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Der Weg zu einer sozialistischen Partei im 21. Jahrhundert

Am vergangenen Wochenende hielt die Partei Die Linke in Halle ihren Parteitag ab. Dort gelang nicht nur eine vielversprechende personelle Neuaufstellung, sondern es wurden auch erste inhaltliche Klärungsprozesse auf den Weg gebracht – wie beispielsweise der Umgang mit der Nahostfrage oder dem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE). Einer genaueren Analyse des Parteitages, die in den nächsten Tagen erscheint, soll ein Beitrag von Loren Balhorn vorangestellt werden. Der Chefredakteur des linken Polit-Magazins Jacobin beschäftigt sich in unserer Reihe „Zukunft der Linken“ mit der Frage, wie eine sozialistische Partei im 21. Jahrhundert auszusehen hat und welche Wege die Linkspartei einschlagen müsste.

Die deutsche Linke, sowohl die Partei Die Linke als auch die breitere soziale Bewegung, befindet sich seit einiger Zeit in einer politischen Krise – mindestens seit einem Jahrzehnt, wenn nicht länger. Obwohl sie im Grunde aus derselben strategischen Sackgasse gewachsen ist, die die gesamte europäische Linke plagt – eine Unfähigkeit nämlich, aus politischem Protest eine schlafkräftige linke Politik abzuleiten – haben die jüngsten Wahlniederlagen (die selbst nur eine Akzentuierung eines langfristigen Trends sind) und die Gründung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) diese Krise bis zu einem Punkt verschärft, an dem das Überleben der Partei als bundesweite Kraft in Frage steht.

Diese desolate Lage ist das Ergebnis einer Anhäufung von Widersprüchen, die bereits bei der Parteigründung implizit vorhanden waren, aber zunächst durch Wahlerfolge und die Begeisterung, die jedes neue politische Projekt mit sich bringt, verdeckt wurden. Repräsentiert durch das charismatische Führungsduo Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, das die Linkspartei durch ihre vielversprechendsten Jahre führte, war und blieb sie dennoch eher eine permanente, oft prekäre Aushandlung zwischen Machtzentren und Interessengruppen als eine geschlossene politische Partei. Als Zusammenschluss zweier historischer Strömungen, zu denen in den Gründungsjahren alle möglichen Kleinstgruppen hinzukamen, erwiesen sich die auf Gysi und Lafontaine folgenden Führungen der Partei als unfähig, eine kohärentere strategische Kraft aus dieser politischen Mischehe zu schöpfen. Auch heute, ein Jahr nach dem Abgang von Wagenknecht und ihren Anhängern, scheinen die Differenzen innerhalb der Partei über Fragen wie die Kriege in der Ukraine und in Gaza, den richtigen Umgang mit Regierungsbeteiligungen oder auch das BGE unüberwindbar tief. Weitere Spaltungen scheinen praktisch vorprogrammiert.

So steht Die Linke 17 Jahre nach ihrer Gründung vor der gleichen grundsätzlichen Frage, die sie von Anfang an hatte, nun aber mit deutlich weniger Ressourcen und unter ungünstigeren Bedingungen: Was bedeutet es, eine sozialistische Partei, zumindest aber eine Arbeiterpartei im einundzwanzigsten Jahrhundert zu sein, und welche Strategie soll sie verfolgen?

Überleben, um weiterzukämpfen

Will Die Linke auf der nationalen Bühne überleben und die Chance nutzen, eine solche Partei zu werden, ist die unmittelbare und vorrangige Aufgabe zunächst einmal einen Weg zu finden, über den nächsten Wahlzyklus hinaus im Bundestag zu bleiben. Jeder gute Sozialist weiß, dass Politik sowohl außerhalb als auch innerhalb der Parlamentssäle stattfindet: Sollte es der Linken nicht gelingen, 2025 wieder ins Parlament einzuziehen, wird sie nicht nur an Sichtbarkeit und weiteren Ressourcen wie Abgeordnetenbüros und Personal verlieren, sondern könnte gleichzeitig in eine Abwärtsspirale geraten, aus der es kein Zurück mehr gibt. Drinbleiben muss daher Vorrang haben.

Dies wird jedoch nicht einfach sein. Obwohl Parteiführung und -apparat verständlicherweise weiterhin davon sprechen, bei der nächsten Bundestagswahl fünf Prozent plus X zu erreichen, ist es schwer, zu diesem Zeitpunkt einen realistischen Weg dorthin zu erkennen. Die bemerkenswerten Ergebnisse des BSW bei den Europawahlen und den Landtagswahlen in Ostdeutschland haben auf schmerzhafter Weise verdeutlicht, wie sehr die Linkspartei von ihrer traditionellen Basis in den neuen Bundesländern abhängig war. Die im letzten Jahrzehnt erzielten Zugewinne in anderen gesellschaftlichen Milieus konnten die wahrscheinlich unumkehrbaren Verluste im Osten nicht annähernd kompensieren. Dementsprechend scheinen die einzigen Orte, an denen Die Linke noch auf eine stabile Wählerschaft zählen kann, Thüringen, die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen (die zusammen etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen) zu sein. Hinzu kommen einige urbane Zentren wie beispielsweise Leipzig.

Mit Blick auf das Jahr 2025 hat Die Linke also wahrscheinlich nur eine Chance, im Parlament zu bleiben, durch Direktmandate wie jenes von Sören Pellman in Leipzig oder, sollte er sich für eine erneute Kandidatur entscheiden, das von Gregor Gysi in Treptow-Köpenick. Durch die Konzentration verbleibender Ressourcen auf einzelne aussichtsreiche Kandidaturen, wie es das Team um Nam Duy Nguyen in Leipzig eindrucksvoll getan hat, kann es vielleicht gelingen, eine kleine Fraktion zusammenzuschustern. Doch die Chancen sind gering, und ein hoher Bekanntheitsgrad in den neuen Bundesländern reicht nicht mehr aus, um einen Sitz zu sichern. Das werden Politikerinnen wie Petra Pau und Kerstin Kaiser nur zu gut wissen. Außerdem lassen sich Anstrengungen wie die von Nguyens Team nicht beliebig nachmachen: Es bedurfte hunderte von Freiwilligen aus dem ganzen Land, die von einem professionellen Team koordiniert wurden, um das Mandat in einem Wahlbezirk zu gewinnen, der für die Partei ohnehin schon quasi ein Heimspiel war. Dies lässt sich bestenfalls auf eine Handvoll von Orten im ganzen Land übertragen.

Ob Die Linke nun wieder in den Bundestag einzieht oder nicht, die neue Parteiführung wird sich auf einen längerfristigen Erneuerungsprozess einstellen müssen. Wenn das Erreichen von fünf Prozent als ein „Friss oder Stirb“-Moment behandelt wird, dann läuft es tendenziell eher aufs Sterben hinaus. Sollte es der Partei wiederum gelingen, eine längerfristige Perspektive einzunehmen und zu versuchen, sich auf einer klareren strategischen Grundlage (wieder) aufzubauen, hat sie vielleicht eine Chance, langfristig zu überleben und weiter zu kämpfen für eine sozialistische Gesellschaft.

Verpasste Chancen

Wie andere Autoren in dieser Reihe bereits festgestellt haben, liegt die Krise der Partei in der Erschöpfung des Antineoliberalismus als gemeinsamen Nenner. Einfach ausgedrückt: Solange sich die Partei mit einem politischen Establishment konfrontiert sah, das Hartz IV und die Kürzung öffentlicher Ausgaben einhellig befürwortete (ganz zu schweigen von einem illegalen Krieg in Afghanistan), konnte sie ihre teils doch sehr unterschiedlichen Fäden zusammenhalten und sich bei Wahlen zumindest über Wasser halten. Doch als der Austeritätskonsens nicht nur unter den Mitte-Links-Parteien, sondern sogar innerhalb von Teilen der CDU und der europäischen Institutionen zu bröckeln begann, wurden ihre politischen Schwächen und das praktische Fehlen einer Strategie immer deutlicher.

Wie konnte es aber so weit kommen? Es hilft, wenn wir uns darauf zurückbesinnen, wie einzigartig die Ursprünge der Partei waren. Die Linke vereinte, auf der einen Seite, eine kränkelnde ehemalige realsozialistische Staatspartei, deren beste politische Jahre bereits hinter ihr lagen. Die PDS hatte das Gerede vom Klassenkampf zum größten Teil aufgegeben und als Juniorpartner der SPD in einer Reihe von Landeskoalitionen gedient. Deren Politik hatte sich vor dem nationalen Austeritätskonsens eher gebeugt als herausgefordert. Diese Partei traf auf die Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), eine Linksabspaltung von der Sozialdemokratie, die entschlossen war, die Sünden ihrer früheren Partei nicht zu wiederholen. Während Ersteres der neuen Partei eine verlässliche Wählerbasis oder „Lebensversicherung“, wie viele Ostfunktionäre es nannten, verschaffte, bedeutete Letzteres einen Bruch (oder zumindest die Möglichkeit eines Bruchs) innerhalb der Gewerkschaftsbewegung. Dieser Bruch war verbunden mit der Chance, innerhalb der breiteren Arbeiterschaft wieder eine explizit sozialistische Strömung links der Sozialdemokratie zu etablieren.

Doch gerade weil diese Partei ein Zusammenschluss verschiedener, manchmal gefühlt gegensätzlicher Strömungen war, hat sie sich nie überworfen oder eine wirklich starke, einheitliche Führung entwickelt, die dieses politisches Potenzial ausschöpfen konnte. Stattdessen herrschte ein prekärer Balanceakt zwischen den Fraktionen vor, bei dem die grundlegende Frage eher lautete, ob man sich an Regierungen beteiligen sollte oder nicht. Während der „rechte“ Flügel – der zumeist, aber nicht ausschließlich aus der alten PDS bestand – in einer Mitte-Links-Regierung den Horizont seiner Politik sah, konzentrierte der linke Flügel einen Großteil seiner Energie darauf, sich diesen Regierungsbeteiligungen zu widersetzen. Dabei versäumte es der linke Flügel jedoch zu erklären, was die Partei stattdessen tun sollte – außer vielleicht eine Revolution anzuführen, an die aber auch niemand wirklich glaubte. Die Entwicklung einer strategischen Ausrichtung auf bestimmte Segmente der Wirtschaft oder Bevölkerungsgruppen erwies sich angesichts der Divergenzen innerhalb der Führung selbst und noch weniger innerhalb der breiteren Mitgliedschaft als unmöglich. Die Chance, in den Gewerkschaften wieder eine sozialistische Strömung zu etablieren, wurde nie wirklich wahrgenommen.

Infolge dieser anfänglichen Führungsschwäche geriet Die Linke immer mehr in eine strategische Sackgasse, die durch leidenschaftliche, aber zunehmend vergiftete Debatten über politische Themen, die die Partei praktisch nicht beeinflussen konnte, wie etwa die Migrationspolitik, gekennzeichnet war. Gleichzeitig wurde die Partei durch die Schwerfälligkeit des parlamentarischen Betriebs immer weiter in die politische Mitte gezogen. Als sich die wahlpolitischen Aussichten auf nationaler Ebene verdüsterten, wurden die Debatten über das Regieren zunehmend als regionale Angelegenheit behandelt, mit dem Ergebnis, dass die Partei in Thüringen, Brandenburg, Bremen und Berlin erneut zum Juniorpartner wurde. Die Ergebnisse dieser Regierungen waren durchwachsen – nur Brandenburg kann als wahres Desaster bezeichnet werden. Sie hatten aber überall den Effekt, dass die Partei ihr Ansehen als Oppositionskraft und damit ihre stärkste Waffe im Wahlarsenal schwächte und die Ziele der Partei weiter verwischte. Auf die Gefahr hin, sektiererisch zu klingen, kann man sagen, dass Die Linke in ihrer derzeitigen Form nicht zu wissen scheint, ob sie das politische Establishment als ihren primären politischen Gegner sieht oder eher als einen Club, dem sie gerne beitreten würde, wenigstens als dessen soziales Gewissen.

Dennoch wäre es verkürzt, die jetzige politische Sackgasse alleine auf ein „Abdriften nach rechts“ innerhalb der Partei zu schieben. Zwar gibt es durchaus einflussreiche Kräfte in der Partei, die wahrscheinlich genauso gut in der SPD oder bei den Grünen hätten Karriere machen können. Doch auch der linke Flügel der Partei muss seinen Teil der Schuld an der aktuellen Lage eingestehen. Indem er es versäumte, einen strategischen Ansatz zu formulieren, der über die Arbeit im Parlament hinausging und das Parlament als Bühne für Agitation und Propaganda zu behandelte, hat er dazu beigetragen, den Weg zur Irrelevanz der Partei zu ebnen.

Dazu leistete sicherlich auch der ein Jahrzehnt lang andauernde Versuch seinen Beitrag, die Partei nebulöser „Bewegungen“ zu sein – deren Affinität zum sozialistischen Projekt sich im übrigen als viel geringer erwies als gedacht. Ob „Unteilbar“, „Seebrücke“ oder „Fridays for Future“ – diese kurzfristigen Mobilisierungen führten nie zu nennenswerten Umfragehöhen für die Partei, auch wenn sie von Zeit zu Zeit zu einem kurzfristigen Mitgliederzuwachs führten. Man könnte sogar argumentieren, dass die Partei, indem sie versuchte, sich bei diesen Bewegungen einzuschmeicheln und immer mehr Aktivisten aus diesem Umfeld zu rekrutieren, die gegenseitige Entfremdung von der Arbeiterklasse sogar noch beschleunigt hat, die bei den letzten Wahlen immer sichtbarer wurde.

Strategie ernst nehmen

Der Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Heinz Bierbaum, schrieb kürzlich in einem Beitrag in dieser Reihe, dass Haltung Politik nicht ersetzen könne. Damit meinte er die Tatsache, dass eine Sammlung von abstrakten Positionen, so richtig sie auch sein mögen, in ihrer Summe keine Strategie ergibt. Mit dieser Einschätzung hat er absolut recht. Zu lange hat Die Linke beides verwechselt – allein die Behauptung, man sei „die Partei der arbeitenden Bevölkerung“ oder „die Partei der sozialen Gerechtigkeit“ wird nicht dafür sorgen, dass man diese auch tatsächlich wird. Schlimmer noch: Ihre abstrakten Positionen wurden oft durch ihr konkretes Handeln in der Regierung widerlegt, denken wir beispielsweise an die Abschiebepraxis in den Bundesländern, in denen die Linke Teil der Regierungen war. Natürlich: Kompromisse sind in Regierungen unvermeidbar. Doch ob eine Partei derartige Widersprüche aushält und in der Lage ist, sie zu vermitteln, hängt davon ab, ob sie eine kohärente, langfristige Strategie verfolgt. Hat sie diese Strategie nicht, was bei der Linkspartei stets der Fall war, besteht die Gefahr, die eigene Basis zu desillusionieren.

Doch bevor eine solche Strategie erarbeitet werden kann, muss die Partei erst einmal überleben. Um das zu gewährleisten, sollte sie aus ihren Anfangsjahren lernen und sich auf Themen konzentrieren, die sie von den anderen Parteien abheben, wie beispielsweise das Thema Mieten – das gilt ganz besonders für die Großstädte. Aber auch die Frage von existenzsichernden Löhnen oder aber eine vernehmbare Kritik an der israelischen Kriegsführung in Gaza. Insbesondere der letzte Punkt, bei dem laut Umfragen zwei Drittel der Bevölkerung mit der Haltung der Bundesregierung nicht einverstanden sind, ist für Die Linke eine offensichtliche Gelegenheit, sich einen gewissen oppositionellen Elan zurückzuerobern und die Umfragewerte um ein oder zwei Prozentpunkte nach oben zu treiben. Außenpolitik ist selten wahlentscheidend, und dies wird bei diesem Krieg vermutlich nicht anders sein. Sich aber bei einem Thema zu profilieren, bei dem das gesamte politische Establishment die öffentliche Meinung ignoriert, würde der Partei aber möglicherweise ein Standbein verschaffen, von dem aus sie mit dem Wiederaufbau beginnen kann.

Der Unterschied zwischen Strategie und Taktik

Dennoch: sich auf Alleinstellungsmerkmale zu fokussieren ist eine Taktik, keine Strategie. Dafür müsste die Parteiführung viel deutlicher sagen, wohin sie will und wie sie dorthin kommt. Wenn das Ziel eine sozialistische Gesellschaftsordnung jenseits des Kapitalismus bleiben soll, dann muss es der Partei letztendlich darum gehen, eine Mehrheit der Bevölkerung für genau dieses Ziel zu gewinnen. Der Aufbau einer sozialistischen Strömung innerhalb der Gewerkschaften steht für Die Linke nicht mehr zur Debatte, zumindest nicht in absehbarer Zeit – zu groß ist der Abstand zur organisierten Arbeiterschaft geworden. Dies muss aber das langfristige Ziel bleiben, denn nur die Organisierung der Arbeiterklasse gibt einer sozialistischen Partei das gesellschaftliche Gewicht und die ökonomische Macht, ihre Politik gegen die Interessen des Kapitals durchzusetzen, das sonst die Politik in einer bürgerlichen Demokratie diktiert. Die Verankerung in den Gewerkschaften und die Organisierung in den Arbeitervierteln muss unbedingt die strategische Priorität der Partei sein, wenn sie langfristig eine Chance haben will, unsere Gesellschaft grundlegend zu verändern. Denn eine solche Verankerung bringt mit sich die Möglichkeit, Druck von außen zu mobilisieren sowohl in- als auch außerhalb der Regierung und die Kräfteverhältnisse nicht nur im Parlament, sondern auch in der Gesellschaft zu verschieben.

Nur wenn ein gewisses Maß an sozialer Verwurzelung und institutionellem Gewicht wiederhergestellt ist, kann die Partei eine ernsthafte Debatte über die Herangehensweise an das Parlament beginnen, die sie seit ihrer Gründung nicht geführt hat. Auch wenn das letzte Jahrzehnt für die deutsche Linke eher eine Phase der Stagnation war, haben erfolgreichere Experimente in anderen Ländern die Grenzen sozialistischer Politik im Parlament deutlich aufgezeigt. Ob Griechenland, Portugal, Spanien oder Slowenien – praktisch überall, wo linke Parteien an Regierungen beteiligt waren, mussten sie anschließend Rückschläge bei Wahlen hinnehmen. Dies steht in krassem Gegensatz zu den sozialdemokratischen Projekten der Nachkriegszeit, als reformistische Parteien, die von einer organisierten Arbeiterklasse unterstützt wurden, an die Macht kamen, materielle Verbesserungen für ihre Wählerschaft erzielten und dafür an der Wahlurne belohnt wurden.

Die Herausforderung für jede zeitgenössische sozialistische Kraft wird darin bestehen, eine solche organisierte Basis wiederaufzubauen und sie zur Unterstützung einer künftigen linken Regierung zu mobilisieren. Dies ist angesichts des derzeitigen Kräfteverhältnisses in Europa im Allgemeinen und angesichts der prekären Situation der deutschen Linkspartei im Besonderen eine Herkulesaufgabe. Aber entscheidend bleibt: Wer ein Ziel erreichen will, muss zuerst wissen, wo er hin will und wie er dorthin gelangt.

Ein Beitrag von Loren Balhorn

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Eine Antwort

  1. Wie der Niedergang der Linkspatei sich erst langsam und schleichend und heute rasant und ungebremst vollzog, konnte ich über Jahre in Berlin beobachten. Es begann nicht erst mit der Regierungsbeteiligung, sondern schon vorher, mit der innerparteilichen Weichenstellung darauf. Man verabschiedete sich schleichend von linker Politik, um sich für die Koalition aufzuhübschen. In der Partei wurde das verkauf mit den üblichen Argumenten wie „wir mussten halt Kompromisse schliessen“ oder „das haben wir nicht durchgekriegt“. Das gipfelte dann vorläufig in der linken Beteiligung am Verkauf „gemeinnütziger Wohnungsbauunternehmen“. Irgendwann sassen dann die führenden Linken in Partei und Senat auf gutbezahlten Pöstchen – und hatten gute (persönliche) Gründe für die Fortführung der Koalition auch bei Preisgabe von noch mehr linken Positionen. Ich finde diese Argumente auch in diesem Artikel. Der Grund für den Niedergang ist m.M., dass die Partei unter dem Einfluss derjenigen, die mit und von der Politik zu Einkommen und Einfluss kamen, ihre Seele verlor. Um ein Beispiel zu nennen: Udo Wolf kannte ich seit gemeinsamen Studienzeiten (FU, Otto-Suhr-Institut). Seinerzeit war er in einer trotzkistischen Sekte, ging aber dann zu den Grünen. Ich traf ihn später bei der Linkspartei wieder, als die noch PDS hiess und hatte dort sehr viel mit ihm zu tun. Ich lernte ihn dort als Machtpolitiker ohne eigene Überzeugungen kennen. Moderner Polit-Profi eben. Sehr erfahren im (innerparteilichen) Machtkampf. Nutzte seine Vollzeit-Tätigkeit bei der PDS auch dazu. Die Aussicht auf Regierungsbeteiligung diente dazu, einen Kreis von Gleichgesinnten um sich zu scharen, die in seinem Windschatten auf Pöstchen und Einkommen aus waren und sicherte sich so seine „Mehrheiten“. Ich bin dann ausgetreten, wegen „dieser Typen“. Udo Wolf ist für mich aber nur ein Beispiel für einen bestimmten Typus an Politikern. Es ist aber diese Politik und es sind diese Politiker, die die Linken zu einer Partei wie jeder anderen gemacht haben. Die Personen sind austauschbar, aber auch die Inhalte. Es sind eben so eine Art Autoverkäufer: wenn’s nicht die Marke ist, verkaufen sie halt eine andere. Ist doch egal… Aber für die WählerInnen eben nicht!!!

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