienisierung der Ukraine, also einen internationalen Stellvertreterkrieg mit deutscher Beteiligung, sondern ist womöglich einen weiteren Schritt näher an einem – bis hierhin immer noch unrealistischen – Atomkriegsszenario.
Ob diese vier Maßnahmen als Kriegserklärungen wahrgenommen werden, hängt von Russlands Definition ab. In jedem Fall macht sich Deutschland so zur aktiven Kriegspartei in der Ukraine. Damit setzt Deutschland eine mögliche Vermittlerrolle aufs Spiel, jetzt wo offensichtlich Russlands Kriegsziele – Blitzkrieg, Regime-Change, Neuverhandlungen – gescheitert sind und Russland an den Verhandlungstisch zurückkehren wird müssen, wenn es nicht in einen jahrelangen Besatzungs- und Partisanenkrieg gehen will, der Russland ökonomisch völlig auszehren, das Land völlig isolieren und wohl auch Putins Regentschaft beenden dürfte. Das ist bedauerlich, zumal die Bundesregierung bis hierhin ja durchaus an einer solchen Rolle festgehalten hatte.
Im Übrigen gilt, dass diese Hochrüstung auch weiter an der Konfrontationsspirale dreht, obwohl klar ist, dass es nur eine Verhandlungslösung geben wird, will man nicht Millionen Tote in der Ukraine riskieren. Dazu gehört auch die Zurückweisung der aggressivsten Positionierungen hierzulande: denn wenn Forderungen wie die vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda und von CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz nach NATO-Truppen in der Ukraine oder wie die von PEN-Präsident Deniz Yücel nach einer Flugverbotszone in der Ukraine, die mit NATO-Waffen durchgesetzt werden müsste, weiter Rückhalt bekämen, dann wäre das der sichere Weg in einen atomaren Krieg. Das muss man klar und deutlich benennen, angesichts der Unverantwortlichkeit und Naivität mit der insbesondere im grünliberalen Spektrum gerade über Außenpolitik diskutiert wird, als sei Außenpolitik in etwa die Fortsetzung von „Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“ auf der Weltbühne.
Zweitens lehnen wir die Hochrüstung auch innenpolitisch ab: Denn das Sondervermögen, das mit der Grundgesetzänderung abgesichert werden soll, ist immer noch ein Kredit, der zurückgezahlt werden muss. Die Grundgesetzänderung kommt dabei nur zu Friedrich Merz‘ Gnaden, der die Zustimmung der Union schon an ein Ende von „Wohltaten“ in anderen öffentlichen Ausgaben knüpfte und an einen „Tilgungsplan“. Insofern die Ampelkoalition aber ganz allgemein versagt hat, die großen Vermögen zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen, also keine höhere Besteuerung der Großvermögen von Multimillionären und Milliardären beschlossen hat, und insofern auch ab 2023 die Schuldenbremse wieder gelten soll, wird diese Aufrüstung und vor allem die Orientierung auf das 2%-Ziel zwangsläufig Kürzungen im öffentlichen, sozialen und kulturellen Bereich nach sich ziehen müssen. Man muss das Kind beim Namen nennen: Wer bei der neuen zusätzlichen Aufrüstung im Umfang von etwa einem Viertel des gesamten Bundeshaushalts und der dauerhaften Orientierung auf das 2%-Ziel jetzt jubelt oder mit den Schultern zuckt, der darf sich nie wieder über mangelnde PCR-Tests und Belüftungsgeräte in Schulen, Personalmangel in Gesundheitsämtern, Krankenhäusern, Kitas und Pflegeheimen, Nullrunden im öffentlichen Dienst, Armutsrenten oder die Klimakatastrophe beschweren.
Der dritte Grund ist indes ein demokratiepolitischer und ganz entscheidend: Eine derart innen- wie außenpolitisch folgenreiche Kursänderung ohne die breiteste demokratische Debatte quasi über Nacht zu beschließen und in dieser Windeseile durchzuziehen, ist ein Offenbarungseid und beschädigt die Demokratie. Wir brauchen eine große Diskussion in den Zeitungen und Zeitschriften, in Universitäten und Hochschulen, in Kunst und Kultur, ob wir als Gemeinwesen diese Politik wollen.
Die Freiheitsliebe: Zu den Unterzeichnenden gehören viele Prominente aus allen Bereichen der Gesellschaft, wie kam es zu diesem breiten Aufruf und was ist der gemeinsame Nenner?
Ingar Solty: Die ursprüngliche Idee kam von Julia Schramm, die damit auf mich zukam. Wir haben dann sehr schnell festgelegt, dass eine solche Initiative politisch nur Erfolg haben kann, wenn sie breiteste Unterstützung aus der Gesellschaft erhält: aus den sozialen Bewegungen, aus Nichtregierungsorganisationen, aus den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, aus Wissenschaft und Forschung, aus Kunst und Kultur und vor allem aus den Gewerkschaften, von Gewerkschaftssekretären, Betriebs- und Personalrät:innen bis zu Vertrauensleuten, die gesellschaftlich verankert sind und mit einer gewissen Legitimität auch in diesen überbetrieblichen Fragen sprechen können. Außerdem war klar, dass der Erfolg davon abhängt, eine möglichst breite überparteiliche Mobilisierung hinzubekommen, die insbesondere auch Unterstützung aus den Regierungsparteien und ihren Bundestagsfraktionen erhält und die Kritiker:innen aus möglichst allen Parteien versammelt, damit klar ist: es geht hier nicht um die Frage Opposition versus Regierung, sondern Befürworter und Gegner:innen der Hochrüstungspolitik, von denen nicht wenige in den Regierungsparteien und Bundestagsfraktionen selbst sitzen. Erst dann kann der Appell mehr sein als eine Signalwirkung, dass und wie viele Menschen in Deutschland diese Politik ablehnen. Diese Signalwirkung ist natürlich richtig und wichtig. Es ging uns aber darum, tatsächlich eine realistische Chance zu haben, diese Politik, vor allem die dauerhafte Festlegung auf das 2%-Ziel, noch abzuwenden, denn machen wir uns nichts vor: Wenn eine sozialdemokratisch geführte Regierung diesen Kurswechsel vollzieht, wird das 2%-Ziel später sakrosankt sein für alle Parteien, die nicht die LINKE sind. Das kann man nicht wollen, und das wollen von der Basis der Ortsverbände bis in die Bundestagsfraktion auch viele Sozialdemokrat:innen und Grüne nicht, die uns dies auch mitteilen, auch wenn sie selbst nicht unterzeichnet haben. Und auch deshalb sind wir froh und glücklich, dass es uns gelungen ist, in dieser kurzen Zeit über unsere eigenen Netzwerke und auch die Unterstützung von vielen Helferinnen und Helfern, die Kontakte hergestellt haben, ein so diverses Bündnis gegen die Hochrüstungspolitik auf die Beine zu stellen.
Die Freiheitsliebe: Die Bundesregierung argumentiert, dass die Aufrüstung vor einem russischen Angriff schützen würde, Ihr widersprecht dieser Einschätzung auch mit Hinblick auf die allgemeinen Verteidigungsbudgets der Nato-Staaten, wie kommt es zu dieser unterschiedlichen Einschätzungen?
Ingar Solty: Die Bundesregierung hat die Rüstungsausgaben seit fast zehn Jahren im Grunde kontinuierlich gesteigert. Dazu gehört auch die massive Steigerung der Ausgaben der Bundeswehr-Werbung um viele Hundert Prozent. Dadurch konnte der Eindruck entstehen, als stünden die Bundeswehr-Soldatinnen und Soldaten ohne Unterhosen da, und als gehe es nicht um „Auf“-, sondern bloß um „Ausrüstung“, wie es propagandistisch verbreitet wurde. Dass es nicht um Unterhosen geht, geht schon aus dem Gesetzesentwurf hervor, worin es heißt, dass die Gelder für „komplexe überjährige“ Maßnahmen seien. Ich weiß jetzt nicht, wie Deine Unterhosen beschaffen sind. Ja, auch ich trage meine Unterhosen mehrere Jahre lang. Fast Fashion lehne ich ab. Aber komplex sind meine Unterhosen jetzt nicht gerade.
Der Punkt ist: Statt einer solchen Politik im Hauruckverfahren braucht es eine Diskussion darüber, welche Waffen es für die Landesverteidigung schon gibt und braucht, ob die schon im Koalitionsvertrag als anzuschaffend deklarierten bewaffnungsfähigen Drohnen und Tornados diesen Zielen der Landesverteidigung überhaupt dienen, wie es kommt, dass über Jahre der Rüstungsetat gesteigert werden konnte, aber trotzdem es zu Materialproblemen gekommen ist. Diesbezüglich wäre auch über die Vergaberichtlinien für öffentliche Aufträge zu sprechen, die ja auch in anderen Bereichen der Gesellschaft – vom Berliner Flughafen bis zu Stuttgart 21 – zeigen, dass da etwas im Argen ist und man jetzt nicht einfach mal 100 Milliarden den bis hierhin schon geflossenen Summen hinterherschmeißen darf.
Alle diese Diskussionen wären zu führen. Und dabei müsste auch diskutiert werden, wie Investitionen in Sicherheit durch eine grundgesetzlich strikt auf Landesverteidigung ausgerichtete Armee in Einklang zu bringen sind mit den notwendigen Investitionen, die wir in anderen, zivilen Bereichen des Gemeinwesens brauchen: von Investitionen in eine bröckelnde öffentliche Infrastruktur und den notwendigen Maßnahmen in Richtung einer aktiven Struktur- und Industriepolitik über die nötigen Ressourcen zur Bekämpfung vor allem von Kinder- und Altersarmut bis zum sozialen Wohnungsbau, der den Mietenwahnsinn beendet, und den nötigen Investitionen zur Bekämpfung der Klimakatastrophe.
Die Freiheitsliebe: In ganz Deutschland und weltweit gehen Menschen auf die Straße gegen den Krieg, auch ihr knüpft daran an. Wie wirken sich diese Proteste aus?
Ingar Solty: Große Friedens- und Antikriegsproteste – das zeigt die Geschichte – hängen von Gefühlen der persönlichen Betroffenheit ab. Es ist ein Unterschied, ob im Ersten Weltkrieg die Mehrheit der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig ist und im August 1914 mitten in der Erntezeit fehlt, es schon ab Winter 1916 zu Hungerkrisen und entsprechenden Protestbewegungen wie den „Butterkrawallen“ an der Heimatfront kommt und der Krieg sich, wenigstens im früheren Ostpreußen in den eigenen Dörfern abspielt, oder ob die Kriege von Berufs- und zunehmend Roboterarmeen weit entfernt im Irak, Afghanistan und Syrien stattfinden und die Opfer, die zudem rassistisch entmenschlicht sind, vor allem dort zu beklagen sind.
Dass wir heute so große Friedensdemonstrationen haben, hängt damit zusammen, dass Menschen sich persönlich betroffen fühlen. Getragen werden die Proteste dabei – das liegt in der Natur der Sache – auch von starken Gefühlen. Die Proteste und auch die dort artikulierten Positionen sind m.E. ambivalent. Nicht ambivalent ist sicherlich das Gefühl der Empörung über den russischen Angriffskrieg und die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand und Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine.
Ich sehe aber noch eine andere starke Emotion am Werk: Angst. Der Satz ist und bleibt richtig: Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts. Pandemien und Kriege sind historische Momente, in denen Menschen, die bis hierhin vielleicht nur ihrem individuellen Glücksstreben gefolgt sind, Abschlüsse gemacht, Berufe angefangen, Familien aufgebaut haben und auf Reisen gegangen sind, plötzlich merken, dass sie sich der Weltpolitik doch nicht entziehen können – nach dem Motto: Mag sein, dass Du Dich nicht für Politik interessierst, aber die Politik interessiert sich für Dich. Oder wie Rage Against the Machine einmal sangen: „There’ll be no shelter here, the frontline is everywhere.” In solchen historischen Momenten müssen sich die Menschen zur Weltpolitik verhalten. Viele, die sich nicht für Politik interessierten, sehen, wie ich auch, mit Entsetzen Putins Krieg in der Ukraine und fühlen sich hilflos. Das Gefühl, dass viele auch auf den Demos zum Ausdruck gebracht haben, ist: Oh mein Gott, es ist wieder Krieg in Europa! Und das saloppe „Opa erzählt vom Krieg“ bleibt uns im Halse stecken, denn der Krieg ist offensichtlich nicht tot, sondern, mit Rio Reiser gesprochen: er schlief nur.
Man mag bekritteln, dass viele Menschen, die jetzt, wie die Grünen-Politikerin Luisa Neubauer auf der Berliner Demonstration vom 27. Februar, sagen, sie seien aufgewacht und auf einmal sei Krieg, nicht begreifen, dass Deutschland seit über zwanzig Jahren im Krieg ist bzw. gewesen ist: in Afghanistan, in Syrien, in Mali usw., und dass es schon 1999 mit dem NATO-Krieg gegen Serbien-Montenegro einen jüngeren Krieg „mitten in Europa“ gab, den viele vergessen haben oder lieber vergessen würden. Es ist wirklich dramatisch, dass viele diese Kriege nicht sehen oder sehen wollen, wenn sie im globalen Süden stattfanden und fast nur dort die Menschen ihre Toten zu beklagen hatten, und dass offensichtlich in der Bundesbevölkerung auch kein Bewusstsein vorhanden ist, dass viele, nicht alle, der terroristischen Anschläge durch Salafisten und andere Islamisten Formen der asymmetrischen Kriegführung waren, nach dem Motto: Deutschland führt Krieg gegen den „IS“, die Sympathisant:innen des „IS“ führen Krieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung, um Deutschland zum Rückzug aus Syrien zu bewegen – auch nach dem Vorbild der grausamen terroristischen Zuganschläge von Madrid 2004, die die spanische Regierung seinerzeit zum Rückzug aus der „Koalition der Willigen“ im Irak bewegten. Man kann das also bedauern, dass ein Bewusstsein für diese Kriege Deutschlands in der Welt nicht vorhanden ist, aber es ist offensichtlich so.
Im Ergebnis aber treibt Menschen die Angst auf die Straße. Viele sehen in Putin einen Irren mit der Atombombe. Das erklärt wohl auch die Volatilität in den Meinungsumfragen, etwa, dass lange eine sehr kleine Minderheit für Waffenlieferungen in die Ukraine war, weil – so meine Vermutung – man nicht in einen Krieg mit der Atommacht Russland hineingezogen werden wollte, und das Umschlagen dann in den letzten Wochen, weil man glaubt, man sei selbst unmittelbar bedroht und der „Irre in Moskau“ sei drauf und dran, einem auf die eigene Stadtwohnung eine Atombombe zu werfen. Es ist dabei wohl im Grunde genommen wie bei einem Amoklauf, wo man, wenn man sich waffenlos gegen den Angreifer fühlt, hinter den größten und stärksten Mitschüler wirft, der am besten selbst noch Waffen mitgebracht hat. Das erklärt wohl auch die gegenwärtigen Zustimmungswerte zur Aufrüstung, obwohl diese, wie gesagt, nichts mit dem Ukrainekrieg zu tun hat und auch nichts bringt, um das Töten und Sterben zu beenden.
Die Gegner:innen der Hochrüstung sind so momentan noch eine Minderheit, wenngleich auch eine recht große Minderheit. Aber das wird sich ändern, wenn die innen- wie außenpolitisch dramatischen Folgen dieser Politik immer stärker ins Bewusstsein treten werden. Das geht nicht ohne Aufklärung. Aber zu dieser Aufklärung wollen wir von „Der Appell“ beitragen.
Die Freiheitsliebe: Danke dir für das Gespräch
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