Italien, Österreich, bald auch Deutschland? Rechtsextreme Parteien gewinnen in ganz Europa an Zuspruch und regieren sogar. Tatsächlich ist auch die EU selbst dran schuld.
Der Faschismus ist zurück und in ganz Europa sind die Rechten weiter auf dem Vormarsch. In zu vielen europäischen Ländern konnten sie bereits in die höchsten Ränge der Politik aufsteigen. Warum die Rechten sich in Europa immer weiter durchsetzen können, hat zwar viele verschiedene Gründe, eines vereint sie jedoch alle: Der Aufstieg der Rechten ist die Kehrseite der neoliberalen Globalisierung.
Die zahlreichen gesellschaftlichen Globalisierungs- und Modernisierungstendenzen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass die Rechten ein günstiges Spielfeld vor sich finden. Die neoliberale Offensive führte zwar zu einer Ansammlung von Reichtum, die nicht vergleichbar mit der der 1980er ist, jedoch hat die arbeitende Klasse davon wenig gesehen. Wettbewerb und Individualismus haben in ganz Europa unsere Gesellschaft durchdrungen. Die auch von der europäischen Union beförderte Austeritätspolitik, ist Ausdruck dieser neoliberalen Wirtschaftspolitik. Als ökonomisches Regulationssystem fungiert dabei die Politik der EU auf dem Gebiet der Arbeit, die relevante Institutionen des sozialen Ausgleichs beschnitten hat und damit zur Ausweitung der sozialen Ungerechtigkeit beiträgt. Es ist festzuhalten, dass im Umgang mit den multiplen Krisen der letzten Jahrzehnte vor allem große Kapitalfraktionen und nicht die Arbeiter*innen profitieren. Die soziale und wirtschaftliche Unsicherheit ist der Nährboden, auf dem die Rechten immer stärker werden.
Die europäischen Rechten teilen ein autoritäres, traditionelles Gesellschaftsbild und einen ausgeprägten Sozialchauvinismus. Sie fordern die Abschottung Europas und kriminalisieren jegliche Migration, sie fordern nationale Aufrüstung, um ihre nationalstaatlichen Interessen abzusichern. Im Diskurs bedienen sie sich rassistischer, sexistischer und transfeindlicher Narrative, die am Ende auf der Straße in Gewalt münden. Diese Narrative werden immer mehr von den Parteien der Mitte übernommen.
Die wachsende Salonfähigkeit nationalistischer Identitätspolitik ist dabei Ausdruck einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse im politischen Raum. Die liberale Mitte verschwindet immer mehr aus der politischen Arena. Dafür nur ein Beispiel: Der französische Präsident Emmanuel Macrons versprach mit klaren Worten, die Brandmauer gegen die radikale Rechte mit aller Kraft zu verteidigen. Nur kurz darauf verabschiedete er mit den Stimmen der rechtspopulistischen „Rassemblement National“ ein neues rigides Einwanderungsgesetz. Gewonnen haben damit die Rechten und Macron ebnet der Postfaschistin Marine Le Pen den Weg, um seinen Platz einzunehmen. Partnerin im Kampf gegen den Faschismus ist die vermeintliche Mitte für uns daher nicht. Im Gegenteil: Sie ist der Steigbügelhalter, die den rechten Aufstieg ermöglicht, wie wir es auch am derzeitigen Aufstieg der Alternative für Deutschland in der Bundesrepublik Deutschland sehen können.
Keiner sollte sich auf die Mitte verlassen
Jedoch handelt es sich dabei nicht nur um einen machtpolitischen Wettkampf unter Parteifunktionären, sondern um die Hegemoniekrise eines Neoliberalismus, welcher verzweifelt nach Stabilität ringt. Eine Folge davon ist, dass der Neoliberalismus und der rechte Kulturkampf ein Zweckbündnis eingehen. Die durch den neoliberalen Kapitalismus verursachten sozialen Ungleichheiten werden als kulturelle Probleme verdreht und Migrant*innen, politische Minderheiten und Linke zum Sündenbock gemacht. Vorerst wird so ein Fortbestehen der kapitalistischen Ordnung gewährleistet, ohne dass die eigentlichen Ursachen benannt werden oder in letzter Konsequenz die Systemfrage gestellt wird.
Uns als Sozialist*innen muss daher klar sein: Wenn wir die Rechte schlagen wollen, müssen wir mit aller Härte gegen sie kämpfen und ihre autoritären Versuchungen vereiteln. Zugleich müssen wir jedoch deutlich machen, was die Wurzel ihres Aufstiegs ist: Ein Wirtschaftssystem, was unsere Klasse zermürbt und zugleich die Reichen immer reicher werden lässt.
Dieser Beitrag erschien in gedruckter Form in der neusten Ausgabe der Critica. Du erhältst sie beim SDS in deiner Stadt oder kannst sie hier online lesen